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Erinnerungslücken
…
… sollen ja nicht nur bei hochrangigen Politikern
oder zockenden Bänkern anzutreffen sein - auch ich weiß nicht mehr so
genau wer oder was mir wann und wo den Floh ins Ohr gesetzt hat, dessen
Einflüsterungen wir
beide Anfang Oktober nachkommen möchten. Vielleicht war’s ja
wirklich damals bei den Pfadfindern am
Lagerfeuer
und nicht in irgendeiner Dachkammer.
Sicher bin ich mir nicht, ich bin ja nicht mehr der
Jüngste …
… doch noch nicht zu alt, um mich mit Barbara
unter sachkundiger Führung auf ein Land (mit allem, was dazu gehört)
einzulassen, welches „nicht genormt“ ist und wo lt.
Klaus Heimer
der ausländische Reisende „… zuerst als
Mensch und erst in zweiter Linie als Devisenbringer gesehen …“ wird.
Ob
dem so ist,
ob wir uns auf „viele unerwartete Situationen“ einstellen können und es
eine Reise „... voller Erlebnisse und Überraschungen in einer fremd- und
großartigen (Kultur-)Welt wird ...“ - wir werden zu berichten wissen …
Jedenfalls
haben wir ganz fest vor, uns weder selbst zu stressen (wir haben "aus
Kolumbien" gelernt ...) noch stressen zu lassen
und uns daher nicht nur das
Reise-Know-How vorgenommen, sondern
uns auch durch zahlreiche andere Seiten geklickt:
(aus dem
World Fact Book
...)
(everykulture)
(Länderinformationen
unseres AA ...)
(... nebst
Reisewarnungen ...)
(...
und Reisemedizin)
(Info der
GIZ)
(Wikipedia
sollte nicht fehlen ...)
(... und
'was aus
zeit-online ...)
(Amnesty
International)
(International
Crisis Group)
(Transparency)
(Reporter
ohne Grenzen)
(Madagascar
Tourisme)
(Übersichtskarte
aus dem Reise-Know-How)
Mit
reichlich Zeit zu weiterer
vorbereitender Lektüre (u.a.
Stadelmann: Madaskar sowie
Stührenberg: Rückkehr nach Lemuria) und
später dann "auf Reisen" mit Herrn Heimer als Kenner des Landes
als auch der Gepflogenheiten seiner
Menschen gehen wir die
von ihm konzipierte Tour
"... Menschen und Lemuren ..." (Karte
dazu) ganz
gelassen an.
In diesem
Sinne
mora mora!
Sonntag, 05.
Oktober 2014
Mora Mora …
…
kündigt sich bereits kurz nach dem wenig spektakulären Flug über Paris
am Ivato Intl. Airport in Tana an: Nachdem wir in Windeseile dem
medizinischen Empfangskomitee von uns selbst erstellte
Unbedenklichkeitspapiere über den Tresen gereicht und keinen Widerspruch
geerntet haben, stempelt „l’immigration“ unser in Berlin erworbenes
Visum – zügig. Am Gepäckband dann warten wir unter den Ersten – und
gehören nach fast anderthalb Stunden zu den Letzten, die ihre Plünnen
schnappen können …
Immerhin sind die Gepäckstücke unbeschädigt,
wartet Dimby, der uns zum Hotel fahren
soll, geduldig, doch selbst als Einheimischer sichtlich irritiert über
soviel mora mora, am Ausgang und kutschiert uns sicher durch die
nächtliche Hauptstadt ins
Belvedère,
einem geschmackvoll gestalteten und eingerichteten Hotel mit
italienischer Note, auf einem der zwölf Hügel gelegen, auf welchen die
Stadt errichtet wurde.
Die Warterei am laufenden Band auf dem etwas groß geratenen
Segelflughafen ruft nach einem Schlaftrunk nur noch leichtes
Kopfschütteln hervor – Tegel ist überall – , die Müdigkeit bricht sich
Bahn und nicht mal die kläffenden Hundemeuten, welche nachts durch die
Straßen streunen, stören unsere Träume.
Beim Morgenkaffee verhilft uns Klaus Heimer, unser
Guide (und, wie sich im Verlauf der Reise herausstellt, auch Bodyguard,
Altenbetreuer, Konversationslexikon wie –genie, Hoffotograf, Anekdotenerzähler,
Informant, Hinter–, mitunter sogar Untergrundquelle, Ernährungsberater
mit 110 Kilo Eigentonnage etc. – herzlichen Dank auch, Klaus!), mit
seinem Bänker zu einer stressfreien Geldwechselaktion am
Frühstückstisch: kein Hasseln, kein Nachzählen, kein hastiges Wegstopfen
der fast druckfrischen Scheine. Auch wenn wir keine „Ziegelsteine“ wie
in Birma zu verstauen haben, sind wir nach dem Frühstück
Millionäre,
werden gewarnt vor Taschen-, Trick- und anderen Dieben und Sylvia,
Klaus' Ehefrau, überantwortet, in deren Obhut die heutige Stadterkundung liegt.
Mit geübtem Blick …
…
und festem Griff verhindert die Reiseverkaufsfrau, dass Willis
Kugelschreiber und sein Mobilfon in die Obhut eines jugendlichen
Taschendiebes übergehen, der mit unschuldig klagendem Blick dem
Touristen ein Basecap unter die Nase hält, um ein paar Ariary bettelnd,
während die andere Hand am Reißverschluss der Westentasche aus Europa
nestelt. Ein lauter, scharfer Ton, ein entschlossenes Zupacken unserer
Powerfrau und der Gauner lässt ab, sich gewiss noch an Barbaras hohes
Bein im Schritt erinnernd – auf manchen Spielfeldern muss Nachtreten
einfach erlaubt sein … Die offenbar notwendige Sensibilisierung durch
erfahrene Aktion am eigenen Leib weckt Erinnerungen an die morgendliche Warnung – und
zeitigt gebotenes auf-der-Hut-sein für den Rest der Reise.
Sylvia wartet mit weiteren Erlebnissen als selbst Betroffene auf und
lässt die Einlassung nicht gelten, dass offensichtliche bittere Armut
auch zu unorthodoxen Überlebensstrategien führt. Es seien nicht die
Armen, sondern die Gerissenen, die leicht ans Geld anderer, auch ihrer
eigenen ärmeren Landsleute gelangen möchten. Ausführungen, mit konkreten
Beispielen belegt, über zunehmende Respektlosigkeit durch alle sozialen
Schichten und Gruppierungen (bis in die eigenen Verwandtschaftszirkel)
hindurch, folgen und werfen kein gutes Licht auf gesellschaftliche
Umgangsformen oder ethische Selbstverständlichkeiten. Auch in dieser
Hinsicht werden uns die Augen im weiteren Verlauf der Reise noch weiter
geöffnet werden.
Zunächst
jedoch wenden wir den Blick auf die Hauptstadt und einige ihrer
Bewohner. Den Sonntag lesen wir weniger an der Kleidung der Menschen ab,
von denen der Kirchgänger einmal abgesehen, schon eher an den kaum
überfüllten Straßen, dem spärlichen Auto-, Moped-, Fahrradverkehr, den
relativ überschaubaren Zahlen an Fußgängern, und den bis auf die
Straßenstände überwiegend geschlossenen Geschäften. Selbst die meisten
hölzernen Marktbuden am Ende der „l’Indépendance“ bleiben heute dicht.
Etwas betriebsamer geht es auf den Treppen nordöstlich und südwestlich
der durch Kolonialbauten geprägten Avenue zu.
Zwar fallen wir Vazaha (Weiße) in Begleitung einer Madegassin auf, doch
sind wir zum Glück keine Attraktion, welche das sonntägliche Mit- oder
auch Gegeneinander störte. Geschäftsmäßiges Interesse wird bekundet,
wenn wir uns über die Auslagen eines Standes beugen, fragend auf uns
wenig bis unbekannte Obstsorten blicken oder Hausfassaden ablichten.
So schön die Stadt auch über die Hügel ausgebreitet liegt,
erwähnenswerte Sehenswürdigkeiten, historische Gebäude, welche über die
Kolonialzeit hinaus gehen oder ernsthaft historisch zu nennen wären,
begegnen uns kaum. Je nach Portfeuille des
Besitzers wirken sie mehr oder weniger gut erhalten. Protzbauten sind
zumindest als solche nicht zu erkennen. Überhaupt fällt es uns schwer,
hier nach arm oder reich zu unterscheiden – bis auf offensichtliche
bittere Armut entlang der Bahngleise (Landflüchtige) oder, in gedämpfter
Form, beim Aufstieg zwischen den Holzhütten auf „unseren“ Hügel.
Bis auf den unschönen Vorfall vor dem
restaurierten Bahnhof (Kolonialbau) begegnen uns selbst
Souvenirverkäufer (von Vanille bis Plastikmüll chinesischer Provenienz)
eher unaufdringlich. Während des Spaziergangs wirft man uns
gleichgültige bis tendenziell freundliche Blicke zu und unser Interesse
am Finale der besten
Hira Gasy
Gruppen wird durchaus wohlwollend betrachtet. Im Taxi Bé (Stadtbus), mit
dem wir durch eine der Straßen (hier: Petite Vitesse) fahren, die Sylvia
eher nicht mit Touristen aufsucht (nicht gerade eine der feinsten
Gegenden), finden wir kaum Beachtung.
(Fotos zu
Hira Gasy)
(Eindrücke
aus der TAZ)
Noch ohne Löcher in der Brandsohle, doch reichlich geschafft durch Smog
und Schwüle,
lassen
wir bei einem Dekompressionsbier auf der Terrasse unseres Hotels den Tag
abschnittsweise Revue passieren. Dass Tana, ganz anders als Kairo, nie
zu einer für uns liebens- oder auch nur bewohnenswerten Stadt werden
könnte, versteht und anerkennt Sylvia auf Anhieb. Auch für sie sei „das
Leben hier sehr hart“ und durch ein zunehmend (auch körperlich) brutaler
werdendes „Jeder Gegen Jeden“ immer schwieriger zu bewältigen.
(wiki zu
Antananarivo)
Ab morgen geht’s
Richtung Westen „über Land“ – wir
sind gespannt, was dort auf uns zu kommt.
Montag, 06.
