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... in Kolumbien

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„Das Bild Kolumbiens ...

... ist geprägt von Berichten über Gewalt, Drogenhandel und den andauernden Kriegszustand“ eröffnet eine Rezension zu Werner Hörtners "Kolumbien verstehen", und nach der Lektüre des Buches muss nicht jederfrau zwangsläufig verständlich sein, warum wir ausgerechnet diese Gegend bereisen möchten ...

Monate vor dem Lesen haben wir gut zugehört – den Seekirchnern. Und die zeigten sich nicht nur fasziniert ob der imposanten, höchst unterschiedlichen Landschaften – sie waren auch tief beeindruckt von den offenen, herzlichen Menschen, den „freundlichsten, liabsten", denen sie in Südamerika begegnet seien.  

Also nehmen wir nach intensiven Reisen durch Südostasien gerne das Risiko in Kauf, auf welches ein Slogan des einheimischen Tourismusministeriums hinweist: El unico riesgo es que te quieres quedar 

In der letzten Novemberwoche soll’s losgehen. Der Flug ist gebucht, ein Domizil in Bogotá bereits ins Auge gefasst.

Vamos a ver ...

... auch, ob und in welchem Umfang wir unserer geplanten Route folgen. Weil weniger bisher immer mehr war, werden wir auch auf dieser Reise nicht hetzen und statt dessen auf nachhaltige positive Erlebnisse aus sein. Damit bis dahin die dunklen Abende nicht unendlich länger werden, hier einige Alternativen zu Träumereien bei Kerzenschimmer:

 

(aus dem World Fact Book ...)

(... und von unserem AA)

( Reisemedizin ...)

(... und Wikipedia)

(Vertiefung durch die GIZ)

(Handfestes aus dem Forum)

(Reporter ohne Grenzen)

(Human Rights Watch)

(amnesty international)

(International Crisis Group)

(TRANSPARENCY INTERNATIONAL)

(arbeitsgruppe schweiz-kolumbien)

(Blick ins Archiv DER SPIEGEL ...)

(... und von ALJAZEERA)

 

 

 

Wir bekennen, …

…wir können gewissen Nebeneffekten der Gentrifizierung durchaus etwas abgewinnen – machten sie doch aus dem historisch ältesten Stadtteil Bogotás, dem ehemals arg vernachlässigten und herunter gekommenen Zentrum La Candelaria ein hippes Viertel, in dem kräftig renoviert wurde und noch wird und in dem die Dichte an Szenekneipen, Off-Theatern, In- (und auch weniger „In“) Cafés enorm hoch ist.

Zwar wird aus diesem im “typisch kolonialen“ Schachbrettmuster angelegten, weitgehend nur zweistöckig bebautem barrio in bester Hanglage so rasch kein Prenzl’berg, doch Ähnlichkeiten mit den Entwicklungen in Friedrichshain und KreuzKölln sind nicht von der Hand zu weisen. Allerdings finden sich noch reichlich einfache, auch für Studenten gut bezahlbare Wohnungen, schlichte Bars, günstige Fresskneipen und Tante Emma Läden, die frisches Gemüse nur knapp über dem Supermarktpreis anbieten.

Eine Vielzahl der Hochschulen liegt in fußläufiger Entfernung, und so dominieren StudentInnen (und Alteingesessene - Betonung auf „alt“) spätestens nach Seminarschluss, sprich am frühen Abend, das Viertel. Touristen halten sich trotz der vielen Backpacker, Hostals und einfachen Pensionen in erträglichen Mengen – und teilen sich oft mit Studenten die Gemeinschaftsküche in der Unterkunft.

All das hält „die Wohlhabenden aus dem Norden“ nicht ab, sich hier zum Kaffee, zum Dinieren, zum Theaterbesuch oder gleich zu allem zu treffen.

Von alldem offensichtlich unbeeindruckt gehen „die Einheimischen“ dem nach, dem sie nachzugehen haben. Manchmal sitzen sie auch nur: auf der Türschwelle, dem Fensterbrett, auf Mäuerchen vor der Kirche, Treppenstufen, gestalten oder beobachten das Treiben in ihrem Viertel. Dabei sind sie uns Fremden gegenüber keineswegs zurückhaltend oder gar abweisend: Auf Fragen wird höflich, meist so ausführlich geantwortet, dass mir eine Wiederholung gut tut. Die wird freundlich und meist in verständlichem Sprachtempo gewährt. Unaufgeforderte Hinweise und Erläuterungen zu Begebenheiten oder Gebäuden entfalten unsere gerunzelte Stirn, erfolgen jedoch weiter ab von den „klassischen Sehenswürdigkeiten“. Kontaktaufnahmen wie in Myanmar oder Rajasthan unterbleiben – dazu ist mensch doch zu sehr Columbiano.

Beim Schlendern durchs Wohnviertel stoßen wir nicht nur hin und wieder auf (ehemals) herrschaftliche Stadtvillen, sondern durchaus auch auf Transportmittel, die zu den wenigen noch Katzenkopf gepflasterten Straßen und Gassen passen. Straßenkünstlern und solchen, die es werden wollen begegnen wir zuhauf. Und die bunten Fassaden der überwiegend aus Backstein errichteten Häuser liefern die gewünschte Kulisse fürs Fotoshooting angehender Glitter and Glamour Girls - und Boys ...

Was Wunder, dass wir uns in dieser Gegend, in die uns der Reise- (Ver-)führer mit seiner mainstream Ausrichtung geleitet hat, ausgesprochen wohl fühlen – und noch besser: Wir wohnen fast mittendrin. 

Nun ja die Kehrseite der Gentrifizierung erschließt sich uns (noch) nicht – doch bemerken wir zahlreiche Menschen, die darunter leiden dürften: Offensichtliche Bettelei ist selten; dass einer ärmlich aussehenden Frau mal aus einer Bäckerei oder einem Restaurant eine Tüte gereicht wird, fällt uns verschiedentlich auf. Männer, die Papier und Pappe, Plastikmüll etc. einsammeln, begegnen uns öfter. Youngster, die abhängen, halten sich im Rahmen. Sie wirken nicht aggressiv oder provozierend. Abgerissene Typen sind uns kaum untergekommen. Gut möglich, dass die zahlreichen Überwachungskameras und die sehr starke Präsenz an Sicherheitskräften (von privaten über Polizei bis zu Militär) den Deckel (noch) auf dem Topf halten. Die Einheimischen begegnen ihnen wie den Reichen aus dem Norden: Sie nehmen sie hin …

(Fotos vom Spaziergang durch La Candelaria)

(wiki zu Bogotá)

(Infoseite der Stadtverwaltung)

 

 

 

Raus aus der Stadt …

… aufs Land, wo die Umgebung grüner, die Luft reiner und die Sicht klarer ist - und wo noch immer Menschen wohnen - diejenigen, welche weder die klassische Landflucht noch die vor Gewalt gepackt hat und die noch nicht im Sog der Großstädte (74%) leben. Fast 25% der Kolumbianer oder knapp 8,5 Millionen sind es allein in Bogotá.

Dass dieser Ort im Laufe eines halben Jahrhunderts von einer Kleinstadt zu einer Metropolen gewachsen ist, fällt beim Schlendern durch La Candelaria oder das Historische Zentrum um die Pl. Bolívar  nicht auf; dass die Hauptstadt aus vielen einzelnen Städten besteht, er“fährt“ man mit dem TransMileno  von Las Aguas  zum Portal del Norte: Verwaltungsviertel, aufgemotzter Bankenbereich, leicht heruntergekommene Bloques mit Backsteinhäusern (auch -villen) im altenglischen Stil aus den Dreißigern, hingerotzte Satelliten und, zum Norden hin, schicke Wohnblocks mit viel Grün dazwischen.

Dass die Bewohner der Metropole hingegen aus so ziemlich allen Regionen des Landes stammen, lassen die verschiedenen Gesichtsformen und -farben  vermuten, die uns gerade auch in den von uns bevorzugten Auslaufgebieten begegnen. Zwar finden sich auffallend häufig helle Teints in Anzug oder Kostümchen gekleidet, doch tauchen sie auch in legerer oder gar nachlässiger Garderobe in Cafés oder im Straßenverkauf nicht nur in der „Séptima“ auf. Anders als in Chile bilden "Weiße" jedoch eindeutig eine Minderheit.

Überall leben zahlreiche Bogotanos vom „kleinen Geschäft“ ihrer angebotsmäßig unterschiedlich ausgerichteten Tante Emma Läden, in dem die Kiezbewohner (fast) alles für ihren täglichen Bedarf decken (könnten). Marktlücken zu füllen, fällt den Straßenverkäufern schwer - doch schnurlose Kommunikation ist gefragt; und was Süßes für zwischendurch auch.

Von offensichtlicher Armut nehmen wir in unserem behüteten Schonraum kaum etwas wahr – es gibt sie, in extremem Ausmaß.

(wiki zu Plaza Bolívar)

(Eindrücke aus dem Historischen Zentrum)

(Straßenszenen) 

 

Goldige Zeiten“ erleben wir nicht im unbedingt sehenswerten Museo de Oro, wohl aber eine Wanderung durch die verschiedenen präkolumbianischen Kulturen, ihre Lebens- und Wirtschaftsweisen und ihre gesellschaftlichen Strukturen. Entsprechend eingebettet entfalten die Exponate eine noch größere Wirkung. „Die im Goldmuseum ausliegenden Artefakte legen aber nicht nur Zeugnis von den herausragenden handwerklichen Fähigkeiten der prähispanischen Indiokulturen ab, sie gestatten den Blick in ihre Vorstellungswelt, eine Welt, die in einem engen Bezug zu den natürlichen und übernatürlichen Wesen stand.“  (aus Sebra, S. 110)

(paar eigene Fotos aus dem Goldmuseum) 

(colombia travel zum Goldmuseum)

 

Mit den oft beachtlichen (Un-)Proportionen seiner dargestellten Menschen holt uns Botero wieder auf den Boden der (zumindest seiner) Wirklichkeit zurück. Beim Malbec im Café des Museums lassen sich dann abgeschirmt von lästigen Einflüssen zumindest einige Eindrücke in verständliche Worte fassen.

(einige Ablichtungen dazu)

 

 

 

 

 

 

Apropos

… aufs Land. Dort sind wir tatsächlich gelandet – nach einer guten Stunde Busfahrt vom Portal del Norte durch ein weites Hochtal (2.600 m üNN), welches von bewaldeten Dreitausenderketten flankiert wird. Mitten aus saftig grünen Weideflächen blenden weitläufig angelegte Gewächshäuser, denen das für die Hauptstadt gedachte junge Gemüse entspringt.

In Zipaquirá, einem Provinzstädtchen (Betonung auf Provinz) des Departamento Cundinamarca  begegnen wir einmal mehr der „typisch kolonialen“  spanischen Stadtstruktur: Um die zentrale Plaza gruppieren sich repräsentativ(e) Gebäude, von der Catedral San Antonio über Bischofs- und Stadtpalast bis zu einigen vornehmen Bürgerhäusern, weiß getüncht mit lang gestreckten Holzbalkonen. Treffen sich auf der Plaza de los Comuneros  überwiegend Familien und in die Jahre gekommene Arrivierte (oder auch noch nicht ganz so …) zum Schwatz und Gesehenwerden im Stehen, so steppt auf der Plaze de La Independencia  mit zunehmendem Abend fortlaufend der Bär in Gestalt Jugendlicher und jung Gebliebener. Die meist einstöckigen schmucken Häuser beherbergen außer einem Schnapsladen ausschließlich Bars, Cafés, Restaurants – gewohnt wird woanders … Hier muss am besten häufiger aufkreuzen, wer als „gesehen worden“ gelten will..

(wiki zu Zipaquira)

(Fotos von der Stadt)

Außerhalb „des Herzens der Altstadt“ setzt sich das Schachbrettmuster der Straßen mit wenig markanter Bebauung fort und franst zu den Rändern in Gewerbegebiete aus.

Zipa war für die Muisca das Zentrum der Salzgewinnung …“ (Sebra, s.150), hat also bereits zu vorhispanischen Zeiten für Wohlstand (und Neid) gesorgt, spielte danach der spanischen Krone Gold in die Schatulle und sorgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts für eine Eisenbahnverbindung nach Bogotá.  

Die Catedral de Sal  unter Tage ist zweifelsohne Hauptattraktion des Ortes und wirkt trotz der mitunter ins leicht kitischige abgleitenden bunten Beleuchtung durchaus imposant.

(Fotos von der Catedral de Sal, Zipa)

Auch im Nachbardorf Nemocón wurde Steinsalz abgebaut, auch hier liegt eine Salzkathedrale unter Tage. Anders jedoch als die in Zipa ist sie nicht „extra in den Berg getrieben“, sondern in einem „ausgesalzten Stollen“ angesiedelt worden, den man nach einem spannenden Rundgang durch einen Teil des aufgelassenen Bergwerks erreicht – unter sachkundiger Führung, versteht sich.

(Fotos von Nemocón)

(interaktive Karte von Cundinamarca)

(Kartenüberblick zum ersten Teil unserer Reise)

 

 

 

 

 

 

Unsere Suche nach dem „El Dorado“ …

… endet an dem Ort, an dem die Legende ihren Anfang genommen haben soll: der Laguna de Guatavita. Zwar bekommen wir am Krönungsort des Thronfolgers der Muisca den mit Goldstaub bedeckten nackten Körper des jungen Zipa nicht unter die Augen, doch genießen wir nach dem Anstieg durch den Páramo einen überwältigenden Anblick des „Nabels des Universums“.

Der Legende nach wurde der designierte Häuptling eines der Stämme der Chibcha auf einem Floß in die Mitte des kreisförmigen Sees gerudert, wo er ein Bad nahm, Unzähliges an Goldgeschirr als Opfergaben versenkte und er den Pakt mit den Göttern bekräftigte. Als Beweis für den Wahrheitsgehalt dieser Darstellung wird das Balsa Muisca angeführt, das im Goldmuseum von Bogotá ausgestellte güldene Floß. Mit der Verbreitung der Story zog es reichlich Abenteurer zur Laguna – mit höchst bescheidenem Erfolg.

Selbst im hellen Sonnenlicht hat der auf 3.100m Höhe gelegene, nach innen steil abfallende Krater, Spuren eines gewaltigen Meteoriteneinschlags vor gut 2000 Jahren, mit seinen dicht bewachsenen Hängen etwas Besonderes. Die etwa hundert Meter unterhalb des Randes gelegene Wasserfläche des „Lago de Amor“ schimmert von türkisfarben über Flaschengrün bis Smaragd. Wie mystisch muss jener heilige Ort erst wirken, wenn ihn Nebelschwaden durchziehen. Gut vorstellbar, dass er auf die Bewohner der Umgebung (und nicht nur die) eine starke spirituelle Anziehungskraft ausübt(e). 

(ColombiaTravel zur Lagune)

(mehr zur Legende und ihren Folgen ...)

(Fotos von der Laguna de Guatavita)

 

 

 

In guter Hoffnung …

… (La ESPERANZA) sind wir mit den Befreiern (LIBERTADORES – solche Namen geben sich hierzulande die Busgesellschaften) unter Zuhilfenahme eines kollektiven Minibusses zügig in Rothenburg ohne Tauber eingetroffen. Es kommt uns allerdings alles ein wenig spanisch vor, zumal wir kein Wort Englisch hören …

Als Sommerfrische für wohlhabende Encomenderos  vor knapp 450 Jahren gegründet, präsentiert sich Villa de Leyva heute sowohl von der baulichen Substanz als auch vom Stadtbild her (wäre was für Dich, Siggi) als „wahr gewordenes koloniales Märchen“ (Reise Know How), ohne jedoch Disneylandcharakter zu verströmen.

