Also doch noch:
ايران…
...
im vergangenen Jahr gebucht für „möglichst früh in 2017“, damit die
Reise angetreten werden kann, bevor der/die neue Präsident/in – beide
Lager hatten bekennende Falken nominiert – einer Großmacht einen wie
auch immer begründeten
Schlag gegen einen von der Regierungsform wie der
ideologischen Ausrichtung nicht unbedingt sympathischen Staat landet.
Allerdings haben uns nicht nur Magdeburger Kreise glaubhaft versichert,
dass in diesem Staat auch Menschen leben, friedfertig, gastfreundlich,
weltoffen, das mitunter aggressive Gebaren "ihrer" alles andere als frei
gewählten Regierung ablehnend …
Wir
erinnerten uns derer, denen wir in Birma begegnet waren: zugewandt,
hilfsbereit, wissbegierig, voller Hoffnung auf eine Wendung "ihrer
Situation" zum Positiven. "Wenn Ihr nicht in unser Land kommt, wer soll
dann erzählen, was wir wirklich wollen, wirklich denken, wie es uns
wirklich (er-)geht?"
Trotz
"damals" noch positiver medizinischer Prognosen war unklar, ob die
geplante
Gruppenreise für Barbara nicht doch zu beschwerlich werden könnte.
Ende August, nach meiner Rückkehr aus dem hohen Norden, hat die Kleene
entschieden: Ich sollte
"schon mal alleine"
voraus fahren – und ihr berichten, so wie über Spitzbergen ...
Ende
Februar hat die Pantherin dann ihre letzte Reise angetreten - und ich
bin alleine
gefahren, noch nicht wirklich so
Stark wie Zwei. Ich werde ihr
also berichten, wenn wir uns irgendwann in einem unserer nächsten
Leben, Panther zählen zu den Katzen, und Katzen haben davon sieben,
begegnen …
Also dann:
Drei
Wochen Iran „in der Gruppe“ haben nicht ganz ausgereicht, um die
99 Namen
des
Allmächtigen präsent zu haben – lag neben der Einschränkung meiner
Merkfähigkeit für fromme (Jubel-)Sprüche u.U. auch daran, dass selbst dem
gläubigen Reiseleiter nach (Re-)Zitieren der zehnten huldigenden
Substantivierung die Synapsen tilten ...
Auf die
wesentlichen Unterschiede zwischen sunnitischer und schiitischer
Auffassung des Islam wurde häufig hingewiesen.
Und die Besonderheiten der Liturgie der
Zwölfer-Schia,
in theologisch affinen Kreisen Irans unabdingbar wichtig, erinnerten den
unbelehrbaren Agnostiker an Beobachtungen im konfessionell geteilten
Heimatstädtchen vor fünfzig Jahren: Sie schlugen das Kreuzzeichen anders.
Übrigens, Schiiten
beten drei- statt fünfmal am Tag, sind neben der Almosensteuer zur
Abgabe des "Fünftels" verpflichtet und außerdem ist "Ali (...) der
Freund Gottes".
(wiki zu
Sunniten ...)
Darüber hinaus leuchteten drei Wochen Iran so manche räumliche wie
mentale Nische aus, in die ob theologisch begründeter Forderungen,
welche mensch nicht
bereit war, uneingeschränkt zu befolgen, immer wieder ausgewichen wurde und in der
nicht so recht mullahkompatible Verhaltensweisen einer gewissen sozialen
Kontrolle entzogen oder sogar gesellschaftlich toleriert schienen. So schaffte man wie frau sich auf ihre Weisen den Raum,
nach Glück zu suchen
– und nach Freiheit. Möge es ihnen auch weiterhin gelingen, Inschallah
إن شاء الله
...
Drei
Wochen Iran waren spannend, sehr viel mehr der Menschen wegen, denen ich
begegnet bin und die das Gespräch mit mir suchten (welches ich sie gerne
finden ließ) als auf Grund „materieller Zeugnisse alter Kulturen“.
Bei
einem guten Viertele - darf auch ein Eichstrich mehr sein - an einem
Tisch, der nicht wackelt, ließe sich der Spannungsbogen deutlich
ausdehnen – und ohne Hast wieder abbauen. Sprecht mit mir …
Sa,
08. April
"Welcome to Iran" …
…leuchtet mir nach einem unspektakulären Flug am Imam Chomeini
International Airport in Teheran entgegen. Ich nehme es mal so hin,
öffnet sich das Land an der "Immigration" doch mit sechs oder sieben
besetzten Schaltern für Einheimische, während sich die Foreigners in
zwei Warteschlangen Löcher in die Brandsohle stehen. Zeit genug, um zu
den Heimkehrerinnen zu blicken, die im selben Flieger saßen und von denen einige nicht so recht
wiederzuerkennen sind: Mit Eintritt in den iranischen Luftraum schritten
die Flugbegleiterinnen durch die Gänge, sich ostentativ das Kopftuch bis
zum Haaransatz richtend. Ihrem Hinweis wurde frühestens mit Beginn des
Sinkflugs, von einigen Frauen erst mit dem Auftauchen der ersten Lichter
Teherans, Folge geleistet –
Hidschāb
aus der Handtasche nesteln, eine deutlich über den Po reichende Bluse
oder eine untaillierte lange Jacke aus dem Gepäckfach fummeln, um den
„im Lande üblichen islamischen
Kleiderregeln“
Genüge zu tun. Gewagt
Modisches
wie in der Ausstellung
Cherchez
la femme zu sehen, fällt mir vor den Einreiseschaltern
nicht auf, vielleicht bin ich auch ein wenig zu müde …
.. was einem netten Schnupperplausch unter Mitreisenden bei gepflegtem
Bavaria (alkoholfrei und aus den Niederlanden) nicht
entgegensteht. Nach dem Placebo genügt mir zur räumlichen Orientierung
die Gebetsrichtung nach Mekka, um einzuschlafen – allerdings nicht bei
geöffnetem Fenster: Nachts ist es eben
nicht leise in
Teheran …
Gespannt auf das, was auf mich zukommt, bin ich dennoch - gerade weil's
zur vorbereitenden Lektüre unter folgenden Links nicht wirklich gereicht
hat:.jpg)
(aus dem
World Fact Book ...)
(Länderinformationen
unseres AA ...)
(... nebst
Reisehinweisen ...)
(... und
Reisemedizin)
(wiki zum Iran ...)
( ... und die GIZ)
(amnesty
international)
(International
Crisis Group)
(Reporter
ohne Grenzen)
(Transparency)
(historischer
Überblick von mehriran.de ...)
(... von
wiki ...)
(... und von
sachmet)
(was an
Weltkulturerbe auf uns zukommen kann ...)
(... hier aus der
Sicht von
obscura)
(wenn schon kein Alk, dann
lecker Essen
...)
(1000 Zungen
...)
So, 09. April
… und Sonntagsmorgens …
… nicht besonders laut, auch wenn dieser zu den Werktagen zählt,
meistens jedenfalls. Drei Wochen Iran geben Aufschluss über die
Fähigkeit der einheimischen Bevölkerung, Brücken zu bauen – ob der
Kulturkontakt mit Marco Polo dazu ausreichte?
Der Blick aus dem Fenster während des Frühstücks erhascht keine Eile,
kein Gewusel. Selbst die Sammeltaxis lassen sich beim Wechsel der
Fahrgäste Zeit und von letzteren scheint keiner auf den letzten Drücker
ins Büro zu müssen. Die Straßen sind nicht verstopft, Gehupe hält sich
in Grenzen. Noch bewegen sich deutlich mehr Männer auf den Gehwegen. Von
den Frauen tragen hier die meisten einen dunklen Tschador, passend zur
Handtasche …
Besonders
betriebsam geht’s in unserer Gegend nicht zu – paar Gemischtwarenläden,
die Supermarkt genannt werden, zwei, drei Restaurants, paar
Kaffeehäuser, einige kleine Hotels, Büros; alles in vier- bis
fünfgeschossigen Gebäuden untergebracht. Hochhäuser fallen kaum auf, ein
wenig
Kunst
am Bau dagegen schon.
Sehr viel dynamischer wirkt
Teheran,
wenn man sich der Innenstadt nähert. Zahllose Pkw chinesischer
Provenienz, mitunter auch Eigengewächse, und noch mehr Mopeds entwirren
sich kunstvoll ob der unorthodoxen Fahrweise ihrer Treiber. Fein- und
weniger fein –staub animiert auf gut 1200 m Höhe nicht unbedingt zu
einem freudig tiefen Durchatmen.
Deutlich mehr Menschen füllen Gehwege, Plätze und Gassen; irgendwo
müssen die zwölf bis fünfzehn Millionen Einwohner der Hauptstadt ja
bleiben. Neben den Eiligen fallen auch beruhigend viele Müßiggänger auf.
Junge Menschen prägen das Bild; dezent westlicher look von der
Fußballerfrisur über die Jeans bis zu den Schuhen ist bei den Jungs gang
und gäbe. Kostümchen mit mal eben ’ner langen, nicht taillierten Bluse
drüber, gerne auch in Hell, sind nicht gerade selten. Und das Kopftuch
verrutscht auch mal nicht unbedingt ungewollt und gibt reichlich Haarpracht frei …
Im Zentrum werden westliche Touristen wohl wahrgenommen, fallen jedoch
nicht als Weltwunder auf - eine
Minderheit
eben, wie wohl viele Bewohner der Metropole. Über die Hälfte von ihnen
seien zugezogen(e Landeier) meint Mehrdad,
unser Reisebegleiter, selbst noch unter dreißig und aus Isfahan.
Kontaktscheu sind die Iranis nicht. Oft beginnt mit einem „Hello“ ein
Gespräch, meist als Frage-Antwort-Spiel initiiert, dessen Dauer eher von
den Englischkenntnissen der Beteiligten als von deren Interesse oder
Wissensdurst bestimmt wird. „Have a look at my
shop!“
ist wohl eher als freundliche Aufmerksamkeit dem Fremden gegenüber
aufzufassen denn als ernsthafte Anbahnung eines Verkaufsgesprächs, auch
wenn, zurück in Frankfurt, deutlich mehr Gepäckstücke vom Band gefischt
worden sein sollen als beim Hinflug aufgegeben wurden …
An Tausend und eine Nacht …
… erinnern mich in Teheran weder Gebäude noch Straßenzüge oder
Landschaftsbilder. Mag an meiner mangelnden Vorstellungskraft liegen, in
dieser modernen Großstadt, die kaum über Sehenswürdigkeiten verfügt,
welche älter als
150
Jahre sind – Exponate im Nationalmuseum ausgenommen – etwas
wiederzuerkennen, dass ich mit „meinen Bildern aus dem/vom Orient“
verbinde.
Der
Golestan Palast strahlt mit den ältesten Teilen der Anlage noch am
ehesten so etwas wie orientalisches Flair aus. Fassade, Säulen,
Spiegelmosaiken der Eingangshalle des Empfangspalastes mögen ebenso
beeindrucken wie der Marmorthronpalast.
(wiki zum
Golestan)
(Expertise der
UNESCO)
(Fotos vom
Golestan Palast)
Um den und vor allem in dem
Großen
Basar (er-)scheint’s mir bereits
deutlich orientalischer: noch mehr Menschen drängen sich auf den
Vorplätzen, Waren werden lautstark in mir fremden Sprachen angepriesen,
bunt ist’s nicht nur in und
an den Gewürzständen, die Gerüche sind fremd etc. Ach, ist auf dem
Winterfeldmarkt genau so? Na dann …
…
nix wie rein in einen der größten überdachten Märkte der Welt. Noch
immer sind die Händler und Handwerker je nach Warenangebot oder Gewerke
schwerpunktmäßig in bestimmten Bereichen angesiedelt. Ob Textilien,
Schmuck, Uhren oder was auch immer angeboten wird, der größte
Unterschied zu unseren Malls dürfte weniger in der Verschiedenartigkeit
gleicher Waren liegen als im gestalteten Interieur, von Luxusklitschen
mal abgesehen …
Angesichts ihrer Vielzahl und ihren zahlreichen Beschäftigen, 100 000
Menschen arbeiten hier tagtäglich, verwundert es nicht, dass die Basaris
über einen erheblichen Einfluss verfügen. Sie „(…) gehörten zu den
wichtigsten Förderern der islamischen Revolution. Sie fürchteten die
rapide eingeführten westlichen Wirtschaftsformen, die mit den vom Schah
geförderten Kaufhäusern ihre Geschäfte bedrohten und durch industrielle
Fertigung die Handwerksbetriebe (…) zur Aufgabe zwangen“ (Kerber,
S.
129). Besitzer der Ladenketten in den „neuen Malls“, ob in Isfahan,
Shiraz oder Teheran, seien Basaris, keine „Ausländer“, gibt Mehrdad zu
bedenken. Das styling ändert sich, Geschäft und Einfluss bleiben …
(DF zum
Großen Basar)
(spiegel online zu
Basaris)
(Fotos
zum Großen Basar)
Beim Streunen durch die Straßen blicken aus einer Mischung aus stummem
Vorwurf, unbedarftem Schauen, kindlichem Erwarten und kämpferischem Gebaren Gesichter vom
Milchbubi bis zum leicht Ergrauten im besten Alter von Plakatwänden
herab - Porträts in Übergröße:
Im 1. Golfkrieg fürs (oder doch eher vom?) Vaterland
gestorbene „Märtyrer“ sollen die „ständige Bedrohung von außen“ und die
Notwendigkeit des „festen Zusammenhaltens“ beschwören. Gewiss, kaum eine
Familie hatte im von Saddam Hussein angezettelten Krieg nicht auch einen
Angehörigen zu beklagen. Zu einer Versöhnung dürften immer wieder
aufgerissene Wunden allerdings wenig
beitragen. Ob sie überhaupt gewollt ist?