Oktober 2014
Einen Liter Licht …
…
konstruieren einige Jugendliche im „Felana“ Ausbildungszentrum vor
unseren Augen, bevor wir mit der Landpartie beginnen. Es sind Jungs wie
die gestern vorm Bahnhof,
doch hatten sie Glück, Ehrgeiz, Ausdauer und wohl auch die moralische
Überzeugung, nicht im Bahnhofsviertel oder sonst wo auf der
Straße zu bleiben/enden, sondern von der NGO Manda aufgenommen und
betreut zu werden. Und im Rahmen ihrer Ausbildung „basteln“ sie aus
einer Anderthalbliterflasche Cola eine 50 W "Glühlampe", damit in
den
Hütten der Ärmsten wenigstens tagsüber ein wenig die Sonne aufgeht.
"Mama Mia", die Leiterin von Manda, führt uns übers Gelände und durch
die Werkstätten, verweist auf eine relativ hohe Erfolgsquote und weiß
über eine Reihe nun nicht mehr ganz Jugendlicher zu berichten, die sich gefangen und sogar etabliert hätten. Gut so, doch bleibt wie so oft der
bittere Beigeschmack, dass sich NGOs um Belange kümmern, die genuin
staatlichen Institutionen zufallen. Und in einem Land, in dem politische
wie administrative Eliten den Staat als Vehikel zur eigenen Bereicherung
betrachten, dürften Milliarden "vergehen", ohne dass sich ernsthaft
etwas ändert ...
Dennoch,
Respekt für das mutige Unterfangen, Bon Courage et Bonne Chance!
(Info
A Litre of Light)
(Fotos zur
Herstellung)
Glühlampen suchen wir im „Shoprite“ nicht. Der Supermarkt einer
südafrikanischen Warenhauskette führt alles, was das Herz begehrt und
noch viel mehr. Auffallend, dass neben Qualitätsprodukten vom Festland
Massen an Billigartikeln aller Art „Made in China“ in den Regalen
liegen; Ramsch wie im
Dong Xuan Center, nur noch billiger
– ganz offensichtlich den hiesigen Einkommensverhältnissen angepasst.
Klaus verproviantiert uns mit Wasservorräten für die kommenden Wochen; wir
achten, dass uns die Malariaprophylaxe betreffend keine Trockenzeit
ereilt ...
Dann
nimmt Dimby die RN 1 unter die Räder. Gerade im Stadtbereich kein
leichtes Unterfangen: Die oft nur zweispurigen, verwinkelten,
kurvenreichen Sträßchen sind, anders als gestern, sprichwörtlich
verstopft. Alles was sich auf Beinen, Füßen, Zehen, Hufen,
Rollen, Rädern, Kufen etc. bewegen kann, nutzt die bis in die
Außenbezirke holperigen Wegstücke, die eher an einen Schweizer Käse denn
an einen highway erinnern. Erst jenseits der Stadtgrenze wird aus der
Zumutung eine Straße – mit all den o.a. Verkehrsteilnehmern. Unser
Chauffeur steuert ohne eine Mine zu verziehen die angestrebten Ziele an,
zuverlässig wie ein Uhrwerk, fabriqué en Suisse …
(Fotos
out of Tana)
Einen guten Steinwurf westlich der Hauptstadt
lassen wir uns durch den „Lemur’s
Park“
geleiten, einem privat geführten „Gehege“, in dem illegal gehaltene, von
der Polizei oder Tierschützern beschlagnahmte
Lemuren wieder aufgepäppelt werden. Die
umgebende Mauer dient allenfalls dazu, menschliche Eindringlinge fern zu
halten – die Halbaffen hingegen könnten sie überwinden. Sie kehren
spätestens zur Fütterungszeit zurück – sehr zu unserer Freude, bekommen
wir so die verschiedenen Spezies zwar nicht auf dem Tablett, doch auf Ästen
über und neben uns geliefert. Manchmal auch auf dem Erdboden. Ja, ja,
hat schon was von Deppentour, bereitet aber tierische Freude …
(wiki zu
Kattas ...)
(...
Diademsifakas ...)
(...
Varis
...)
(... und
Bambuslemuren)
(Fotos
von
unseren Begegnungen gibt's auch)
Die RN 1 führt weiterhin durch eine Hügellandschaft, welche von den
Hängen und Kuppen aus weite Blicke ins Land ermöglichet. Buschgruppen
finden sich, Eukalyptusgehölze, Pinienhaine. Waldflächen sind nicht zu
entdecken: abgeholzt oder von gelegten Buschfeuern vernichtet, die „den
Boden ein wenig frei machten für spärliches Weidegras, welches
den Zebus zu Gute kommen sollte" … Größere Dörfer sind selten, meist
reihen sich nur ein paar Häuser entlang der Straße. Etwas abseits
scharen sich Weiler um Wasserlöcher oder Rinnsale.
In
einem dieser Orte stellen Familien "can cars" -
Miniaturfahrzeuge aus Weißblech - her:
Tablettenröhrchen, Getränke- und Spraydosen liefern das „Roh“material
und ein wenig Bares in die Familienschatulle. Der aufgebaute Fuhrpark
reicht von typspezifischen „Oldtimern" à la 2 CV (mit Klappdach,
beweglicher Motorhaube und zu öffnenden Türen) über Busse und LKWs zu
Flugzeugen. Auch hier erwartet uns freundliche Neugier im Kreis der
Familie – und die Hoffnung, wir mögen uns doch in das ein oder andere
Gefährt vergucken. Tun wir selbstverständlich – und Dank Klaus’ trockenem
Humor beim Handeln, auf
Malgache geäußert, kommen wir auch günstig an
einen Gebrauchtwagen …
(Fotos
dazu)
(infos zu
can cars ...)
(... und
noch mehr Blech)
Allmählich werden die Berge höher, die Täler tiefer – wir gelangen ins
Vulkangebiet. In
einer Kurve stehen paar Hütten und in einem Verschlag bieten Steinmetze
ihre Werke feil. Mörser für alle Haushaltsgrößen arbeiten sie aus dem
Granit. Gleich nebenan schlagen Frauen unterschiedlichen Alters zu: Mit Steinekloppen verwandeln sie ohne Schutzbrille grobe Brocken in
würfelförmige „Formsteine“ für Fundamente bis Mauerwerk, in Schotter
aller gängigen Größen und in Split mit feiner Körnung. Ein paar ins
Erdreich gesteckte, spärlich belaubte Eukalyptuszweige spenden eine
Ahnung von Schatten. Trotz aller Plackerei scheinen die Damen gut drauf
zu sein, fragen nach unserer Herkunft, scherzen mit dem Reiseleiter,
posieren fürs Foto. Positives Lebensgefühl? Sich Fügen ins Schicksal?
Genetisch bedingter Fatalismus? Auch Klaus kann unsere
küchenpsychologischen
Deutungsversuche
nicht wirklich auf fundierte Füße stellen. Wir beobachten weiter …
(Fotos
zum
steinigen Broterwerb)
Doch zunächst lassen wir unsere Blicke von der Ilôt der la Vierge über
den Lac de Itasy schweifen. Fischer steuern ihre Einbäume dicht unter Land und
versuchen, mit Leine oder Wurfnetz die Mahlzeit für den Abend und einige
Exemplare für den Verkauf an der Straße zu ergattern. Überfischt sei das
Gewässer, ob der zahlreichen Wochenendausflügler aus der Hauptstadt – und
der Missachtung von Schonzeiten. Gerade mal zwei Tage im Land und uns
fallen so viele „eigene Äste auf, die gnadenlos abgesägt werden“ …
müssen, weil große Teile der Bevölkerung einfach keine andere Chance
haben, als durch Raubbau für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Puuhhh!!!
(Fotos
von der und um die Ilôt de la Vierge)
Kurz vor unserem Hotel knallt’s gewaltig! Im Hofgeviert vor ihren
Häuschen aus Lehmziegeln hocken zwei Familien und drehen Dampfkochtöpfe überm Feuer.
Nach zehn Minuten horcht man „hinein“, röstet noch ein wenig nach und
begibt sich dann in einen Verschlag, um den Deckel zu lösen. Der springt
mit einem Donnerschlag
vom Topf, und es schneit – Popcorn. Flugs sammeln die Kinder den Segen, ein
wenig mit Sand und Staub vermischt in Tüten.
Morgen auf dem Markt in Analavory wird nicht Heulen, sondern Zähneknirschen verkauft …
(Popcorn,
ganz unorthodox)
Im
Relais de
la Vierge, gleich nebenan, kommen wir zwar nicht luxuriös, doch gut unter und
genießen ein Entstaubungsbier. Beim Abendessen schauen wir auf den
kommenden Tag - und hören, dass Korruption als legitime Methode des
Hinzuverdienens betrachtet und weidlich, mitunter als
Haupteinnahmequelle, genutzt wird - mit all den
verheerenden Folgen fürs familiäre, soziale und politische Miteinander.
Konkrete Beispiele für Bestechlichkeit und daraus resultierende (Rechts-)Unsicherheit
ergeben reichlich starken Tobak zum Nachdenken ...
(wiki
zu
Ampefy)
(1.
Etappe von
Tana nach Ampefy auf google maps)
Dienstag, 07.
Oktober 2014
Störungen gehen vor …
… haben wir während unserer Lehrerausbildung
gelernt – also lassen wir uns auf unserem Weg zur den Geysiren nördlich
von Ampefy gerne stören: in
Analavory, einem Städtchen, in dem sich
wichtige Verkehrswege treffen. Heute treffen sich hier zum Markttag Gott
und die Welt aus der näheren und weiteren (bis zu 150 km entfernten)
Umgebung. Entsprechend dicht ist das friedliche Gedrängel in den beiden
einzigen ernst zu nehmenden Hauptstraßen.
Bereits
auf dem Weg in den Ort bieten Bauern am Straßenrand Feldfrüchte und Obst
an, begegnen wir Ladungen von Tomaten und Rindern, die den Besitzer
wechseln sollen. Für die „selbständigen Fuhrunternehmer“ steht harte
Arbeit an – und wohl auch so mancher müde Ariary. Einmal mehr sehen wir,
dass der kreativen Entwicklung von Transportmitteln allenfalls
physikalische Gesetze gewisse Grenzen setzen. Verkauft und erworben wird
alles, was verkauft und erworben werden kann, von landwirtschaftlichen
Produkten über Kleidung, Kulinarischem für zwischendurch, frischen
Baguettes für später, Taschenlampen, Kommunikationselektronik, Matten
für den Fußboden bis zum Reisstroh fürs Dach. Übrigens, außer
Zähneknirschen (s.o.) ist auch
Heulen im Angebot: kleine, ins leicht
Violette gehende Zwiebeln ... Wir werden in dem
geschäftigem Treiben ganz ohne Tränen in den Augen kaum beachtet, stören also nicht weiter.