Weiß getünchte zweistöckige Häuser mit flaschengrün gestrichenen Balkonen, Fensterrahmen, Balustraden und Türen - letztere geben mitunter den Blick frei auf großzügige, reichlich mit Oleander und Bougainvillea bepflanzte Patios – säumen die mit ansehnlichen Feldsteinen grob gepflasterten Straßen und Gassen, in denen so gut wie keine der ansonsten bei Kolumbianerinnen so beliebten High Heels klappern. Und auch die Autofahrer halten Schrittgeschwindigkeit ein, ohne dass ein Gebotsschild dies fordert …

Auch wenn kaum Gebäude zu finden sind, in deren Erdgeschoss kein Café, keine Bar, keine Tienda, kein Restaurant, kein Hostal, kein Andenkenladen, kein Mobilfonoperator angesiedelt ist, das Städtchen lebt, wirklich: In jedem der Häuser wohnen Einheimische, das ganze Jahr über, prägen das Ortsbild und nutzen die „Infrastruktur für Touristen“. Sie bevölkern die Ausschankeinrichtungen bereits lange, bevor sich die ersten kolumbianischen Fremden eingefunden und noch lange nachdem sich die letzten in ihr Domizil zurückgezogen haben. Win-Win also …

Was Wunder, wenn Leben hier unaufgeregt, unhektisch, entspannt abläuft, zumal sich selbst „konkurrierende“ Kneipiers, deren Zapfhähne in unmittelbarer Nachbarschaft liegen, beim Transport der Fässchen in ihre jeweiligen Goldgruben gegenseitig helfen … Selbst das örtliche Rudel streunender Hunde gibt sich ausgesprochen friedlich.

Nach einem „richtigen Kaffee“ am Morgen auf der Plaza bewegen wir uns straßenweise durch die lokale Geschichte. Die Kolonialbauten um den mit 120m Seitenlänge historischen Marktplatz, einem der größten Kolumbiens, verleihen ihm den gebührenden Rahmen – und uns reichlich Fotomotive. In einem der Häuser tagte im Herbst 1812 der Kongress von sieben wichtigen Provinzen Neu Granadas und wählte Camillo Torres  zu ihrem Präsidenten. Das Städtchen kann auch noch mit weiteren Nationalhelden aus der Unabhängigkeitsbewegung aufwarten: Antonio Nariño und Antonio Ricaurte.

Wir lassen einstweilen die Historie ruhen und frönen dem frisch Gezapften aus einer der o.e. Goldgruben am Platz, Manfred hat seine "Dorfkneipe" getauft ...  

(Info von Colombia Travel zu Villa de Leyva)

(Info Local Homepage)

(Fotos vom Spaziergang durch Villa de Leyva)

 

 

 

Villa de Leyva liegt in einem ausladenden Talkessel auf gut 2.100m Höhe. Die Sohle ist allerdings alles andere als eben, wie wir während unserer Rundtour per Rad erstrampeln dürfen. Und weil zu radelnden Höhendifferenzen um gut 150m in diesen Lagen nicht zu unserem Standardrepertoire gehören, freuen uns noch so geringe Anlässe, die Drahtesel in die Ecke zu stellen und zu verschnaufen.

In der Casa Terracota z.B., die ein sympathisch verrückter Architekt im Adobestil unter Einfluss von Gaudí, Hundertwasser und AKS aus dem Westerwald erbaut und gestaltet hat, lässt sich ein wohlwollendes Schmunzeln nicht vermeiden.

Beim Alto de Las Cometas müssen wir auf einen kometenhaften Aufstieg verzichten. Nach der Quälerei bringen die eher an Baggerseen erinnernden Pozos Azul zwar Farbe ins Spiel, doch mehr auch nicht.

Bergab läuft’s dafür um so besser – bis zum Fundort eines gut 120 Mio. Jahren alten Skeletts eines Meeressauriers (Kronosaurus), dem noch paar Ammoniten in den Präsentationsraum El Fósil  gegeben sind.

Mit ein wenig Phantasie finden wir die vom Volksmund so getaufte „Plaza de Monika Lewinski“ (sic!), einem gut 1.500 Jahre alten Ritualort, der die (männliche) Fruchtbarkeit bezeugen sollte – und, als „El Infiernito“, ein Himmelsobservatorium beherbergt, an dem nach Schattenfall und seiner Länge von eingelassenen Säulen der geeignete Zeitpunkt zur Aussaat bestimmt worden sein soll.

Für die Rücktour nehmen wir einen unbefestigten Weg, der uns ohne Katzenbuckel nach Villa zum verdienten Bier an der Plaza führt.

(Fotos von der Radtour) 

Zum Dominikanerkloster Convento del Santo Ecce Homo lassen wir fahren – übertrainiert sein soll sich kontraproduktiv auswirken (auf alles) …   

(Fotos vom Dominikanerkloster)

 

 

 

Zwei Welten, …

… getrennt durch einen Bach, begegnen uns in dem Töpfer- und Kunsthandwerkerdorf Ráquira, etwa 25 km südwestlich von Villa de Leyva. Hie der Ort mit seinen bunt gestrichenen Fassaden, hinter denen es, einmal mehr, Cafés, Restaurants, Bars, Tiendas – und – Läden gibt mit der Grundfläche von Supermärkten, in denen Töpferwaren aller Art, Webarbeiten, Hängematten, geflochtene Körbe und alle möglichen Souvenirs zum Weglaufen angeboten werden; dort, über eine Brücke, in der Mehrzweckhalle der Sonntagsmarkt, in dem die überwiegend indigene Landbevölkerung all das verkauft, was Boden, Sträucher und Bäume hergeben: frische Kartoffeln, Zwiebeln, dicke Salatköpfe, Erdbeeren, Brombeeren, Mangos, Papayas, Orangen …

Hie, wo fast jedes Haus ein Andenkenladen ist, stauen sich an Wochenenden die Pkws der Bogotános, wird der Parkraum knapp, strömen Familien mit Kind und Kegel durch die Straßen und stöbern zwischen Irdenwaren und Webtaschen.

Dort sitzen Mann und Frau, Jung und Alt beim Bier, stehen hinter oder vor ihrem zugewiesenen Markt“platz“, bieten ihre Waren feil, feilschen oder lassen feilschen. Fremde mit heller Hautfarbe sind ausgesprochen selten …

(hie Fotos vom Töpferdorf)

(dort welche vom Sonntagsmarkt)

 

 

 

 

 

Der Weg ist das Ziel, …

… legen wir kurzerhand fest, nachdem uns trotz intensiven Verhandelns am Eingang zum Nationalpark Santuario de Iguaque noch immer fast zwanzig Euro Eintritt abgeknöpft werden sollen. Nach einer ausgiebigen Rast schütteln wir den Staub von den Füßen und steigen bis zur Bushaltestelle ab.

So verbringen wir einen ruhigen Nachmittag mit Villa de Leyva ganz für uns: keine Lichterfesttouristen mehr im Ort, das Bänkchen neben der Dorfkneipe frei, die Stufen zur Plaza auch. Was wir versäumt haben? Schaut’s Euch an!

 

 

 

 

 

 

 

 

Uff der Banke …

… neben der Dorfkneipe beginnt mit einem Plausch zwischen einem deutschen „Missionar“ – er bemüht sich mit angenehmem Geschick, möglichst viele Reisende für/zu Kolumbien zu bekehren – ein höchst spannender und unterhaltsamer Nachmittag: Zwei reisende Pärchen aus der Ü 60 Liga (im allerbesten Alter also) werden von seiner Frau und ihm zum Kaffee auf deren Finca eingeladen.

Das Anwesen ist herrlich gelegen. Mit viel Geschmack und Fingerspitzengefühl wurde das Gelände in Hanglage gestaltet und birgt einen gewachsenen botanischen Garten, der einen Querschnitt nicht nur durch die andine Flora bietet (Grünkohl wächst auch hier – das ganze Jahr über, wie alles).

Die Finca entpuppt sich als prächtiges, mit viel Herz und ebenso viel Verstand liebevoll konzipiertes und eingerichtetes Ensemble, für das wir glatt unsere Dachgeschosswohnung verlassen würden, zumindest zeitweise.

Vor, während und nach dem „schnellen Apfelkuchen“ des Hausherrn gibt’s nicht nur die Einführung „Kolumbien für Anfänger“, sondern gleich die ersten Module für Fortgeschrittene mit dichten Hintergrundinformationen aus profunder Quelle und Ergänzendem aus dem Nähkästchen, zu dem ein gleichfalls im Ort lebender deutscher Freund unserer Gastgeber gar Einiges beizusteuern weiß. Details dazu in Berlin, bei einem guten Wein (wenn einer ausreicht …).

Auf die Fahrkünste so mancher Einheimischer abhebend, bedauern die Migranten, dass es hierzulande nicht üblich ist, den Jugendlichen zum 18. Geburtstag den Führerschein zu schenken. Stattdessen würde so mancher jungen Maid zu einem durch Silikon optimierten Busen verholfen – was unsere bisherige Annahme, es handele sich um endemische Ausprägungen, Lügen straft. Doch leuchtet nunmehr ein, warum von dem, was aufzupeppen kostspielig ist, jede Menge offengelegt wird. Ein Porsche nur für die Garage ist schließlich auch öde …

Euch Dreien an dieser Stelle nochmals ganz herzlichen Dank für die Gastfreundschaft und das (mit-) geteilte Wissen!

 

 

Zum Beten reicht’s“ …

… warnen uns die Jungs aus dem „La Roca“, viel mehr gebe Chiquinquirá  nicht her. Nach dem Versprechen in die Hand, ja nicht die Smaragdminen um Otanche oder Muzo aufzusuchen - die beiden führen arge Bedenken ob unserer Sicherheit an - entlassen sie uns zum Busbahnhof.

Wir fahren einmal mehr durch eine Mischung aus Voralpenland und Schäbischer Alb, sehen vor allem Holsteiner auf den Weideflächen der Hochebenen und eher klein parzellierte Fincas.

Bereits beim ersten Gang durch die Fußgängerzone zur Basilika der Señora del Rosario  und ein wenig weiter, können wir nicht anders: Wir müssen den Jungs Recht geben.

Nach dem zum Schmuckstück herausgeputzten Villa de Leyva fallen die hiesigen leicht vernachlässigten Fassaden und das wenig geschlossen wirkende Stadtbild deutlich auf. Und weil es auch ansonsten an Attraktivem fehlt, werden wir, vergnügungssüchtig wie wir nun mal sind, nach einer Nacht im Wallfahrtsort über San Gil nach Barichara weiter reisen, einer Empfehlung von Uli und Carmenza folgend.

(paar schöne Seiten)

 

 

Ruheplatz“ …

... lautet die deutsche Übersetzung unseres derzeitigen Wohlfühlortes aus der Chipchasprache und trifft genau – spätestens ab dem späten Nachmittag, wenn die letzten kolumbianischen Butterfahrer eines der schönsten Kolonialdörfer (so die Eigenwerbung) wieder verlassen haben.

Nachdem wir uns aus dem eher nichtssagend bis tristen Chiquinquirá durch einige Vegetationszonen abwärts geschraubt (den Weideflächen auf der höchst unebenen Hochebene folgen kleine Bananenplantagen, weite Zuckerrohrfelder in Hanglage, erste tropische Früchte; eine „Etage tiefer“ gedeiht Hochlandkaffee unter Schattenbäumen) und einige ganz nett anmutende Städtchen hinter uns gelassen haben, empfängt uns Barichara  in mittlerer Festtagsstimmung: Im Parque Central sind sämtliche Bänke besetzt, überall stehen die Leut’ in Grüppchen und erzählen, fleißige Handwerker tünchen die Hauswände und/oder streichen Fenster- und Türrahmen flaschengrün.

In unserer Unterkunft  fühlen wir uns sofort wie zu Hause – nicht nur die kleinen Dinge stimmen. Vom Blick über die Dächer auf die Kathedrale (es ist zwar nur eine Kirche, doch ob der geringen Einwohnerzahl erschlägt das mächtige Glaubensgetüm – olle, nicht nur katholische, Taktik: selber groß tun, um andere klein zu machen …) angelockt, schlendern wir durch den Ort.

Schnurgerade verlaufen die Sträßchen hügelauf- und hügelabwärts im Schachbrettmuster. An der Nordwestecke endet die Bebauung: Die Hochebene bricht jäh an einer Kante zum gut 400m tiefer gelegenen Tal des Rio Suárez ab.

Auch wenn wir uns vorkommen wie in einem Exposé von „Unser Dorf soll schöner werden“ – das Ensemble wirkt gewachsen, in sich geschlossen, stringent gepflegt, und hat doch nichts Aufgesetztes, Gekünsteltes, Maniriertes; nett herausgeputzt ja, doch weit weg von manch getuntem Winzerdorf an der Mosel; Weinfeststimmung für Niederländer/Briten oder gar Drosselgassatmosphäre kommen hier nicht auf. Da wären die Einheimischen vor, die in Ruhe ihren eigenen (Alltags-)Stiefel leben und zurückhaltend, doch freundlich und ausgesprochen hilfsbereit (geblieben) sind.

(erste Fotoeindrücke vom Ort)

(Infos zum Departamento Santander)

 

 

Den Königsweg zu finden …

… fällt zumindest Politikern zumeist extrem schwer – uns nicht: bergauf zu Sta. Barbara, an der Abbruchkante entlang zu Simon Bolivar und schon stehen wir vor den wiederaufbereiteten Reminiszenzen prähispanischer Kulturschaffender. Die ersten Wege in den Ostkodillieren waren nach Sebra zunächst „traditionell spirituelle Routen, die zu den heiligen Lagunen …“ geführt haben sollen und später auch als Handelswege genutzt wurden. Pecunia non olet …

… dachten sich auch die Konquistadoren, welche in Kolumbien nicht auf ein erstklassiges Wegesystem wie das der Inkas in Peru stießen, befestigten also die Hauptwege und suchten neue Verbindungen vom Hochland zum Rio Magdalena, um ihre wie auch immer erworbenen Reichtümer rasch und (relativ) sicher außer Landes zu schaffen. Entlang der Caminos Reales  gründeten spanische Hauptleute die ersten Städte.

Weniger aus historischem Interesse oder menschenfreundlichen Motiven ließ Geo von Lengerke im 19. Jahrhundert Teilstücke des Königsweges mit unbehauenen Steinen befestigen – auch er legte Wert auf eine intakte Infrastruktur, um als Hut- und Tabakhändler großen Stils (Chinarinde soll später in die Angebotspalette aufgenommen worden sein) zu arrivieren – und erreichte damit die Anbindung des Departamentos Santander an das internationale Handelsnetz.

Ob aus Gründen der Denkmalpflege oder als Touristenattraktion, im Auftrag des nationalen Instituts für Straßenpflege wurde der Abschnitt zwischen Barichara und Guane  jüngst in Stand gesetzt ... Nach gut neun Kilometern erreichen wir also auf geschichtsträchtigen  Feldsteinen das einstige Zentrum des Indianerstammes gleichen Namens. „Sie waren Meister in der Kolorierung der wertvollen Baumwollmantas und der Töpferkunst. Diese Produkte bildeten den regen Tauschhandel mit den Muisca, die gegen Gold und Silber eingetauscht wurden“ (Sebra, S. 202). Innerhalb von drei (!) Jahren nach Ankunft der Spanier war die indigene Bevölkerung dieser Gegend von 100.000 auf 13.000 (sic!) dezimiert - sie hatte das ... große Pech in einem Land mit größeren, leicht zu fördernden Goldvorkommen zu leben … (ebd.).