.JPG)
(Ev. Allianz zum
Märtyrerkult)
(Navid Kermani zum
Opferkult)
(Julia Müller zur
Menschenwalltaktik)
(1. Golfkrieg aus
iranischer
Sicht)
Versöhnlicher wird im
Nationalmuseum mit ehemaligen Feinden – und ihrer gab es zu Zeiten
des Perserreiches gar viele – umgegangen. Auch wenn es nicht der Louvre
ist, wie der lonely planet feststellt, die (leider in Kopie) Exponate
aus Persepolis, die Stele mit dem Gesetzestext
des
Hammurabi oder die in drei Sprachen abgefasste Erklärung des
Darius sind sehenswert, auch wenn die Präsentation ebenso wie die
Umsetzung neuerer museumsdidaktischer Erkenntnisse reichlich zu wünschen
übrig lässt …
(Fotos aus dem
Nationalmuseum)
Weniger als einen Steinwurf weit vom gewiss materiell und künstlerisch
sehr wertvollen Glitzer des
Juwelenmuseums entfernt liegt eine Wechselstube, die meinen
existenziellen Bedürfnissen sehr viel näher kommt. Und weil hier selbst
Banausen ohne große Mühen und ohne Vorlegen eines gültigen
Personaldokuments gegen gut 25 € zum
Millionär
gemacht werden, scheint mir der Besuch dieser Stätte unbedingt
erwähnenswert. Doch Obacht, auch
Millionär
zu werden, kann mit der Zeit mit steigenden Kosten verbunden sein ...
Gewiss, auch die zahlreichen gepflegten, stark frequentierten Parks, wo man ganz unkompliziert auf Menschen trifft, die ebenso
unkompliziert wissen möchten, wie mir ihr Land (und selbstverständlich
die Menschen dort) gefällt, seien als Ort der An- wie der Entspannung
erwähnt. Kaffee gibt’s dort, auch richtig guten, doch leider kein
„gemütliches“ Café – oder habe ich nur nicht richtig geguckt?
Mo, 10. April
Meerblick ist angesagt …
… zunächst allerdings von den exklusiveren Wohngebieten im nördlichen
Bereich am Fuße der kühleren Gebirgshänge aus auf das Häusermeer des riesigen, etwas
tiefer gelegenen älteren Teils der Metropole. Die Route zur
Saadabad Palastanlage, als erste Sommerresidenz der
qajarischen Könige
Ende des 18. Jahrhunderts angelegt, führt durchs Nobelviertel der
Reichen und vielleicht Schönen. Auch Letztere
haben
sich mit Mauern, Zäunen oder hohen Sichtschutzwänden umgeben, ähnlich
der Herrscher, die vor ihnen die Annehmlichkeiten dieser Wohngegend
genießen durften: kühl, mückenfrei, fernab modriger Gerüche und
störenden Pöbels.
Der Weiße Palast, modernster Teil der Anlage, gewährt, was die
Innenausstattung betrifft, Einblick in den verschwenderischen Prunk der
Schahs. Sicher, die handwerkliche Kunst mag betörend sein – wie im
Petersdom, in Versailles oder, oder, oder - ist jedoch außer den
"Perserteppichen" nicht im Iran erschaffen worden, westernized
eben … Der Bau selbst ist eher
schlicht gestaltet, sieht man von den riesigen Fenstern und den
zahlreichen Räumen einmal ab und passt somit ins Bild, das ich mir von
der Architektur der Hauptstadt mache: modern und funktional. Die nach der Zerstörung der monumentalen
Statue des letzten Schahs stehen gebliebenen Stiefel dürfen als Sinnbild
der Endlichkeit von, euphemistisch ausgedrückt, autokratischen Herrschern verstanden werden,
إن شاء الله
...
(wiki zum
Komplex)
(wiki en zur
Saadabad Palastanlage)
.JPG)
Dem Bogenschützen Arash hingegen, dessen Statue einen Steinwurf weit
entfernt von den hohlen Stiefeln die Sehne spannt, wird als
Heldengestalt deutlich
mehr Verehrung zuteil. Gleich daneben uff der Banke überzeugen uns
einige halbwüchsige Jungs auf Unterrichtsgang von ihrem Wissen um
Bundesliga, Premier und Champions League - bestens informiert sind sie Dank
Satellitenfernsehen und Internet. Und Frauenfußball? - Finden sie OK,
doch zu lahm. Geht schon klar, denkt mal fünfzehn Jahre zurück ...
(Fotos vom
Palast)
Weil die Wolken zu tief hängen, der Himmel zu trüb ist, - oder hat der
Smog der Hauptstadt bereits das vornehme Viertel erreicht? – fällt mir
Teherans Hausberg, der
Tochal, nicht ins Auge. Na gut, auch die deutlich näher und
niedrigeren Flanken des Massivs sind noch schneebedeckt. Also rein
in unseren Bus, mit dem sich Mohammed, unser Fahrer, durch die
verstopften Straßen quält, um nach einer guten Stunden mehr stop als go
die sich wie zäher Brei ausdehnende Stadt zu verlassen.
Nach Unmengen neu erbauter Hochhausblöcke folgen in der leicht
hügeligen, fast baumlosen Landschaft Gewerbegebiete zwischen Dörfern und
kleinen Gehöften. Planlos zersiedelt, die Gegend, wie so oft, wenn
reichlich Platz, doch kein Konzept vorhanden ist. Zwischen Kalk-,
Zement- und Kraftwerken liegen Ackerflächen, trollen sich Ziegen- und
Schafherden durch die eher eintönige Landschaft unter
grauem
Himmel.
Bei Qazvin geht die
Sonne auf, meteorologisch wie kulinarisch: In einem Autobahnrasthaus
gibt’s nicht nur einen hervorragenden Espresso, sondern 'lecker Kuchen'.
Die Rueblitorte begeistert selbst einen in der Schweiz lebenden
Mitreisenden …
Ob’s an der Stärkung liegt, dem strahlenden Sonnenschein, jedenfalls
wirkt die Landschaft spannender, sehr viel hügeliger,
abwechslungsreicher. Die Berge rücken näher und Wolkenbänke schwappen
über die verschneiten Grate des
Elbursgebirges.
Olivenhaine und Windräder lassen ahnen, warum
Manjil die „Stadt
des Windes und der Oliven“ genannt wird; und Mohammeds Korrekturgriffe
am Lenker deuten zumindest auf den ersten Teil des Beinamens hin: Luft,
die es eilig hat, fegt über die Piste und wirbelt an der parallel
geführten neuen Trasse einer Bahnstrecke gewaltig Staub auf. Von „den
Chinesen“ finanziert, projektiert und ihren Landsmännern erbaut, soll
die neue Schnellstrecke Teheran mit den nordwestlichen Regionen und
insbesondere mit den (Hafen-)Städten am Kaspischen Meer verbinden.
Bevor wir in einer von ihnen ankommen, queren wir das Gebirge auf einer
kurvenreichen, oft steil ansteigenden Schnellstraße und werden
ob schroffer Abgründe und enger Schluchten für die Stunden durch eine
vorher eher
langweilige
Landschaft entschädigt. Nach einigen hohen Pässen eröffnen sich in
Rudbar in zahlreichen Läden unzählige Kreationen, Oliven einzulegen. Die
Saucen, Marinaden, Dressings stehen offen neben dem Tresen und verführen
zum Probieren; recht fremd, doch überzeugend: Grüne Oliven eingelegt in
einer Kräuter-Granatapfel-Sauce mit Walnüssen und einem Hauch Knoblauch, Zeytun-Parvarde,
eine Spezialität der regionalen Küche. Vom Wein, der in den Nebentälern
angebaut wird, sehe ich nichts; wird wohl zu Essig verarbeitet. Und auch
den Grappa
danach gibt’s leider nicht …
Er hätte vielleicht ein wenig den schneidend kalten Wind gemildert,
der plötzlich durch die Straßen pfeift und selbst die Schrauber vom
Gehweg in ihre kleinen Werkstätten treibt. Also nix wie weg nach Anzali,
ins Strandhotel.
(Fotos
von unterwegs ...)
(... und Zeit für
eine optische Orientierungshilfe ...)
Einen langgestreckten, schmalen Sandstrand gibt's wirklich. Baden ist
allerdings nicht angesagt, bin Warmduscher. Außerdem ist's verboten:
teils starke Brandung und vor allem Unter- und Querströmungen ...
Di, 11.
April
Feucht ist
es …
… in
Anzali so gut
wie das ganze Jahr über. Hier trocknet die Wäsche auch dann nicht über
Nacht, wenn es mal nicht regnet. Dafür gedeiht in dem unterschiedlich
breiten Küstenstreifen zwischen
Kaspischem Meer
und Elbursgebirge auf fruchtbarem Schwemmlandboden so ziemlich alles an
Gemüse und Getreide, was die einheimische Küche in Töpfen und Pfannen
anbietet, Reis und Obst, so es sich nicht um tropische Früchte handelt,
eingeschlossen. Akzeptieren wir also den heutigen Regentag.
Auf der
Fahrt durch die Ebene nach Fuman beruhigt mithin reichlich Grün die
müden Augen, denen dennoch die Anzeichen jahrhunderte langen russischen
Einflusses nicht entgehen – zahlreiche Häuser und kleinere Gehöfte sind
im bekannten Stil – quadratischer Grundriss, außen verlaufende Treppe
ins Obergeschoss, Walm- bzw. Spitzdach – erbaut.
Der Ort liegt in
einer der Reiskammern des Landes und wartet mit besonderen Leckereien
auf, die auch nach einem reichhaltigen Frühstück und im Niesel stehend
hervorragend munden:
Koluche Keksen.
(Fotos vom
zweiten Frühstück ...)
(... und link
zum Selbermachen)
(nachmittags
auf dem Markt)
Eine nicht allzu breite Straße, die später zum Sträßchen wird, führt,
sich mitunter steil durch ein enges Tal windend, nach
Masuleh. Der
gerade auch bei Einheimischen als Wochenendziel „aus dem nahen Teheran“
beliebte Ort besteht
überwiegend
aus sich eng an die Rundungen des Berges schmiegenden Lehmziegelhäusern, deren
'Hof vor der Haustür' das (Flach-)Dach des
unterhalb liegenden Nachbarhauses bildet – oder umgekehrt: Jedenfalls
ist das Dorf terrassenförmig in den recht steilen Berghang gebaut.
Kurze oder lange, sich windende Treppen statt Straßen ermöglichen
den Zugang, ohne ihn zu erleichtern …
(paar
Zeilen zur Vorbereitung)
Damit nicht alle Gebäude gleich aussehen mit ihren erdfarben verputzten
Fassaden und oftmals gleichen Traufhöhen, haben sich die Bewohner
allerhand einfallen lassen hinsichtlich der Gestaltung ihrer Haustüren
und Fenstergitter. Und wenn schon auf Nachbars Dach gebolzt oder Rad
gefahren wird, dann wird’s auch nicht pietätlos sein, über die
Grabplatten auf dem
Friedhof vor und neben der Moschee zu lustwandeln oder Moped zu fahren …
Weil nur vom schönen Aussehen ihrer selbst oder ihres Dorfes die
Bewohner kaum leben können, gibt’s in den einigermaßen horizontal
verlaufenden „Straßen“ reichlich Kulinarisches (Essen und Trinken geht
immer, überall) neben „kunst“handwerklichen Unnützlichkeiten, ob geschnitzt oder
gestrickt, und üblichem Souvenirtrödel "Made in PRC". Ohne das Gespräch
mit einer jüngeren Frau, die mit Kind und Kegel aus Karaj den Geburtstag
des Imam
Alis für einen Familienausflug nutzend, wäre der Besuch der
Attraktion zwar ganz nett gewesen, doch unter
Deppentour
abzubuchen …
Einmal mehr erfahre ich die regierungskritische Einstellung und die
ablehnende Haltung gegenüber vorgeschriebener Kleiderordnung wie
Verhaltensregeln einer selbstbewussten Frau, die nicht nur Kopftuch und Tschador offen trägt, sondern als Dolmetscherin des Gesprächs eindeutig
die Führungsrolle „auf diesem Gemeindeplatz“ übernimmt – und niemand
macht sie ihr streitig. Möge es so bleiben – und ihrer immer mehr werden,
إن شاء الله
…
Übrigens, dass die Bewohner dieses Bergdorfes sich einiges einfallen
lassen, um zu sehen, wo sie bleiben, halte ich keineswegs für
verwerflich. Im Gegenteil - nostalgisch verbrämt oder der Guten Alten
Zeit nachweinend begäbe ich mich nicht einmal auf's Schützenfest meines
Geburtsortes ...
(Fotos
aus dem Ort)
(Individualismus
in Holz)
Zurück in Anzali schließe ich mich einer Speedboattour durch einige Arme
der
Lagune an. Der speed ist überzeugend, die Fahrkünste des Skippers
ebenfalls, mein Gesicht peelt der Wind artgerecht, doch sehe ich außer
Schilf und weißrussischen Graugänsen auf Durchzug in iranischem Gewässer nichts Nennenswertes –
und wie auch immer geartete Gespräche mit Einheimischen kann ich nicht
führen …
(Fotos zur
Deppentour)
Vorm Einschlafen unterm Pfeil
nach Mekka geht mir durch den Kopf, wie auffallend rücksichtsvoll die
Verkehrsteilnehmer trotz höchst unorthodoxer Fahrweisen miteinander
umgehen. Zwar werden Lichthupe und Horn eingesetzt, doch besteht niemand
"auf seinem Recht", keiner "hält voll drauf", weder beim Linksabbiegen,
noch beim Überholen oder beim Einfädeln lassen. Wenn jede/r
jederzeit auf
alles gefasst sein soll/muss, fo(e)rdert das
flexibles Verhalten, und das
trägt zur Entspannung bei - ebnet mithin den Weg zur Harmonie. Fast
schon buddhistisch, und das hier ...
Keine Sorgen, Ihr Lieben, ich
greife noch immer nicht zu Bachblüten, so lange es ein Captain Morgan
tut!
Mi, 12. April
Zurück auf Los, …
… nicht ohne Eindrücke vom Fischmarkt in Anzali mitzunehmen: Nicht, dass
es hier ausschließlich Fisch gäbe, doch dominiert dieses Lebensmittel
das Angebot an
Waren.
Und nicht, dass hier nur Männer zu sehen wären, doch die stehen hinter
ihren Auslagen. Frauen spielen hier nur als (Ein-)Käuferinnen mit.