Auch wenn hier keine Trachten getragen werden, die
ethnische Vielfalt der Bevölkerung ist kaum zu
übersehen, wenn auch nicht so ausgeprägt wie in Tana.
(Fotos
vom
bunten Treiben).JPG)
Palmschüttler sind sie nicht, die Jungs, welche die Papayas von den
Bäumen holen,
doch gewandte Kletterer. Und ihr Geschick führen sie uns gerne vor. Das
lockt auch die Kinder der Ansiedlung aus ihren Häusern, gibt es doch
Vazaha zu bestaunen, die Selbstverständlichkeiten als bedeutend genug
erachten, um sie abzulichten. Ohne große Scheu zeigen sie uns gegenüber
ihre Neugier und freuen sich, wenn der große Weiße, der ihre Sprache
spricht, ihren Brüdern oder Vätern Seifenstücke in die Hand drückt, als
Dank fürs Fotoshooting. Der einen oder anderen Äußerung ist zu
entnehmen, dass es anlässlich ähnlicher Ereignisse auch schon mal
Bonbons geregnet hat …
(Fotos
vom
Obstpflücken)
(wiki zu
Papaya)
Nach einigen Kilometern Lehm- und Staubpiste
stehen wir dann vorm Eingang zu den
Kaltwassergeysiren. Isländisch in die Luft
geblasen wird hier nichts, doch ist das Farbenspiel im Sonnenlicht
durchaus attraktiv.
(Fotos
von
den Geysiren)
Auf
dem Rückweg bewundern wir, was mit dem rechten Augenmaß alles möglich
ist: Ohne Lehre werden aus einem Baumstamm über gut vier Meter lange
Bretter gesägt, gleichbleibend stark; ein knapper Anriss mit dem
Bleistift reicht. Das ist handwerklich wohl ebenso geschickt wie in
Bormio das freihändige Schneiden der Mortadella in dünne Scheiben …
(Fotos
vom
Augenmaß)
Bei der Rückfahrt hat sich das bunte Treiben in Analavory zwar bereits
weitgehend aufgelöst, doch bieten am Ortsausgang einige Unentwegte
wunderschön ausschauende Papaya an – ein weiterer Grund anzuhalten – und
zu
fotografieren ...
Mit einem Besuch des Wasserfalls des Lily haben wir unser Soll an
Buckelpiste für heute
erfüllt und können das Besichtigungsprogramm im "Wilden Westen" getrost
als erfolgreich beendet betrachten. In diesem Dorf, das wohl oft genug
von einheimischen wie von ausländischen Touristen heimgesucht worden
ist, weichen einem die jüngeren und älteren Mädchen nicht von der Seite
und wiederholen mit nerviger Penetranz ihr Mantra, doch etwas (das
"Bitte!" muss man ihnen erst noch beibringen) zu kaufen (bunt bemalte
Steine), ein (Geld-)Geschenk zu machen oder zumindest Bonbons
herauszurücken. Wir können auch „stur“ – nicht immer haben Störungen
Vorrang …
(Fotos
von den
Chutes de Lily)
Mittwoch, 08.
Oktober 2014
Anders als die Sonne …
ziehen wir heute vom Westen nach Osten - über Tana,
ohne das Hochland, das zentrale
Siedlungsgebiet
der
Merina, zu verlassen. Erst in Moramanga
erreichen wir die Region, in der sich dereinst die
Bezanozano niedergelassen haben. Doch zunächst
liegt die (Rück-)Tour in die Hauptstadt vor uns – Perspektivwechsel
also, zumindest was die Fahrtrichtung betrifft.
Und der lässt unseren Blick zunächst einmal auf Ziegelbrenner fallen,
die auf einem unterhalb der RN 1 gelegenen Feld, das brach liegt, die
Steine „backen“, aus denen der größte Teil zumindest der (Wohn-)Häuser
auf dem Land erbaut ist. Wie bei so vielen Erwerbstätigkeiten hier ist
das ein Job für die ganze Familie. Wer mindestens einen Backstein tragen
kann, arbeitet mit, Schule hin oder her …
(Fotos
von den
Ziegelbrennern)
(und
"Briques", ein wenig künstlerisch überhöht, vom einheimischen
Fotografen Pierrot Men)
Kurz vor Tana liegt gleich neben der Straße eine „Stadt der Ahnen“:
Grabhäuser. Da im Glauben der Madegassen, unabhängig welcher (Buch-)Religion
sie angehören, der menschliche Geist und die Seele unsterblich sind,
geht lediglich der Körper bei der
Begräbniszeremonie
„aus der Holztür des Wohnhauses, um in die Steintür des Grabes
einzutreten“. „Die Seelen der Verstorbenen reisen alle in das gleiche
Land der Schatten. (…) Ebenso wie im diesseitigen Leben ist (…) auch im
jenseitigen Leben eine Existenz unabhängig von der Gemeinschaft
unmöglich.“(Heimer, S. 187) – folgerichtig „ruhen“ die Ahnen in
Familiengräbern …
(Fotos zu
den
Grabhäusern)
(Stadelmann zur
Welt der Ahnen)
Dimby quält sich mit uns durch das werktäglich
verstopfte Tana, auf dass uns Diesel und andere Treibstoffe nicht
fehlen, bevor er auf der
RN 2 Richtung Osten steuert. Durch eine bergige
Landschaft mit Wäldern, von Buschfeuern bereits arg gezeichnet,
und einigen mitunter terrassierten Reisfeldern führt die
zweispurige, fast schlaglochfreie Straße durch kleine Dörfer, vorbei an
Stellen, an denen einmal mehr Steine „geklopft“, Ziegel gebrannt,
Holzscheite oder Holzkohle feilgeboten werden.
(die
heutige 2. Etappe von
Ampefy bis Moramanga auf google maps)
Nach
anderthalb Stunden on the road ist’s an
der Zeit, die zunehmend öde Fahrerei zu unterbrechen: Im
Madagasca Exotic Park erwarten uns
Chamäleons, Geckos, Frösche, Schlangen und Insekten, denen in freier
Natur zu begegnen einen erheblichen Aufwand erforderte. Lassen wir uns
also auf eine weitere Deppentour ein und erfahren (einmal mehr), wie komfortabel
„Tiere zum Anfassen“ sind. Notfalls lassen sie sich fotogerecht auf dem
richtigen Ast vor dem gewünschten Hinter- oder auch Untergrund
platzieren … Haben wir alles mitgebucht und Klaus als Fotoprofi kennt
keine Gnade. Zum Glück ist ihm eine ganz spezifische
Anwendungsmöglichkeit von Eisspray noch nicht bekannt, behauptet er
jedenfalls…
(Fotos
zur
Viecherei)
(... und
von wiki noch eine
Handreichung)
Am Nachmittag erreichen wir mit
Moramanga die „einzige echte
Stadt an der Straße von Antananarivo nach Tamatave“ und quartieren uns
recht komfortabel im Hotel
Bezanozano ein.
Ins Auge fallen sofort die zahlreichen Rikschas – und einige TukTuks,
die in den größeren Städten
in Zukunft eine größere Verbreitung finden sollen. Beim Schlendern durch
die Straßen und über den verwinkelten Markt werden wir einmal mehr an
die ethnische Vielfalt der einheimischen Bevölkerung erinnert. Bei allen
Unterschieden scheinen die Menschen untereinander ohne größere Probleme
klar zu kommen. Offener als in Tana nimmt man uns freundlich wahr, stört
sich nicht am Fotografien, posiert sogar fürs „gute Bild“. Bei allem
Gedränge – ja, ja, meine Hand gleitet des Öfteren auf Hose wie Jacke
(der von außen zugänglichen Taschen wegen) – geht’s ziemlich unaufgeregt zu. Angespannt sind
lediglich die Minen derer, die schwere Lasten zu schleppen haben. Und
selbst einige von denen nehmen, zumindest während wir ihnen bewundernd
zuschauen,
ihre Arbeit recht locker …
(Fotos
vom
Spaziergang durch die Stadt)
Ein
Hauch madegassischer Bürokratie ereilt uns, als Klaus am Bahnhof um
nähere Informationen zu Fahrplänen und Preisen ersucht. Ein sichtlich
überforderter Wachmann benötigt gute zehn Minuten, viele (vergebliche?)
Wege und einige persönliche Angaben, bevor er uns zur „Sachbearbeiterin“
im Gebäude vorlässt, die sich selbst recht kommunikativ und
auskunftswillig zeigt. Barbara darf unterdessen unsere Personalien im
„Einlassbuch“ eintragen …
Im Coq D’Or speisen wir vorzüglich, in unserem Hotel schlafen wir Dank
Le Mangoustan ungestört – nachdem welche Religionsgemeinschaft
auch immer die Tagungsräume unter Schmettern heiliger Abschiedslieder
verlassen hat. Und das ist gut so, denn morgen stehen spannende, doch
körperlich ermüdende Touren an ...
Donnerstag, 09.
Oktober 2014
Babakoto …
… möchten wir heute begegnen und treffen früh am
Tag Marie, die Frau, die uns im
Nationalpark Andasibe Mantadia mal
auf Wegen, mal auf Pfaden, mal durchs Unterholz hügelauf, hügelab zu den
Halbaffen führen wird, welche hier im Park ihren Schonraum finden
(sollen)..JPG)
Bevor wir jedoch den größten der Lemuren in freier Wildbahn beobachten
können (selbst in Gefangenschaft „gut geführter Zoos“ verenden diese
Tiere nach kurzer Zeit) tanzen Diademsifakas von Baum zu Boden und
umgekehrt, lungern Braune Lemuren auf den Ästen über uns, wahren
Bambuslemuren eine gewisse Distanz und schauen uns nachtaktive
Wiesellemuren vorwurfsvoll verschlafen ob der „täglichen“ Störung an.
Ihrem „Gesang“ – und (mehr noch) den Hinweisen aus
den Handys anderer Guides
-
folgend
stoßen wir schließlich zu einer der Indri-Familien vor – und sind
selbstredend nicht die einzigen. Hierher kommen Busladungen, um
die legendären Tiere zu sehen.
