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Weil wir diese Stadt an der Donau aber auch gar nicht kennen, nutzen
wir, bevor sie verfallen, einen Teil unserer auf Reisen in ferne(re)
Länder gesammelten Flugmeilen, um uns, von
unserem Domizil in der
Schleifmühlgasse, dort wo sie auf
den
Naschmarkt stößt, ausschweifend, ein wenig umzuschauen in der Kapitale des „Land[es]
ohne Eigenschaften“.
Da
unser preußisches Kauderwelsch mit dem österreichischen Sprech nicht nur
phonetisch in etwa so kompatibel sein mag wie mit dem im Tal der
Ahnungslosen oder anderer Freistaaten, wissen wir Robert Menasses
Vermittlungsversuche durchaus
zu schätzen ...
Monika Czernins „Gebrauchsanweisung für Wien“ zur Hand soll helfen, uns
nicht nur von der Stadtgeografie her auch auf die Ecken und Winkel
einzulassen, welche eher abseits der klassischen Lauf- und Irrwege sowie
nicht immer nachzuvollziehender Denkweisen zu finden sind. Eine
Bestätigung alter Klischees, welche sich durch freundliche (oder auch
üble) Nachrede in unseren Köpfen festgesetzt haben, nehmen wir dabei
ebenso billigend in Kauf wie deren
Zerstörung …
Mit geschärftem Blick hinter die Kulissen in Stadt, Land und
der Welt aus der Perspektive ausgewählter Einheimischer erheitert uns hoffentlich
die Tagespresse.
Und damit uns auch in der Stadt seiner Entstehung ein Walzer
erträglich klingt, nehmen wir den
Garcia Lorca gewidmeten von
Leonard Cohen.
(Discurso
por el premio Príncipe de Asturias)
Um uns dem Votum anzuschließen, das Wien mehrmals zur „lebenswertesten
Stadt
der Welt“ gekürt hat, dürfte es an Zeit und (tiefer gehender)
Erfahrung fehlen. So müssen wir auch nicht "Mercer"
Rede und Antwort stehen.
Als angenehm locker, aufgeschlossen, hilfsbereit und alles
andere als grantig oder raunzig nehmen wir die Menschen wahr, mit denen wir zu tun
haben. Selbst alt gediente Ober, vor denen man uns noch kurz vor dem
Besuch des einen oder anderen Kaffeehauses gewarnt hat, sind vielleicht
etwas zurückhaltend, diskret; doch war bisher kein Fettnäpfchen tief
genug, um sie verärgert erscheinen zu lassen. Seit
Torberg hat sich vielleicht doch so
manches geändert, obwohl gerade das nicht unbedingt typisch für Wien
sein soll.
Ob der Kilometer an gedruckten Reiseführern, -empfehlungen, -hinweisen,
Geheimtipps etc. sowie der terrabyte schweren Onlineinfos beschränken
wir uns auf einige Fotosequenzen; nicht ausgeschlossen, dass es den
einen oder anderen Kommentar dazu geben könnte – oder auch nicht. Wir
werden sehen …
(Motivierendes
aus der ZEIT)
Gleich
unterhalb unseres Fensters liegen die ersten Augenweiden: Die Fassaden
der Häuser entlang der Linken Wienzeile wechseln sich ab zwischen
Jugendstil und Gründerzeit, wirken gediegen, mitunter vielleicht ein
wenig pompös, doch keineswegs „neureich protzig“. Auch „unser Haus“ in
der Rechten Wienzeile wurde von einem Jugendstilarchitekten entworfen –
vor allem Eingangsbereich und Treppenhaus legen auch nach der Renovierung ein
markantes Zeugnis ab.
Zwischen den beiden Wienzeilen floss früher einmal die Wien – oder war
es ein der? Geografische Genderfragen … Heute führt, etwas verkürzt
dargestellt, eine U-Bahntrasse durchs Tal, überwölbt vom
Naschmarkt.
Schon seit langem kein
Bauernmarkt mehr, finden sich hier Obst und Gemüse, Back- und
Fleischwaren, Gewürze und Nüsse, Fische aus allen Meeren, Blumen und,
ganz am Ende an der Kettenbrückengasse, Kleidung. Um dem Teufel aber auch jede
Chance zu nehmen, beherbergen die renovierten und teils designermäßig
inneneingerichteten „Stände“ Weinlokale,
Eckkneipen,
Imbissbuden bis hoch zu gehobener Gastronomie aus Ländern rund ums
Mittelmeer und weit darüber hinaus.
(weitere Infos zum
Naschmarkt)
(Fotos aus der
Umgebung des Hotels)
(Fotos vom
Naschmarkt)
(Infos zum
Karlsplatz)
(noch'n bisschen
Jugendstilarchitektur ...)