Männer dürfen selbstverständlich auch hier einkaufen …
Anders als auf Wochenmärkten südlich der Alpen, u.U. auch westlich der
Elbe, werden weder besondere Qualität der Waren noch besondere
Schnäppchenangebote lauthals angepriesen. Hier geht’s iranisch ruhig und
gelassen zu. Selbst beim Heruntersteigern erklingt das Angebot in
Zimmerlautstärke – und der Bieter erhält den Zuschlag auf sein
Handzeichen oder Kopfnicken hin. Der Koblenzer Hennes, dessen
Bananenverkaufsarien in den späten Fünfzigern opernreif waren, würde
sich während der Vorstellung hier im Grabe umdrehen, Heiner …
Und ebenso ruhig und unaufdringlich geben die Verkäufer Auskunft über
ihre wohl sortierten Fische, sagen, wo sie gefangen wurden – und wann,
nennen Namen, beschreiben die Art der Verarbeitung, ob geräuchert,
eingesalzen oder luftgetrocknet, geben Tipps für die Zubereitung und ob ich mit großen
oder kleinen Gräten zu rechnen habe; und wenn ja, mit wie vielen. Wenn sie des Englischen nicht
mächtig sind, finden sie jemanden, der uns verständlich macht. Ein
freundliches Lächeln, als ich mich ohne eine Schwanzflosse zwischen den
Fingerspitzen verabschiede; hat wohl eh’ niemand mit gerechnet, dass ein
ausländischer Tourist mit Kamera in der Hand einen Weißfisch kauft. Und
Kaviar gibt’s nur in besonderen Läden.
Der Hühnerfritze allerdings
erlaubt sich einen Spaß mit einem Mitreisenden und mir und will uns
eine wohl gebaute Henne andienen, die ein wenig teilnahmslos dreinschaut.
Nachdem unsere Entgegnung gedolmetscht ist, lächelt er verschmitzt – „We
prefer black chicks“.
Empörung? Aufruhr? Hat jemand den Text auf der Startseite nicht richtig
verstanden? Zurück auf Los!!!
(Fotos vom
Fischmarkt)
Do, 13. April
Der Morgen danach …
… drängt mir den Gedankengang wieder auf, über den ich gestern Abend
eingeschlafen bin. Ja doch, unterm Pfeil nach Mekka …
Die zeitlich extrem knapp bemessene Stippvisite in Qazvin, das
Herabwürdigen
der
Sehenswürdigkeit des
Pavillons Chehel Sotun durch unseren
Reisebegleiter, die fehlende Zeit, den Basar zumindest zu
durchqueren, den Ali Qapu Torbau mal anzuschauen - all das führt zur
Lektüre des gewiss nicht ganz meine Vorstellungen erfüllenden gedruckten
Reiseführers. Doch die macht einmal mehr auf all die „ausgelassenen
Schätze“ der besuchten/durchquerten nordwestlichen Regionen
aufmerksam. Wahrscheinlich hätte es einer „eigenen Tour“ bedurft, Qazvin
ausführlich in Augenschein zu nehmen, das
Alamuttal oder
zumindest die Festungsruine zu erforschen, das Oljeitu Mausoleum zu
besichtigen. Also demnächst bei einem anderen Veranstalter eine extra Tour buchen? Auf eigene Kappe noch mal in
diese Region fahren? Anderes weglassen? Kenne ich ja noch nicht. Das
Dilemma wird auch durch den Genuss hervorragender Datteln (mit frischem
Joghurt) zum Frühstück nicht gelöst. Mal sehen, ich fange ja erst an …
Mit einem gemeinsamen Spaziergang zum „Spionagenest“
beginnen wir den Tag
nach dem Frühstück. An diesem Nicht-Freitag ist
das zu einem Museum umfunktionierte ehemalige Botschaftsgebäude der USA
nicht zugänglich. Also linse ich durch Zaun und Tor und nehme auf
Transparenten
durchaus einige Aussagen wahr, denen ich mich anschließe. Den in Stein
gemeißelten Versuch allerdings, den vermutlich von „Revolutionsführern“ und dem
Geheimdienst initiierten Verstoß gegen die Genfer Konvention mit
aufgebrachten Studenten
zu erklären, klingt ebenso erbärmlich wie die Rechtfertigung, die
entführten diplomatischen Vertreter über mehr als 440 Tage gefangen zu
halten. Bei aller Ablehnung imperialistischer (Außen-)Politik der USA,
„gewisse Formen sollten gewahrt bleiben“ (stammt von meiner alten
Englischlehrerin;
wer auch immer habe sie selig). Die Behauptung, einer unkontrollierbaren
Menge gegenüber gestanden zu haben, ist für mich so glaubhaft wie die
offiziöse Version zum
Besuch des
Schahs 1967 in Berlin – auch dieser Herrscher verfügte über
Prügelperser …
(Fotos
der ehem. US Botschaft)
Dass unser Reisebegleiter bei seinen Ausführungen nicht von der
offiziellen Version abweicht, ist verständlich. Würdet Ihr Euren
Job riskieren – oder noch mehr???
Das Zeugnis des geschmähten Westens hinter uns lassend, wenden wir uns
gen
Osten.
Weit über eine Stunde dauert die Busfahrt durch „die halbe Stadt“ bis zu
ihrem südöstlichen Rand. Riesige Neubaukomplexe sollen die Wohnungsnot
lindern. Gut 80% seien Privateigentum und weitgehend frei finanziert.
Gewerkschaften, staatliche und halbstaatliche Organisationen verfügten
über zahlreiche Wohnungen für ihre höheren Angestellten, resp.
Offiziere. Und die kleinen Leute? „Wie fast überall auf der Welt …“
Nach
breiter Ausfallstraße beginnt die Wüste. Auf der Autobahn macht Mohammed
Tempo – im erlaubten Rahmen. Verstöße gegen Verkehrsregeln sind teuer und werden für Busfahrer u.U. mit befristeten Fahrverboten belegt.
Übrigens: Frauen dürften in privaten Bussen auch mit unverhülltem Haar
sitzen, jedoch, wie in öffentlichen Fahrzeugen, nicht in der ersten Reihe
– sie könnten den Fahrer "über den Rückspiegel" ablenken. Nein, diese Meldung erschien nicht am
1. April und wurde auch nicht von Trump getwittert …
Wer Wüsten nicht mag, hat viel Zeit zum Dösen – oder so. Die
Schnellstraße
Richtung
Mashhad verläuft ganz im Norden der
Dasht-e Kavir,
die stark erodierten Südhänge des Elbursgebirges zum Greifen nah. Auf
dieser Hochebene (gut 1200 m üNN) wechseln Grassteppen mit Geröll- und
Sandwüsten ab. Dünen finden sich erst deutlich weiter im Süden, außerhalb
unserer Sichtweite. Dafür tauchen verschiedentlich gleißend weiße Flecke
ausgetrockneter Salzpfannen auf. Hin und wieder trödelt neben uns einer der selten
fahrenden Züge auf der Strecke zwischen Teheran und Mashhad. Alle Nas’
lang (etwa im Abstand von 25 bis 30 km) liegen verfallende Karawansereien – Zeugnisse der Pilgerroute zu heiligen Stätten im Osten
und der ehemaligen Seidenstraße.
(paar
Fotos dazu)
Spätestens
beim "Biostop" an einer der "modernen" Raststätten weiten sich die
Augen. So klein manche Lädchen sein mögen, in ihnen gibt's bei weitem
nicht nur Tee und Gebäck. Außer Reiseproviant finden sich Spielzeug
neben Handyhüllen, Souvenirs aus Keramik neben Werkzeug, Kinderkleidung
neben Kfz-Zubehör. "Spätis" auf iranisch an der Autopiste ...
In
Semnan herrscht
Wochenendruhe. Ungestört vom Straßenverkehr kann man das farbenfroh
gestaltete Torgebäude der Stadtfestung ausgiebig betrachten. Seit gut zweihundert
Jahre leuchten die Fliesen den mythologischen Kampf
Rostams
mit einem der vielen Geister herab aufs staunende Volk. Auf den ersten Blick hätten es auch
vierhundert oder fünfzig Jahre sein können – das Alter der Mosaike ist
schwer auszumachen …
(Fotos vom
Torgebäude)
Ein paar Straßenzüge weiter üben sich in der
Jame
Moschee zahlreiche junge Männer in Exerzitien. Sie tagen und
nächtigen für vier Tage in der (Ver-)Sammlungshalle, beten, lesen,
fasten, sprechen, um Allah zu gefallen und das sie
belastende „Sündenkontingent“ zu dezimieren. Nach anfänglicher Ablehnung
gestattet man(n) uns (Männern) den Besuch. Während im Innenhof vor dem
Ostiwan gebetet wird, geht’s in den Neben- und Aufenthaltsräumen Dank
smartphones deutlich
gelockerter zu – pray and live.
Den Gebetsruf hören wir nicht, es ist noch nicht an der Zeit, doch ahnen
wir die Lautsprecher auf dem Minarett. Der Muezzin erspart sich mithin
das Treppensteigen auf die Spitze der realen Orientierungshilfe (als es
noch keine Landkarten oder Wegweiser gab) wie des ideellen Leuchtturms,
der den Weg zum Heil weist. Übrigens: Lt. Mehrdad waren bis vor „einigen
hundert Jahren“ sämtliche Muezzine blind (von Geburt an oder durch eine
Krankheit - nicht jedoch geblendet), damit sie nichts Privates in den
Hinterhöfen der Familien hätten erspähen können …
Nach einem Abstecher durch das Tonnengewölbe des fast im Kreis führenden
Basars, fast sämtliche Läden sind leider geschlossen, begibt sich die Gruppe
wieder auf die Piste.
In
Qusheh begleiten uns Fußball spielende Jungs, die sich nicht so recht
trauen, ihre Englischkenntnisse gepflegt an uns Reisende zu bringen, zur
restaurierten, doch wenig gepflegten Zitadelle aus Lehmziegeln. Die
radfahrenden Mädchen hingegen haben keinerlei Sprechhemmungen und sind
ungezwungen gut drauf. Ihr Mutdefizit versuchen die jungen Kerle durch mackerhaftes Gebaren wettzumachen - ist doch immer und überall das
gleiche ...
(Fotos aus
Qusheh)
(mehr zur
Seidenstrasse)
Nach einem langen Tag mit reichlich Fahrerei kommt eine heiße Dusche in Damghan
gerade recht, bevor wir uns im Fünfergrüppchen auf die Suche nach einer
Speisenkarte machen – Art des Etablissements weitgehend unerheblich, nur knüsselich soll es nicht sein, und auf dem Boden sitzend dinieren
möchten wir auch nicht. Auf Kentucky Fried Chicken, Burgerhallen oder
Pizza wie zu Hause beim Italiener können wir auch verzichten – und damit
wird’s schwierig, doch keineswegs langweilig: Donnerstagsabends nach dem
Gebet sind
Himmel und Menschen unterwegs. Ob man (und auch Frau) gesehen werden
will, selber sehen will oder tatsächlich "was zu unternehmen gedenkt",
egal, die Stadt ist quirlig, ohne dass die Mengen Hektik verbreiten.
Laut ist es auch nicht.
Auf unser Fragen hin werden wir von Pontius zu Pilatus geschickt, in
bester Absicht. Doch mal ist nicht zu erkennen, ob es sich beim
beschriebenen Restaurant um einen Frisörladen oder ein Möbelgeschäft
handelt, mal sieht’s beim gelobten Kebabspezialisten hygienisch nicht
unbedenklich
aus, mal enden wir vorm Burgerfritzen. Drei junge Männer erbarmen sich
unser und geleiten uns zu einem für uns versteckt liegenden Kaffeehaus,
very American Style, mit überzeugender Karte und zuvorkommender
Bedienung. Der Besitzer spricht amerikanisches Englisch und seine
Gerichte halten, was er verspricht. Übrigens, Danke an die Jungs, und:
Das „menu“ ist zwar auf Farsi abgefasst, gibt’s jedoch auch als Bildband
ohne ausländische Untertitel…
Auf dem Rückweg zum Hotel sehen wir nicht mehr so hungrig aus wie vor
zwei Stunden, und einige locals trauen sich, uns anzusprechen. Es sind
nicht nur youngsters oder Männer, die den small talk suchen. Die Frauen
in unserer Gruppe sind Zielpersonen ihrer einheimischen
Geschlechtsgenossinnen, ob für ein kurzes Gespräch oder als Motiv fürs
gemeinsame Foto.
Ein junger Iraner hält an einer Ecke mit quietschenden Bremsen neben uns an der
Bordsteinkante, steigt aus, entschuldigt sich, dass er uns fünf Minuten
zuvor beim Überqueren der Straße angehupt und somit erschreckt habe,
schüttelt uns Männern die Hand und verneigt sich vor den Frauen ("No
shake hands, you know ...") – nein,
ich habe schon seit langem nichts mehr geraucht …
Bei einem kleinen Illegalen, den eine weitsichtige Mitereisende
organisiert hat, teilen wir auf dem Zimmer auch die Beobachtung,
dass uns
überwiegend freundlich, interessiert und zugewandt begegnet wurde. Hilfe
hat man uns immer gewährt, wenn wir darum ersucht haben; oft ist sie uns
angeboten worden, bevor wir wussten, dass wir welche brauchten – z.B.
als ein junger Mann den Verkehr auf der Straße vor unserem Hotel
stoppte, damit wir ungefährdet die Fahrbahn überqueren konnten und sicher in die Heia gelangten. Genau, in die unterm
Pfeil nach Mekka …
Der Pfeil erübrigt sich am nächsten Morgen bei
der Besichtigung der „… um 760 entstandene(n) schmucklose(n), aber in
ihrer Architektur eindrucksvolle(n) …“
(Kerber,
S. 452)
Tarikhane
– ihre Gebetsnische weist in besagte Richtung. Dieses „Haus Gottes“ gilt
als die älteste Moschee Irans, in der „… noch sassanidische
Architekturelemente erkennbar [sind] wie parabolische Bögen, gedrungene
Säulen und ein sich an der westlichen Hofseite öffnendes Mittelschiff
mit iwanartig überhöhtem Tonnengewölbe.“ (ebd., S. 452). Die
Schlichtheit im Inneren des Gotteshauses beeindruckt auch mich.
(Fotos vom
Tarikhaneh)
(Fotos der
Haj Shokrollah Moschee)
Auf dem Weg zu einem der
ältesten Grabtürme Irans streifen wir durch fast menschenleere Gassen,
Sonntagsstimmung eben, auch wenn hier Freitag herrscht ...