Keine Deppentour, auch wenn viele solcher Zweibeiner wie wir unterwegs
sind – schließlich erlaufen / ersteigen wir die „Sehenswürdigkeiten“ und
eine gewisse Vertrautheit der Tiere mit ihren aufrecht gehenden
Verwandten berechtigt zum Teilmotto dieser Reise: „mit Lemuren auf Du
und Du …“
(sämtliche Fotos aus
Du und Du von Klaus Heimer - unsere
haben die Lemuren gefressen)
Nach einer ausgiebigen Siesta machen wir dann doch noch einen auf
Deppen: Auf der
„Lemureninsel“ der Vakona Forest Lodge "mitten im Dschungel" haben vor allem die Braunen Lemuren
jegliche Scheu vor Menschen verloren („Erst kommt das Fressen, dann …“).
Schee ist’s trotzdem. Und auch der Abstecher zu den „Nil“krokodilen
führt uns noch einmal Vorzeitliches vor Augen.
(Fotos
von der
Lemureninsel)
(die
Krokodile waren zurückhaltender ...)
Vor dem wohl erlaufenen Abendmahl in
Maries Restaurant klappern wir mit
ihr gemeinsam im Dunkeln noch einmal die Straßen ab, um nachtaktive
Makis zu entdecken und zu beobachten. Das Entdecken übernimmt Marie
– wir beobachten Fettschwanzlemuren, die mit seiltänzerischer Sicherheit
über Stromleitungen flitzen, Abspannseile hoch und runter laufen und
irgendwann im Dunkel verschwinden. Nach dem Essen beschränken wir uns
aufs Verschwinden und einen wohl verdienten Schlaf.
Freitag, 10.
Oktober 2014
Das
Nest der Träume
…
…
ist unser heutiges Ziel – doch kein ungestörter Tiefschlaf führt dort
hin, sondern, so will es das Programm, „… 145 km ordentliche Straße bzw.
7 km Piste, danach knapp zwei Stunden per Motorboot auf dem Kanal …“.
Sagt den Träumen, dass wir kommen!
Und das auf einer spannenden Strecke, die durch
eine hügelige bis bergige Landschaft mit ausgedehnten, oft gut
erhaltenen Sekundärwäldern führt – einige Fetzen Primärwald sollten wir
auch zu Gesicht bekommen; haben wir vielleicht vertrödelt. Doch das
satte Grün des „Baumes
der Reisenden“, der sich als
Folgepflanze ebenso wie die Bananenplantagen, die zuvor gerodeten Hänge
hinauf zieht, ist gut fürs Auge; kommt gleich hinter Xalacom …
(madamagazine
zum
Baum der Reisenden)
Auf
der Fahrt wird wieder einmal deutlich, dass Madagaskar überall dort, wo
noch ein Hauch Erdkrume Hügel und Hänge bedeckt, durchaus fruchtbares
Land besitzt, auf dem alles wächst, das den klimatischen Bedingungen
genügt und den Bauch voll macht: Maniok, Tomaten, Bohnen, Erbsen,
Gurken, Gemüse aller Sorten, Kürbisse, Erdnüsse, Obst wie man es im
KaDeWe findet, Reis, Gerste etc. Hungern müsste keiner, wenn denn … Und
hart ackern tun die Leute, vor allem auf dem Lande: Kein Hang ist zu
steil, um bearbeitet zu werden, kein Karren zu schwer, keine Arbeit zu
schmutzig … Und dennoch …
(Fotos
von
unterwegs)
Hinter
Brickaville
lassen wir uns die angekündigten Kilometer bis Manambato kräftig
durchrütteln, um die ruhige Bootsfahrt zum
Palmarium
gebührend würdigen zu können.
(Fotos von der
Bootstour)
.JPG)
Nach der Siesta spazieren wir durch den jungen Sekundärwald der
abgelegenen Oase der Ruhe zu einem Strand, der mit winzigen Baumfröschen
aufwartet und, etwas tiefer im Land gelegen, einer Sumpfgegend, in der
uns fleischfressende Pflanzen entgegen leuchten.
(Fotos
vom
Nachmittagsspaziergang)
Bevor wir es letzteren gleich tun (nein, nicht das
Leuchten …), lassen wir uns mit der Schweizer Gruppe, die ab Paris mit
uns im Flieger saß und heute mit uns unter einem Dach beim Abendessen
sitzen wird, auf eine Insel übersetzen, welche
seit
Jahren Exilheimat für nachtaktive
Fingertiere ist. Mit Klaus „gegen
den Strom schwimmend“ sind wir an den Plätzen, an denen die Aye-Ayes die
in Astgabeln eingeklemmten Kokosnüsse knacken und mit ihrem überlangen
Mittelfinger (sic!) das Fleisch heraus pulen, für lange Zeit überwiegend
allein.
(Fotos
von den
Aye-Ayes, ...)
(... mehr
über
das Tier, das den Tod bringt ...)
(... mit
einer Zugabe von Klaus
nebst
Fotos)
(die 3.
Etappe
Andasibe - Tamatave)
Samstag, 11.
Oktober 2014
Hausaufgabenkontrolle!!!
…
google maps habt Ihr entnommen, wo es weiter lang geht. Wie bitte? Na
dann zurück auf gestern, unter google maps forschen – und dann weiter!
Bevor wir jedoch an Bord gehen, um dem
Canal des Pangalanes
bis Tamatave zu folgen,
begeben wir uns mit Bruno auf Pirsch: „Verschiedene Lemurenarten“ harren
unser – sollten sie zumindest lt. Programm. Doch von den guides der
Gruppen vor uns bereits angefüttert, achten besonders die Indris auf
ihren body-mass-index – haken wir alles unter amüsantem
Deppentourunterfangen ab, angemessen zum artgerechten Richtig-Wachwerden
…
Doch, Klaus, es hat uns genau so wirklich
gefallen, und wir wären gerne noch eine Nacht länger zum Abhängen in den
komfortablen Bungalows mit den riesigen Terrassen überm See geblieben!
(Fotos
von der
Pirsch mit Bruno)
(infos zu
Orten entlang des Pangalaneskanals)
Das
Flachsen vergeht uns, nachdem wir keine Wasservögel sichten, jedoch die
zahlreichen Fischfanganlagen orten und die Männer, die in ihren
Einbäumen die Fallen und Netze kontrollieren. Die Wasserstraße, welche
durch künstliche Ein- und Durchstiche langgestreckte Seen miteinander
verbindet, wird von allen möglichen Booten zum Warentransport genutzt
(eben dafür wurde sie von der einstigen Kolonialmacht konzipiert).
Wandern die erbeuteten Fische veredelt in den Magen oder auf Märkte, so
wird der Sand, welcher am Ufer gegraben wird, in Booten in die Stadt
transportiert und dort versilbert. So wie man auf den Straßen alles, was
rollen kann, zum Warentransport eingesetzt sieht, so begegnet einem auf
dem Wasser alles, was nicht untergeht, als Beförderungsmittel – mal mit
Motor, mal gerudert, gepaddelt oder gestakt.
(Fotos
von der
Bootsfahrt auf dem Canal des Pangalanes)
(noch
paar
Infos dazu)
Am (Kanal-)Hafen in
Tamatave, nachdem wir einige recht
elend wirkende Behausungen
am Ufer (gleich neben stacheldrahtbewehrten Villen gelegen) passiert
haben, erwartet uns Dimby – welch ein Luxus, welch eine Erlösung, gerade
auch wegen der "dichten" Straßen!!!
Im „La Terrase“ speist man gut – unter seinesgleichen. Alte Böcke in
meinem Alter tun sich gütlich an schmackhaften Pizzen und blutjungen
Schönheiten. Für gut 800 € pro Monat kommt alter Mann hier voll auf
seine Kosten, Kost und Logis inklusive, rechnet uns Klaus vor. Warum
dann in Europa unter Rheuma fördernden Witterungsbedingungen und
Samenkoller leiden?
Nach einer Verschnaufpause im Miray Hotel erfahren und erlaufen wir ein
Stückchen Stadt. Sie wartet mit all dem auf, mit dem Hafenstädte auf der
ganzen Welt aufwarten, nicht nur in armen Ländern, doch eben ein paar
Nummern ärmer. „Mince alors, Bordelle!“
Auch wenn wir im La Récréa hervorragend speisen, diese
Stadt ist ein Unort, der möglichst bald hinter uns liegen
sollte ...
Sonntag, 12.
Oktober 2014
Ja iss den schon Weihnachten? …
…
fragen wir uns auf dem Weg nach Foulpointe als wir das Monument
irgendeines
Scherzkeks'
passieren. Nach der ob des sonntäglich dichten Aufkommens an Kirch- und
Müßiggängern, nein, wir wollen die höchst arbeitsamen Teile der
Bevölkerung nicht unberücksichtigt lassen, quälenden Fahrt aus der
Hafenstadt, freuen wir uns ob des kurzen Stopps.
Mit dem Blick landeinwärts gerichtet können wir
die Beschreibung der Landschaft im „Osten
dieses Landes“ durchaus
nachempfinden. Auch hier passieren wir (landwirtschaftlich) kultiviertes
Terrain, begegnen keinen „Hungerbäuchen“ und fragen uns dennoch, warum
es so vielen Menschen hierzulande „schlecht geht“. Die zahlreichen SUVs,
welche uns in Richtung „Strandmetropolen“ überholen, passen da
möglicherweise nur zu einem Bild …
Fast schon im „Ferienort“
geleitet uns Fidel, Nachkomme eines Kommandanten in der
siebten Generation, durch die etwas ramponierten Verteidigungsanlagen
des
alten Forts.
Was Spaniern, Portugiesen, Engländern oder Franzosen nicht gelang, Wind
und Wetter „schafften“ weite Teile der Befestigung …
(Fotos
vom
Fort)
Im
Manda
Beach Hotel kommen wir gut unter,
auch wenn es am Strand ob der zahlreichen Wochenendausflügler aus
Tamatave etwas rummelig zugeht. Soll eh nur für eine kurze Nacht sein,
weil wir früh aufbrechen müssen, um rechtzeitig am Fährhafen in
Soanierana Ivongo
einzutreffen.
(die 4.
Etappe
Tamatave - Ste. Marie
auf google maps)
Montag, 13.