Im Örtchen erinnert eine kleine Abteilung im „Heimatmuseum“ an die „Ureinwohner“ …

(Fotos von der Wanderung)

(Info zum Camino de Lenguerke, spanisch)

(... und es gibt mehr zu sehen in Santander ...)

 

 

Auf eher revolutionären Pfaden

… wandelten die Protagonisten des „Monuments der santanderischen Unabhängigkeit“, das einen Hügel im Naturpark von Chicamocha dominiert. Dem Aufstand der Comuneros inmitten einer höchst imposanten Landschaft ein Denkmal zu setzen, zeugt von der Bedeutung, welche die Kolumbianer dem Unabhängigkeitsstreben von der Krone noch heute beimessen. 

Auf unserem Weg zum Themenpark  zwängt sich der Bus durch die engen Gassen von Aratoca, in denen an diesem Sonntag der Carneval Real  so ausgelassen zelebriert wird, dass auf der Rücktour nur noch die alkohol-resistenten Bewohner durch den Ort wandeln.

Die Einblicke in das tief eingeschnittene Tal des Rio Chicamocha sind grandios und die Fahrt mit der Seilbahn über den Schlund des beeindruckenden Cañons lohnen die etwas längere Anreise. Wenn schon nicht Ski fahren in Bormio, dann wenigstens Eiergondeln in Kolumbien …

(Fotos aus Aratoca und aus dem Themenpark)

 

Weitaus weniger spektakulär, doch durchaus beachtlich stürzen die Cascadas Juan Curi  einige Kilometer südlich von San Gil  180m in die Tiefe. Eine Busladung aufgedreht freundlicher kolumbianischer SeniorInnen, die buchstäblich keinerlei Berührungsängste mit Gleichaltrigen aus Europa zeigen, trägt erheblich zu einem gelungenen Ausflug bei ...

(Fotos vom Wasserfall)

 

 

 

 

Wieder voll auf der Höhe

… nach unserem Tiefpunkt geografischen Hintergrunds: Barichara liegt auf gut 1.300m, in Sogamoso  bewegen wir uns auf über 2.500m Höhe. Die zweitgrößte Stadt des Departamentos Boya-ca verdankt ihren Namen der spanischen Verballhornung der Anrede eines Kaziken: Sugamuxi  - in der Sprache der Chibcha „Opfer der Sonne“. An seinem Sitz erschien den Muisca Bochica, ihre höchste Gottheit. Noch heute nennt sich die Stadt im Untertitel  „… del Sol“. Der von den Konquistadoren aus Frust über „entgangene Gold- und Smaragdfreuden“ niedergebrannte Sonnentempel ist als maßstabsgetreue Replik wieder aufgebaut – und strahlt gerade in seinem Innenraum deutlich alles andere aus denn Disneyflair. Keine Sorge, Ihr Lieben, Willi bleibt Agnostiker …

(Fotos vom Templo del Sol)

 

Gleich um die Ecke im Ortsteil Mochacá zieht sich eine Art „Weihnachtsmarkt“ an einem Bach entlang – neben spärlichen christlichen Symbolen zieren klassische prähispanische Motive und Götterbilder als abendliche Beleuchtung das Ensemble. Und auch auf dem zentralen Platz verehren in Bronze gegossene Ureinwohner unmittelbar vor der Kirche die Sonne als Erhalter des Lebens … Kathedrale wie Kapellen erstrahlen keineswegs in dem Lichterglanz, in welchen Sakralbauten in Villa de Leyva oder Barichara getaucht sind – kommunale Sparsamkeit oder mentale Distanz?

(Fotos aus der Stadt …)

 

Auch nach einigen Tagen am Ort werden wir den Eindruck nicht los, dass dieses Handels- und Industriestädtchen und seine Einwohner nicht gerade mit Reichtümern gesegnet sind. Bis auf ganz wenige Ausnahmen schmücken Billigwaren die Auslagen und selbst in der Fußgängerzone sind kaum „Markenläden“ vertreten. Die „minutos“ werden für 100 Pesos verschleudert und den „tinto“ gibt’s auf der Straße für 250. Himmel und Menschen treffen sich auf der Plaza, doch steht kein Bier neben einer der Bänke – an den etwas kühleren Temperaturen allein wird es nicht liegen … 

(… und von Menschen am Platz)

 

Diese ereilen uns am „Meer von Boyaca“, dem einstigen Erholungsort der Götter. Heute genießen Hochzeitler und gewöhnliche lokale Touristen vor allem den weißen Sandstrand der Playa Blanca  am Lago de Tota. Kälteunempfindliche baden in dem grünen Wasser - wir begnügen uns mit einem langen Blick über den weiten See und einem kühlen Bier am Ufer, rufen dazu Erinnerungen an wohl temperierte Momente in der Karibik auf – erinnert Ihr Euch noch an Tobago, Angela und Siggi?

(Fotos vom Lago de Tota)

(Colombia Travel zum Lago de Tota)

 

So fruchtbar und gut bewässert das Land in der Hochebene um Sogamoso auch scheint, es wird fast ausnahmslos als Viehweide genutzt. Erst die Ufer des Sees auf gut 3.000m Höhe sind gesäumt von Zwiebelfeldern, Erbsenbeeten und Kartoffeläckern. Den Menschen, die sich von dem ernähren, was der Boden hergibt, sieht man die schwere Arbeit und das harte Leben deutlich an, auch wenn sie sich in Aquitania  beim Schauspiel unter freiem Himmel durchaus amüsieren können …

(Menschen in Aquitania)

 

Ein wenig verhalten amüsieren sich auch die leicht betagten Einwohner (Ü 65) des reizenden Kolonialdorfes Monguí, die sich auf der Plaza vor der (mal wieder) überdimensionierten Basilika versammeln, um ihre von der Gemeindeverwaltung gesponserten Weihnachtsgeschenke entgegenzunehmen. Geduldig hören sie sich das Verlesen der Namensliste an, horchen auf, ob ihr Ortsteil an der Reihe ist und setzen ihren Schwatz fort, wenn das Christkind noch ein wenig auf sich warten lässt.

(Warten aufs Christkind)

 

Wir, die einzigen nicht kolumbianischen Fremden auf weiter Flur, scheinen nicht weiter zu stören. Man nimmt uns wahr, grüßt freundlich und geht seiner Wege - bis uns der Tourismusbeauftragte der Kommune unter seine Fittiche nimmt und uns durch die Straßen führt. Die sind ebenso wie die Gehwege mit Ziegelsteinen gepflastert, welche bis vor einigen Jahren noch im Ort selbst gebrannt wurden. Eine "große Fabrik" in Sogamoso hat die Produktion übernommen. Die großzügig angelegte Plaza wirkt mit ihren zweistöckigen, weißgetünchten Häusern angenehm geschlossen. Keine Bank hat sich hier mit einer Bausünde verewigt. Die roten Ziegeldächer und die grün gestrichenen Türen und Fensterläden setzen sich auch in den Seitenstraßen fort. Kleine Holzschnitzereien, Andenken- und Töpferlädchen zeugen neben den zahlreichen Cafés und Restaurants für einen er- wie einträglichen lokalen Tourismus. Eine "wichtige Einkommensquelle" seien die zahlreichen Werkstätten, in denen vom Fußball bis zum Rugbyei viel Ballförmiges produziert wird - und prompt landen wir in einer recht überschaubaren Butze, in denen uns geduldig der Werdegang vom Latexüberzug chinesischer "Importblasen" bis zum fertig genähten (oder auch vulkanisierten) Sportgerät erklärt wird. Bis in die Regionalligen schafften es ihre Produkte, schmunzelt der Chef des Familienbetriebs ...

Mit unserem Guide schlendern wir noch zur Puente Real, Zeugnis der Resteverwertung kirchlichen Baumaterials aus dem frühen achtzehnten Jahrhundert, bevor wir selbständig das Treiben im Dorf erforschen ...

(Eindrücke vom Stadtrundgang)

 

Den sonntäglichen Viehmarkt heben wir uns bis zum Schluss auf. Gegen Mittag haben sich stolze Besitzer von Schafen und Rindviechern nebst ihren Vierbeinern und Kaufinteressenten eingefunden und begutachten die jeweiligen Objekte ihrer Begierde. Die meisten Händler scheinen sich zu kennen, was den Handel nicht unbedingt einfacher gestaltet. Oft ist ein Bier vonnöten, damit das Zwischenangebot besser flutscht, mitunter trägt selbst ein handgefertigtes Joghurteis nicht dazu bei, einer Bauersmaid ihren Hammel für "einen guten Preis" abzuschwatzen. Am frühen Nachmittag bescheinigen die gefüllten Kneipen um das Areal einen durchaus erfolgreichen Sonntagsmarkt, von dem auch wir uns in Richtung "graue Stadt" verabschieden.

(Fotos vom Viehmarkt)

 

 

Schon wieder nix …

… mit Montserrat: So einladend uns das Wetter am Nachmittag des Heiligabend auch empfing, so aprilhaft ziert es sich am ersten Weihnachtstag. Im katholischen Bayern haben wenigstens die Wirtshäuser spätestens nach dem Feierlichen Hochamt geöffnet, damit man(n) die Anregungen aus der Predigt besser verarbeiten kann; hier bleiben neben den Drogerien und Supermärkten selbst die Vierundzwanzigstundenkaschemmen geschlossen. Außer uns treibt es nur einige Sicherheitskräfte in den Nieselregen (so viel zu Euren relativierten Wünschen bzgl. „Schmuddelwetter“, liebe Sachsen). Erst gegen Mittag öffnet das Café im Centro Cultural  Gabriel García Marquéz und verwöhnt uns nebst manch anderen Touristen und einheimischen Connaisseuren mit einem „richtigen Espresso“. Der Hausberg bleibt wie so mancher übrig gebliebene Heiligabendfeierer ein wenig be-/vernebelt.

Der Regen bringt auch die Verlierer der Gentrifizierung deutlicher zum Vorschein: Unter all den Erkern, Balkonen, vorspringenden Dächern suchen sie ein wenig Schutz – und es sind ihrer viele, die nun in den spärlich bevölkerten Straßen auffallen, während sie in der Menschenmenge sonniger Alltage untergehen …  

Dem am zweiten Weihnachtstag Dienst gehabt habenden Wettergott sei hiermit digitale Abbitte geleistet ...

 

Vier Wochen Höhentraining …

… reichen dicke – schließlich wollen wir keine persönlichen Bestzeiten einstellen, und unsere Epowerte sollen moderat bleiben.

Auch haben wir mittlerweile genug der Eindrücke an andiner Voralpenlandschaft, hübsch herausgeputzten „typischen Kolonialdörfern“ sowie mitteleuropäischen Einflüssen gesammelt. Der fließende Übergang von Europa zu „nicht mehr ganz so viel Europa“ erleichterte uns das Eingewöhnen, doch darf es ab nun um die ein oder andere Prise exotischer werden …

Waren wir im vergangenen Jahr auf Anhieb von den Birmesen mit ihrer sehr offenen Art, ihrer unbedarften Neugier und ihrer Herzlichkeit angetan, so tun wir uns ein wenig schwer, zu den zwar freundlichen, doch ziemlich zurückgenommenen und offensichtlich nicht so sehr an „Außenkontakten“ interessierten Einheimischen dieser Region den rechten Zugang zu finden.

Doch sind wir ja noch eine Weile im Lande – und in anderen Landstrichen …

(Kartenüberblick zum ersten Teil unserer Reise)

 

 

Paradies geht anders, …

… doch     1. sind wir dazu möglicherweise (noch) nicht reif genug

                2. wollten wir schon immer mal hin, wo was los ist –

und dort sind wir nach einem guten Morgenkaffee bei der örtlichen OMA in der 19. und einem unspektakulären Flug über den weitgehend mit Wolken zugedeckten Dschungel der Departamentos Caqueta und Amazonas sanft gelandet – im Regen, nach dem zweiten Anflugversuch (Miami lässt grüßen, Angela) …

Das nach dem ersten (abendlichen) Eindruck Allerweltsgrenzbums Leticia entpuppt sich nach einer Nacht, in welcher eimerweise Niederschläge fürs satte Grün nicht nur in den Vorgärten sorgen, als ausgesprochen quirliges Hauptstädtchen am äußersten Zipfel des „Trapecio Amazonico“ im kolumbianischen Amazonasgebiet, in dem das Leben deutlich früher beginnt als in Bogotá. Und mit den Hühnern gehen die Menschen hier in diesem Urwaldort auch nicht gerade schlafen – die Moskitos werden um diese Zeit erst richtig wach ...

Im Grenzort des Dreiländerecks reihen sich auch in den Nebenstraßen Restaurants neben Bars, unterbrochen von Tante Emma Läden, in denen es ebenso wie in den benachbarten Supermärkten nichts gibt, was es nicht gibt; na gut, Schlittschuhe dürfte mensch hier vergebens suchen – so oft friert der Amazonas nicht zu. Was in den Geschäften nicht zu finden ist, lässt sich im Marktbereich hinter der Reihe aus Obstständen, an denen auch Holzkohle verkauft wird (kommt schließlich auch von Bäumen), aufstöbern.

Ruhestätten, an denen alles herrscht, außer Ruhe, verschaffen uns mehr oder minder besinnliche Minuten bei dem ein oder anderen Bier – der Kaffee ist hier ebenso wenig zu genießen wie sein Bruder Tinto in den Panaderias der Hauptstadt, und seine Farbvariationen entsprechen denen der Gesichter, denen wir begegnen: Auf dieser Insel im Nirgendwo des Regenwaldes sind jede Menge Menschen aus allen Ecken Kolumbiens, Perus und Brasiliens gelandet und viele andere von noch weiter her gestrandet.

Also begegnet man uns mit der entsprechenden Selbstverständlichkeit: unaufdringlich, freundlich, hilfsbereit, wenn wir nach dem Weg oder sonst was fragen. Niemand kümmert sich besonders um den Anderen, es sei denn, er wird gezielt angesprochen – leben und leben lassen lautet einmal mehr die Devise. Und weil hier die Freizügigkeit des Grenzübertritts praktiziert werden muss, weil Kontrollen im unüber-sichtlichen Uferbereich eh nicht praktikabel wären, läuft auch das formale Leben deutlich lockerer ab.

Gefahr, so empfinden wir, geht im Alltagsleben allenfalls vom Straßenverkehr aus. Lokale Mopeddichte und unorthodoxe Fahrweise ähneln der Situation in Hanoi vor knapp zehn Jahren – und auch die haben wir unbeschadet überstanden …

Was uns im Dschungel auflauert, werden wir morgen erfahren – schließlich suchen wir ein wenig Abenteuer ...

(ColombiaTravel zum Amazonasgebiet)

(erste Eindrücke von Leticia)

 

 

Noch lachen uns Abenteuer

… und Sonne an, als wir uns gut zehn Minuten „landeinwärts“ von „km 11“ aus dem Landrover schälen: Drei deutsche Ladies und ein Tica, welche das Durchschnittsalter unserer Wandergruppe auf „Rente schier aussichtslos“ senken, erfahren mit uns bereits auf den ersten Metern, warum Gummistiefel die einzig probate Fußbekleidung für die bevorstehende Unternehmung sind - Stelzen wären u.U. eine mögliche Alternative.