(Fotos aus dem
Ort)
(Fotos vom
Grabturm Pir-e Alamdar)
Fr, 14. April
Die Strecke …
.JPG)
… nach Bastam führt durch die gleiche Landschaft, die wir bereits
gestern durchfahren haben. Irgendwann haben meine Augen genug davon und
freuen sich über jede Abwechslung, ob’s ein Stopp bei einer
Pistazienplantage ist, eine Biopause oder ein Schlendern über den Friedhof von
Mehmandust,
auf dem neben Gräbern unlängst Verstorbener auch ein Grabturm aus dem
11. Jahrhundert steht.
(Pistazien
und Gräber)
Zum
Glück entspricht die Strecke heute nur einem Katzensprung, so dass wir
am frühen Nachmittag unser Ziel erreichen und ich "vor der Zeit" schon
mal durch die Stadt
stromern kann.
Der kürzere Weg vom Hotel dort hin quert einen Park, in dem Familien
„Kaffee kochen können“. Na gut, sie lagern auf vorbereiteten geebneten
Flächen, auf kleinen Bühnen oder direkt auf dem Asphalt der Wege, haben
auf ihren Sofrehs
alles
Erdenkliche an kulinarischen Köstlichkeiten ausgebreitet und trinken
selbstverständlich – Tee.
Zahlreiche freundliche Zurufe und Gesten heben die Stimmung, so dass ich
mich keineswegs in Demut gebeugt wie ein Pilger dem
Bayazid Komplex nähere, sondern fröhlich und wohlgemut. Auch hier
lagern an ruhigen Stellen kleinere Grüppchen und genießen den Freitag
und ihr Mitgebrachtes in trauter Runde bei gelöster Stimmung. Nix
Verkniffenes an heiliger Stätte, passt wohl auch zum Lebensgefühl des
verehrten
Mystikers. Nach der Besichtigung, während der mich jede Menge
neugieriger Blicke meist wohlwollend begleiten und sich manche, nicht
des Englischen mächtige Besucher oder Pilger bemühen, mich auf
Besonderheiten der Gebäude aufmerksam zu machen oder mir den
historischen Kontext näher zu bringen, gibt die Kamera ihren Geist auf,
unwiderruflich - kleine Sünden (s. Anfang dieses Absatzes) straft der
liebe Gott sofort ...
(Fotos vom
Komplex)
Sa, 15. April
Ohne Fotoapparat …
… geht auch – für eine kleine Weile, z.B. während der Fahrt durch die
Hochebene. Die bleibt unverändert hoch und eben, schmückt sich zunehmend
mit Grasbüscheln, lässt die Hänge des Elbrusgebirges näher an uns heran
rücken, wirkt jedoch weiterhin recht eintönig. In Wüsten müsse man sich gemächlich
bewegen, um sie genießen zu können, hat mir vor Jahren einmal ein Bedu
nach einem gemeinsamen Höllenritt im Jeep auf dem Sinai erklärt …
Beim Blick vom Turm der restaurierten Karawanserei in
Miyandasht wird einmal mehr deutlich, warum: Ich nehme die
Kleinigkeiten im Gelände wahr, die verborgenen Salzpfannen, das
verdorrte Gestrüpp, in dem Vögel nisten, die Fließspuren, welche das
letzte strömende Wasser vor was weiß ich wie langer Zeit hinterlassen
hat.
Die Restaurierung einer der größten Karawansereien im Iran ist bereits
so weit fortgeschritten, dass einige der ehemaligen Schlafgemächer
wieder welche sind – modernisiert mit viel Pipapo. Aus den ehemaligen
Stallungen ist ein Speisesaal entstanden und von den Podesten aus, auf
denen früher die Händler ihre Waren angeboten hatten, lässt sich heute
beschaulich in den Innenhof schauen - jetzt einen Mokka und ich käme mir
vor wie im Orient ...
Auf halber Strecke, etwa ab
Sabzevar, grünt die
Wüste. Schafherden sind mit ihren Hüterinnen unterwegs – oder umgekehrt,
es mehren sich Äcker, auf denen Futterpflanzen, Gerste, Weizen, Gemüse
angebaut werden und hohe, dicht belaubte Bäume fallen auch auf: Ein
uraltes, ausgeklügeltes Bewässerungssystem macht’s möglich. Durch
Qanate, unterirdische
Kanäle, fließen Quell- oder Schmelzwasser, am Fuß des Elbrusgebirges in
Tunneln oder Zisternen aufgefangen, zur Bewässerung aufs Land oder als
Trinkwasser in die Stadt. Anders jedoch als bei den
ojos der aqueductos um Nazca, sind die
Belüftungsschächte sehr eng; nix mit Wendeltreppen. Dort, wo mehr Wasser
gebraucht wird, fördert man es aus Tiefbrunnen, die bis zu 300m
abgeteuft wurden.
Das Mausoleum für den
Dichter und Mathematiker
Omar Khayyam
in Neyshabur ist
ob seiner Konstruktion gewiss das eine oder andere Foto wert. Vor dem
Mausoleum des Mystikers und Dichters
Fariduddin
Attar
verzweifeln hingegen die profimäßigen Hobbyfotografen ob der immer
wieder durchs Bild laufenden Besucher. So kann frau einfach kein Bild
wie im Dumont hinkriegen …
Noch mehr
zum Schmunzeln bringt mich allerdings ein mittelaltes einheimisches
Paar, das sich kichernd an der penisförmigen Stele des Sufis aneinander
schmiegt – und höchst erschrocken zusammenfährt, als es mich bemerkt.
Ein freundliches Lächeln und die Welt ist wieder im Lot …
Einige Treppenstufe höher steht das Denkmal des
Hofmalers
Kamal ol-Molk.
Auch hier braucht es etwas Zeit, bis es ins rechte mitmenschenfreie Bild
gerückt ist. Ich weiß, kameralos habe ich gut lästern ...
Mashhad empfängt
uns am Abend mit einem Einreiseverbot – für ortsfremde Busse: Auf einem
Parkplatz vor den Toren der zweitgrößten Stadt Irans wechseln wir samt
Gepäck in ein gleich großes Shuttle, das uns in der Nähe des Basars an
einem Boulevard in eine Menschenmenge entlässt, die einem
Einkaufswochenende zum Winterschlussverkauf in Neukölln alle Ehre
gemacht hätte. Entlang der „Pilgerstrecke“ zum
Imam Reza
Heiligtum säumen Restaurants, Süßwarenläden, Markenshops für
Damenmoden von Designerinnen bis zum GucciTäschchen, Textilbilligheimer,
Souvenirläden etc. den Damm. LED Leuchtreklamen schreien mir meist
Unverständliches in allen erdenklichen schrillen Farben entgegen. Die
Schlepper, welche Kundschaft in einen der Läden oder eines der
zahlreichen Restaurants locken sollen, wirken nicht ganz so bunt, dafür
um so lauter.
Mein
Gepäck im Schlepp winde ich mich, meine Mitreisenden nicht aus den Augen
lassend, zwischen schwarzen Tschadors, Blue Jeans, Kinderwagen in
Richtung Hotel – Großstadtflair der besonderen Art; nicht aggressiv,
nicht bedrohlich, nicht hektisch, doch höchst betriebsam, wuselig und
deutlich lauter als in Teheran.
Nicht nur auf dem Gehweg wird Höflichkeit deutlich anders definiert als
in den bisherigen besuchten Orten. Drängen und Drängeln gehören zum
Geschäft. Was tun, wenn niemand niemandem ausweicht???
Im Restaurant, eine Treppe unterhalb des Erdbodens, begrüßen uns
Energiesparlampen ähnlich warm wie die Ober. Nicht, dass wir in anderen
Speisestätten hofiert worden wären, doch wird an diesem Ort
unmissverständlich, dass wir notwendige Selbstverständlichkeiten sind.
Die zwanzig Lagen transparenten Kunststofftischtuchs zeugen, dass auch
das Abspeisen ratzfatz zu gehen hat und für eine gebührende Nachsorge
als Vorbereitung für kommende Gäste nicht all zu viel Aufwand zu
betreiben ist. Später, beim Abgleichen und Bezahlen der Rechnung
allerdings erfahren wir alle Geduld und Nachsicht beim Entschlüsseln der
Positionen. Hier, nahe der heiligen Stätte, werden selbst Ungläubige
nicht über den Tisch gezogen. Wir sind ja nicht in Rom …
So, 16. April
A Bunny for breakfast …
… und das im Iran, präsentiert von einer nicht mehr ganz jugendlichen
Mitreisenden, die jedem von uns eingedenk des Ostersonntags ein
Schokoladenhäschen kredenzt – nochmals ganz herzlichen Dank!
Im Hotel, gleich neben dem Basar, sind wir so ziemlich die einzigen
westlichen Gäste. Mittelalte und ältere einheimische Paare, die wohl auf
Pilgerreise sind, weilen mit uns im Speisesaal, noch leger, doch
vorschriftsmäßig gekleidet. Später lächelt (!) mich einer der Frauen, in
einen schwarzen Tschador (ist an diesem Ort verpflichtendes Kleidungsstück)
gehüllt, auf irgendeinem der Höfe des
Heiligtums an …
In Begleitung eines perfekt amerikanisches Englisch sprechenden Mullahs
im grauen Zweireiher begeben wir uns auf Besichtigungstour. Nach
Geschlecht getrenntem oberflächlichen safety check, der größere
Taschen oder Kameras aufspüren soll - hier darf lediglich mit Handy
fotografiert werden -, betreten wir die
weitläufige
Anlage, welche „von Jahr zu Jahr“ wächst, um die vor allem im
Trauermonat
steigende Zahl der Pilger aufnehmen zu können. Die Fassaden sämtlicher
Gebäude, auch der „ganz neuen“ sind mit Fliesen oder Mosaiken
verkleidet, die über und über pflanzliche Motive oder grafische Muster
unterschiedlichen Symbolgehalts zieren.
Nach ein, zwei intro-Filmchen heißt uns ein recht moderat wirkender
Obermullah willkommen. „Unser Grauer“ lenkt uns später durch die Innenhöfe und
zu den Stätten des „heiligsten Ortes für die Schiiten im Iran“*, die wir
sehen sollen – und die ob der Architektur der Fassaden, der Stuckarbeiten
oder Spiegelkompositionen durchaus beeindruckend wirken – doch mitunter
trügt der
Sch(r)ein: Nicht alle einheimische Frauen kleiden sich selbst an
diesem Ort uneingeschränkt mullahkompatibel. Leicht durchschimmernde
Tschadors, durchaus einen Hauch von figurbetont geschnitten, werden
ausgeführt (form follows function, vielleicht?) – nicht zu vergleichen
mit den züchtigen Stoffbahnen, welche in den Läden vor den Toren vor
allem an Touristinnen verkauft werden.
* Übrigens: Noch heiliger ist die
Stadt
Kerbela im Irak.
(eigene Fotos?
Nix da,
Aufnahmen mit einer Kamara sind verboten!)
Vor dem Abendgebet sind nicht nur die Zuwege zum Heiligtum „schwarz vor
Menschen“, auch sämtliche Innenhöfe sind nahezu vollständig mit
Gebetsteppichen ausgelegt. Zwar gibt’s keine
Sitzordnung wie im Theater, doch wie damals im Westerwald: ein Terrain
für Männer, eins für Frauen, eins für Familien …
Wie im wirklichen Leben
bereiten sich einige Gläubige aufs Gebet vor, wirken in Gedanken
versunken, andere tratschen munter und laut, wiederum andere
beschäftigen sich mit ihrem Handy (dial a prayer, vielleicht?). Und die
Kinder sind eben wie Kinder: Sie stören sich an nichts und niemandem,
doch mitunter erheblich ...
Auf diesem Gelände umfängt mich keinerlei erhabene, erhebende, gar
ehrfürchtige oder demutsvolle Stimmung. Die
Shwedagon Pagode strahlte damals trotz allen Gewusels etwas Würdevolles, vielleicht sogar
etwas Entrückendes aus – hier dominiert für mich das Oberflächliche,
Verkniffene, Erzwungene. Und der Liebe Gott sieht alles - doch er verrät nichts …
Selbst
die Pauken und Trompeten, die unmittelbar vor dem Gebet zur
Abenddämmerung handgerührt und lippengeblasen vom zweistöckigen
Paukenhaus (Neqar-e Khaneh) erschallen, können ihn nicht umstimmen –
klingen ja auch eher wie Geblöke von Ziegen …
Nach einem kleinen Illegalen in trauter Runde schlafe ich unterm Pfeil -
genau - dem Morgen entgegen.
Mo, 17. April
Hārūn
ar-Raschīd …
… ist in Tūs gestorben, hundert Jahre vor
Firdausi, dessen
Mausoleum in diesem Ort steht. Die Fahrt dort hin führt durch den architektonisch
eher modernen Teil Mashhads, zeigt allerdings auch, dass die nähere
Umgebung um das Imam-Reza-Heiligtum besonders „gepflegt“ wird – show
case eben. Doch auch in den Außenbezirken beruhigt viel Grün mit
reichlich bunten Blüten das Auge.
Mitten im großzügig angelegten Park liegt das
Mausoleum,
welches an diesem Tag
Ziel so manchen Schulausflugs ist. Geschichte(n) in
Bild(ern) und Worten
wird nicht nur jüngeren Lernenden vermittelt. Die Fotoprojektgruppe
einer Mädchenklasse im vorletzten Schuljahr durchstreift das Areal und
ist keineswegs nur auf shots mit ihren Canon Spiegelreflexkameras aus.
Höflich bringen sie im Café ihre Wissbegierde an Mann und Frau aus Deutschland,
zeigen, dass sie ziemlich gut über Geschehnisse in Mitteleuropa
informiert sind und geben sich verhalten bereit, über ihre Schule und ihre
Berufswünsche zu sprechen, fügen jedoch stets hinzu: "When my parents
agree ...". Bleibt zu hoffen, dass ihr vorsichtiger
Optimismus hinsichtlich der Entwicklung ihres Landes nicht verdorrt
(wird), sie ihr selbstbewusstes Verhalten nicht aufgeben (müssen) und sich ihre Vorstellungen vom persönlichen Glück erfüllen -
إن
شاء
الله
...
(Fotos
vom Mausoleum)
(Vertiefendes zu
Ferdausi)
Übrigens: Ich werde mir, mit
Eurer
Unterstützung, alle Mühe geben, Firdausis in Versform gefasstem Rat
nachzukommen - إن
شاء
الله
…
Auf
besonderen Wunsch einer einzelnen Dame (OK, Du hast Recht, Frau..)
kehren wir in weitem Bogen zurück und passieren dabei den Akhangan
Grabturm, welcher durch sein mit bunten Ziegeln geschmücktes Faltdach
und seine durch Halbsäulen gegliederte Seitenwände auffällt.