Oktober 2014
„Petit déjeuner …
…
à six heures le matin“ ist für den Küchenservice offensichtlich eine
Unzeit. Frühstücken
wir
eben „en route“ und erleben Himmel und Menschen auf der Landstraße;
meist zu Fuß unterwegs, denn am Fahrgeld, so überhaupt vorhanden, wird
gespart. Schüler streben ihrer Anstalt zu – am Wochenanfang findet auf
den Schulhöfen die Flaggenparade statt, Bauern gehen mit Grabstöcken,
Hacken und Spaten bewehrt auf die Felder, Rinder werden auf die Weiden
getrieben, Frauen eilen hoch beladen auf die Märkte, Rad- und
Mopedfahrer wuseln zwischen Buschtaxis und Schlaglöchern umher. Neben
all dem mindern die mit
Litchies beladenen Karren oder die auf einer
Straßenhälfte zum Trocknen ausgebreiteten Gewürznelken unsere
Durchschnittsgeschwindigkeit. Das fruchtbare Land des Küstenstreifens
wird intensiv zum
Gemüse- und Obstanbau genutzt.
In
Soanierana Ivongo
endet zwar nicht die Welt, doch die bessere der schlechten Straßen. Das
elend lange Dorf zieht sich mit ärmlichen Hütten entlang der Piste.
Verwegene Gestalten begegnen uns auf dem Weg zum Fähranleger. Hier
landen auch die Pirogen, voll beladen mit Feldfrüchten, Holzkohle und
Menschen aus der Umgebung – ein ständiges Kommen und Gehen, wie in einer
„Hafenstadt“ eben …
(Fotos
von
der "Straße")
Wir sind nicht die einzigen Weißen, die im „Speedboat“
nach Ste. Marie übersetzen, auch zahlreiche Einheimische, textilmäßig durchaus gestylt, möchten auf die
ehemalige Pirateninsel.
Dank der ruhigen See wird unser vegetatives Nervensystem nicht wirklich
gefordert.
(Fotos
Richtung Ste. Marie)
In
der recht überschaubaren Hauptstadt Ambodifotatra erwartet uns der
hauseigene Shuttleservice und kutschiert uns zu unserem Wasserbungalow
im gemütlichen
Hotel Lakana. Auf der Terrasse
kitzelt uns die Sonne in der Nase, streicht einem eine sanfte Brise
durchs Gesicht, schlagen die Wellen leicht an den Steg – Urlaub also,
nach einer vor allem mental recht fordernden Woche im Land.
(Fotos
vom
Domizil)
(infos
zur
Insel)
Mittwoch, 15.
Oktober 2014
Reif für die Insel …
…
sind wir als wir auf Nosy Bohara, auf der die Uhren ein wenig
langsamer zu gehen scheinen, eingetrudeln und die gut anderthalb
Tage Nichtstun in angenehmer, ruhiger Umgebung kommen uns gerade recht.
Nicht, dass die Menschen hier weniger hart arbeiteten oder bedeutend
wohlhabender wären als die auf dem „Festland“, doch wirken sie irgendwie
gelassener, zufriedener. Die Häuser und Hütten machen einen properen,
gepflegten Eindruck, die Souvenirverkäufer und Vanilledealer lassen
sofort von uns ab, wenn wir Desinteresse signalisieren und selbst der „very
best guide“, welcher uns mit seiner Piroge auf ein Nachbarinselchen
schippern möchte, wünscht uns einen schönen Strandspaziergang nachdem
wir ihm deutlich gemacht haben, dass wir "heute nur zu Fuß gehen
möchten“ …
Zwar erfahren wir im Gespräch mit einem (deutschen) Bekannten von Klaus,
dass auch
hier
nicht alles rosig sei, die Tücken einheimischer Bürokratie
administrativer wie individueller Willkür und Habgier Tür und Tor
öffneten und der Druck seitens der einheimischen FamilienBANDE immens
sei, „ es jedoch alles in allem etwas gedämpfter“ zugehe. Und da wir auf
unserem Rückweg im Dunkeln freundlich gegrüßt und von keinem der Hunde
angebellt werden, haben wir allen Grund, ruhig zu schlafen.
(Fotos von
der Insel)
(Infos zu
Fady)
Unspektakulär …
…
verläuft der Flug von Ste. Marie nach Tana – auch weil wir nur mit
Handgepäck unterwegs sind. Auf Klaus’ Anraten haben wir die Reisetaschen
in Dimbys Wagen gelassen als wir uns für die Fähre klar machten. Am
Flughafen fängt uns unser Chauffeur ein und bringt uns ins Belvedère,
für eine Nacht.
Trotz der
überraschenden Rückkehr des 2009 von Putschisten vertriebenen ehemaligen
Präsidenten Ravalomanana bleibt es ruhig in der Hauptstadt - morgen
hoffentlich auch, wenn wir
für den Rest der Reise die Himmelsrichtung wechseln: Süden ist
angesagt.
(umstritten die Neutralität des
Artikels auf wiki wie die
Diskussionsseite widerspiegelt)
Donnerstag, 16.
Oktober 2014
Schluss mit Urlaub …
Für heute sieht das Protokoll auf der Fahrt nach Antsirabe jede Menge
Besichtigungen vor. Das lockert auf und gewährt Einblick in die kreative
Vielfalt, mit der Menschen vor Ort auf ehrliche Weise an Bares gelangen.
Noch
innerhalb des Stadtgebiets besuchen wir eine Kunstschmiede. Auf dem
weitläufigen Gelände beschäftigt ein privater Unternehmer ca. 300 Männer
und Frauen aus der Umgebung. Bleche, leerer Öl- und Teerfässer,
abmontierte Kotflügel und Motorhauben werden in mühevoller Arbeit zu
Lampenschirmen, Kerzenhaltern, Laternen, schreitenden Reihern oder hoch
aufstrebenden Baobabs geschmiedet. Die Kinder der hier tätigen Mütter
schauen sich bereits im Krabbelalter den Umgang mit Hammer und Stichel ab,
besuchen später gegen einen geringen Obulus die private Grundschule und
danach die ebenfalls private Oberschule. Das Unternehmen arbeitet
gewinnorientiert, ist also keine NGO, hält dafür allerdings auch die
Verwaltungskosten, die Ausgaben für Dienstwagen und –wohnungen gering.
Lt. Klaus „sehen wir eines der wenigen Unternehmen unter madegassischer
Leitung, das erfolgreich läuft – bereits über Jahre“ …
Den
Kunstwerken begegnen wir im Verlauf unserer weiteren Reise in
zahlreichen Hotels und guten Restaurants.
(Fotos
von den
Kunsthandwerkern).JPG)
Eine gute halbe Stunde weiter bieten Bewohner des Dorfes Ampangabe vor
allem Kattas, Chamäleons und Baobabs aus gefärbten Blattfasern der
Raffiapalme an. Obwohl an allen Ständen Identisches ausliegt, setzen
sich die Frauen und Männer keinem Konkurrenzdruck aus. Und die Kleinen
im besten Kitaalter spielen oder handwerkeln vor sich hin.
Fotos aus
der
kleinen Tierschau)
Mit Tonfiguren von Allen Heiligen über die Sieben Zwerge und Buddha bis
zu wohl eher zeitgenössischen, auf der Insel berüchtigten Honoratioren ein paar Siedlungen weiter kann man die
häusliche Kitschecke garnieren – zwischen schrillem Bunt und dem Versuch
einer gewissen Farblosigkeit ...
(Fotos
dazu, Sonnenbrille nicht vergessen)
In
Ambatolampy geht’s im Wortsinne
heiß her: Eine Werkstatt verwandelt Schweiß
treibend
Aluminiumreste (vom Motorblock über Kupplungsgehäuse bis zur „boîte de
vitesse“) in Kochtöpfe mit Deckel für alle Küchengrößen, Tiegel,
Schüsseln, Siebe, Schöpfkellen etc. Auch Gusskunstliebhaber finden
geeignete Mitbringsel. Vertreter des arbeitsmedizinischen Dienstes oder
Sicherheitsbeauftragte der zuständigen Berufsgenossenschaft haben wir
nicht angetroffen – die seien bereits vor langem schreiend davongelaufen
…
Die Produkte hingegen finden Verwendung in so ziemlich allen
Restaurantküchen, welche uns bisher bekocht haben und noch verköstigen
werden.
(Fotos
von den
Alutöpfe-r-n)
Nicht nur Metall, sondern auch Holz verarbeitendes Handwerk „außer der
Reihe“ ist in
dem groß geratenen Marktflecken vertreten: Hier werden
Tischfußballspiele gezimmert – und ausgiebig genutzt. Trotzdem die
Mannschaftsaufstellung nicht so ganz regelkonform ist (möglicherweise
biblisch beeinflusst), sind die „Baby Foot“ allüberall im Land
verbreitet - so wie dereinst bei uns die Flipperautomaten in
Lokalitäten, die etwas auf sich hielten. Eine Flasche Sekt für
die Erste,
der mir
die Art der Regelverletzung mitteilt; Reiseleiter und deren
Familienangehörige sind ausgeschlossen …
(Fotos
von
Tischfußballern)
Auch in diese Ortschaft strömen all die zum Markttag, die etwas zu
verkaufen haben, Dienstleistungen anbieten oder etwas kaufen möchten.
Das Warenangebot beschränkt
sich
heute auf Erschwingliches, Gebrauchtes, Kulinarisches; Schmiedearbeiten,
Fahrrad- wie Handyreparaturen, Haarschnitte und Schuster-(keine
Leder)arbeiten werden heute auch durchgeführt. Entsprechend bunt
gewürfelt sieht’s in den Gassen aus.
(Fotos
vom
Marktgeschehen)
Diejenigen, welche von weiter her über Land ihre Güter herbeigeschafft
haben, parken Ochsen und Karren ein wenig außerhalb. Für den
innerstädtischen Transport warten Mensch und Gefährt an der Hauptstraße.
Der kleine Hunger zwischendurch lässt sich alle Nas’ lang stillen.
(Fotos
von
Ochs und Co)
(...
sowie den
übrigen Transportmitteln)
Auch wenn wir unverhohlen neugierig durchs Gewühle streunen, relativ
ungeniert fotografieren und kaum als potenzielle Käufer, Kunden,
Klienten wahrgenommen werden – es setzt weder abweisende oder
missbilligende Blicke noch „dumme Bemerkungen“. Als einzige Vazaha auf
dem Platz sind wir eine unter anderen Attraktionen – in durchaus
entspannter Atmosphäre.