Ganz ungestelzt brieft uns Cristóbal  behutsam, nicht im allgemein üblichen Maschinengewehrspanisch – und wir finden in Kiefah  einen perfekten Übersetzer, der selbst humoristische Einlagen hervorragend herüber bringt. Unser „local guide“, ein Yucuna, legt uns die Welt in der Sichtweise der „Indígenas“ dar, die stammes- und volksübergreifend Gültigkeit habe, was „madre terra“ ebenso wie die Unterwelt und die ebenso jenseitige Welt „über uns“ – weit entfernt vom christlichen Himmelsbild – betrifft.

(Unser) Wirkliches Leben ereilt uns bereits nach den ersten Metern in rutschigen Schlammlöchern, für die zumindest der Regen der vergangenen Nacht verantwortlich zeichnet. Glücklich, wer dichte Stiefel an beiden Füßen weiß, oder, Rebecca? Vermutlich ohne besonders geschult (worden) zu sein, betrachtet unser Pfadfinder die Welt wie sie ist – ganzheitlich … So erschöpft sich die „Funktion“ (westliche Sichtweise) einer dem Kakao verwandten Pflanze keineswegs darin, das Grundprodukt der hiesigen „chocolata“ zu sein – sie beglückt auch den Geschmack der Götter …

Spätestens am nächsten Wassergraben (Ihr Seekirch’ner habt die Tour vor der Regenzeit unternommen, Ihr Glücklichen) wünschen wir uns die göttliche Fähigkeit zu schweben – zum Glück wippt der Baumstamm mit „Brückenfunktion“ nicht nach, haben unsere Botten ein rutschfestes Profil und stehen die (für uns Touris) ins Bachbett eingerammten Stecken allenfalls zwei frei schwebend zu absolvierende Querschritte entfernt auseinander – gerade richtig zum Eingewöhnen …

Neben den Untiefen, denen unsere „rubber boots“ gerade noch gewachsen sind, gibt es Stellen, an denen uns das Wasser so hoch am Körper steht, dass sich „Barsch“ darauf reimt. Doch wir haben ja nach gut vier Wochen Voralpenland das Abenteuer gesucht – und das ist hier nun nicht mal staubtrocken … (Grüße an den Riesling aus dem Calmont).

Nach schweißtreibenden Passagen – mal wippt der Baumstamm doch über dem Rinnsal, welches breit ist wie die Drosselgass, dafür (fast) so tief wie der Laacher See, mal stehen die „stakes“ paar Handbreit zu weit auseinander, mal fehlen Fingerlängen bis zur ausgestreckten Hand – ertapern wir schließlich eine Maloca der Yucuna.

Die Hüterin des „Hauses“, eine Huitoto, empfängt uns freundlich, ihr Nachwuchs auch – alles völlig unaufgeregt, selbstverständlich. Es gab bereits hinreichend „Fremde“ vor uns und es gehört zur Tradition der hier ansässigen Indígenas, allen Besuchern ein Dach über dem Kopf anzubieten, auch wenn es noch nicht ganz fertig ist. Der Rundbau, welcher bereits als „Rohbau“ als Gemeinschaftshaus dient, beeindruckt ob Größe und Bauweise: Hier halten allenfalls Zinken und Knoten, jedoch keine Zapfen oder Holznägel die Konstruktion zusammen – erdbebensicher. Einzig Termiten und/oder der Zahn der Zeit nagen erfolgreich am „Großen Haus“ …

Just als die Hausherrin uns erklärt, dass für (menschliche) Fruchtbarkeit die Männer zuständig seien und uns „unterstützende Mittel“ vorführt, kehrt ihr Angetrauter, ein Yucuna, zurück, nimmt auf seinem Kazikenschemel Platz und bietet uns einen Löffel Mambe an – jene Mischung aus Kokablättern und alkaloidhaltiger Tabakasche, die den Kontakt zu den Geistern herstellen soll. Seinem und dem Konsum Cristóbals nach zu urteilen, muss der Kontakt hervorragend werden …

Das „einzige Problem“, welches das Zusammenleben mit (s)einer Frau aus einem anderen Stamm birgt: Beide können sich nicht in ihrer Muttersprache unterhalten, sondern auf Spanisch. Entsprechend wachsen ihre vier Kinder dreisprachig auf. Anders als in Peru sprechen hier auch "die Alten" das Idiom der Eroberer …

Nachdem wer auch immer eimerweise Wasser vom Himmel geschüttet hat, setzen wir unsere Schlammtour im starken Niesel fort. Wären die Fotoapparate nicht, wir würden so manche Flut lieber durchschwimmen als sie auf nun rutschigen Stämmen zu überqueren.

Nach knapp zwei weiteren Stunden erreichen wir pitschenass eine etwas größere Siedlung der Huitoto und trocknen uns in deren achteckiger Maloca. Ein wenig Ruhe und ein kräftiges Mahl tun ausgesprochen gut. Vorher wird uns Tupperware mit Kontaktstaub angeboten – wir lehnen dankend ab.

Leicht regeneriert verfolgen wir die Zubereitung der Mambe. Ein in sich ruhender, stark bewusstseinseweiterter Bewohner mörsert das grüne Gemisch und kostet immer mal wieder davon. Später, im Kreis zweier Alter, einer ist der „abuelo de los abuelos“, der weithin anerkannte Oberchef, wird es als ausgezeichnet befunden. Gute Qualität sei wichtig für guten Kontakt zu den Geistern. Meditationsfördernd und der Wahrheitsfindung dienlich seien auch Ambil, eine schwarze, bittere Tabakpaste und Rape, ein dem Schnupftabak ähnlicher Staub, der, von einem Mitgenießer durch ein Röhrchen in die Nase gepustet, für frischen Wind im Hirn sorgt.

Uns wird defätistisch klar, dass die Menschen, die derart einfach leben, auch wenn das Mobiltelefon in ihrem Beutel häufig klingelt oder eine Chipstüte den Weg ins Große Haus gefunden hat, einfach ständiger Dröhnung bedürfen, um ihrem Alltag etwas abgewinnen zu können – genau, politisch unkorrekte und überhebliche westliche Sichtweise.

Richtige Töpfe, gemütliche Hocker, trockene Sachen wohl sortiert im Kleiderschrank, ein weiches Bett nur für uns und ein gekühltes Bier finden wir nach weiteren anderthalb Stunden Schlammschlacht im abgasreichen, lärmigen, fast schrillen Leticia – und genieeeeßßen ... mit unserer Art von Dröhnung, die gegen Malaria und Diarrhö angezeigt ist und auch die (bösen) Geister fern hält.

(Fotos vom Tagesausflug zu den Malocas

(Liste südamerikanischer indigener Völker)

 

 

Amazonien ohne Regen…

… sei nicht Amazonien, zumindest nicht jetzt um diese (Regen-) Zeit, hat uns „George of the Jungle“ gebrieft, dem wir nach unserer Ankunft am Flughafen unabgesprochen in die Arme gelaufen sind und der im vergangenen Jahr die Seekirch’ner durchs Dickicht geführt hat.

’Wir werden es erleben’ denken wir uns nach einer arg durchregneten Nacht als wir durch den Uferschlamm in den motorisierten Nachen, die „LUIYJP“, waten, der für die kommenden vier Tage unser Transportmittel sein wird. Mit von der Partie sind zwei junge Chinesen, die in Bogotá arbeiten und sich während des gemeinsamen Dschungelabenteuers rührend um uns Alte bemühen werden.

Alesandro, unser Skipper, bunkert an einer „Tankstelle“ auf der peruanischen Seite bevor er uns zum Landgang in Santa Rosa entlässt: Paar Formalitäten seien zu klären und Gummistiefel in meiner (bescheidenen) Größe aufzutreiben – die letzte Nummer hatten wir schon mal.

Der peruanische Grenzort zieht sich wie ein Straßendorf am Hauptstrom des Amazonas  entlang, besteht vornehmlich aus Kneipen, welche mit Pisco Sour  werben, billigen Unterkünften und Wechselstuben, in denen alles gegen alles getauscht wird. Vielleicht fehlt einfach nur der Sonnenschein, um andere Assoziationen zu wecken als jene, für die B. Traven  nicht nur in seinem „Totenschiff“ die Vorlage liefert; vielleicht ist unser Aussteigergen verkümmert, vielleicht sind wir auch einfach nur zu „westernized“ …

Wir schütteln den Schlamm von den Füßen und schippern eine gute Stunde stromaufwärts, bevor wir nach Westen in einen Kanal biegen, dessen Ufer hohe Bäumen und dichtes Unterholz säumen. Diese „Nebenstraße“ wartet mit Faultieren auf, die (wie der Name bereits andeutet) nicht gerade hyperaktiv im Geäst hängen, mit rostbraun gefiederten Adlern, leicht angeschmuddelten weißen Reihern und Spechten, die sich an noch nicht ganz morschen Stämmen abarbeiten. Nach einer halben Stunde im Schwarzwasser landen wir an den Gestaden vor einer Siedlung der Tikuna.

Gamboa  heißt uns nicht nur an der Eingangstür unseres Domizils willkommen. Dass hier häufig „Weiße“ anlanden, machen die Reaktionen der Kinder deutlich: Die scheren sich einen feuchten Regen um uns und setzen ihren Weg zum Fußballspiel ihrer großen Brüder schnurstracks fort. Unser „Herbergsvater“ hingegen begrüßt uns herzlich mit den Worten, die wir in Kolumbien nicht zum ersten Mal hören „Mein Haus sei Euer Haus“.

(Fotos von der Anfahrt nach Gamboa)

Er führt uns auch durchs Unterholz auf dem gegenüber liegenden Ufer und fällt den Baum, in dem ein Faultier auf die kommende Nacht wartet – damit wir es „besser sehen und fotografieren können“. "Soft Tourism" haben wir uns ein wenig anders vorgestellt, nachhaltig bleibt die Aktion allemal …

Nachdem wir einen weiteren Adler und die Äffchen, auf die er es abgesehen hatte, nachhaltig gestört und den örtlichen Moskitos reichlich frisches Blut geliefert haben, kehren wir zurück in unsere Tienda, welche auch die lokalen Biertrinker (und uns) mit Gekühltem aus der Dose versorgt.

(Fotos vom Ausflug zum anderen Ufer)

Während des Mittagsessens stößt eine Dreiergruppe Engländer zu uns, die sich als alkoholische Selbstversorger outen – sie beziehen das „Loft“ über uns …

Am späten Nachmittag brechen wir mit George zum bird watching auf. Dichtes Blattwerk bedeckt den Kanal, lässt unser Triebwerk oft aufjaulen, bietet Watvögeln eine stabile Grundlage und einer wunderschön rot-schwarz gezeichneten Schlange ein stabiles Ausrollgebiet. Auf dem Rückweg fressen sich Welle und Propeller gleich mehrmals fest. Wohl dem, der eine Machete sein Eigen nennt …

(Fotos von der Ausfahrt)

(... und der Regenzeit ...)

Nach dem Abendessen lassen wir die Hängematten und die Moskitonetze in unserem Schlafraum aufspannen und ahnen, dass wir in einer Kneipe „ruhen“ werden, knapp fünf Schritt vom Tresen entfernt. Um dem Regen und den Stechmücken zu entgehen, verholen wir uns in die Horizontale und werden Zeugen abendlicher Einkäufe: von Haushaltswaren über Kekse und Zigaretten bis zum Schluck Bier an der Theke. Dazu manch lauter Plausch, ausgedehntes Gelächter und weibliches Gekicher – an uns scheint sich niemand zu stören ...

Gegen 22:00 Uhr macht der Hausherr Klar Schiff und stoppt den Generator. Unsere Engländer funktionieren netzunabhängig und lautstark für eine ganze Weile. Kaum verfallen sie in vernehmliches Schnarchen, öffnen sich die Schleusen des Himmels und wässern durch offene Fensterhöhlen und breite Spalten zwischen den Wandbrettern meinen Schlafplatz. Bevor mir Schwimmhäute wachsen, gewährt mir Barbara in ihrer Hängematte niederschlagsbedingtes Asyl. Ist ja auch ausgesprochen sozial, doch wenig Schlaf fördernd.

Und im verschwitzten Wachzustand, klebrig von der Mischung aus Sonnencreme und vom von den Plagegeistern wenig respektierten Mücken“schutz“, ein Odeur ausströmend, an dem ich mich selbst nicht erkennen könnte, einen kräftigen, heißen Duschstrahl und eine altersgerechte Matratze oder wenigstens ein wenig mehr Raum für mich vermissend, reift die Erkenntnis, dass ich wohl wirklich zu westernized bin. Ob die Schweiz das Richtige wäre, wo mich die Voralpenlandschaft der vergangenen Wochen schon ein wenig angeödet hat? Vielleicht ist es ja auch nur das Alter. Mal sehen, was sich morgen dagegen machen lässt …

 

 

Der Sonnenschein…

… ist es nicht, der uns nach einer tendenziell schlafarmen, doch wenig romantischen Nacht unterm löchrigen Moskitonetz aufheitert; auch nicht das lauwarme Gebräu, welches Out of Rosenheim  unter „brown water“ firmiert und hierzulande als „tinto“ die Geschmacksnerven beleidigt. Die Aussicht auf „an exciting tour across the jungle, pink dolphins and black caimans“ sowie die Hoffnung auf eine etwas weniger primitive Unterkunft, eine mit „richtigem Klo“ (statt Abkackplatz zwischen den Kürbissen) und vielleicht einer Art Dusche lässt uns geduldig auf ein Nachlassen des Tropenregens warten.

Und der lässt nach – nach vielen Stunden. Irgendwann wirken auch die Holzschnittbäume am anderen Ufer im sanften Dunst nicht mehr gar so mystisch. Also ab ins Boot und los in die Wasserpflanzen. Der Propeller, der gestern einen Flügel lassen musste, ist ausgetauscht, die Welle geölt, und ein Paddel für alle Fälle liegt auch bereit.

Wir biegen in einen schmalen, teils vom Unterholz überwucherten Kanal. Die Machete schafft Tunnel wo (noch) keine sind. Mitunter erschließt sich auch eine auf den ersten Blick nicht auszumachende Öffnung, gerade breit genug, um unseren Kahn hindurch zu zwängen – Carpentiers „Explosion in der Kathedrale“ lässt grüßen. An anderen Stellen versperren abgebrochene Äste oder umgestürzte Bäume die Fahrrinne. Guide und Skipper schlagen uns durch die grüne Wand. Hin und wieder müssen wir den Nachen über Untiefen hieven. Die Faultiere sind zu bequem, um sich ernsthaft stören zu lassen, Adler und Macaws  nehmen allerdings Reißaus. Nach gut vier Stunden Camel Trophy  stoßen wir auf einen Zufluss des Yavari  und erreichen wenig später Sacambu, unser „Dorf“ für die verbleibenden  Nächte.

(Fotos aus dem Dickicht)

In unserem Hostal ist nicht nur gekühltes Bier zu erwerben, wir treffen auch auf einen Lokus mit Brille, Klopapier und Wasserspülung sowie auf eine Dusche, deren Strahl Sonnenöl wie Moskitorepellent von der Haut pellt – so werden wir nicht sauber, wir werden rein. Und eine abgetrennte Schlafbuchte mit richtigem Bett und intaktem Fliegennetz gibt’s obendrein. Zum Jahresende stimmen die „Kleinen Dinge“ wieder, bis auf den „Kaffee“ …

(unsere neue Umgebung)

Etwa zu der Zeit, da Ihr Euch „Dinner for One“ anschaut, läuft bei uns der Film „Pink Dolphins“. Recht kompakte, gut zwei Meter lange Pakete atmen dicht neben dem Boot hörbar ein und aus. Sie tauchen zu rasch ab, um sie aufs Foto zu bannen. Ein Stück den Yavari aufwärts ziehen „Grey Dolphins“ ihre Bahn. Diese sind deutlich schlanker als ihre schweinchenrosafarbenen Verwandten.