(Fotos
vom Grabturm)
Anders als am gestrigen Abend ist der Basar heute Nachmittag nahezu
menschenleer.
Die
„Beschäftigten“ hängen träge bis schläfrig rum und haben
bis auf die (Halb-)Edelsteinschleifer und die Wandteppichbesticker wenig
bis nichts zu tun. Vermutlich schöpfen sie Kraft für den zu erwartenden
Ansturm nach dem Abendgebet. Viel Raum und Zeit für mich also, um ungestört durch
die Gänge zu wandeln und auch die Moral erhaltenden Agitpropplakate zu
würdigen …
(paar Bilder
aus dem Basar ...)
(... und einiges an
Agitprop)
Noch
immer kein 1001 Nacht Gefühl, selbst in einer der wichtigsten
Wallfahrtsstädte des Landes nicht. Mal sehen, was der morgige Tag gute
900 km weiter südlich offeriert.
Di, 18. April
Catwalk …
… auf dem Flughafen? Aber ja doch: Einmal abgesehen davon, dass niemand
die von der „Shopping Mall“ zum Wartebreich vorm gate abwärts fahrende
Rolltreppe
herunter
walkt, eröffnen sich dem Wartenden doch erstaunliche (Aus- und
An-)Blicke:
Geschäftsmänner im Zweireiher, Mullahs im braunen „Talar“, mal schwarz,
mal weiß beturbant, leger gekleidete Herren, mitunter bejeanst und im
weißen Hemd, auch mal im hellen Flanell, herausgeputzte kleine Prinzen
und andere "Herr"lichkeiten gleiten herab. Die Damenwelt
schwebt selbstverständlich: mal in farblich gedeckter Kluft, mal im
schwarzen oder hin und wieder auch im hellen Tschador, mal farblich
froher und in oberschenkellanger dünner Bluse, welche durchaus leicht
tailliert und nicht ganz blickdicht sein darf, nicht zu schrille weite,
lange Hose, dezenter Hijab, doch deutlich mehr als nur den Haaransatz
freigebend. Ihr lasst, wohl gemerkt, Einheimische vor Eurem geistigen
Auge vorbei ziehen!
Und dann atemhaucht eine große, sehr dunkle Sonnenbrille, mit auffallenden
kirschrot geschminkten Lippen, das mit Silberfäden durchwirkte
anthrazitfarbene Kopftuch in Höhe der Ohren, eine locker über die
Schultern hängende wadenlange Bluse im gleichen Ton und, soweit zu
sehen, Leggins, welche knapp oberhalb der Fesseln für iranische
Verhältnisse enorm viel Bein frei geben, herab. Die zarten Füße (muss mann
wohl so schreiben) stecken in mattschwarzen Highheels, Betonung auf
high, welche der Dame beim Schreiten einen Kick abnötigen, welcher
Marylin vor Neid hätte erblassen lassen. Und kein Tugendwächter, der
aufbegehrt. Ihr glaubt das alles nicht? Ich auch nicht, es war aber so! Und
ab Yazd treten solche Erscheinungen in der Öffentlichkeit häufiger auf,
wenn auch in leicht abgeschwächter Form …
Nicht dass der Flug über das Grenzgebiet zweier Wüsten uninteressant
wäre, doch lässt er keine nachhaltigen Eindrücke von der überflogenen
Landschaft zu – davon habe ich schon so viele gesehen …
Ein Hingucker …
… wie jener vor dem Abflug ist unser Hotel in einer der
ältesten Städte des Iran
nicht.
Rustikal und very traditional wirken die Zimmer, leider nicht immer
funktional. Doch sowohl der Innenhof mit den Blumenrabatten unter freiem
Himmel als auch der mit Zeltbahnen überdachte, damit es nicht in den
Speise“saal“ regnet, und das freundliche Personal, dem allerdings das
ein oder andere Modul zum Thema Optimierung von Service das Berufsleben
erleichtern könnte, lassen in dem Gebäude, welches ehemals einem
wohlhabenden Händler gehört hatte, ganz sacht ein heimeliges Gefühl
eintreten. Vielleicht ist 1001 Nacht ja bereits näher gerückt als ich
dachte ...
Der
Meydan-e Amir Chaqmaq verstärkt diese Wahrnehmung, kommt an seiner
Ostseite der dreistöckige Arkadenbau (Tekiyeh
Amir Chaqmaq) mit seinen beiden Minaretten und den Ornamenten der
gefliesten Fassade doch dem Klischee ziemlich nahe, wie es im Orient
auszusehen hat. Auch wenn am frühen Nachmittag
nur
vereinzelt Menschen den weitläufigen Platz für sich reklamieren, er hat
was, umfängt mich mit seinen an den Seiten etwas flacheren Arkaden, die
als
Zuschauertribünen dienen. Das auf dem Platz stehende schwere
Nakhl Holzgerüst erinnert, dass auch hier die
Ashura Passionsspiele aufgeführt werden.
(Fotos vom
Meydan-e Amir Chaqmaq)
Ebenso wie die umliegenden schmalen Straßen ist das Areal am Abend von
Einheimischen okkupiert, die sich ums Tischtuch lagernd beim Schmaus
unterhalten und trotz der Vielzahl westlicher Touristen das Interesse an
und für selbige noch nicht verloren haben.
Sitzen nachmittags noch einige turtelnde junge Pärchen, deren
begleitende ältere Tanten mindestens ein Auge zudrücken, unter den
Bogen, so geht es bei Dunkelheit „und all den vielen Leuten“ gesitteter
zu. Sehnsüchtige Blicke müssen nun genügen, gilt es doch in Anwesenheit
der gesamten Familie Form und Distanz zu wahren – auch wenn alle wissen,
was gespielt wird. Kleidungs- und erscheinungsmäßig spiegelt sich das
Bild vom Wartebereich des Flughafens, allerdings ohne beobachtete
Ausnahmeerscheinung. Doch die kann ja noch kommen …
… leider nicht im
Dowlatabad Garten, einer Grünanlage, die in einem Netz
verschiedener unterirdischer Wasserkanäle liegt und deren eher
ungepflegte Blumenbeete und Grasflächen zwischen Strauch- und Baumhecken
darben. Allein der sechseckige Pavillon mit seinem gut 30 Meter hohen
Windturm ist
sowohl von der
Technik, „die dahinter steht“, als auch von Außen- wie Innenarchitektur
sehenswert.
Außer zahlreichen Gruppen ausländischer Touristen besuchen auch jede
Menge Einheimischer die Anlage.
(Fotos von der
Gartenanlage)
(der
Haustechniker zu Windtürmen ...)
Windtürme verhelfen auch den Bewohnern der Altstadt von Yazd zu
angenehmeren Raumtemperaturen. Kühle Luft durchweht die Gemäuer aus
Lehmziegeln, wobei der Baustoff als effiziente Dämmung die Hitze der
Wüste draußen hält. Auch die schmalen Gassen, na gut, durch manche passt
noch ein Kleinwagen, oft als Arkaden überbaut, sollen die Passanten vor
zu viel Wärme schützen.
Auf
der Dachterrasse eines zum Café umgewidmeten ehemaligen Wohn- und
Geschäftshauses treffen sich Lonely Planet Leser, geführte Grüppchen,
in- wie ausländische Insider und genießen wie ich beim frischen
Granatapfelsaft den Überblick über Dächer, Skyline und Hinterhöfe des
ältesten Teils dieser Stadt. In besinnlicher Runde tauschen wir die
Eindrücke aus, welche wir beim Spaziergang durch die Zeugnisse der Wüstenarchitektur
aufgenommen haben: 1001 Nacht – und das am hellichten Tag!
(Fotos aus der
Altstadt)
Zurück im Hotel stört mich auch mein arg enges Zimmer nicht mehr; im
Gegenteil, es passt zum Gefühl, endlich im Orient angekommen zu sein.
Letzteres wird durch ein opulentes Büffet unter den sich durch einen
Windhauch leicht bewegenden Zeltbahnen über mir verstärkt und später
beim Schlendern über den abendlichen Meydan Chaqmaq gefestigt. Wurde
aber auch Zeit …
Mi, 19. April
Zarathustrisches Erbe …
… ist reichlich anzutreffen in der Stadt, in welche die
Anhänger dieses
Glaubens
vor den Arabern geflüchtet sind. Auf dem Gelände des
Feuertempels aus
dem 20. Jahrhundert treffen sich Zoroastrier aus aller Welt, um vor dem
Feuer zu verharren, welches bereits seit über 1200 Jahren in Yazd
brennt.
Eine kleine Ausstellung gibt einen recht guten Überblick über Lehre,
Glaubenssätze, Riten und Liturgie. Wie so oft liegt auch dieser Ort der
Andacht in einem kleinen Park, der Ruhe ausstrahlt und das Gewusel der
Großstadt ein wenig draußen hält.
Unmittelbar gegenüber winkt ein Zugang zum wirklichen Leben, zur
Wechselstube, welche ohne Vorlage eines Ausweises die Scheine heraus
rückt, von denen ich „nachher in der Stadt“ einige loswerden möchte …
(also ...
Zarathustra ...)
(... und paar Fotos vom
Feuertempel ...)
(... nebst
ergänzenden Infos ...)
(dazu ein wenig
Sachmet zur Kultur)
Auch
wenn erst Mittwoch ist, besuchen wir die
Freitagsmoschee. Am Rand der Altstadt gelegen ist sie mit ihren
beiden höchsten Minaretten des Iran eine Landmarke zwischen den Häusern.
Im frühen 14. Jahrhundert an der Stelle eines früheren Feuertempels
errichtet (schon mal nachgedacht, über welchen Fundamenten höchst
berühmte katholische Kirchen – auch die in Cusco – errichtet wurden?),
ist sie in historischer wie architektonischer Hinsicht ein Hingucker –
endlich!
Die hoch aufstrebenden Bogennischen der Iwane, die schlanken, 48 Meter
hohen Minarette und die verschlungenen florealen, geometrischen und
kalligraphischen Fliesendekore sind schlichtweg beeindruckend und
durchaus in der Lage, Schwindelgefühle zu (er-)wecken. Im Inneren der
Haupthalle setzen sich die Schmuckelemente fort – eine geschickte
Lichtführung trägt erheblich zu vielen Ahhs und Oooohs bei …
(siehe
hier ...)
Etwas Ruhe braucht der Mensch, und so stromere ich allein durch die
Gassen und
Gässchen der Altstadt, heute im Sonnenlicht, mir und meinem analogen
Stadtplan vertrauend. Auch wenn mich P. Kerbers Reiseführer ebenso wie
die anderer Autoren auf der touristischen Ameisenstraße zwischen den
Lehmziegelhäusern zu ausgewiesenen Sehenswürdigkeiten führt, der
Spaziergang ist empfehlenswert, zumal oft ein wenig versteckt angenehme
lukullische Ruhepunkte locken. Wohlgemerkt, das verwinkelte Viertel hat
trotz zahlreicher Besucher nichts von Drosselgass o. dergl. an sich,
auch wenn mensch nicht an Koffeinentzug sterben muss. Im eigenen Tempo
den historischen Teil der Stadt am Rande der Wüste zu ergründen, hat
einfach was …
(...
schaut selbst!)
(Info
zum Mausoleum der zwölf Imame und anderen Sehenswürdigkeiten)
(Fotos zum Mausoleum und zum
Alexandergefängnis)
(Info
zum Lariha Haus ...)
(... und
paar Fotos dazu)
(Info
zum Bewässerungssystem, ...)
(... zum
Wassermuseum)
(... und Fotos
dazu)
Dem Typ Kerle nach, zu denen wir heute Abend hinab gestiegen sind,
könnten wir in einem Kohlenkeller gelandet sein – nicht politisch,
sondern muskulär; das Olfaktorische lassen wir mal außer Acht. Im
Untergeschoss des „Krafthauses“ demonstrieren durchtrainierte
Männerkörper, zwischen zehn und gefühlt siebzig Jahren alt, was es mit
dem „Sport der Helden“
auf sich hat. Ja, ja, so manches aus dem Untergrund ist verwässert
worden, jedoch nicht unbedingt verweichlicht.
Nach Fürbittgebet und dem Rezitieren von was auch immer beginnen
zunächst
gymnastische Übungen, welche in nach Technik, Koordination, Ausdauer und
perfekter Körperbeherrschung verlangende Bewegungen münden – Micha,
Deine Skigymnastik dagegen war wie in Ruhe ein Glas Wein genießen, Danke
nachträglich … - bevor uns die Jungs zeigen, wie die Keulen geschwungen
werden; die schweren aus Holz versteht sich. Allein vom Zuschauen tut
mir schon das Kreuz weh, wird mir schwindelig. Über
Folgen und Nebenwirkungen dieses
Hinguckers
-
was soll mein Ohrenarzt schon dazu sagen …
(bevor mich
die Kraft verließ ...)
Nach so ausgiebigem Kraftaufwand durchs Zuschauen ergänzen wir verlustig
gegangene Kohlenhydrate in einem Imbiss im Sträßchen vor unserem Hotel.
Durch die Bögen der Arkaden blicken wir auf den Chaqmaq. Bei Lammkebab
und Placebo erwidern wir freundlich die freundlich neugierigen
Blicke vorübergehender Einheimischer. Beantworte mir wer die Frage,
warum die Jungs, die bei uns im Soldiner Kiez oder in den Rollbergen mit
Rasierklingen unter den Achseln und im Schritt einher stolzieren,
Goldkettchen und A 4 (oder höher) Autoschlüssel mal außen vor gelassen,
uns „Kartoffelfressern“ hier so friedlich und respektvoll begegnen. Sind
die so viel anders, anders unterdrückt, chancenlos, gar kuratiert –
oder, nun ja, anders sozialisiert? Gibt's hier keine loser? Und wenn
doch, wie kompensieren die das? Lasst mich nicht dumm sterben, wenn ich die
falschen Fragen stelle ...
Auch der Blick auf den, genau, … vorm Einschlafen hilft mir nicht
weiter. Doch dieses friedvolle, entspannte, keineswegs lautlose oder gar
gedrückte Ambiente im mir „fremden Revier“ werde ich hoffnungsvoll
mitnehmen, auch über Grenzen hinweg! Wie war das noch in 1001 ...?
(Damit Ihr den
geografischen Überblick nicht verliert, wenn's morgen weiter geht
...)