Zwar wird
es im weiteren Verlauf der Fahrt nicht hektisch, Dimby
hinterm Steuer hat einfach die Ruhe weg, doch mit Entspannung „iss nich“: Es
gibt einfach zu viel zu sehen: Da
wären zunächst einmal die Verkaufsstände am Straßenrand, an denen selbst
gefertigte Musikinstrumente im (Fahrt-)Wind baumeln oder wo einem, ein
paar Kurven und Steigungen weiter, aus Kiefern- oder Eukalyptusholz
gezimmerte
„Miniatur“fahrzeuge bunt entgegen leuchten. Auf schmalen
Brettern steht all das an LKWs und Bussen, das täglich über die Straßen
rollt, und im Sonnenschein sitzt Muttern und lackiert …
Etwas grober wirken da die Keile, welche unter die Hinterräder gelegt,
Buschtaxis wie Schwertransportern einen unverrückbaren Stand sichern
sollen. Geradezu filigran dagegen wirken Gemüseschalen oder Hackbretter
aus derselben Werkstatt und dem gleichen Holz.
So schlicht und einfach gefertigt all diese Produkte auch anmuten, sie
zeugen vom Ideenreichtum der Anwohner und ihrem Arbeitswillen. Und dass
sich die einzelnen Dörfer auf jeweils „typische“ Angebote spezialisieren
– und beschränken – verhindert Konkurrenzdruck und Streit. Es leben die
„Ich-AGs“ …
Fotos
von
Musikinstrumenten, ...)
(...
hölzernen Fahrzeugen ...)
(... und
groben Keilen)
Nicht, dass wir den Blick bei all dem Sehenswerten für das verloren
hätten, was sich an Landschaft vor uns ausbreitet oder sonst noch neben
der Straße tut. Auffallend viele Polizei- und Gendarmenposten säumen den
Weg, fast alle besetzt. Buschtaxis, Personenwagen, Mopedfahrer werden
herausgewunken. Nach deren Weiterfahrt wandert die eine oder andere Hand
des Kontrollettis in dessen Hosentasche – wohl kaum, um nach einem
Taschentuch zu fingern … Nicht von ohne zählt das Polizeihandwerk zu den
korruptionsanfälligsten im ganzen Land. Als Weiße werden wir
durchgewunken: Wir könnten ja mit einem der „Chefs“ besser bekannt sein
…
Na gut, schreiben wir über Schöneres: die Landschaft. Wir bewegen uns
noch immer im ausgedehnten Hochland. Hügelig, mitunter bergig ist es.
Die gut ausgebaute
zweispurige RN 7 zieht sich über die Höhen, senkt sich mitunter in weite
Täler und steigt dann wieder die Hänge hinauf. Den Augen fehlt das Grün:
Nicht nur die Kuppen liegen in einem fahlen Graubraun. Es fehlen die
Wälder. Vor Zeiten abgeholzt oder kürzlich durch Buschfeuer vernichtet
können sie Erosionen durch Regen, Wind und Wetter nicht mehr verhindern.
Aufforstungsprojekte gibt es, sind jedoch nur der dunkelgrüne Fleck, welcher
das nächste Feuer erst einmal überstehen muss. Lediglich in den Tälern,
in denen dass satte Grün junger Reissetzlinge strahlt, finden die Augen
echte Hingucker. Ansonsten wirken selbst riesige Felsbrocken oder
ausgewaschene Gesteinsformationen in dem bekannten Zusammenhang weniger
imposant denn entmutigend.
Mit
Antsirabe erwartet uns dann eine Großstadt auf
gut 1.500m üNN, deren kolonialer Glanz allenfalls noch bei den
(äußerlich) renovierten Bauwerken, Hotel des Thermes und
Bahnhof,
ein wenig erstrahlt. Als wichtige (Klein-)Industriestadt sorgt sie für
Arbeit und Brot.
Beides verschafft auch die Werkstatt der „ Sechs Brüder“, in welcher
Geschnitztes und Geformtes aus Zebuhorn kreiert wird. Bei „Miniature
Mamy“ entstehen Rikschas, Fahrräder und Pousse-Pousses im Miniformat –
aus Infusionsschläuchen, Telefondraht und Angelschnur …
(ein
Vogel entsteht ...)
(Bauteile
eines Minifahrrads)
Den Kopf voller Eindrücke und mit viel Respekt vor den Geschäftsideen
der Einheimischen, fast immer aus der Not geboren, genießen wir im
Garten der „Chambres
du Voyageur“ die spätnachmittägliche Idylle einer Oase
der Ruhe.
(wiki zu
Antsirabe)
(die 5.
Etappe
Tana - Antsirabe auf google maps)
(.. und
von
Travel Madagascar)
Freitag, 17.
Oktober 2014
Fast wie in Bali …
…
schmiegen sich die Reisterrassen an die Hänge, wenn diese nur steil
genug abfallen. Kaum haben wir die Stadt, „wo es viel Salz gibt“, und
die letzte Gruppe Pousse-Pousse-Fahrer hinter uns gelassen, verläuft die
RN 7 weiterhin kurvenreich durchs südliche Hochland. Die Täler werden
tiefer und steiler, die Hügel und Berge höher, doch bleiben sie
weitgehend unbewaldet und nackt.
Alle Stadien der Bestellung der Reisterrassen im Stammesland der
Betsileo lassen sich
verfolgen. Wo es für die Ochsengespanne zu schwer wird, zu pflügen,
ackert der Mensch mit Hacke, Spaten oder Pflanzstock. Die Frauen sind
emsig dabei, die satt grünen Setzlinge „umzutopfen“. Felder wie Dörfer
und Weiler machen einen sehr gepflegten fast schon herausgeputzten
Eindruck.
(Fotos
aus den
Reisfeldern)
(everyculture
zu
Betsileo)
Das fruchtbare Land gibt bei weitem mehr her als „nur Reis“: Kartoffeln,
Süßkartoffeln, Cassava, Mais, Braugerste (Three
Horses und Skol wollen beliefert sein), Maniok, Gemüse
und all die Südfrüchte, die es auch mal etwas kälter abkönnen, gedeihen
prachtvoll, so sie denn angebaut und unterhalten werden.
Bei
aller Betriebsamkeit und Ackerei, die Menschen wirken zufrieden,
fröhlich, sind für einen Scherz zu haben und scheuen sich keineswegs vor
Fotoaufnahmen. Selbst die Köhler, welche ihre Waren per Karren oder hoch
aufgetürmt auf Fahrrädern in die Stadt transportieren (dort gibt’s paar
Ariary mehr als beim „Straßenverkauf“ und Zeit kommt jeden Tag neu),
sind treten mit Stolz geschwellter Brust an uns vorbei. In dieser Region
fallen weder Hungerleider noch –bäuche auf, und Rumhänger schon gar
nicht.
(Holzkohle
unterwegs)
Auf die treffen wir erst wieder nach gut 150 km in
einer anderen großen Stadt:
Fianarantsoa. Mag auch die Umgebung der „Stadt
der 1001 Kirchen“, von einem Aussichtspunkt bekommen wir einige zu
Gesicht, landwirtschaftlich stark genutzt sein und zahlreichen Menschen
ihren Lebensunterhalt ermöglichen, im Ort begegnet uns Armut in weit
schärferer Form denn „nur als Bettelei“.
(wiki zu
Fianarantsoa)
Am Bahnhof erkundigt sich Klaus nach der Wahrscheinlichkeit, mit welcher
der „Zug des
Lebens“ anderntags denn auch pünktlich nach Manakara (ab-)fährt – und
wird beschieden, doch erst am folgenden Morgen zeitig die Tickets zu
lösen, wenn nämlich nicht nur das Ob, sondern auch das Wann abzusehen
sei, mora mora also ...
(im
Bahnhof)
Gut, dass wir auf mögliche Alternativen vorbereitet sind. So lässt sich
der Atelierbesuch des über die Landesgrenzen bekannten
Fotografen
Pierrot Men in aller Ruhe genießen, ebenso wie die Siesta
in der komfortablen
Villa Sylvestre und das
schmackhafte Abendessen im
Restaurant Panda, einem Treffpunkt
vor allem französischstämmiger Expats.
Auch wenn
wir dem Gleichgewicht des Schreckens und der individuellen Aufrüstung
zur persönlichen Verteidigung skeptisch gegenüber stehen, Klaus’
Elektroschocker wehrt eine zunächst harmlos anmutende, doch dann recht
aggressive Bettelkinderschar nachhaltig ab; beruhigt mithin das Gemüt.
(die 6.
Etappe
Antsirabe - Fianarantsoa auf google
maps)
(... und
von
Travel Madacascar)
Samstag, 18.
Oktober 2014
Dann eben Plan B, …
…
als wir nach dem Früh-(im Wortsinne!!!)stück erfahren, dass der
fahrplanmäßige Zug statt um 7:00 Uhr frühestens gegen 11:00 Uhr abfahren
soll. Auf Grund der Verspätung erreichten wir die landschaftlich
reizvolle Gegend, den Regenwald, erst mit Einbruch der Dunkelheit – oder
später. Da wir keine Mausmakis sind, bevorzugen wir, Sehenswertes bei
Tageslicht in Augenschein zu nehmen. Auch Orte weiter im Süden haben
schöne Töchter!
Zwei Tage später erfahren wir, dass der FCE erst deutlich nach Mittag
ausgelaufen und am folgenden Morgen gegen 4:30 Uhr (mit dann
über achtstündiger Verspätung!) in Manakara eingetroffen ist …
(was wir im Hellen
möglicherweise verpasst hätten …)
Zu
diesem Zeitpunkt erholen wir uns bereits lange im Schlafe des Gerechten
von all dem Bemerkenswerten, das uns bereits vor der Abfahrt des Zuges
unter die Augen kommt: Nach Passieren der ersten Weinfelder – das
Gekelterte sei eher zum Sammeln denn zum Trinken geeignet, behaupten
spitze Zungen – halten wir bei einer „Wir-AG“. Die Kooperative stellt
Seile, Stricke, Handtaschen und Hüte aus Sisal her. Sieht alles sehr
bemüht aus, doch „Wer kauft den Kram?“, fragen wir uns. Die Antwort
lauert Tage später beim Einchecken in den Flieger nach Paris auf uns …
(Fotos
von der
Kooperative)
Nach weiteren Weingärten erklimmt die RN 7 dann wieder altbekannte
Höhen, um sich später in noch unbekannte Täler zu winden. In und über
ihnen liegen auf einer Fläche von Quadratkilometern mal
eine feine, mal eine starke Rauchschicht, welche in den Augen beißt.