(... und noch'n
Gedicht)
Ist die Zahl der Umherschweifenden (keineswegs nur Touristen) und der
Frühstücksgäste morgens noch überschaubar, so findet sich um die
Mittagszeit nur schwer ein freies Plätzchen, vor allem, wenn die Sonne
lacht. Abends „after work“ wird’s quirlig und quicklebendig, dazu
rammelvoll – doch stets entspannt. Vor wie hinter den Ständen und Tresen
hört mensch so ziemlich alle Sprachen dieser Welt, ob sie ihre Waren und
Speisen anpreisen oder/und zwischen Sushi, Falafel, Mangochicken,
Tafelspitz oder Ossobuco wählen …
Auf
dem Weg "ins Zentrum", sprich zum Stephansdom, lassen sich einige
architektonische Nachkriegssünden zwar nicht umgehen, dafür entschädigt
jedoch ein weitgehend geschlossenes Bild, egal ob man die Einkaufsmeile
Kärntner Straße durchschreitet oder
durch die Tegetthofstraße und über den
Neuen Markt bummelt.
Das von
Hrdlicka konzipierte Mahnmal
erinnert auf dem Albertinaplatz an die Opfer von Krieg und Faschismus.
Teil des Denkmals, gleichfalls nicht unumstritten, ist der auf dem Boden
kauernde
straßenwaschende Jude. Auch wenn sich in Österreich in
den letzten Jahren "mit der Vergangenheit beschäftigt wurde",
Antisemitismus und Rassismus gehören auch hier leider nicht der
Vergangenheit an - auch wenn es (noch)
keine WIEGIDA gibt, oder etwa doch ...?
(Fotos
auf dem Weg zum Steffl)
(Touristeninfo
Stadt Wien)
(Tourist-Info
Wien)
(City-Walks)
(City-Guide-Wien
aus der ZEIT)
(für lange Abende:
Wikipedia WIEN)
Anders als die Gedächtniskirche, wurde der
Stephansdom wieder aufgebaut –
(weitgehend) in seiner alten Herrlichkeit. Anders als die
Gedächtniskirche wurde er nicht durch einen Bombenangriff zerstört, sondern
durch Funkenflug, ausgelöst von Bränden, welche Plünderer in Geschäften um den Stock
im Eisen Platz legten, um ihre „Spuren zu verwischen“ (,
deren Folgen durchaus zu beargwöhnen
sind ...). Ebenso wie die
Gedächtniskirche bleibt er jedoch Anziehungspunkt für Touristen, gottlob
nicht so verrummelt.
.JPG)
(Fotos vom
Stephansdom)
(Impressionen
von M. Czernin)
(Info zur
Widerstandsgruppe O5)
Ein paar Schritte weiter erwartet uns Frau Chmel. Durch "verträumte alte
Gässchen und Innenhöfe" führt sie uns:
Wien auf den zweiten Blick. Und es
gibt Spannendes zu hören und zu sehen - mitunter muss auch mehr als
zweimal hingeschaut werden ... Schönen Dank auch fürs Öffnen von Augen
und Ohren!
(Fotos vom
Spaziergang)
(Infos zum
Deutschen Orden)
Allen Kardiologen und so ziemlich allen Vorsitzenden (nebst Entourage)
sich entsprechend gebärdender Parteien zum Trotz, schlägt das Herz auch
nach all den
Jahren noch links – mehr oder weniger jedenfalls, Rhythmusstörungen
nicht immer ganz ausgeschlossen …
Und so zieht es uns aus purem Interesse an einen der Orte, an denen
dereinst im
Februar 1934 eben mehr als nur „die Sozialdemokratie“ niederkartäscht und
„1938“ der Weg geebnet wurden. Erschütternd, was R. Menasse
dazu schreibt,
bestürzend, dass der Schoß noch heute mehr als fruchtbar ist – gerade
auch nach Haider. Die
ÖVP mit ihrer Distanzlosigkeit zum
Austrofaschismus
reicht vollends …
Doch bleiben wir bei der Idee der Sozialwohnbauprogramme wie es sie auch
in Berlin gab, mit der
Hufeisensiedlung in Britz zum Beispiel. Also, nix wie
hin zum
Karl-Marx-Hof ...
(Fotos
dazu)
(M.
Czernin dazu)
Eine weniger trutzige Wohnburg denn ein farbenfrohes Märchenschloss
finden wir
im
Hundertwasserhaus.