Do, 20. April
Hol’s der Geier …
… umschriebe bis in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts die
Art,
auf
welche Anhänger des Zoroastrismus bestattet wurden: „dieToten wurden nach einer rituellen Handlung in einen Turm (Turm des
Schweigens) gebracht, wo die Geier sich unter dem Auspiez eines
Priesters sofort an der Leichen gütlich taten. Wurde
zuerst das linke Auge ausgehackt, so fand die Seele den Weg in den
Himmel, frass der Geier zuerst das rechte Auge, hiess die Endstation Hölle“ (aus diesem
link).
Dieses
Procedere der Bestattung gibt’s „aus hygienischen Gründen heute
nicht mehr, die Türme
hingegen sind Ziel nicht nur ausländischer Besucher. Auf der Fahrt nach
Shiraz erklimmen wir einen Steinwurf weit von Yazd entfernt den steil
aufragenden Gipfel, um auf der Plattform jenen Ort zurückliegenden
Geschehens zu betrachten. Der Blick schweift über die tiefer gelegenen
Nebengebäude und einen kleinen Flecken Wüste zur heutzutage nahen
Stadtgrenze. Gewiss nicht ganz geheuer die Vorstellung, zum Frühstück
plötzlich ein abgenagtes Fingerknöchelchen neben seiner Kaffeetasse zu
finden …
(ausführlicher zur
Praktik ...)
(... und paar
Fotos vom Ort)
Was dem Germanen …
...
die Eiche, ist dem Perser die Zypresse – so sind sie halt, die Arier.
Gut, dass der Baum, dessen Alter mit 2.500 (Kerber), 4.000 (wikipedia)
oder über 7.000 (unser Reisebegleiter) Jahren angegeben wird, nicht weit
von unserem Weg entfernt liegt, Alter ...
(soviel zur "ewigen
Jugend" ...)
(... und zur
Sicht darauf)
Wüstenähnlich
…
… erstreckt sich das zentrale Hochland auf durchschnittlich 1200 Meter üNN. von Yazd weiter bis nach Shiraz. Beide Städte hängen am Qanatetropf
der nahen Gebirge. Bei Yazd ist es das Shirkuh, welches wir über Pässe
von bis zu 2400 Metern Höhe durchqueren. In den nördlichen Rinnen des
Shir Kuh Peak (4000m) hält sich noch ein wenig „Schnee vom letzten
Jahr“.
Ernsthaft
Landwirtschaft wird erst wieder in den „Oasen“ vor Shiraz betrieben, wo
Zitrusfrüchte, Weintrauben, Datteln und Getreide gedeihen –
Granatäpfel natürlich auch.
Bis dort hin löst der Blick auf die Gebirgsformationen, welche mal
näher, mal weiter von der Schnellstraße entfernt liegen, die Ödnis ein
wenig auf.
Großstädtischer
…
… als Yazd, wenn auch nicht metropolitaner, wirkt
Shiraz. Unser Hotel
ist höchst komfortabel und verfügt über eine Dachterrasse, welche den
Ausblick auf die Kuppeln der Moscheen und Mausoleen nah und fern
garantiert. Mit Leonhard Cohen im Hintergrund schmeckt sogar das nicht
so recht gekühlte "Bier" weniger schal und keimt die Hoffnung, dass nicht
alles Westliche
über einen Kamm geschert wird …
Dass in dieser Stadt nicht nur westliche Devisen locker sitzen, haben
wir bereits einige Stunden zuvor in einem hochmodernen Speisentempel in
der Nähe des Korantores beobachtet. Neben Gesichtern, die uns bereits am
Morgen bei den Türmen des Schweigens begegnet sind, genießen auch
zahlreiche Einheimische die passable Küche, welche sich allerdings auch
hier beim Würzen arg zurück hält …
(Vertiefendes auf
Englisch)
Fr, 21. April
Es geht auch ohne …
… richtungsweisenden Pfeil im Zimmer (habe ich gestern Abend am eigenen
Leib
erfahren) – rasches Einschlafen war vonnöten, um heute ein wenig früher
als sonst auf den Beinen und im Bus zu sein:
Persepolis ist angesagt …
Anders als in unserem Hotel, treffen wir hier auch wieder einheimische
Besucher, die ebenso wie wir grüppchenweise ihr
Weltkulturerbe
bestaunen. Imposant die aus mächtigen Steinblöcken mörtellos gefügten
bis zu 14 Meter hoch aufragenden Mauern, welche die künstlich
aufgeschüttete Terrasse stützen. Über 111 Stufen die doppelläufige
Freitreppe hinaufsteigend, gelangen wir zum Tor aller Länder. Ab hier
wird’s ob zahlreicher Reisegruppen ein wenig eng. Und weil ich das Rad
nicht neu beschreiben möchte, seien Euch die Hinweise auf verschiedene
Infos eine selbstverantwortlich zu ergreifende Hilfe …
(infos
durch
radio-culture)
(Fotos
bis zum unvollendeten Tor)
(wiki weiß auch was)
(Fotos
auf dem Weg zum Apadana Palast)
(infos
zum Palast)
(Reliefszenen
im Foto)
(infos zum
Palast des Xerxes ...)
(... und
paar Fotos dazu)
Ihr sollt Euch ja nicht nur gelinkt vorkommen: Beeindruckt hat mich zum
Einen der große Andrang Einheimischer. Hier stehen weder Drosselgass
noch Rothenburg o.d.T. zur Besichtigung; zum Anderen vor allem die
Reliefs, welche die Geschenke (oder den Tribut?) tragenden Delegationen
der Reichs- (oder besiegten …)völker
darstellen – Geschichte von „vor ewig hautnah“ und auch noch ziemlich filigran
dargestellt …
Mit reichlich belegten Speicherplätzen erklimme ich die Plattformen vor
den Felsengräbern und genieße die Anlage aus der nicht ganz
Drohnenperspektive - hat schon was ...
(Nachtrag)
Die Nekropole …
…
der
Achämeniden liegt einen Steinwurf weit entfernt und wirkt nach den
Feinheiten der Repräsentationshauptstadt wie ein Augustapfel, welcher
mit einem saftigen Pfirsich verglichen werden soll. Also lass’ ich’s,
schaut selbst …
(Sachmet
zu den Gräbern)
(Fotos
dazu)
(... und
detaillierte Infos)
Abends sind wir Touris im 'Sharzeh', einem Restaurant mit
"traditionellem Ambiente", dann wieder unter uns. Das Buffet offeriert
reichlich, die Kebabs munden; was fehlt, sind die Einheimischen - doch
das wollten wir wohl nicht anders ...
Shiraz scheint mir sehr viel stärker nach touristisch / nicht
touristisch geteilt als Yazd. Doch mal abwarten, morgen ist ein neuer
Tag ...
Sa, 22. April
… und der beginnt, …
… bildungsmäßig betrachtet, in der kleinen Gasse, in welcher die
Nasr-ol-Molk
Moschee zu besichtigen ist. In der Flucht mit den übrigen Gebäuden
erstellt, lässt die geflieste Fassade mit ihrem florealen Dekor ahnen,
dass sich etwas Besonderes dahinter verbirgt. „Sie enthält (…) zwei
Iwane und im Innenhof umlaufende Arkaden. (…)
Muqarnas und
Rippennetze schmücken Wölbungen und Innenkuppeln. Die westliche
Wintergebetshalle (Shabestan) gehört mit ihrer Ausstattung an
spiralförmig reliefierten Säulen,
Akanthuskapitellen und bunten Glasfenstern zu den schönsten ihrer
Art.“ (Kerber) Kein Wunder, dass sich die Besucher dicht an dicht
drängen, um in den Morgenstunden dem prächtigen Farbenspiel beizuwohnen,
das die Sonne mit Hilfe der bunten Glasfenster zum Besten gibt. Manche
Fotografinnen stellt das vor schier unlösbare Herausforderungen, die
keineswegs
lichttechnischen
Ursprungs sind …
Mindestens ebenso bemerkenswert ist das (Be-)Lustspiel „Posing“; ein
Laienspiel der Gruppe „Touristen aus aller Welt“, welche sich mit
verbissenem Ernst darum bemühen, sich ins recht farbliche Licht zu
rücken. Weh’ dem, den „Fotos mit anderen Menschen drauf“ zum Verzweifeln
bringen …
(noch was
zur Moschee
...)
(... und
paar Fotos dazu)
„Man muss nicht erst sterben, …
um
ins Paradies zu gelangen, solange man einen Garten hat.“ Soweit das
persische Sprichwort zur Bedeutung und Wertschätzung der Gärten im
heutigen Iran. Über Lauben und ihre –pieper ist nichts gesagt.
Allerdings dürften deren Paradiese wohl auch ein wenig anders
strukturiert sein …
Das „persische Sprichwort zeugt von der Bedeutung und Wertschätzung
der
Gärten in Iran. Tatsächlich geht das moderne Wort „Paradies“ auf den
avestischen Begriff pairidaeza, Umfriedung, zurück. Daraus wurde im
Mittelpersischen Pardes und in der griechischen Überlieferung paradeisos.
Den ältesten überlieferten Persischen Garten ließ Kyros der Große im 6.
vorchristlichen Jahrhundert anlegen.“ (Bundeskunsthunsthalle Bonn, Intro
zu „Die Erfindung des Paradieses").
Und auch wenn der
Naranjestan Garten nicht ganz so alt und vor allem ob der ins
Paradies Gelangten nicht mehr ganz so paradiesisch wirkt, Grün für die
Augen geht nach der Farbenpracht in der Moschee schon in Ordnung. Mit
reichlich Buntem in der um 1880 angelegten Anlage wartet allerdings auch
das Hauptgebäude auf, welches mit seinen Spiegelmosaiken ein wenig an
den Prunk des Golestan Palastes erinnert. Paradiesische Ruhe hingegen
stellt sich ob der Um- und Durchzüge westlicher Touristengruppen selbst
beim hervorragend gebrauten Mokka und in Anwesenheit von Engeln unter
einer Pergola nicht ein …
("Paradiesisches"
fürs Auge)
Der Sehenswürdigkeiten ...
... gibt es
reichlich in Shiraz. Eine liegt gleich "bei uns" um die Ecke; von der
Dachterrasse des Hotels ist ihre knospenförmige Kuppel mit blauem und
gelbem Dekor zu erspähen: die
Imam
Ali ebne Hamze. Kein bisschen überlaufen erschließt sie sich
dem
Besucher unmittelbar hinter dem Fluss ohne Wasser.
Im Innenhof, als „letzte Ruhestätte“ fast komplett mit Grabplatten
„ausgelegt“, finde ich mich in einer ruhigen Oase, in welche sich einige
Theologieschüler zum Studieren zurückgezogen haben. Einheimische
„Stammkundschaft“, Männer wie Frauen, kommen zum Gebet – in
unterschiedliche Bereiche unter derselben Kuppel versteht sich. Das
Innere der Gebetsräume ist fast komplett verspiegelt.
Sich selbst des Öfteren den einen oder anderen Spiegel vorzuhalten, ist
ein Fazit des (mitunter durchaus Streit-)Gesprächs über „westliche
Werte“, das einige der angehenden Mullahs mit mir führen. Friedlich wie
die gesamte Stimmung innerhalb der Mauern einigen wir uns abschließend:
Takes a lot of different people to keep the world go
round - إن
شاء
الله
…
(Fotos
von der Moschee)
Einen Perspektivwechsel …
…
bietet auch unser Gesprächspartner beim abendlichen Besuch des
Shah Cheragh
Heiligtums an. Im weiten Hof harren zwar nicht ganz so viele
Gläubige des Abendgebets wie vor einigen Tagen in Mashhad, doch dürfte
ihre Zahl nicht der Grund dafür sein, dass die Stimmung hier anders als
dort zwar ernsthaft, doch
ausgesprochen entspannt und kein bisschen verbissen ist. Nicht nur wegen
des abnehmenden Lichts und des sanften Orange, in welches die
untergehende Sonne die prächtigen Kuppeln und Minarette taucht, ist mir
die Shwedagon hier ganz nah!
Gewiss hat man für uns keinen Falken unter den hiesigen Mullahs als
Empfangsredner ausgesucht, so dass mit einer Störung des Protokolls
nicht zu rechnen war, doch was spricht gegen das Feststellen und
Hervorheben von Gemeinsamkeiten, um darüber die Differenzen zu
beleuchten - und bestehen zu
lassen. Auch Veganer verabscheuen Schweinefleisch, oder so … (OK, OK,
habe verstanden …)
Und
der Tenor des Vortrags bei Tee und Keksen im Empfangsbüro übernimmt
weitgehend Ton und Inhalt der „Nachricht
an die Jugend in den westlichen Ländern“. Mensch muss diese
Sichtweise nicht unbedingt übernehmen, doch sie zu kennen, könnte zum
Nach- oder gar Überdenken gewisser verfestigter Haltungen führen. Zu
Risiken und Nebenwirkungen …
(Fotos
vom Heiligtum)
Die
nehme ich beim Lammkebab im kleinen Imbiss neben unserem Hotel billigend
in Kauf, noch nicht ahnend, dass unser Placebo auf der Dachterrasse
heute ausnahmslos warm serviert wird. Es tut meinem gesunden Schlaf
jedoch keinen Abbruch, Pfeil da oder nicht …
So, 23. April
Heute leider geschlossen, …
… der Vakil Basar
mit seinem vielfältigen Angebot – auch Schiiten nutzen die
Totengedenktage ihrer Heiligen. Gut, dass wir gestern durch die stark
belebten Gewölbe gezogen sind.
Die Festung Karim Khan (Arg-e
Karim Khan) mit ihrem schiefen Turm hingegen, ein paar Fußminuten
entfernt, lädt zum Besuch. Über dem Eingangstor begegnen wir erneut dem
Helden Rostam, der auf dem farbigen Fliesenbild einmal mehr gegen einen
lächelnden Dämonen kämpft. Im Innern tut ein einzelner Restaurator Ähnliches
gegen den Verfall, hoffentlich ebenso erfolgreich bevor ihm das Lächeln
vergeht…
(Fotos
dazu)
Gleich neben dem Hamam-e Vakil mit seinen Fresken in den Gewölbezwickeln
umfängt internationales Flair den Besucher auch außerhalb überdachter
Versammlungsorte. Der Platz vor der gleichfalls geschlossenen Vakil
Moschee fordert zum Leutegucken auf.