Weder Köhler, auch wenn es ihrer in dieser Gegend (noch) zahlreiche
gibt, noch Ziegelbrenner, die ebenfalls stark vertreten sind, stecken
dahinter: Buschfeuer sind’s, welche bis dicht an die Fahrbahn treten und
einem das Messer in der Tasche aufgehen lassen. Den Ziegelbrennern fehlt
das Holz – sie sind auf Sägemehl, Reisstroh oder –spelzen angewiesen.
(Fotos
von den
Türmen der Ziegelbrenner)
Am späten Vormittag erreichen wir
Ambalavao. Die Provinzstadt liegt bereits in
einer der weiten Ebenen, deutlich tiefer als die Landschaft, in
der wir uns bisher aufgehalten haben. Der Auberge „Aux Bougainvillées“
am Ortsrand angeschlossen ist eine Manufaktur, in welcher handgeschöpftes Papier (Papier
Antemoro) aus der Rinde des Havoastrauches
hergestellt wird. Trotz kurz bevorstehender Mittagspause erklären uns
die Ladies in aller Ruhe, mora mora eben, den Prozess. Das Produkt
erinnert stark an das in Luang Prabang geschöpfte Papier.
(Fotos
dazu)
In der nahe gelegenen Seidenfabrik erfahren wir, dass auch aus Kokons
der „wilden Seidenraupen“ Naturseide gewonnen wird; allerdings sind sie
nur als recht grobe Fäden zu verarbeiten und (er-)geben somit ein eher
raues Gewebe – nix zum Knuddeln also.
Einen
erheblich knuddeligeren Eindruck erwecken da die Kattas im
kommunalen
Reservat ANJA, einen Steinwurf weit südlich der Stadt. Auch hier lassen
sich die Tiere nicht weiter stören, wahren allerdings gerade mit ihren
Jungen eine gewisse Distanz. Ihr drolliges Spiel entschädigt bereits
nach Minuten für potentiell entgangene Freuden im verspäteten Zug - Ihr
merkt, nach der Fahrt mit "The Lashio Mail" in Birma hält sich unsere Begeisterung
für "spektakuläre Zugfahrten" ein wenig in Grenzen, wir wollen
ja nicht unbedingt Paul Theroux nacheifern ...
(Fotos von
den Kattas)
(und
von Chamäleons, von Klaus Heimer)
(Reportage von Klaus Heimer
über Chamäleons)
Alles andere als drollig präsentiert sich der Wochenmarkt im Ort.
Secondhandkleidung wird an „richtigen Ständen“ verkauft. Anders bei den
Bäuerinnen, welche ihre Waren auf dem Erdboden ausbreiten. Für die
Standmiete reicht der Erlös der wenigen Feldfrüchte
wohl nicht. Mitunter hat es den Anschein als würde nur das angeboten,
was „zu Hause übrig geblieben ist“.
(Fotoeindrücke vom
Wochenmarkt)
Beim Spaziergang durch das Provinzstädtchen fallen kaum Müßiggänger auf.
Alle sind mit irgendetwas Produktivem beschäftigt, ob in den kleinen
Läden oder auf dem „städtischen“ Markt. Man grüßt, lächelt uns zu und
vor allem die Näherinnen freuen sich über unser Interesse an ihren alten
„Jones“ und „Singer“ und schnurren mit ihnen um die Wette ...
(Fotos
vom
Stadtspaziergang)
Mit der südlichsten Stadt im Betsileogebiet haben auch wir den
südlichsten Ort unserer Reise erreicht. Ab morgen schlagen wir die letzte
noch ausstehende Himmelsrichtung ein: ZURÜCK …
(auf
google maps die 7. Etappe
Fianarantsoa - Ambalavao)
Sonntag, 19.
Oktober 2014
Nachtleben am Straßenrand …
…
in Ranomafana zu beobachten ist unser heutiges Ziel! Auf dem Weg dort
hin bietet sich zunächst ein Spaziergang durch die recht umfangreich sanierte
Oberstadt von Fianarantsoa an.
(unser
Weg dorthin auf google maps)
Die
Treppen oberhalb der Kathedrale hinaufsteigend begegnen wir zahlreichen
Kirchgängern im Sonntagsstaat. Wie so oft in Ländern, in denen die
Menschen ihre Hoffnung auf ein einigermaßen erträgliches Leben im
Diesseits aufgegeben haben, liefern sich Rattenfänger aller
weltanschaulichen Couleur ein durchaus Erfolg versprechendes Rennen -
weniger um die Seelen als um die spärlichen (oder auch reichlichen)
Finanzen ihrer Schäfchen, welche sie ideologisch ins Trockene bringen,
existenziell jedoch im Regen stehen lassen. Vergelt’s Gott oder wer auch
immer …
Zwischen den nett anzusehenden restaurierten Bauten in den sauberen
(ganz anders als die der „Nouvelle Ville“ oder gar der Unterstadt)
Straßen hockt das Alltagsleben: Deutlich weniger betuchte Familien
verbringen ihren Sonntag neben den Säcken Holzkohle, die zu verkaufen
sie sich erhoffen.
(Fotos
sonntäglicher "Widersprüche")
.JPG)
Nach dem Abzweig nach
Ranomafana verdient die Straße wieder ihre
Bezeichnung. Leider begleiten uns Buschfeuer bis zu dem Städtchen in
einem der wenigsten erschlossenen, artenreichsten Primärwälder des
Landes. Vom kolonialen Glanz der Thermalstation ist einiges
abgeblättert. Ein struktureller Neuanstrich statt ein Übertünchen
etablierter Zustände wäre wünschenswert. Möglicherweise fördert der
Einfluss des Wissenschaftszentrums im
Nationalpark positive Veränderungen.
(Fotoeindrücke
aus der Umgebung)
Sehr positiv im und für den Ort macht sich die
Auberge „Chez Gaspard“
aus,
eine kleine Oase, gleich um die Ecke vom prallen Leben …
Mit Einbruch
der Dunkelheit lassen wir uns von Dimby einige Kilometer oberhalb des
Parkeingangs am Straßenrand absetzen, um das nächtliche Treiben am Rande
des Bergregenwaldes zu beobachten. Wir sind mal wieder nicht die
einzigen Voyeure, doch scheint es die Spezies, auf die es uns ankommt,
wenig zu stören. Nach gebührendem Warten zeigen sich die recht scheuen
Mausmakis
(hier die Braunen M), welche wir zuvor nur gehört haben. Ohne Klaus'
Adleraugen und Josés Routine wären uns auch die in allen möglichen wie
unmöglichen Positionen schlafenden Chamäleons und die Baumschlange auf
Beutesuche entgangen. Nachdem wir so manche Seite des Bestimmungsbuches
"abgehakt" haben, kommt uns das Abendessen gerade recht, auch um den
ersten heftigen Regenschauer abzuwettern. Der abführenden Wirkung des "Rhum
arrangé" in dem kleinen Restau setzen wir rechtzeitig und mit vollem
Erfolg unsere mitgebrachte Universalmedizin entgegen, welche zudem noch
einen gleichmäßigen Schlaf fördert ...
(Die
Nachtaufnahmen stammen von Klaus Heimer.)
Montag, 20.
Oktober 2014
Ihres Glückes Schmied …
…
sind sie möglicherweise, jene Familien, welche im Schweiße ihres
Angesichts Macheten, Harken, Hacken und vor allem Spaten schmieden. Fast
aus jedem „Hinterhof“ des kleinen Fleckens Ambamvaky klingen
Hammerschläge. Groß und Klein laufen am Straßenrand zusammen und möchten
uns „ihren Amboss“ zeigen – und was sich darum herum abspielt. Honi soit
…
Fast
nur Jungs und junge Kerle, die entweder den Blasebalg bedienen, das
glühende Eisen aus dem Feuer holen oder es mit kräftigen Schlägen in die
gewünschte Form bringen. Keine zwanzig Minuten dauert es, bis ein
Schaufelblatt geschmiedet ist – unter unseren und den Augen der
Großfamilie. Selbstverständlich wird gehofft, dass von den Vazaha etwas
abfällt. Seifenstücke sind zwar nicht die ersehnte Währung, werden
jedoch akzeptiert. Einige der Kinder hätten sie bitter nötig. Doch hier
kommen Zweifel auf, ob die Dorfbewohner wirklich so arm sind (entspräche
so gar nicht dem Klischee des Schmiedes) wie sie aussehen oder nur so
tun. … qui mal y pense!
(Fotos
von den
Schmieden)
„Richtig Geld“ fließt ein paar Kilometer weiter in Tsiroanomandidy auf dem Viehmarkt, in
dessen Gefolge sich
auch ein „ganz normaler Wochenmarkt“ breit gemacht hat. Herbe Kerle
feilschen um Sauen und Zebus. Es wird anderen (Tieren) ins Maul
geschaut, an Ohren gezogen, in Höcker gekniffen, Hufe begutachtet,
Bewegungen beobachtet – und in kleinen Grüppchen gehandelt und
unverhohlen mit dem einen oder anderen dicken Bündel Scheine gewedelt.
Damit alles seine Ordnung hat (und wer auch immer seinen vielleicht
nicht immer verdienten Anteil bekommt) notieren fleißige Schreiber,
welche Ohrmarke mit dem, was dranhängt, wohin wechselt …
(bei den
Zebus ...)
(und auf
dem
Schweinemarkt)
Einmal mehr genießen wir es, als Kleinstgruppe ungestört durch die Deals
zu wandeln, wenig bis nicht weiter beachtet und offensichtlich niemanden
ernsthaft störend. Selbst die Tabakverkäuferinnen nehmen keinerlei
Anstoß, dass ihnen unser fotografisches Interesse gilt und wir keineswegs
Konsumabsichten hegen. Im Gegenteil, Ihr Lächeln ist uns gewiss.
(Fotos
vom
Wochenmarkt)
Ein Lächeln legt sich auch auf unser Antlitz, als
wir uns nach reichlich Staub- und Buckelpiste auf der Terrasse des
Lac Hotels in
Sahambavy mit einem kühlen Bier entstauben.
Hier lassen wir den Rest des Tages gelassen auf uns zukommen, genießen
das Zebufilet in grüner Pfeffersoße und ganz besonders den Rhum arrangé
au gingembre, der keine Wünsche offen und uns nicht zu Gegenmitteln
greifen lässt.
(unsere
9. Etappe von
Ramanofana -Sahambavy)
Ein gewisses
Lächeln können wir uns auch am anderen Morgen nicht verkneifen, als wir
erfahren, dass "unser Zug nach Marakana" mit fast neunstündiger
Verspätung dort eingetroffen ist, mora mora ...