Für die romantische Phase sorgt ein farbenprächtiger Sonnenuntergang. Die Nacht bricht knapp unter dem Äquator rasch herein; Zeit um nach den Black Caimans  Ausschau zu halten. Da sich die Tiere aus der Urzeit ob des hohen Wasserstandes ins überflutete Unterholz zurückziehen, währt die Suche lange, bevor wir die ersten gelblich schimmernden Augen im Scheinwerferlicht ausmachen. Und die gehören zu Exemplaren, welche die Nummer "ergriffen und vorgeführt" zu werden bereits kennen. Auf dem Rückweg lässt sich dann doch noch ein unerfahrenes „Baby“ herab, von George gefangen zu werden und durch unsere Hände zu wandern, versöhnlicher Sylvesterabend also.

(statt Dinner for One)

Noch versöhnlicher gestaltet er sich auf dem Balkon unseres Anwesens, wo wir auf unsere Wandergruppe von der Malocatour treffen. Erlebnisse und Latein werden ausgetauscht, Erfahrungen eines costaricanischen Palästinensers (Kiefah) verglichen mit denen von Berliner Lehrern mit der gleichen dort ansässigen Bevölkerungsgruppe und schließlich von guten Wünschen zum Neuen Jahr abgelöst.

Tja, und die erste Nacht im Frohen Neuen beschert uns einen ungestörten Schönheitsschlaf.

 

 

Bewusstseinserweitert…

… sieht anders aus: Unser guide ist von wem oder was auch immer komplett zugedröhnt, so dass wir uns der Wandertruppe anschließen, die mit ihrem nüchternen Pfadfinder auf Angeltour fährt. Piranhas  sollen es sein, die sich im ruhigen, braungelben Wasser in Ufernähe aufhalten. Tun sie auch, wie wir an den angeknabberten Ködern und dem einen oder anderen Ruck an der Schnur bemerken. Doch sie beißen nicht an. So verbringen wir einen unaufgeregten Vormittag in den Mangroven.

Am Nachmittag sorgt Francisco, ein local guide, der für George einspringt, für Kurzweil: Wir tuckern mit ihm eine Viertelstunde flussabwärts und brechen vom Steilufer aus durchs Unterholz – zur Freude der peruanischen Moskitos, die von kolumbianischem Antimückenzeugs aber auch gar nichts halten. Nach einer Führung durch die lokale Apotheke mit leicht verständlichen Ausführungen zu den verschiedenen Heilpflanzen und –bäumen stehen wir schließlich an einem Teich, dessen Oberfläche Prachtexemplare der Victoria Regia  bedecken. Eine Duschlänge vor dem nächsten tropischen Regenguss kehrt das, was die Stechmücken von uns übrig gelassen haben, unters schützende Dach zurück.

Die abendlichen Plagegeister stören weniger als die warum auch immer verhängte Biersperre. Was Wunder also, wenn wir beizeiten unser kingsize bed aufsuchen …

(Eindrücke vom Ausflug)

 

 

Unspektakulär…

… verläuft die Rückkehr in die Zivilisation. Nach einem fast schon herzlichen Abschied von unseren Gastgebern bewegen wir uns mit einem ernüchterten guide flussabwärts, verlassen nach einer knappen Stunde den Hauptarm des Yavari, um durch einen schmalen Kanal eine weite Schleife abzukürzen - Erinnerungen an den Spreewald kommen auf; fehlen nur noch die Gurken.

Kurz vor der Mündung in den Amazonas häufen sich zunächst die Sägewerke, von denen einige ob des schwer zu kontrollierenden Einschlagsverbots stillgelegt sind. Später kommen einige kleine Siedlungen hinzu.

Vom Hauptstrom aus werfen wir noch einmal einen Blick auf Santa Rosa, bevor wir in den Nebenarm tuckern, der geradewegs zu den Gestaden vor Leticia führt.

Weder in unserer Eckkneipe am Hafen noch bei unserer Caipiriñadealerin müssen wir nach Tagen der Abwesenheit unsere Getränkewünsche verbalisieren – sie werden uns von den Augen abgelesen.

Und in unserer neuen Bleibe stimmen die kleinen Dinge auch, bis auf den …

(Fotos von der Rückfahrt)

 

 

Nach Brasilien

… kommen wir nie mehr so billig – denken wir uns nach zwei Tagen zivilisatorischen Ambientes in Leticia (welche dicke reichen, um Fernweh zu entwickeln) und heuern ein „motocar“ (so heißen hier die TukTuks), das uns für „zweifuffich“ ganz formlos über die Grenze zum Hafen bringt, der diese Bezeichnung auch verdient.

Tabatinga  wirkt nahe der Kaimauer gewachsener, geschlossener als die kolumbianische Schwesterstadt. Es ist nicht etwa leise hier – brasilianische Weisen dröhnen aller Orten – doch locken sie nicht zur Geschäftseröffnung oder preisen Sonderangebote, sondern geben die entspannte Grundstimmung der Menschen wider. Die tanzen zwar nicht in den Straßen, doch sie wirken so, als könnten sie jeden Augenblick damit loslegen …

Nicht, dass „die Kolumbianer“ nicht zu feiern verstünden – wir haben das Gegenteil oft genug erlebt – doch scheinen sie einen Anlass zu brauchen. Hier, einen Steinwurf weit entfernt, hat der Swing selbst die bunten Sonnenschirme ergriffen, welche die darunter ansässigen Garküchen vorm Himmelsgestirn wie vor Regen schützen.

Den Sonnenuntergang genießen wir mit Blick über den Amazonas, ein großes Bier vor uns auf dem Tisch.

Die Rückfahrt nach Leticia erweist sich als etwas kostspieliger, unterstützt jedoch die örtliche Frauenförderung: Leila und Cecilia knattern uns auf ihren Mopeds locker über die Grenze.

(paar Eindrücke aus Tabatinga)

 

 

 

 

 

Nicht aus Verzweiflung,…

… sondern ganz bewusst lassen wir uns auf eine Deppentour ein, um „einen Tag wie die Bogotános zu verbringen“.

Los geht’s bei bedecktem Himmel.. Das Speedboat stoppt „genau auf dem Grenzpunkt“ des Dreiländerecks, wo wir uns die Einführung ins Amazonasgebiet anhören. Mit full speed landen wir zwanzig Minuten später bei den Victoria Regia, welche hier in gartenpflegerisch betreutem Ambiente vor sich hinblühen.

(noch paar Exemplare)

In Puerto Alegro erwartet uns ein Empfangskomitee, das gezähmte oder Menschen gegenüber gleichgültig eingestellte Vertreter der örtlichen Fauna in den Armen hält: vom Wickelbären über Faultiere, Schildkröten bis hin zum Mohrenkaiman – die Armen … Die zwei Jahre alte und knapp drei Meter lange Anakonda finden wir ein wenig versteckt in einem Planschbecken (nicht hingucken, sondern drüber hinweg lesen, Angela).

(Fotos von der Fauna)

Nach der durchaus lehrreichen kleinen Tierschau düsen wir zum folkloristischen Intermezzo nach Macedonia. Umgeben von Andenkenständen mit (vermutlich) importiertem Schnitzwerk aus Asien liegt eine riesige Tanzfläche unter dem Dach einer rechteckigen (…) Maloca, welche genutzt wird, um für uns – und all die anderen Gäste aus all den anderen Booten – einen der Ritualtänze der Tikuna aufzuführen. So lobenswert es sein mag, die Ureinwohner bei der Verteilung des Touristenkuchens einzubeziehen, in dieser Form hat es schon etwas Verzweifeltes. Ganz anders als die Ausbildung Einheimischer zu Tourguides: Unsere drei (!) Begleiter, Tikuna, machen einen wirklich guten Job.

(paar Eindrücke aus Macedonia)

Nach einer Stippvisite in Puerto Nariño, einem autofreien, sehr aufgeräumten Ort, knapp 80 km von Leticia entfernt, in dem zumindest im öffentlichen Raum Mülltrennung à la Suiza konsequent praktiziert wird, kreisen wir auf dem Lago Tarapoto. Amazonasdelphine sehen wir leider keine. Vom lauten Außenborder pausieren wir zum Mittagessen in einer EcoLodge, köstlich unterhalten von zwei Macaws, die aus ihrem Umgang mit Zweibeinern (und umgekehrt) eine Menge gelernt haben.

Für noch mehr Spaß sorgt eine Horde Totenkopfäffchen  auf der Isla de los Micos. Unbedarft springen die Kletterkünstler von Schulter zu Schulter, sichtlich bemüht bei der Verteilung von Bananen und Keksen ja nicht zu kurz zu kommen. Als die ihnen nicht mehr so recht schmecken, verlassen wir die beschlagnahmte Insel eines festgesetzten Drogenbarons und genießen eine halbe Stunde später in unserer Hafenkneipe legale Rausch-mittel – tut auch ganz gut …

(Affen(un)artiges)

 

 

 

Winter in Bogotá …

… auch ohne Weihnachtsdeko oder Schnee.

Nachdem wir den Regen bis auf ein paar Tropfen auf der Südhalbkugel zurückgelassen haben, hätten wir uns über Temperaturen wie in Leticia wohlig gefreut. Doch von wegen, zurück in der nördlichen Hemisphäre müssen wir nicht einmal das Bier in den Kühlschrank stellen. Höchste Zeit also für trockene Wärme, darf auch ein wenig Hitze dabei sein. Also nix wie weg in die Wüste …

 

 

Per Boot in die Wüste, …

… jedenfalls fast – ist auch in Kolumbien möglich.

Nachdem sich unsere Mediumversion eines Überlandbusses reichlich eine Stunde lang mehr stop als go durch die Hauptstadt quält, bestimmen die Serpentinen bergauf zur letzten Crête der Ostkordillieren  die Reisegeschwindigkeit. Bergab verlassen wir nach Soacha  die Neuauflage der Voralpenlandschaft und tauchen bei Fusagasuga  in die Tropen.

Ab hier heizt unser Coach Captain als gelte es, den vergangenen Tag einzuholen. Im sich nach Süden zu weit öffnenden Tal des Rio Madalena lösen dann Mais-, Reis- und Zuckerrohrfelder die ausgedehnten Viehweiden mehr und mehr ab. 

Als wir in Aipe  unser „Taxi Verde“ verlassen, lacht die Sonne bei Temperaturen kurz vor Wüste. Zwei Motojungs karren uns und die Rucksäcke durchs Dorf zur der Stelle, an der bei Hochwasser das Ufer liegt. Weil wir die drei Monate nicht warten wollen, asten wir mit Gepäck über eine leicht renovierungsbedürftige Fußgängerbrücke, schieben auf einer Weide ein paar Rinder zur Seite und gelangen schließlich ans tagesaktuelle Ufer des Río Magdalena.

Hier warten bereits einheimische Fremde auf „die Fähre“. Angeblich sei der Skipper beim Mittagessen. Als nach gebührendem Warten kein Boot in Sicht kommt, darf ich es mit der Signalpfeife locken – doch ein Kahn ist kein Hund. Zwei Einheimische verraten die Mobilfonnummer, die Bogotános rufen an – und einige Minuten später kommen Nachen und Maschinist in Sicht.

Mit wenig Freibord treiben wir an die Gestade von Villavieja, lassen uns mit den anderen Touristen im Motocar ins Ortszentrum kutschieren und sind von unserer Unterkunft nicht gerade angetan. Klein, drückend, dunkel – na ja, warm haben wollten wir es ja, doch gleich soooo warm …

Villavieja, so klein das Dorf auch sein mag, es lebt – mit Einbruch der Dämmerung. Dann füllen sich die Straßen, setzen sich die Menschen vor die Türen, floriert das Geschäft der Tiendas, sind nach und nach sämtliche Tische vor den Bars, Cafés und Restaurants besetzt. Touristen treffen wir weniger als eine Handvoll.

(unsere dritte Etappe auf der Karte)

 

 

Grün ist die Wüste

… zum großen Teil jedenfalls.

Nach einem schnellen Frühstück „auf die Hand“ im Zentralpark tuckern wir im Motocar von gestern Richtung Tatacoa. Kaum aus dem Ort, finden wir Kakteenhaine mitten in Viehweiden, Galeriewälder säumen die Bachläufe und Erinnerungen an Namibia werden wach.

Noch vor dem Hügel, auf welchem sich das Observatorio de Tatacoa  erhebt, beginnt das eigentliche Trockengebiet aus stark welligem Sediment. Überall durchziehen Risse, Gräben und Kanäle die Landschaft, die sich im frühen Licht der Sonne und in ihrem Schattenspiel von Tiefrot über Ocker bis ins Orange färbt. Der seltene Regen und häufiger Wind haben bizarre Formen in das weiche Erdreich gearbeitet. Mittendrin im Labyrinth leuchtet Grün in allen Tönen und Schattierungen. Obwohl wir in einem ungewöhnlich ariden Gebiet Kolumbiens wandeln, gedeihen hier noch kurz vor Ende der Trockenzeit nicht nur Kakteen.

Ein leichter Flaum aus Gras, den Ziegen und Rinder zu schätzen wissen, liegt über dem Gelände, welches sich hinter El Cuzco  erstreckt. Nach einem Stück Mondlandschaft (La Venta), in der die roten, eisenhaltigen Sedimente in weiß bis hellgraue Staubdünen übergehen, steigen wir in eine der sich windenden, immer tiefer eingeschnittenen, skurrilen Schluchten der Los Hoyos – und stehen schließlich vor einem gefassten Pool, in dem sich unsere Bogotános dann auch heftig amüsieren.

Derart von natürlichen Kulissen verwöhnt, begeben wir uns auf den Rückweg, stärken uns im Städtchen und machen uns auf die Socken nach Neiva, Hauptstadt der Provinz Huila.

(Fotos aus der Tatacoa)

 

 

„Das tief verborgene Land“ …

… wie die spanischen Eroberer das etwas abgelegene Gebiet in den Anden zwischen dem Puracé im Süden, dem Nevado de Huila  im Norden, dem Río Paez  im Osten und den Pàramos  im Westen nannten, muss sich angesichts der dort entdeckten, für Amerika einzigartigen Schachtgräber (hipogeos) nicht mehr verbergen.

Lange vor Ankunft der Konquistadoren in der Tierradentro  meißelte ein bis heute unbekanntes Volk Schächte und Gewölbe ins weiche Tuffgestein, in denen es seine Toten bestattete. Auf kleinen Plateaus der steil aufragenden und mitunter dicht bewachsenen Bergrücken wurden bisher über hundert solcher unterirdischer Sammelgräber entdeckt. Die am besten erhaltenen, von der Architektur und der Ausgestaltung prächtigsten Totenkammern sind zu besichtigen – und faszinieren, so mensch ein wenig Schweiß und Mühen nicht scheut, sich im strahlenden Sonnenschein ein wenig bergan zu quälen.

Gut zwanzig Minuten vom kleinen, mit sehenswerten Exponaten bestückten Museum liegen auf einem künstlichen Plateau des Alto de Segovia die größten, tiefsten und wohl auch schönsten Schachtgräber. Die Kammern sind unterschiedlich gearbeitet und ausgeschmückt. Manche haben Kuppeln und Nischen, in großen stützen ein oder mehrere Säulen die Decke. Einige weisen schlichte Kolorierung, andere kompliziertere Farbzeichnungen auf.