Unterm
Sonnenschirm und mit einem hervorragenden Mokka finde ich genau den Ort,
an dem
der heutige Müßiggang beginnen könnte – beides habe ich während der
vergangenen Tage in Shiraz schmerzlich vermisst. Hier sitzt mensch nicht
einfach draußen, außer in Parks – und dort nicht im Café, weil’s keines
gibt. Ich bekenne, ich lasse mich zu gern vom mediterranen und/oder
mittelalterlichen Ambiente (süd-)europäischer Städte verwöhnen, in denen
privates Leben in öffentlichen Wohnzimmern der engen Gassen oder nicht
allzu großer Plätze stattfindet. Undenkbar hier, wo dereinst Muezzine
blind sein mussten, um nicht (mit) anzusehen, was sich an Privatem in
Hinterhöfen abspielte …
Mit
anderen Worten: Wohnen, im Sinne von länger hier zu leben oder gar
hängen zu bleiben, möchte ich nicht. Jaaa, wenn
Hafiz noch lebte und
es im Alltag so zuginge wie er ihn in seinen
Versen
beschrieb (oder sich so wünschte). Na gut, für die paar Tage reicht
mir ein Tisch, der nicht wackelt und auf dem ein Kaffee steht, der
seinen Namen verdient. Oh, ist bereits nach elf, also tät’s auch ein
guter Wein, doch das ... Hafiz erbarme Dich!
Da
wir schon mal bei den Poeten sind, heute Nachmittag ist Dichtertag.
Neben
Hafiz war auch Saadi
in Shiraz zu Hause – nachdem er sich nach all seinen Reisen wieder in
seiner Geburtsstadt niedergelassen hatte. In seinem vielbesuchten
Mausoleum rezitiert Mehrdad einige seiner
Verse – und weckt damit auch das Interesse von Landsleuten ...
(ein link zu
Aphorismen)
Die Kinder Adams sind aus
einem Stoff gemacht,
als Glieder eines Leibs von Gott, dem Herrn, erdacht.
Sobald ein Leid geschieht nur einem dieser Glieder,
dann klingt sein Schmerz sogleich in ihnen allen wider.
Ein Mensch, den nicht die Not der Menschenbrüder rührt,
verdient nicht, daß er noch des Menschen Namen führt.
Ist
doch was dran, an den Gedanken des
Sufimeisters ...
Auch im Hafiz
Mausoleum wird die Verehrung spürbar, welche die einheimischen
Besucher
ihrem Klassiker erweisen. Ebenso wie bei Saadi lauschen sie auch hier unserem
Reiseleiter beim Vorlesen einiger seiner
Ghaselen.
(aus der
NZZ zum Dichter)
(peymanian -durchaus mit
Vorsicht zu betrachten-
zu Hafiz)
(Ich und
dem Wein entsagen ...)
(Lest
selbst!)
„Hafis
besang die Liebe und den Wein als mysthische Gottesgeschenke und
beschrieb gleichzeitig damit seine Liebe zu Gott“ behauptet Kerber
(S. 493). Mag ja sein – ich hätt’s halt gerne in realiter und für mich
gibt’s ein Leben vor dem Tod …
"Du bist Deine eigene Grenze, erhebe Dich darüber." (Hafiz)
Höchst angenehm, das man bei beiden Mausoleen in sehr gepflegten
Gartenanlagen im Schatten großer Bäume trotz der zahlreichen Beehrer reichlich Ruhe findet, um seinen
Gedanken ungestört freien Lauf lassen kann ...
Mo, 24. April
Pasargadae, …
… die erste Residenzstadt der
Achämeniden,
liegt auf unserem Weg nach Norden.
Um 550 v. Chr. nach dem Sieg über die Meder an jenem Ort von
Kyrus dem Großen errichtet – hatte er nicht
wenigstens einen Koch
mit sich? – birgt sie noch heute
sein Grab und
jede Menge nicht nur loser Steine, deren frühere Zusammengehörigkeit
nachvollziehbar erklärt ist.
Die langen Wegstrecken in der weiten Ebene zwischen Fund- bzw.
Ausgrabungsstätten, der Ausdehnung der Stadt entsprechend, teilen sich
die Nachkommen ihrer Gründer mit den Invasoren aus dem zentralen Europa,
um in den Überresten ein Stück Entstehungsgeschichte des Perserreiches
zu sehen. Und auch die UNESCO
hält ihre Hand drüber.
(Fotos von
Pasargadae)
Zur Linken das Zagrosgebirge fahren wir durch die sich nach Norden
weitende Hochebene, auf der kaum Buschwerk gedeiht. Hier wächst nur
etwas nach
Regenfällen,
und die sind rar. Überall, wo’s grünt, wird künstlich bewässert – die
Berge sind nah. Am frühen Abend erreichen wir
Isfahan. Zeit zum
Beine hochlegen unterm Pfeil bleibt nicht.
Mit viel Glück ergattern wir als kleines Grüppchen einen Tisch in einem
traditionell gestalteten Restaurant, das nach 20:00 Uhr auch von
Einheimischen stark frequentiert wird. Nach einem guten Mahl sorgen wir
mit unseren individuellen Abrechnungskünsten beim Begleichen der
Rechnung für unvergessliche Momente – und verlängern die Wartezeit der hungrigen Menschen, welche geduldig auf der Treppe ausharren.
Soll nicht wieder vorkommen, jedenfalls nicht so bald …
Dank der freundlichen Hilfe einiger Locals finden wir „the huge square,
you know?“ – und mir bleibt die Luft weg: Die Weite des
Meydan-e Imam
lässt sich im Dunkeln trotz der zahlreichen hellen Lichter kaum
ermessen. Umsäumt von zweigeschossigen Arkaden, in denen Prachtbauten
wie der Ali Qapu Palast, die Imam und die Lotfollah Moschee wie
Edelsteine gefasst sind, gehört dieser Platz (nach dem Tian'anmen der
größte auf unserer Erde) wirklich mit zu den schönsten, die ich bisher
gesehen habe, zumindest bei Nacht. Ungeachtet der späten Stunde sind die
Rasenflächen dicht belagert von Gruppen Einheimischer, die sich’s
kulinarisch und kommunikativ gut gehen lassen und den verklärt drein
blickenden Fremden, der zwischen ihren Sofrehs, auf denen die
Köstlichkeiten dieser Welt ausgebreitet sind, schlafwandelt, eher
amüsiert zur Kenntnis nehmen. Ein mitreißender Mitreisender leistet mir
bei der Umrundung dieser Welten Gesellschaft und teilt meinen Eindruck,
endlich im Orient angekommen zu sein –
Danke, Jürgen!
Di, 24. April
Ziemlich unauffällig …
… liegt die ehrwürdige Jame Moschee zwischen den Häusern nordöstlich des
Basars
und ist am Tage der Berufung des Propheten doch überfüllt, zumindest im
Eingangsbereich. An diesem Feiertag drängen nicht nur westliche
Besucher, dieses „Paradebeispiel für die
Entwicklung einer persischen Moschee“ (Sachmet) zu
erfahren.
Beim
Gang alleine, unbedrängt, mit aller Zeit der Welt, beruhigen die
unverschnörkelten Innenmauern und Kuppeln der Säulenhalle aus
seldschukischer Zeit. Nach und nach variieren Steinsetzung und
Mauertechnik, kommen Mosaike mit florealen und kalligraphischem Dekor
hinzu.
(UNESCO zu
diesem Weltkulturerbe)
(... und paar Fotos
aus der Säulenhalle)
Vom weiten Innenhof, der an allen vier Seiten von zweigeschossigen
Arkaden umschlossen ist, sind die Iwane und die verschiedenen
Gebetshallen zugänglich. Im Gebetsraum neben dem Westiwan finde ich das
„wohl schönste Stuckmihrab Irans“ (Kerber). Durch diesen Raum
gelange ich in eine tiefer gelegene schlichte Wintergebetshalle, in der
plötzlich die Lampen erlöschen – und Licht von der Decke durch
„Scheiben“ aus Alabaster fällt.
(noch'n
paar Fotos)
Die
Entdeckertour endet in einem weiteren Kuppelbau ganz ohne
Fliesenschmuck. Doch sind die zahlreichen Kuppeln höchst unterschiedlich
gemauert.
(optischer
Nachklapp)
Minderheiten, …
… ob ethnische oder religiöse, gibt es im Iran zuhauf. Kein Wunder, hat
die Region
doch
schon seit der Antike Begehrlichkeiten geweckt, Menschen, Völker,
Feldherren angelockt und auch Flüchtende aufgenommen. Je nach
politischer, weltanschaulicher, staatsnaher (oder auch –ferner), rechts-
oder linksäugiger Blindheit lesen sich die Beschreibungen der Situation
jener verbliebenen Minderheiten höchst widersprüchlich. Die Auswahl aus
der Tapete, die sich beim Eingeben des Suchbegriffs entrollt, ist
willkürlich, und für deren Lektüre reichen selbst lange Winterabende auf
einer eingeschneiten Hütte nicht - dennoch:
(Bu'zentrale
für polit. Bildg., sehr ausführlich)
(Internationale
Gesellschaft f. Menschenrechte)
(irananders)
(Kurmenistan
News)
(Gesellschaft
für bedrohte Völker).JPG)
Nach dem
Besuch eines (Ver-)Sammlungsortes der Mehrheitsbevölkerung,
begeben wir uns zu dem zentralen
der armenischen Minderheit, der
Vank-Kathedrale,
die nicht nur Ort des Gebetes ist, sondern auch eine Gedenkstätte an den
Völkermord während des Ersten Weltkriegs …
(Fotos
vom Ort)
Ein
wenig Ruhe nach den beunruhigenden Dokumentationen finde ich am Ufer des
Zayandeh Rud,
auch wenn dort Feiertagsstimmung herrscht. Wie gehabt machen es sich
Klein- und Großfamilien auf den Wiesenflächen gemütlich, genießen ihren
Tee und, es ist bereits Nachmittag, mitgebrachtes süßes Gebäck. Ziemlich
unmöglich, an den vielen freundlich lächelnden Grüppchen vorbeizuziehen,
ohne nach dem dritten „Nein, Danke“ doch nach einem Kokosküchlein zu
greifen und paar Worte auf Englisch zum schönen Tag, dem Leben im Iran
und überhaupt zu wechseln. Schwer vorzustellen, dass ich der Geliebte
Gottes sein soll, doch lt. peymanian dürfte mir das als Fremdem
widerfahren: „Außerdem wird der Fremde häufig synonym gesetzt mit dem
Gast, und der Gast ist der Geliebte Gottes. Aus diesem kulturellen Gut
entsteht eine Bewegung, die bei der Begegnung mit den "Anderen" eine
große Rolle spielt und sich in ihrer Volksseele festsetzt: Der Sufismus.
Darin wird der Blick des Menschen vom Äußerlichen zum Innerlichen
geleitet. Dementsprechend ist das äußere Erscheinungsbild des Menschen
nicht das absolute Urteilskriterium.“ Ich nehme es mal so hin und
freue mich wirklich.
Nach
ein paar Schritten am dicht belagerten Ufer entlang stehe ich auf der
Si-o-se Pol. Sie
ist Flaniermeile für Jung und Alt und bietet (in den) Nischen
Gelegenheit für
männliche wie weibliche Auslagen des Heiratsmarktes.
Später am Abend, während eines Spazierganges mit Mitreisenden, hat sich
die friedliche, entspannte, freundliche Atmosphäre kein bisschen
verändert. Allerdings scheinen sich zumindest die „jungen Leute“ noch
unbeobachteter zu fühlen – sei ihnen gegönnt.
(Fotos
von der Brücke)
Mi, 26. April
Lange vor …
… dem vereinbarten Zeitpunkt beschnuppere und umrunde ich den
Meydan-e Imam und finde ihn am helllichten Tag weit weniger mystisch
als „neulich abends“. Die alles erhellende Morgensonne verlangt mir
einfach zu viel Phantasie ab, als dass mir andere Bilder einfielen denn
solche, welche ich mit dem Kleinen Muck verbinde ….JPG)
Bleiben wir also im wirklichen Leben, welches sich in Form einer
Projektgruppe der Kunstklasse einer Mädchenschule vor dem
Ali-Qapu Palast niedergelassen hat, um sich im Bleistiftzeichnen zu
üben. Auch die Pferdedroschken stehen bereits parat und erste Gäste
warten gelassen auf die Tour um den Platz. Vor der
Imam Moschee sammeln sich die ersten Besucher und warten darauf, dass
zumindest aus einem Fensterchen der Kasse die ersten Eintrittskarten
verkauft werden. Noch reichlich Zeit also, um die Polosäulen aus Marmor
in Augenschein zu nehmen. Diese Sportart hat mich so (wenig) interessiert, dass
ich erst aus dem Reiseführer erfahren habe, wo sie ihren Ursprung
hatte: im 6. Jh. v. Chr. im Persien der Achämeniden, wenn ich
P. Kerber (S. 336)
glauben darf …
(Morgendliches
vom Platz)
(... und die
UNESCO zum Areal)
pacta sunt servanda
Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, betritt der
Berg auf eigene Kappe die Imam Moschee! Zeitabsprachen sollten
eingehalten werden, zumal von Reiseleitern, wenn sie nicht zu –leidern
werden wollen …
Dessen ungeachtet ist die
Imam Moschee von innen wie von außen eine Augenweide,
gilt
mithin nicht zu Unrecht als eines der Meisterwerke islamischer Baukunst.
Lest und schaut selbst und ihr werdet verstehen, warum mich beim Wandeln
durch die Gebäude und Höfe so etwas wie Ehrfurcht überkommt – vor dem
Werk der Planer, der Handwerker, der Künstler, versteht sich …
Ähnlich wie bei der Synagoge in der Oranienburger Straße schließt sich
die Fassade des Eingangsiwans der Fluchtlinie des Platzes an. Damit die
Kiblawand in die „richtige Richtung“ (der Pfeil …) weist, musste das
Gebäude abgeknickt angeschlossen werden – konfessionsübergreifende
Gestaltungsnotwendigkeit also …
(Fotos von der
Imam Moschee)
(Fotos
und Kommentar von D. Kloessing)
(... und von
Sachmet)
Die
Ausmaße des Imam Platzes kann man von der Ehrentribühne eines weiteren
Prachtbaus, dem
Ali Qapu Torpalast, gut überblicken. Das Gebäude war Eingangstor zum
Palastareal Shah Abbas I. Wandmalereien verzieren die Innenwände. Eine
steile Treppe führt zur Veranda, deren Holzdecke zimmerer- und
malermäßig restauriert wird. Im fünften Stock, eine Menge steiler, hoher
Stufen liegen hinter einem, befindet sich das „Musikzimmer“, in dessen
vorgesetzte Gipswände Nischen geschnitten wurden, wohl um die Resonanz
im Raum entsprechend zu beeinflussen.