Dienstag, 21.
Oktober 2014
Der Zug ist pünktlich, …
…
heute, als er auf unserem Weg zurück nach Fianarantsoa an einem
ungesicherten Bahnübergang vorüber rumpelt. Wir heulen ihm jedoch
keine Träne nach, winken vielmehr den Reisenden zu, welche ganz
entspannt aus den Fenstern schauen und bis jetzt noch alle Chancen
haben, den Dschungel im Hellen zu erleben. Und auch die Gäste im Lac
Hotel werden sich freuen, dass sie ihre Lunchpakete zu gegebener Zeit
im Zugabteil verzehren dürfen, statt am frühen Nachmittag im
Speisesaal …
(alle
Fotos vom
FCE von Klaus Heimer)
Zurück in Fiana besuchen wir das Betriebsgelände
von
Le Relais, einer privaten, gewinnorientierten
Organisation, welche mit sozialem Anspruch verschiedene Projekte
unterhält, Menschen damit Arbeit gibt und sie gleichzeitig in Bereichen
/ Berufen schult, in denen sie auch unabhängig vom derzeitigen
Arbeitgeber bessere Chancen auf eine Beschäftigung haben.
Ein Standbein ist das Sortieren, Verpacken und
Vertreiben von
Secondhandkleidung, die
vornehmlich von einer Partnerorganisation in Frankreich geliefert wird.
Unsere Nackenhaare legen sich wieder, als wir erfahren, dass die relativ
kleine Textilindustrie Madagaskars zu Preisen produziert, die sich nur
die allerwenigsten Menschen leisten können. Textilien aus zweiter Hand
dagegen seien auch für „die ganz armen auf dem Lande“ erschwinglich.
Händler und / oder Gemeinden können benötigte Kleidungsstücke anfordern
– und bekommen einen Ballen nur mit Jeans, T-Shirts oder auch BHs aller
erdenklicher Körbchengrößen geliefert …
(Foto oben von Klaus)
Ein
weiteres Projekt unter demselben Dach ist das Wiederauflebenlassen der
lokalen Automobilproduktion (sic!). Erinnert alles ein wenig an den
Bootsbau in einer Kunststoffschmiede: Der
Karenjy wird in Einzelarbeit von Hand
gefertigt. Hier läuft kein Band und kein Roboter setzt die Bohrlöcher.
Siebzig überwiegend qualifizierten Menschen sichert
SOATO Arbeit und Brot. Voller Stolz wird auf
das Papamobil hingewiesen, in welchem JP II 1989 durchs Volk kutschiert
wurde.
(sämtliche
Fotos aus der Kunststoffschmiede von
Klaus Heimer)
(Reportage
zum Karenjy von Klaus Heimer)
In der Werkstatt in Fiana möchten wir zuschauen,
wie
ADES denn ihre
Energiesparöfen herstellt und damit die Geldbeutel der Nutzer als auch
einen Teil der (noch) vorhandenen Wälder schont. Wir werden mit viel
Zeit und hervorragender Kommentierung durch die Produktion geführt –
durchaus beeindruckend. Wie viele Öfen welcher Kapazität verkauft und
kontinuierlich genutzt werden müssen, um die Klafter Holz, die fürs
Brennen der Lehmgutkörper vonnöten sind, wieder „einzuspielen“ kann man
uns allerdings nicht sagen. Nachhaltigkeitsberechnungen könnten für
(böse) Überraschungen trotz bester Absichten sorgen …
(ausführliche
Dokumentation bester Absichten)
...
und auf der (Rück-)Fahrt nach Norden brennen einmal mehr die Wälder. So
viele Tropfen auf zu viele heiße Steine, Respekt vor all den
Engagierten, welche die Brocken nicht einfach hinschmeißen!!!
In
dem ausgesprochen lebhaften Städtchen
Ambositra finden wir in einem
Bungalow des Motels Violetta Zeit und Ruhe zum Verschnaufen. Der
Eindruck, und schlimmer noch die Folgen, dass in diesem Land mit dem
eigenen Hintern (oder dem von anderen) immer wieder eingerissen wird,
was die Hände mit voller Überzeugung und in bester Absicht aufbauen,
lässt
Sisypos als glücklichen Menschen
erscheinen ...
(die 10. Etappe
Sahambavy - Ambositra auf google maps)
Mittwoch, 22. Oktober 2014
Gut Holz …
…
will gut bearbeitet sein. Nach morgendlichem Spaziergang durch das
wuselige
Städtchen,
Buschtaxistation an einer wichtigen Straßenkreuzung und Marktflecken für
die Umgebung, schlendern wir durch die (noch) wenig frequentierte
Tourimeile mit ihren zahlreichen, vielfach noch geschlossenen,
Andenkenläden. Vornehmlich aus Edelhölzern gefertigtes Kunsthandwerk
wird angeboten. Intarsienarbeiten und Schnitzereien stammen aus einigen
nahe gelegenen Werkstätten oder aus vor der Stadt gelegenen Ateliers.
(Fotos
aus
den Straßen)
Einem Intarsienschneider schauen wir über die Schulter als er mit seiner
schlichten, doch funktionalen Laubsäge Figuren nach einer Vorlage aus
„Tim und Struppi auf dem Mond“ aussägt. Drei Tage meint er, dann sei das
„Deckblatt“ fertig.
In der Werkstatt „Jean & Frères“, etwas außerhalb des Ortes, arbeiten
vorwiegend Angehörige der
Zafimaniry an „ästhetisch
anspruchsvolleren“ Bildern – und schnitzen aus Palisander und Rosenholz
Heiligenfiguren. Maria ist besonders gefragt – schließlich benötigen die
Kirchen immer mal wieder Nachschub, auch wenn Rosenholz besonders
geschützt und mit einem Exportverbot belegt ist. Ob mehr oder minder
kunstvoll bearbeitet oder, bevorzugt, im Rohzustand, Edelhölzer werden
angeblich in beträchtlichem Umfang nach China geschmuggelt – man bette
sich dort gern auf Rosen(-holzmöbel). Wer dabei wohl verdient???
(Fotos
von
Hölzernem)
Fast bis Antsirabe führt der Weg zurück dann wieder durch kunstvoll
angelegte Reisterrassen. Auf unserer bereits während der Hinfahrt
geschätzten Insel der Ruhe stranden wir gerne vor unserem letzten Tag in
Madagaskar.
Donnerstag, 23.
Oktober 2014
Den letzten Tag …
…
im Lande beginnen wir mit einem Spaziergang durch die Markthallen,
nehmen all die mittlerweile bekannten (und einige neue) Gerüche wahr,
erkennen all die Obstsorten
und Feldfrüchte wieder, die uns Klaus bis dato „vorgestellt“ hat,
erinnern jedoch nicht mehr die Namen und fühlen uns unter den
zahlreichen Einheimischen, die für ihren kleinen Haushalt, ihr
Restaurant oder ihre Hotelküche nach Frischwaren schauen, in etwa so
exotisch, wie das gesamte Szenario auf uns wirkt. Lastenträger zischen
nicht, sondern bitten uns mit einem höflichen „Scusé M’sieu!“ aus dem
Weg, HändlerInnen schauen uns unbeteiligt nach oder freundlich an, gewähren unaufgefordert Nachhilfe im Benennen ihrer Waren und
demonstrieren höchst anschaulich, dass die von Klaus erklärte Maßeinheit von
dreieinhalb mit Reis gefüllten Kondesmilchdosen ziemlich genau ein Kilo
ergeben. Angenehme, unaufgeregte, entspannte Alltagsstimmung, die uns
gelassen die Rückfahrt in die Hauptstadt antreten lässt.
(reichlich Fotos
vom Markt)
Auf
halber Strecke werden wir zum ersten und einzigen Mal von Gendarmen zur
Seite gewunken: Technische Kontrolle, vorgeblich, bei der Dimby
sämtliche Papiere vorzeigen muss und ein schmieriger Uniformierter ums
Fahrzeug streicht, unsere Pässe sehen möchte und offensichtlich nach
Scheinchen lechzt. Kriegt er nicht. Wir dürfen dennoch unbehelligt weiterfahren. „Offensichtlicher Irrtum“ vermutet Klaus. Na dann
- verdichtet sich unser Eindruck, dass das kleptokratische Bewusstsein
auch das Sein des letzten kleinen Verwaltungsangestellten oder
Ordnungshüters nachhaltig bestimmt und jedes noch so kleine Arschloch
(im Staatsdienst oder mit geschmierten Kontakten zu Staatsbediensteten)
selbst ehrbaren Menschen das Leben zur Hölle machen kann ...
Nach dem Ziehen der Bordkarten am Automaten im Flughafen – anders als auf dem Hinflug
lässt uns der Rechner nun bis Berlin nebeneinander sitzen – und einer
kleinen Mahlzeit fernab jeden Gehassels, verabschieden wir uns von Dimby und Klaus,
zwei höchst verlässlichen Begleitern, körperlich gesund, leicht
übermüdet und innerlich ziemlich zerrissen ob der so
widersprüchlichen Beobachtungen und Begegnungen - aber wir wollten ja
auch keine ruhigen Ferien in der Schweiz verbringen ...
Der Rückflug mit Aussicht auf mentale Erholung in „unserer“ Hauptstadt
verläuft so unspektakulär wie der Hinflug …
Madagaskar ist kein Land, in dem wir leben möchten, auch keines, in dem
wir entspannt einen Erholungsurlaub verbringen könnten (so wenig wie in
der Dom Rep ...). Wir waren
auf eine Studienreise vorbereitet - und es war eine, mit Begegnungen,
Beobachtungen und Erfahrungen, welche für mehrere Reisen reichten! Unser
Reiseleiter hat so manchen Vorhang weggezogen und uns unter so manches
Röckchen schauen lassen, uns auf vieles mental vorbereitet, uns vor
nackten Tatsachen oder bitteren Wahrheiten allerdings nicht verschont,
doch mit ausführlichen Erklärungen und dem Aufzeigen von Zusammenhängen
immer wieder aufgefangen, spätestens beim Rhum Arrangé - Herzlichen Dank
auch, Klaus!
Wir
haben einmal mehr erfahren, wie saugut es uns mit all unseren
Luxusprobleme geht und wie teuflisch froh wir sein können, dort geboren worden zu
sein, wo wir geboren wurden ...
(interessante Doku:
https://we.tl/NNettZJuok)
In diesem Sinne
bis demnächst
panther &
co
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