Die Gräber auf dem Alto de Duende  sind einfacher gestaltet, auch scheinen die Malereien recht verwittert. Doch wird Chicha  ausgeschenkt –  von einer einheimischen Familie aus dem Dorf, welche mit Kind und Kegel zum Sonntagsausflug hierher gefunden hat und sich gerne mit uns über Kartoffel- und Kaffeepreise in Deutschland unterhält; beide treiben den Bauersleuten die Tränen in die Augen …

Eine halbe Stunde entfernt hat man in El Tablón  mehrere anthropomorphe Statuen zusammen getragen – Vorboten von San Augustin. Doch das ist eine andere Geschichte und die wird …

(Fotos von den Grabstätten)

 

 

Aguacate …

… nennt sich der Bergrücken, auf den wir am zweiten Tag unter bedecktem Himmel, Petrus sei gepriesen, höhenmetern – im Zickzack, als hätten wir bereits am frühen Morgen einen Schluck zuviel von seinem Namensvetter –rdente genossen. Der Atem raubende, schweißtreibende Anstieg lohnt ob der Ausblicke auf die reizvolle Landschaft mit ihren tiefen satt grünen Tälern, in denen Wolkenfetzen fürs Gespenstische sorgen.

Nach zwei Stunden erreichen wir in über 2.000 m Höhe auf einem künstlichen Plateau der Loma de Aguacate Dutzende kleinerer Kammern, die nicht oder nur spärlich koloriert sind. In einige führen schneckenförmig angelegte Treppen, in andere schlichte Stufen. Sowohl von der Konstruktion als auch von der Ausgestaltung her, sind diese Gräber jedoch weitaus weniger spektakulär als die von El Segovia. Dafür bietet sich vom Grat, auf dem wir weiter wandern, ein herrlicher Blick ins Tal von Inza.

Nach einigen Minuten windet sich der Pfad bergab durch Bananen-, Yuca- und Kaffeefelder zum Alto de San Andrés, auf dessen Plateau deutlich besser erhaltene und mit Malereien verzierte Hipogeos zu besichtigen sind.

Nach gut fünf Stunden lassen wir dem naturnahen, kulturhistorischen Part die profanen Freuden des Alltags folgen. Das kleine Dorf San Andrés de Pisimbalá, überwiegend von Paez  bewohnt, strahlt derart was von Ruhe aus, dass sich die Synapsen entspannen können. Wir helfen ein wenig mit einer Flüssigkeit nach, welche wir phonetisch mit der durchwanderten Landschaft recht frei assoziier(t)en ...

(Fotos von Aguacate)

(Hinweis auf die Namensgeberin ...)

(Fotos aus San Andrés)

(zum UNESCO Weltkulturerbe)

 

 

Hähne krähen, …

… Hunde bellen, Nachbarn werden aufgemischt - nur weil wir, wie geheißen, kurz vor Sechs auf der kleinen Terrasse vor Fabians „Restaurante y Bar“ die Camioneta nach La Plata abpassen. Die fahre doch erst zwanzig Minuten später meint ein Aufgeweckter, der erst seine Hunde zum Schweigen bringt, bevor er sich seine Hose zuknöpft. Er freut sich, dass es uns in San Andrés so gut gefallen hat und beklagt als pensionierter Direktor des kleinen Museums das geringe Interesse für die archäologischen Schätze seitens der einheimischen Touristen wie der zuständigen Regierungsstellen.

Das öffentliche Verkehrsmittel lässt uns Zeit, vom örtlichen Weltkulturerbe auf die Erwerbsmöglichkeiten der Dorfbewohner und später auf die kleinen Freuden des Alltags zu schweifen – der Rentner führt uns durch seine private Hanfpflanzung ...

Fabian, der uns zwei Plätze im Colectivo reserviert hat, wundert sich als er müde aus der Tür tritt, dass wir noch immer im Ort weilen. So reichlich Verspätung habe das Gefährt üblicherweise nicht. Nach gut einer Stunde stellt sich heraus, dass der Fahrer nicht informiert wurde, uns abzuholen. Er ist geradewegs an unserem Dorf vorbeigefahren. Gegen Acht sei mit dem nächsten Wagen zu rechnen, und wir seien fest gebucht …

Als wir um halb Neun noch immer auf der Veranda stehen, empört sich mittlerweile das halbe Dorf – weniger, weil uns die Zeit davonrennen könnte (die gibt’s ja jeden Tag neu), sondern weil ihre Siedlung ganz offensichtlich von der Transportgesellschaft stiefmütterlich behandelt wird, anders als der Nachbarort Inza. Eine Eingabe, ein Protest beim zuständigen Referenten sei angebracht, wettern die Männer. Wir hingegen sollten uns keine Sorgen machen: Von La Plata führen alle Nas’ lang Camionetas nach Pitalito und von dort sei man in zwanzig Minuten in San Augustín – also noch bevor es dunkel werde.

Was das Verhältnis zu Zeit angeht, erinnern wir uns an die alte Paèzfrau, welche uns am Vortag bereitwillig den Weg zum Dorf beschrieb. Auf die Frage, ob er ein oder zwei Stunden lang sei, runzelte sie nur die Stirn und winkte ab. Stunde, was ist Stunde? Wahrscheinlich hätten wir fragen sollen, wie oft man hätte Yucas kochen können, bevor man in San Andrés eingetroffen wäre …

Als wir gegen Neun schließlich auf dem Büßerbänkchen der Ladefläche des Colectivos sitzen, hat sich der Fahrer bereits allerlei drastische Worte unserer wohlmeinenden Nachbarn anhören müssen. Ihm bleibt gar nichts anderes übrig, als uns wohl behalten nach La Plata zu karren ...

 

 

Zum Schweizer aufs Land …

… ziehen wir, weil uns das „beschauliche, freundliche Städtchen“, in das wir nach umständlichen Umsteigern und mit erheblichem Zeitaufwand doch noch gelangen bevor es dunkel wird, zu unruhig, zu lärmig und zu überbelegt mit abgerissenen, gestrandeten Westlern wirkt. Nach einer Nacht „in town“ finden wir die gesuchte Idylle in der Hängematte zwischen Hibiskushecken und Bougainvilleas von El Maco  auf einem Hügel mit Blick über die grünen Hänge und die Felder, auf denen überwiegend Kochbananen und Yuca angebaut werden.

Eine ausgiebige Ruhephase stärkt uns (mental) für die Tour durch den Parque Arqueologico, eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten des Landes und, einmal mehr, in die Liste der Weltkulturerbe  aufgenommen – zu Recht! Eine präkolumbianische, indigene Zivilisation, über die nur wenig bekannt ist, nutzte die für den Handel günstig gelegene und fruchtbare Umgebung auch als Zeremonienstätte und hinterließ monumentale aus Lava und Basalt gemeißelte Statuen, welche die unterschiedlichen Grabanlagen bewachten.

Auf befestigten Fußwegen, die durch dichten Sekundärwald führen (Bambus dominiert), gelangen wir zu den beeindruckenden steinernen Skulpturen, die sehr viel kunstvoller gearbeitet und weitaus besser erhalten sind als die in Tierradentro. Ob der wenigen Besucher hält die friedliche, ruhige Stimmung, so dass wir die Zeugnisse der bis dato wenig erforschten Kultur ausgiebig und ungestört genießen können.

(Fotos vom Parque Arqueologico)

 

 

4 x 4 angetrieben, …

… mal auf Beinen, mal auf Rädern, rücken wir uns die Sehenswürdigkeiten der Umgebung ein wenig näher.

Nach einer knappen Stunde im Sattel können wir uns am ersten Tag ob des starken Niesels auswringen, genießen jedoch die gespenstische Stimmung im tief eingeschnittenen Tal des Río Magdalena mit seinen dicht bewachsenen, satt grünen Hängen, zwischen denen Wolkenfetzen ziehen. Unmittelbar bevor der Ausläufer eines schmalen Grates in die Schlucht abbricht, liegt in La Cháquira  eine ehemalige Zeremonienstätte mit einem Steinbrocken, in den gleich auf drei Seiten Reliefs gemeißelt sind.

Unsere Vierbeiner tragen uns stoisch bergauf, bergab, sind gut zu steuern und alles andere als lahm – wenn wir denn wollen. In El Purutal  finden wir die einzigen Statuen, die noch Farbspuren aufweisen; am Fuße der Fundstätte entdecken wir bei einer Familie Kaffeespuren aus eigenem Anbau im braunen Wasser. Derart angeregt lassen wir uns durch Felder von Zuckerrohr, Mais, Yucca, Bananen - und Kaffee - tragen.

(Fotos von der Pferdetour)

 

Am zweiten Tag lassen wir fahren: Gemeinsam mit einer kolumbianischen Familie mischen wir Landschaft und Geschichte in eine Kultour.

Nach El Estrecho, wo das Bett des Río Magdalena auf knapp zwei Meter Breite zusammenschrumpft (an dieser Stelle sind Springen, Baden und der Konsum von Alkohol verboten …), winden wir uns über Feldwege durch (einmal mehr) Zuckerrohr-, Kaffee-, Lulufelder (letzteres ist nix Unanständiges, sondern Obstiges) und durch einige kleine Dörfer zum archäologischen Park Alto de Los Ìdolos, der zwar deutlich kleiner ausfällt als der in San Augustín, doch ebenso sehenswert ist.

Einen Steinwurf weit entfernt vom rührigen Marktflecken San José de Isnos  findet sich auf dem Alto de Los Piedras  die größte zweigesichtige Doppelskulptur (doble yo), deutlich feiner gearbeitet als die auf dem Lavapata in Augustín. Derartig feine Steinmetzarbeiten vor dem geistigen Auge, sitzen wir die letzte Stunde der zeitlich recht langen Fahrt geduldig ab – ohne einen Hauch des Bedauerns: Die Muskelpartien, welche wir spüren, sind noch von der vierbeinigen 4x4 Tour leicht gereizt …

(Fotos von der Jeeptour)

 

 

Abgründe tun sich auf, …

… nimmt man die N 20 durch den Páramo  nach Popayan, welche so tief, so schmal und vor allem so steil sind, dass man die Talsohle der jeweiligen Schlucht vom Busfenster aus nicht erspähen kann. Unser Fahrer drischt sein ächzendes Gefährt immer knapp an der Abbruchkante entlang die dicht bewachsenen Hänge hinauf. Die schmale, holperige Fahrbahn, die zahlreichen entgegenkommenden Laster, gewagte Überholmanöver und Blicke in die Tiefen führen hin und wieder zu Atemnot.

Nach einer Stunde bereits erreichen wir den Páramo de Puracé, und erfahren mit eigenen Augen, warum die dicht mit Gestrüpp bewachsenen Hügel, aus dem zerzauste Bäume und schlanke Palmen ragen, den Namen „Nebelwald“ tragen. Nach einer weiteren Stunde verlassen wir die wilde Landschaft und tauchen in stark gefaltete Weideflächen, deren Täler alles andere als sanft sind. Hier machen Siedlungen wie Einzelgehöfte einen wohl bestallten, keineswegs ärmlichen Eindruck.

 

Vier Stunden Nervenprobe und wir schnappen im Busterminal von Popayan erstmal Luft. Die Hauptstadt des Departamento Cauca  döst nicht nur um den Parque Caldas  sonntagsgemäß vor sich hin. Der Altstadtkern bewahrt einmal mehr alle Elemente einer spanischen Kolonialstadt, wirkt von den Bauten her jedoch weniger verspielt, dafür geradliniger und strenger konturiert. Fast ausnahmslos zweigeschossige, weiß getünchte Gebäude säumen die nicht allzu breiten Straßen der „Ciudad blanca“ - sorgsamer Wiederaufbau nach einem verheerenden Erdbeben Anfang der Achtziger.

Wochentags verwandelt sich das ruhige, fast langweilige Zentrum in eine wuselige, laute, vom dichten Straßenverkehr zerteilte und nach Abgasen riechende Zone, in der einzig ein Patio hinter dem Café Valdez ein wenig Ruhe und wahren (Kaffee-)Genuss ermöglicht. Koloniales Flair ist ja schön und gut, doch alleine nicht immer ausreichend …

(Info zu Parque Nacional Puracé)

(Fotos zur Sonntagsruhe)

 

 

Folkloristisch

... könnte der Markt in Silvia  auf den ersten Blick vielleicht anmuten, gestellt ist er hingegen nicht, schon gar nicht für die wenigen Touristen! Vielmehr spiegelt er all-, zumindest dienstägliches, Leben wieder, wenn Indígenas der Guambiano  in den frühen Morgenstunden das Geschehen dominieren.

Unter freiem Himmel wie in der Markthalle bieten sie ihre (landwirtschaftlichen) Produkte an: von Zwiebeln über zig Sorten Kartoffeln bis zu Gemüse und Kräutern. Später, wenn die Ureinwohner ihr Bündel Scheine aus dem Verkauf ihrer Waren im grauen oder schwarzen Filzhut untergebracht haben, schlagen Mestizen ihre Stände mit Kleidung, Schuhen, Haushaltswaren und dem üblichen, unverzichtbaren Krimskrams auf, den es in den Dörfern der Indianer nicht zu kaufen gibt.

Noch bis zum späten Vormittag drängen Guambianos zu Fuß, in der Camionetta oder in einer schwer beladenen Chiva in den unaufgeregten, doch lebhaften Ort. Auf der Rückfahrt werden vom Riesenkochtopf für die Großfamilie bis zum Kühlschrank alle Herrlichkeiten dieser Erde auf den Dächern der Fahrzeuge mitgenommen. 

Während sich meist Frauen und Mädchen um den Verkauf kümmern, die Spindel in der Hand, halten sich die Männer dezent im Hintergrund, beobachtend, leise miteinander sprechend. Ebenso wie die Ladies geben sie allzeit freundlich und ausführlich Auskünfte über die angebotenen Waren, Besonderheiten und Bedeutung ihrer einheitlichen Kleidung oder auffälligen Accessoires – vom langen, schwarzen Stab bis zu den aus feinen Chaquiráperlen  übereinandergelegten Halsketten ihrer Frauen und Töchter.

Zum Ausruhen zwischendurch oder vor der Rückkehr zu ihren Gehöften sitzen die Familien im Parque wieder beisammen, tratschen, schlecken ein Eis, erfreuen sich an einer Tüte Chips, Vaters neuen Schuhen oder nutzen das Angebot an "minutos" ...

(Touriinfo zu Silvia )

(aktuelle Problematik der Guambiano)

(Fotos vom Treiben auf der Plaza)

(Fotos vom Marktgeschehen)

(einige markante Gesichter)

(unsere dritte Etappe bis dato auf der Karte)

 

 

Schmuckkästchen

... haben üblicherweise keinerlei Einfluss darauf, ob in ihnen auch Strass oder anderer Tand aufbewahrt werden. Der eine halbe Stunde nordwestlich von Armenia  gelegene Ort Salento bildet keine Ausnahme. Die unter der Woche eher ruhigen Sträßchen mit den im farbenfrohen, fast kitschigen (ja, ja, Kitsch ist immer der Geschmack der Anderen …) paisa-Stil gehaltenen Häuser öffnen an Wochenenden all ihre Kunstgewerbe-, Andenken- und s.o.-läden, damit die Ausflügler aus Pereira und Armenia auch ja etwas mitzunehmen haben. Gässchen, Bars, Restaurants (von den letzteren öffnen einige nur an diesen Tagen) und Pensionen sind überfüllt und strahlen alles aus, nur nicht mehr die werktägliche Ruhe ...

Den Eineinheimischen hingegen ist der Rummel kaum anzumerken. Die sitzen authentisch auf den Bänken, schauen sich das nicht synchronisierte open air Wochenendprogramm ungerührt an, grüßen gelassen und von allem weitgehend unbeeindruckt und lassen sich aus ihren Billardsalons mit lokaler Schmachtemusik nicht vertreiben.