(Fotos vom
Ali Qapu Palast)
Wie
es sich gehört, muss mensch im Großen Basar weder verhungern noch
verdursten. Von der Touristenabspeiseeinrichtung, über verwinkelte
Gänge, „die sonst niemand findet“, zu erreichen, bis zum schlichten
Café, das einen himmlischen Mokka kredenzt und einen Schokokuchen, der
Wachträume hervorruft, sorgen unzählige Etablissements fürs leibliche
Wohl. Dreimal dürft Ihr raten, wo ich es mir gut gehen lasse …
Doch
ich bin ja nicht nur zum Vergnügen hier: nach der Pause ein weiterer
Moscheebesuch. Stimmt, für jemanden, der mit dem lieben Gott wenig am
Hut hat, halte ich mich recht häufig an ihm gewidmeten Orten auf – „der
Kultur wegen“. Und auch diesmal bin ich angetan – von der
Lotfullah Moschee. Auch hier ist der Gebetsraum vom Eingangsiwan her
durch einen abgewinkelten Korridor zu erreichen – Mekka bestimmt die
Ausrichtung …
Übrigens: Als
Privatmoschee der safawidischen Königsfamilien waren auch die Damen des
königlichen Gefolges zugelassen, ganz ohne Trennwand, was ihr den Beinamen "Frauenmoschee"
einbrachte.
Zähes Verhandeln im Wechsel mit impertinent geduldigem (Ab-)Warten und
der Unterstützung mir wohl gesinnter Theologiestudenten verhelfen mir
außerhalb der
Besuchszeiten zu einem Ticket für 150.000 Rials – und damit zum Eintritt
in die
Chahar-Bagh-Schule. An den Schülern und ihren Lehrern, die sich in
Lerngruppen in den zahlreichen Nischen und in einem der Iwane
niedergelassen haben, schlendere ich zu zwei jungen Männern, die sich
mit einem langen weißen Tuch abtun. Mein fragender Blick wird auf
Englisch beantwortet: „You want to follow the Mullah Project?“ Klar will
ich – und erfahre in den folgenden gut zehn Minuten, wie ein Turban
gewickelt wird. Alle zehn bis vierzehn Tage muss der junge Mullah sein
Kopftuch waschen und mit Hilfe zweier Kollegen neu wickeln.
Im
sich entwickelnden Gespräch wird deutlich, dass die Studierenden (ein
Mullah lernt nie(!) aus) Zugang zu fast sämtlichen Informationsquellen
im In- und Ausland haben, mithin über Tagespolitik, Wirtschaftstrends
und Fußballergebnisse bestens informiert sind. Ähnlich wie in Shiraz
habe ich es mit einem sehr aufgeschlossenen, hoch gebildeten Menschen zu
tun, der eine wertkonservative Haltung vertritt, einen Andersgläubigen
jedoch nicht missionieren will. „Stay who and what you are!“ Seine
schlichte Zelle ist aufgeräumt und zwischen die offensichtlich
theologische Literatur hat sich auch Huxleys „Brave
New World“ geschmuggelt. Tablet und Smartphone liegen auf dem
flachen Tische neben der Matratze.
(Fotos vom
Mullahprojekt)
Am
späten Abend streiche ich noch mal um den Imam Platz – und siehe da: das
gleiche Flair, die gleiche überwältigende Stimmung wie am „ersten Abend“ umfängt mich.
Mitunter gehen sowohl die Entdeckung als auch die Bestätigung von Schönheit für Reisende einher mit dem
Wissen um baldigen Abschied. Schade, doch so werde ich Isfahan in Erinnerung behalten,
wenn wir morgen in die andere* Hälfte der Welt aufbrechen ...
* „Esfahan nesf-e Jahan“ –
„Isfahan ist die Hälfte der Welt“ ... sagt ein persisches
Sprichwort.
Do, 27. April
Abyaneh …
… sei unser Ziel für heute, nicht Kashan, weil wir doch gewiss nicht auf/in
einer Baustelle übernachten wollten, verkündet unser Reisebegleiter im
Bus. Da wir weder die eine noch die andere Stadt kennen und schon gar
nicht die in Frage kommenden Unterkünfte, wird „der Antrag ohne
Gegenrede angenommen“. Ohnehin dürfte noch ein wenig Zeit vergehen,
bevor wir uns einem der Orte nähern.
Naheliegend ist zunächst die
Pol-e Khaju, eine zweigeschossige Brücke, die im
Baustil
ein wenig der Si-o-se ähnelt und knapp zwei Kilometer weiter östlich von
selbiger den Zayandeh Rud auf gut 130 Meter überspannt. Selbst zu früher
Stunde sind wir nicht allein: Anlässlich des „Isfahanfestes“, einem
Event mit reichlich heimatkundlichem Odeur, lassen es sich viele
Anwohner nicht nehmen, den Auftritten der lokaler Trachten- und
Traditionsvereine in alten Kostümen mit alten Waffen und Geräten, Pauken
und Trompeten beizuwohnen. Mit ihrem Talent, Feste zu feiern, zu
genießen, gar zu kreiren, könnten die Isfahanis bei uns durchaus als
Rheinländer durchgehen ….JPG)
Nun gut, (mittel-)rheinisch ausgelassen ist die Stimmung nicht, doch für
„hiesige Verhältnisse“ hart an der Grenze zu mullahdefiniertem
Ausschweifen. Und ich mittenmang, alleine.
Neben small talks führt das zu ernshafteren Gesprächen mit einigen
Männern meines Alters über Gott und die alte Welt, die „gute alte Zeit“
- bei aller Kritik am Regime des letzten Schahs - und der Hoffnung auf
„wieder freiere Zeiten“. Gespräche, die unser Reiseleiter, als er
hinzukommt, mit Hinweisen, da und dort gäbe es „etwas Besonderes“ zu
sehen zu beenden versucht. Obwohl er in seiner Heimatstadt weilt, uns
Rheinländer (er-)kennt er nicht …
(mehr
infos von nirupars)
(... und paar Fotos
von der Brücke am Fluss ...)
Aus Scheiße Geld zu machen ist so neu nicht. Lange vor den Guanoclippern
und noch länger vor den olfaktorisch inhaltsschweren Plastiktüten bei
Bruggeier in Höhr waren „Tauben
(…) in Persien früher ein wichtiger Dünger-Produzent. Man hielt sie in
so genannten Taubentürmen, da die Taubenexkremente vor der
Erfindung
des Kunstdüngers in der Landwirtschaft als Dünger (Guano) verwendet
wurden. In Isfahan steht ein Taubenturm aus dem 16. Jahrhundert. In
einem solchen Turm lebten mehrere tausend Tauben. Über eine steile
Wendeltreppe kann man zur Plattform des Turmes hoch steigen. Dort oben
befinden sich die Einstiegsluken, kleine Türmchen, durch die immer noch,
obwohl der Turm ja längst nicht mehr „in Betrieb“ ist, gelegentlich ein
paar Tauben einfliegen. In der Turmwand befinden sich zahlreiche kleine
Nischen, in welchen sich die Tauben niederlassen konnten, und angeblich
kannte jede Taube ihr spezielles Kabäuschen. Jetzt ist der Turm absolut
sauber, aber wie hat es hier wohl ausgesehen, als die Düngerproduktion
noch in vollem Gange war?“ (aus dem link zu
Sachmet).
Und auch wir steigen die Stufen des Bauwerks hinan,
in dem zwar kein Kunstdünger, doch künstlich natürlicher Dünger
produziert wurde …
(Hinweis auf
irankultur)
(und
paar Fotos dazu)
Führt die Schnellstraße nach
Natanz zunächst noch
über die Hochebene, so kurvt
sie sich nach einer Gabelung durch ein stark verwittertes Gebirge auf
über 2.000 Meter Höhe, bevor sie kurz vor der Stadt wieder auf 1.700 m
üNN. fällt. Eine Pause gönnt nicht nur dem Sitzfleisch ein wenig Ruhe,
sie ist auch gut für die Augen, denn die Jam-e Moschee und das ihr
angeschlossene al-Samad Heiligtum sind mehr als einen Stopp wert.
(Fotos
von der Moschee)
(... und was
zu ihren
Ornamenten)
Später, an der Abzweigung von der Hauptstraße zum alten Bergdorf Abyaneh,
begegnen uns die ersten Hinweise auf die
unterirdische
Atomanlage: Entlang der Straße sind Flugabwehrstellungen angelegt.
Der Ort liegt auf
2.500 Metern in den Karkasbergen und zieht ähnlich wie Masuleh
einheimische wie fremde Touristen an. Die rotbraunen Lehmziegelhäuser
stehen nicht gar so dicht an den Berghang geschmiegt und niemand muss
das Dach des Nachbarn als Vorgarten nutzen. Auch findet man hier kaum
Treppen als Verkehrswege. Die Mopedfahrer freut's
...
Das
kühle, regnerische Wetter hingegen lässt bei mir keine rechte Freude
aufkommen, und so beschränkt sich der Besuch "aufs Notwenigste": Soll
heißen, dass ich den Pfeilen (...) folge, bevor mich unsere sehr
rustikal (auch vom Service her) gehaltene Herberge wieder aufnimmt.
(Fotos
aus dem Ort)
Fr, 28. April
Aufgewärmt …
… werden wir am Morgen durch die Sonne, welche ins Tal strahlt und das
Rot der Lehmziegel zum Leuchten bringt. Mit jenem schönen Bild vor Augen
treten wir unsere letzte Etappe an, die wir zunächst in
Kashan
unterbrechen.
Weil die Fahrt nach Teheran Zeit kosten dürfte und am Ziel noch einiges
zu
besichtigen sei, wird die Stadt der Fliesen und der besonderen Teppiche
auf eines der traditionellen Bürgerhäuser (gemeint sind schwerreiche
Bürger in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts) reduziert. Nun ja,
das Anwesen
ist großzügig bemessen und reich an Stuckarbeiten, ob
Muqarnas oder
floreale Fresken, bunten Glasfenstern und Malereien. Spiegelmosaike
dürfen nicht fehlen, immerhin gab’s damals den Golestanpalast als
Vorbild, und über Bares dürften Kaufleute mit weit reichenden
Handelsbeziehungen, Teppichhändler und Vertreiber von Fliesen in
erheblichem Umfang verfügt haben ….
(infos von
iranhaus ...)
(... und von
iran-erleben)
(paar
Fotos dazu)
Wo wir schon mal in der Nähe sind, darf ein Besuch in einem der „berühmtesten
und schönsten Gärten des Iran“ nicht fehlen. Das sehen die Iranis an
ihrem Freitag ähnlich, strömen mit Kind und Kegel die zweieinhalb
Hektar große Anlage und genießen das künstliche Grün in ihrem so
niederschlagsarmen Land. Wo
Wasser
knapp ist, wird seine Bedeutung offensichtlich, ob als Trinkwasser, zur
Bewässerung jedweder Pflanzen und zur Zubereitung daraus entspringender
Früchte, zur Reinigung oder zur Kühlung von Raum- oder Außentemperatur.
Und Fische kann mensch sich auch noch halten. Kein Wunder also, dass H2O
vor allem in fließendem Zustand zu einer Attraktion werden kann, zumal
wenn Spielereien wie kleine Wehre, Wasserfälle oder Springbrunnen
aus etwas Banalem etwas
Besonderes machen …
(wiki zum
Bagh-e Fin)
(und
paar Fotos dazu)
Zurück in Teheran …
… fehlt mir der Antrieb zu etwas Besonderem - also dann genüsslich ein wenig
ausruhen, noch mal gut essen (gehen) und unterm Pfeil den einen oder
anderen Gedanken aufgreifen …
Zweifelsohne
haben mich die erlebten und die gesehenen materiellen Kulturgüter
beeindruckt, mitunter sogar tief. Doch musste ich mich während der
Besichtigung der dritten Moschee am selben Tag zwingen, ihre
Besonderheit, ihre Einzigartigkeit wahrzunehmen, selbst wenn sie mir
erklärt wurden. Eine Frage der Aufnahmefähigkeit oder der
Aufnahmebereitschaft???
Eingegraben haben sich mir die Hilfsbereitschaft und die Höflichkeit der
Menschen, ihr Respekt „vor dem Gast“. Gewiss, auch Euros sind imstande,
den Charakter zu verderben.
Selten bin ich in einem Land auf derart das Gespräch Suchende gestoßen,
die ein solch starkes Interesse hatten zu erfahren, was man „über sie und ihr
Land“ denkt – und was ich vorher darüber dachte und nun, nach ein paar Tagen
oder Wochen vor Ort, darüber denke. Und die mir immer wieder deutlich
machten, dass sie ebenso wenig die Regierung oder das Mullahregime
repräsentieren
wie umgekehrt. Wobei mir manche Ausführungen des einen oder anderen, für
mein Empfinden moderaten, Geistlichen
zu einem Perspektivwechsel verholfen haben. Mensch kann Dinge auch ganz
anderes sehen, ohne dadurch gleich zum Gegner oder gar Feind zu werden –
in concreta!
Um genauer zu erfahren, wie sich die Menschen mit den verordneten
„Verhaltensregeln“, ihren Bewahrern und ihren Wächter arrangieren, war
die Zeit zu kurz, blieben die Kontakte zu oberflächlich. Stummer
Protest, vom „nach hinten gerutschten Hijab" über die körperbetont
geschnittene Maghne, leiser lauter Protest mit westlicher Musik aus der
Konserve oder regierungskritischen Äußerungen in kleinem Kreis, das
alles war zu beobachten – und das Sehnen nach und Hoffen auf „mehr
Freiheiten“ klang aus zahlreichen Äußerungen. Mögen Sehnen und Hoffen zu
anhaltendem solidarischem Engagement führen und mögen den Handelnden die
Hände niemals schmerzen.
Und Euch Eure auch nicht!
Bis demnächst
Willi*
*immer noch für panther & co …