So verspielt unregelmäßig Fassaden, Durchgänge, Fenster und Säulen auch
wirken, ob unebene Fußböden immer so segensreich sind wie
Friedensreich
es wollte, wer weiß. Nett anzuschauen ist es allemal. Und ein paar
hundert Meter weiter im
KunstHaus
schwanken wir noch vor dem ersten Schatten durch die Ausstellung der
zahleichen Werke des Künstlers.
Alles so schön bunt hier …
(Fotos vom
Hundertwasserhaus)
(Wikipedia
soll nicht fehlen)
(... auch nicht zum
Meister persönlich)
Einen Steinwurf weit vom
Bermudadreieck mit seiner hohen Kneipendichte in den
kopfsteingepflasterten engen Gassen liegt der
Judenplatz, Mittelpunkt mittelalterlichen jüdischen Lebens, dem
1421
ein brutales Ende bereitet wurde. Ein Ort mithin, um auch
der österreichischen Opfer der Shoah zu gedenken ...
(Fotos vom
Rundgang)
(Info zum
Mahnmal)
(auch von der
Israelitischen Kultusgemeinde)
(Info zur
Ankeruhr)
(Info zur
Ruprechtskirche)
(local zum
Bermudadreieck)
Übern
Schulhof
gelangen wir zur „… berühmtesten Flaniermeile der Stadt, den mit
prachtvollen Jugendstil-, Biedermeier- und Barockfassaden sowie
luxuriösen Geschäften gesäumten Graben …“ (ReiseKnowHow). Nett anzusehen,
nett auch, den
Flaneuren beim Bummeln in der exklusiven Einkaufsstraße zuzuschauen.
Doch selbst hier ist nicht
alles
Gold, was glänzt – jedenfalls
glänzt es nicht jedem …
(Fotos vom
Graben)
(Wikipedia
dazu)
(... und
Wien -konkret)
Nach einer hervorragenden
Melange
im
Meinl
und knapp fünf Minuten Edelmeile
Kohlmarkt genießen wir
einen kleinen Schatten
im Griensteidl
am Michaelerplatz - mit Blick aufs
Looshaus
oder auf die
Hofburg.
Nicht das Sissimuseum lässt das Herz eines nicht mehr ganz so jungen
Mädchens höher schlagen – die Pferde sind’s. Man muss auch kein
Pferdefreak sein, um die Morgenarbeit mit/an den Lipizzanern der
Spanischen Hofreitschule
von der Tribüne aus gespannt zu verfolgen – reicht, wenn Mann ein Junge
vom Lande ist, der vor Ewigkeiten mit Belgiern
Baumstämme gerückt hat …
(Fotos zum "Ensemble")
Pferde, die äppeln, findet man nicht mehr in den ehemaligen kaiserlichen
Hofstallungen, dafür jede Menge "Kultureinrichtungen" - manche
können einen ganz schön veräppeln ...
Im
MuseumsQuartier,
welches zu einem der zehn größten Museumskomplexe hienieden zählt,
gibt's Kunst in allen Variationen - und zwischendurch auch was für'n
Leib.
Schiele und
Klimt im
Leopold
Museum haben es uns angetan und wir strapazieren Augen
und graue Zellen bis zu ihren Sollbruchstellen. Grün soll für erstere ja
ganz gut sein - wir probieren es mit gleichnamigem Veltliner im Café des
Leopold, denn leider lässt es die Jahreszeit nicht zu, ganz entspannt im Freien zu
sitzen;
es hilft trotzdem ...
(M. Czernin
zum MQ)
Die
Secession haben wir uns für „kurz
vor Flug“ aufgehoben: markant das Äußere des Gebäudes, absolut
sehenswert der
Beethovenfries. Den übrigen
Exponaten
zeitgenössisch
modern(st)er Kunst stehen wir wohlwollend verständnislos gegenüber.
Ähnlich mag es den nicht gar so stockkonservativen Erstbeschauern von
Klimts Werk ergangen sein. Wir sind heute gottlob ein wenig weiter und
rufen weder nach Arzt noch nach Wärtern ...
(Fotos vom
Gebäude)
(... und
ergänzende Info)
(Fotos von
Marc Anton)
(Info zur
Secession)
(... und zu
Restitutionsansprüchen)
Wien hat uns ausgesprochen gut behagt. Heimtücke sind wir nicht begegnet
- wir haben von ihr gehört und darüber
gelesen. Und auch ohne konkrete Erfahrungen im
Nachtleben gesammelt zu haben, teilen wir Wolfgang Ambros' Meinung aus
1976 nicht, dass es eine "Stadt
zum Sterben ist und bleibt". Vielmehr dürfte gerade auch im
Altweibersommer ein weiterer Besuch lohnen - wenn der Genuss des Heurigen vom
Rauschen des Weinlaubs begleitet wird ...
Bis demnächst
panther & co
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