Nach dem Geldregen und Schweißfluss in konsumorientierten Etablissements kehrt spätestens am Montagmorgen die „dörfliche Idylle“ zurück: Die Gassen sind gefegt, sämtliche Fressstände vom Platz geräumt, die Paletten vor den Speiselokalen als Erweiterung über die Grundmauern hinaus warten in den Hinterhöfen gestapelt auf den nächsten Einsatz und so manche Läden und Gelegenheitsrestaurants bleiben geschlossen - bis Freitagabend.

Der Ort aus „Unser Dorf soll (noch) schöner werden“ hat für uns dennoch nicht sein Wohlfühlambiente eingebüßt. Nicht zuletzt Maria Elena in ihrer Oase „La Posada del Café“  wird nicht müde, uns liebevoll und ausgiebig zu beschwestern. Trübe Stimmung, Langeweile, Platzangst etc. haben keine Chance. Selbst nach anstrengenden, ermüdenden Wanderungen reichen ein Blick in den blühenden Patio oder ein Schluck Limonensaft (wirklich!), um auch mental wieder voll auf die Beine zu kommen …

(Eindrücke aus dem Ort ...)

(... und  einige Portale)

(wiki zum Departamento Quindío)

 

 

Dass im Nebelwald

… der Nebel wallt, erfahren wir nicht erst nach der siebten Hängebrücke über den Río Quindío. Für gut eine Stunde wandern wir nach dem Weiler Cocora  durch das Tal gleichen Namens. Auf den neongrünen Matten links und rechts weiden Milchkühe und Reitpferde. Zum Grat hin schließt dichtes Gehölz das offene Land.  Am oberen Rand des Graslandes streben filigrane Wachspalmen  eindrucksvoll zum Himmel. In bis zu 60 Metern Höhe wiegen sich die zarten Kronen vorm dunklen Grau.

Nach einer guten Stunde Stolperns durch eine ausgetretene Reitspur erreichen wir den Saum des dichten Nebelwaldes, in dem sämtliche Stämme von Farnen, Bromelien und Flechten überzogen sind. Der feuchte, oft etwas rutschige Pfad durch den Urwald führt uns zum Gehöft Acaime, wo uns unterschiedliche Kolibris recht zutraulich umschwirren und chicha de piña  das ansonsten übliche Poker  würdig vertritt..

Unser Rückweg eröffnet andere Perspektiven, welche uns die Landschaft jedoch nicht weniger eindrücklich erscheinen lassen.

(Fotos von der Wanderung)

 

 

Auf die Palme …

… lassen wir uns nicht so leicht bringen, schon gar nicht von den Wochenendlern aus den umliegenden „Groß“städten. Allerdings schlagen wir am zweiten Tag vor Ort fast den gleichen Weg ein. Statt ins Cocoratal begeben wir uns allerdings durch eine weite Ebene voller Nationalbäume nach La Montaña. So harmonisch die Landschaft im weiten Tal auch wirkt, so sehr sich die ranken Stämme auch von den grünen, sanften Hängen abheben, wir vermissen Jungholz. Möglicherweise haben die Keimlinge im dichten Unterholz der Bergkuppen größere Chancen, dereinst den Nebelwald als „Wald über dem Wald“ (A. v. Humboldt) haushoch zu überragen.

Auf dem Weg zur Bergstation eröffnen sich von der Schotterpiste aus spektakuläre Blicke ins Cocoratal. Blattwerk „auf dem Gipfel“ hingegen schränkt die freie Sicht auf alle möglichen bunten Vögel im nicht mehr ganz so dichten Nebelwald etwas ein – schräge Wandervögel steigen deutlich sichtbar auf dem Talweg bergan und leisten uns beim Trocknen der Funktionswäsche Gesellschaft.

(Fotos von der La Montaña Wanderung)

(am Bach entlang ...)

 

 

Kalter Kaffee

… ist es nicht, was uns Jesús während unserer „Kaffeefahrt“ zum Besten gibt. Mit Leib und (vor allem) Seele hat er sich dem verschrieben, für das Kolumbien nach dem Goldfieber und vor der Ära der Drogenkartelle stand. Da die Qualität der „Besten Bohne“ durch eben die Faktoren bestimmt wird, welche auch die Güte unseres Elblings (oder Rieslings, oder …) entscheidend beeinflussen, und das Spanisch unseres guía meine kleinen Grauen nicht überfordert, erschließen sich uns die Zusammenhänge vom Keimling bis zur röstfertigen Bohne ohne weiteres.

Dass hiermit für Kolumbien „der Kaffe auf ist“, ist für uns neu: Im Lande wird kaum geröstet. Vielmehr vertickt ein quasi mafiöser Zusammenschluss der Kaffeebauern mit Monopolstellung und erheblichem politischen Einfluss die gewaschenen und getrockneten Bohnen zum Weltmarktpreis an fast ausschließlich ausländische Konsortien, in deren Händen die Veredlung liegt. Röstfrische Bohnen finden dann als Ganzes oder bereits gemahlen den Weg zurück ins Ursprungsland. Ob der hohen Preise fürs elaborierte Produkt ist „guter Kaffee“ hierzulande nur selten zu genießen. Der wahre Espresso wird in Ketten wie Oma, Illy, Valdez  zu europäischen Preisen ausgeschenkt …

... oder in der Tienda von Jesús Martin – nicht weniger teuer. Allerdings wagt er den vorsichtigen Aufstand, die röstfertigen Arabica  aus der Familienproduktion zu erwerben und selbst zu veredeln. Auf dem Weg, seinem Anspruch eines Tages den besten Kaffee in ganz Kolumbien anzubieten, zu genügen, liege noch viel Forschungsarbeit vor ihm, gibt er zu bedenken. Was den Capuccino angeht, den sein Barrista braut, ist er bereits kurz vor dem Ziel …

Uns fasziniert die Leidenschaft, mit welcher der gelernte Anwalt seine Vision umzusetzen versucht und die auch seine Mitarbeiter teilen, die er nicht müde wird, ausgiebig zu loben. Ohne sie sei ein Erfolg seiner Arbeit nicht denkbar ...

 

(Fotos von der Kaffeefahrt)

(ColombiaTravel zur Kaffeezone)

(Diamir zur Eje Cafetero)

(Infos zum Weltkulturerbe)

(Kaffee und FairHandel)

 

 

 

 

 

Attraktiv, …

… zumindest äußerlich, ist die Provinzhauptstadt  nicht, provinziell ist sie allerdings auch nicht. Die Art von Negativschlagzeilen, für die sie über fast zwei Jahrzehnte hinweg sorgte, haben deutlich abgenommen – die Probleme nicht unbedingt …

Wie ein zäher Brei hat sich Medellín zunächst in der Talsohle des Valle de Aburrá  ausgebreitet, bevor sich legale wie illegale Ansiedlungen wie Krakenarme die oft recht steilen Hänge eroberten. Selbst die Wohn-, Geschäfts- und Verwaltungsquartiere entlang des Flusses wirken, abgesehen vom Schachbrettmuster der Straßen, wenig geordnet. Die Traufhöhen spiegeln das Budget des Bauherrn, die Fassaden entweder pekuniäre Sparsam- oder Einfallslosigkeit von Architekten wider. Selbst die „historischen Viertel“ sind eher hässlich. Dennoch wirkt die Stadt hier keinesfalls abstoßend oder unsympathisch. Es tobt das pralle Leben – mitunter plätschert es allerdings auch nur relativ ruhig vor sich hin.

Am regnerischen Samstagmorgen ist der mit Beton „begrünte“ Parque San Antonio menschenleer und so was von unwirtlich, dass es allein die Friedenstauben  Boteros sind, die uns dieses abschreckende Beispiel für ein Stück öffentlichen Raumes betreten lassen. Die unmittelbare Umgebung hingegen lebt – wie eben eine südamerikanische Stadt lebt, in der es nicht nur Reiche gibt.

Auf der Plaza Berrío sammeln sich Anhänger unterschiedlicher lateinamerikanischer Klänge, um ihnen, von „ihrer Gruppe“ gespielt, life beizuwohnen. Dazwischen preisen Hellseher die Zukunft, Scharlatane ihre Heilkräuter, Tintoverkäufer ihr braunes Wasser und wer weiß wer noch alles sein wer weiß was noch an.

Die Crème lässt sich an diesem Ort eher nicht blicken.

Auch nicht auf der Plaza Botero, den über 20 Monumentalskulpturen des Künstlers kulturell aufwerten, dessen Gestaltung jedoch Landschaftsplaner wie Gartenbauer auf die Brücke treibt. Außer einheimischen wie ausländischen Touristen, welche all die Imbissverkäufer, Telefonanbieter, Geisterbeschwörer, Erinnerungsfotofotografen, Schuhputzer und Bauchladenträger in Kauf nehmen, um die üppig sinnlichen Bronzen zu begutachten, den Stadt- und Einkaufsbummlern und den Rumhängern, treibt es auch jede Menge „Damen“ zu ihren Arbeitsplätzen am Brunnen vor der Ermita de la Veracruz. In Formen wie Umfang den Werken des Exzentrikers nicht unähnlich räkeln sie sich ziemlich unverhüllt in den Aufgängen zu den Absteigen – das pralle Leben eben; augen(ge)fällig, doch keineswegs aufdringlich ...

„Unsere“ Wohngegend, El Poblado, hingegen, strömt wohlstandsgeformte Langeweile aus, wartet mit höherwertigem Wohnraum und japanischen Limousinen auf, wirkt bieder – wie „unser“ Tempelhof eben … 

(Fotos vom Leben)

(Fotos von einigen, auch lebenden, Skulpturen

(Eindrücke von der Pájaro de Paz)

(Quetzals Nachschlag zur Drogenmafia Kolumbiens) 

Weitaus weniger privilegiert lebt’s sich in dem Gewirr aus übereinander gebauten, in sich verschachtelten Häusern in den steilen Hängen des Aburrátals, über welche die Metrocable  führt. Aus „sicherer Distanz“ schwebt man als Voyeur über die Barrios, Einblicke in die Schatten urbanen Lebens zum Preis des Bahntickets.

(Fotoeindrücke aus der Metrocable ...)

(... und 'was aus der TAZ)

 

Mitten im Busch

… liegt die Ciudad Madre, der älteste von Konquistadoren gegründete Ort im Departamento. Santa Fé de Antioquia, 1541 von Jorge Robledo als (Gold-)Minensiedlung ins Leben gerufen, gilt, einmal mehr, als koloniales Kleinod.

Von Medellín aus schraubt man sich zunächst durchs arg zerknitterte Gebirge mit sattgrünen, steilen Hängen bis zum Tunnel, serpentint sich dann auf die Talsohle zurück und fährt fast eine Stunde durch arides Buschland bevor man die in ihrer kolonialen (Bau-)Struktur vollständig erhaltene Stadt erreicht.

Die meist zweistöckigen aus Ziegeln errichteten Häuser mit Patio beeindrucken vor allem durch die typischen Holzschnitzarbeiten an Fenstergittern und Portalen. Der Platz ist leider zugestellt mit Ständen, an welchen die Art von Tand verkauft wird, die in Salento in den Läden der Calle 6 weniger schmerzhaft (weil nicht so offensichtlich) ins Auge fällt. Allerdings ist die Plaza Mayor fest in der Hand der Einheimischen – hier wird werktäglich flaniert, im Freien ostentativ Kaffee getrunken (hin und wieder schleicht sich bereits am frühen Morgen ein Bier auf den Tisch) und, unter Männern, getratscht.

Wirkt der Ort bis kurz vor Mittag noch recht ruhig, so tobt kurz vor Abfahrt der zahlreichen Chivas das pralle Leben am Platz. Aus allen Winkeln werden Waren herangekarrt, welche ihren Weg in die umliegenden Siedlungen oder zu den einsamen Gehöften finden sollen. Rush Hour  gleich neben Bolívar – das Städtchen ist eben nicht nur Ausflugsziel am Wochenende, sondern Verkehrsknotenpunkt und Warenumschlagplatz; von wegen Puppenstube, hier tanzen sie … und hauchen einem „touristischen must“ wirkliches Leben ein …

(Fotos aus der Stadt)

(Fotos von der Puente Colgante de Occidente)

(Betriebsamkeit am Platz)

 

Sonntagsausflug

… mit den Großstädtern ans Meer von Antioquia – auf 2.000 m Höhe. Das Busticket zum Wochenendtarif ist günstig, Straßenbenutzungsgebühren werden nicht verlangt, selbst die Sonne strahlt unverhohlen. Was Wunder, dass wir nicht die einzigen sind, die in La Piedra frische Luft, angenehme Temperaturen und nach dem Häuserbrei der Stadt LANDschaft suchen – und finden.

Sobald man die 659 Stufen in der „Regenrinne“ des ansonsten recht glatten, umgekippten Hinkelsteins, den Gletscher der letzten Eiszeit hier liegen gelassen haben, hinaufgestiegen ist, eröffnen sich vom Monolithen aus Granit ungetrübte Blicke weit übers Land – in dem Wasser dominiert: Durch den Stausee von Guatapé  wurde eine künstliche Landschaft voller Inseln und Halbinseln geschaffen, die fast bis zum Horizont reicht. Die zahlreichen (noch) in Hangars gestapelten „Sport“boote wecken allerdings schlimmste Befürchtungen.

(paar Fotos vom Peñol de Guatapé) 

Wir tuktuckern „… ins ‚paisa-Spielzeugstädtchen’ Guatapé mit seinen puppenhaften bunten Häuschen und den typischen ornamental gestalteten Zementsockeln (zócalos)“ (Reise Know How, S. 297). Der Ort  wird an Wochenenden ähnlich frequentiert wie Salento, ist ähnlich nett herausgeputzt und mit der gleichen Freude an kräftigen Farben bunt gestrichen. Neben traditionellen Ornamenten schmücken auch gegenständliche, oft relief-artige Motive, welche durchaus vom Humor und der (Selbst-)Ironie der Bewohner zeugen, die Fassaden.

So viele Wochenendausflügler auch durch die mit Hängeblumen geschmückten Gässchen streichen oder in einem der zahlreichen Restaurants entlang des Seeufers speisen, die Plaza, von Cafés und Bars umsäumt, bleibt fest in der Hand Einheimischer – und macht die Touristenattraktion einmal mehr ausgesprochen sympathisch.

(Fotos von Sockeln und mehr)

(unsere dritte Etappe bis dato auf der Karte)

 

 

Wir sind nicht gemein(t),...

... sondern in Cartagena und wohl auf!

Bis demnächst

panther & co

 

 

 

10. Februar 2013 (ab jetzt der "besseren zeitlichen Orientierung" wegen wieder mit Datumsangabe ...)

„Wie eine stehengelassene

Filmkulisse inmitten der Tropen“  (Sebra, S. 256) wirkt das Städtchen am Brazo de Mompox, einem Seitenarm des Río Magdalena, tatsächlich, doch ist ihm weder ein Dornröschenschlaf  beschieden (ebd.) noch steht hier die Zeit still  (Reise Know-How, S. 365). Dichterische Freiheiten mögen Hintergrund dieser Formulierungen sein – oder aber schlampige Recherche.

Außer einer Filiale der Supermarktkette „Exito“ gibt es in Mompox  alles, was auch in anderen Orten gleicher Größenordnung zu finden ist. Dass es als „eine der ungewöhnlichsten Kolonialstädte Amerikas“ bezeichnet wird, dürfte eher der geografischen Lage geschuldet sein: mitten im Schwemmland (und Überflutungsgebiet) verschiedener Flüsse, umgeben von Kanälen, Sümpfen und Lagunen.

Der Handelsstützpunkt zwischen Bogotá und der Küste stand bis zur Aufnahme der modernen Dampfschifffahrt auf dem breiteren und vor allem tieferen Brazo de Loba in ständiger Konkurrenz zur großen Schwester Cartagena. Auch der Schmuggel über Santa Marta spülte Geld in die Kassen und zog neben der kreolischen Handelsaristokratie einige bedeutende Kirchenorden an. Entsprechend ist die Dichte einschlägiger Gotteshäuser und repräsentativer Wohnsitze – heute noch/wieder in sehr passablem Zustand …

Die einheitliche, geschlossene Struktur des Stadtbildes hat zweifelsohne dazu beigetragen, dass die UNESCO aufhorchte und Mompox in die Liste der Weltkulturerbe  aufnahm. Zwar lösen Spaziergänge entlang der einstöckigen, hohen Häuser mit ihren oft kunstvollen schmiedeeisernen Gittern, mächtigen Portalen und dicht begrünten Patios bei uns keine Begeisterungsstürme mehr aus (wir haben einfach zu viele "erlesene Kolonialstädte" in zu kurzer Zeit gesehen – ist ungerecht, wissen wir selber), doch beeindruckend sind die Blicke auf die Außenfassaden wie in die großzügigen Innenräume der Bauten schon. Und wenn die freundlichen, zugewandten Momposinos, welche sich vom zunehmenden Tourismus wenig beeindruckt zeigen, auch ihr Müllproblem noch in den Griff bekämen, könnte Mompox eine "richtig schöne" Stadt werden ...

(ColumbiaTravel zu Mompox)

(Fotos aus dem Ort ...)

(... und vom Karneval)

(unsere vierte Etappe auf google maps)

 

 

13. Februar 2013

Die Mischung machts …

… - gerade in einer Perle der Karibik, in Cartagena. Hier fühlen wir uns auch während unseres zweiten Aufenthalts einfach nur wohl!

Kaum aus Medellín in „unserem Viertel“ Gethsemaní angekommen, wissen wir, was wir all die Wochen über vermisst haben: jenes “karibische Flair“, bestimmt aus den unzähligen Farbnuancen der Gesichter, von (fast) Pechschwarz bis (fast) Schneeweiß, den kaum durch Silikon verstärkten Körperformen (dafür sorgen hier die Gene), der unbedarft unaufdringlichen Neugier und der recht offenen Zugewandtheit der Menschen in diesem Touristenbums, das so viel Eigenes bewahrt hat, dass es sich vor nichts verstecken muss, mensch das Bums also getrost weglassen kann ...

Innerhalb der Stadtmauern des „historischen Zentrums“ finden wir reichlich Museen, doch keine museale Stimmung. Hier wird gearbeitet, gefaulenzt, geschwatzt, herumgestanden, flaniert, gewerkelt etc. - mit anderen Worten: Hier wird gewohnt und gelebt. Kein aufgesetztes Rothenburgambiente, kein Hauch von Disneyworld, keine künstliche Filmkulisse - hier laufen minütlich in realiter Filme aller Genres. Die Straßen sind, je nach Tageszeit, Ladenviertel und Quartier voller Menschen - oder auch nicht. Der Anteil der Kreuzfahrer bleibt, anders als in Venedig, recht überschaubar und stört weit weniger als die Menschen aus dem Berliner Umland an Buß- und Bettag auf dem Tauentzien (oder die Touristen zur Vorweihnachtszeit in Salzburg, liebe Seekirch’ner ...).

Doch selbst auf touristischen Ameisenstraßen  bleiben die Cartageñas Frau des Geschehens. Im entsprechend hergerichteten Vorzeigedistrikt El Centro sind, gerade in den kolonialen, aufwendig restaurierten Gebäuden, derart viele Behörden angesiedelt, dass vor allem zur Mittagszeit die Einheimischen Straßenstände, Cafés, Restaurants und Bars füllen. Sie sind es auch, die am frühen Abend durch die Designerläden stromern oder, ein paar Nummern kleiner, in den Seitenstraßen die Kramläden aufsuchen. Trotz sorgfältiger Denkmalpflege (Weltkulturerbe …), herausgeputzter Fassaden und geschmackvoller Beleuchtung wirkt dieses Viertel nicht gestylt, nicht aufgebrezelt, nicht gekünstelt, nicht auf Touris zugeschnitten, sondern, tja, authentisch, weil bewohnt und somit rund um die Uhr belebt. Havanna vor zwanzig Jahren, allerdings weitaus besser erhalten, könnte als Vergleich herhalten: ehemalige Paläste mit Arkadengängen, repräsentative Balkone, Palmen bestandene Patios.

(Fotos aus El Centro)

 

In San Diego findet sich ebendies in leicht abgespeckter Version wieder. Ob des noch viel stärker ausgeprägten Wohncharakters ist’s hier deutlich ruhiger. Auch stehen zahlreiche, für teuer Geld erhaltene Häuser – Gentrifizierung ist angesagt. Zwar existieren noch einige Tante Emma Läden und einfacher Wohnraum, doch wird überall luxussaniert. Prenzlberg’sche, Kreuzberger Verhältnisse überwiegen bereits, was dem Charme der Gegend allerdings keinerlei Abbruch tut - ganz im Gegenteil ...

(Fotos aus San Diego)

 

UNSER Kiez ist das Handwerker- und Backpackerviertel Gethsemaní, nicht Schmuddelkind der Altstadt, doch, noch innerhalb der Murallas gelegen, mit seinen engen, krummen Gassen Heimat der kleinen Leuten. Niedrige, meist schmale Häuser, kaum „geliftet“, leicht verwohnt und mit bröckelndem Putz überwiegen. Tischlereien, kleine Holz- und Baustoffdepots, Schmiede- und Klempnerwerkstätten, Nähstuben, Straßenfriseure (und -mädchen), kleine Tiendas, Restaurants, Bars sorgen für ein ganz besonderes, fast schon kleinstädtisches Flair. Trotz des überproportionalen Anteils an aus- UND inländischen Fremden, scheinen die Ureinwohner kein bisschen genervt – anders als in Friedrichshain oder SO 36.

(Fotos aus Gethsemaní)

 

Am späten Nachmittag, allerspätestens nach Einbruch der Dunkelheit, sitzen sie auf Plastiksesseln oder in Schaukelstühlen in ihrem gemeinsamen Wohnzimmer – auf der Straße. Lieferanten und Taxifahrer wissen dass und steuern durch „unbesetzte“ Gassen. Streift man morgens durchs Viertel, stehen die Fensterläden, die bis zum Erdboden reichen, offen und man glaubt sich in Stgo. de Cuba. Alle (Einrichtungs-)Stile der Welt strahlen einem entgegen; und das ein oder andere Gesicht auch. Hier kennt jeder jeden und jedermann jedermanns kleine Geheimnisse. Was Wunder, wenn Muttern abends aus ihrer Straßenküche einem Boten oder Papiersammler eine Empanada reicht oder der Müllsortierer mal eben mit einem Aguardente beglückt wird. Und da wir Touris beim abendlichen Stelldichein auf der Plaza de la Trinidad  noch immer mehr als deutlich in der Minderheit sind, eher unauffällig unser Bier trinken und nicht krakeelen, scheinen wir nicht nur geduldet, sondern akzeptiert zu werden – leben und leben lassen, auf Karibisch eben ...

(Infos zur Musik)

(unsere vierte Etappe auf google maps)

 

 

18. Februar 2013

Als Geheimtipp

… wird das „charmante (Lebens-) Künstlerdorf“  (R’Know-How) Minca  wohl schon lange nicht mehr gehandelt: Die enorme Dichte an Hostales, Restaurants, „best guides ever“ etc. spräche dem auch Hohn, ganz zu schweigen von den recht zahlreichen, überwiegend jungen Travellern, welche die/das „Alternative“ suchen und Birdwatchern im Pensionsalter, welche sich von der außergewöhnlichen Vogelvielfalt angezogen fühlen. Auch lässt sich der zugeschriebene Charme zumindest nicht auf den ersten Blick ausmachen, liegt der Ort doch weder "malerisch"  in einer Bergfalte der Sierra Nevada noch fällt er städtebaulich (hier gibt’s nicht mal eine Plaza) oder durch eine besondere Siedlungsarchitektur auf. Vor allem die Nichtkünstler wirken eher mürrisch, ähnlich der Bedienung vor Jahrzehnten im „Gastmahl des Meeres“, welche sich durch eine versuchte Bestellung aus ihrem realsozialistischen Kellnerschlaf gerissen fühlte.

Doch bereits beim zweiten Besuch des Lokals gibt sich mensch hinterm Tresen oder in der Küche aufgetaut freundlich und zuvorkommend. Und all diejenigen, die sich, einmal hier gelandet, in Gastronomie oder Tourismus versuchen, wecken oft auf Anhieb Wohlgefühl(e). Daneben strahlt der Ort jene Mischung aus Ruhe und Verschlafenheit aus, die uns nach der Großstadt durchaus gut tut. Wer Äktschn sucht, findet sie bis abends in der Umgebung des (Moto-)Taxistands, später dann in den von abgeklärten Fremden oder aufgeklärten Rückkehrern geführten (Musik-)Lokalen ...

… oder auf Wanderungen durch sattgrüne, artenreiche Sekundär(!)wälder entlang rauschender Bächen oder auf Eselspfaden steil bergan durch die ein oder andere Kaffeepflanzung. Abstecher zu kühlen(den) Pools oder, ob der anhaltenden Trockenheit, nur munter plätschernden Wasserfällen (nach einem kräftigen Regen dürften sie tosend stürzen …) lohnen auch optisch.

Und nach einem Plausch auf eine Limonade oder ein kühles Bier in der Wildnis oder einem Fruchtsaft in der ein oder anderen Künstlertienda schimmert dann doch der anfangs vermisste Charme durch, mitunter auch optisch …   

(wiki zur Sierra Nevada)

(Fotos vom Aufstieg zum Mirador bei Los Pinos)

(... und vom Spaziergang zum Pozo Azul)

(unsere vierte Etappe auf google maps)

 

 

21. Februar 2013

So wirklich „charming“

… wirkt auch die Bucht von Taganga  nicht auf den ersten Blick, obwohl von den Klopapierfahnen der Hippies, welche das zunächst Fischer-, später dann auch Badeörtchen auf die Seiten einschlägiger Reiseführer brachten, nichts mehr zu sehen ist und der „... von Fischabfällen, zerrissenen Netzen und Zivilisationsmüll buntscheckige Sandstrand …“ (R’Know-How) eher dem Eindruck eines ermüdeten Schreibers oder, einmal mehr, einer schlampigen Recherche geschuldet ist denn der aktuellen Situation (selbst Reiseführer werden nicht allein dadurch aktueller, dass sie in „komplett aktualisierter Auflage“ erscheinen …).

Doch die Kokospalmen stehen noch, das Meer ist unglaublich blau, das Wasser klar und die Fischer, egal von welchem Fang sie leben, haben es noch immer nicht eilig. Die Strandpromenade ist befestigt, in Kiosken wird all das angeboten, was so auf Strandpromenaden der ganzen Welt an die Frau gebracht werden soll und die Idylle der Lebenskünstler und solcher, die sich dafür halten, ist dem gewichen, was die fast ausnahmslos jungen fremden wie einheimischen (Bade-)Gäste daraus gemacht haben.

Und das wirkt keineswegs ungemütlich. In kleinen Bars und überschaubaren Restaurants sitzt mensch ebenso entspannt wie in den eher an Kaschemmen erinnernden Treffpunkten der Einheimischen, die zwischen Limo, Bier und Schnaps austauschen, wer oder was ihnen im Laufe des Tages ins Netz gegangen ist: Ebenso lukrativ wie der Fischfang dürfte der Transport derjenigen sein, die sich per Bötchen in die Nachbarbucht Playa Grande  juckeln lassen, um dort zu baden.

Auch hier tobt das Leben nicht, es rauscht wie die sanften Wellen ruhig dahin, obwohl es zumindest an Wochenenden eng werden dürfte. In einer Vielzahl von „rustikalen“ Unterständen ist fast alles an kulinarischen Köstlichkeiten und so manch gekühltes Getränk zu haben, wenn man denn bereit ist, sich aus dem „Mietliegestuhl“ zu schrauben.

Ab dem späten Nachmittag bereichern dann diese „Strandheimkehrer“ die Promenade, ohne die Ruhe und Gelassenheit unter den Palmwedeln auch nur entfernt zu beeinträchtigen. Selbst wenn all die vielen Traveller ihre über den gesamten Ort verstreuten Herbergen verlassen, um abzuhängen oder zu dinieren, es bleibt unhektisch, unaufgeregt. Die Silberschmuck- und Armbändchenverkäufer sind ebenso wenig aufdringlich wie die Straßenmusikanten oder fliegenden Maiskolbenhändler, wir können unser „Riesenbier“ völlig ungestört auf dem Mäuerchen der Promenade genießen und in den Sternenhimmel blicken (bei gut 28 Grad) und selbst der krummbeinige Fischer, der mit seiner fast leeren Flasche in der Hand so übers Pflaster geht, als kämpfe er sich bei Windstärke 9 über Deck, stört kein bisschen. Was Wunder, wenn wir uns in dieser „Travelleroase“ mit ihrer entspannten Stimmung schlichtweg wohl fühlen? Na gut, unsere Unterkunft  trägt erheblich zum Wohlfühlen bei …  

Unser Besuch bei der großen Schwester unseres kleinen Ortes, Santa Marta, bringt kaum Lustgewinn. Zwar sind die meist recht gut erhaltenen und aufwendig restaurierten Zeugnisse kolonialer Vergangenheit im centro historico nett anzuschauen, doch haben nur sehr wenige der ästhetischen Fantasielosigkeit moderner Betonklötze widerstehen können. Das sehenswerte kleine Goldmuseum, selbst in einem futuristischen Bunker der Banco de la Republica einquartiert, tröstet kaum über die eklatanten Bausünden der Jetztzeit hinweg – und lärmige, geschäftige Hauptstraßen in Provinzhauptstädten  mit kolonialem Hintergrund reißen uns nach all den Monaten nun wirklich nicht mehr vom Hocker.

Um so mehr genießen wir die verkehrsberuhigte Strandpromenade unseres Örtchens, den kitschigen Sonnenuntergang und den gehobenen Standard unseres Appartements, auf den wir während der kommenden Tage wohl verzichten müssen. Eigene Dusche, altersgerechte Schlafunterlagen und gekühltes Bier tauschen wir auf unserer Trekkingtour zur Ciudad Perdida  gegen kühles Nass aus dem Bach und Hänge-matten unter Palmdächern. Doch das wird eine andere Geschichte, und die wird demnächst erzählt ...

(aus der Bucht von Taganga)

(unsere vierte Etappe auf google maps)

 

 

05. März 2013

Die verlorene Stadt

… der Tairona, bzw. das, was an steinernen Spuren von ihr übrig geblieben ist, liegt noch immer ziemlich versteckt in den steilen Hängen des Cerro Corea  im Dschungel, zwischen 900 und 1200 Metern hoch über dem Río Buritaca  und ist für teuer Geld mit dem Hubschrauber zu erreichen – oder nach einigen Tagesmärschen  unter viel Schweiß durch landschaftlich eindrucksvolle Gegend.

In Celso, unserem indigenen Führer, finden wir den Mann, der uns nicht nur den Weg zeigt, sondern uns behutsam einführt in die Denkweise und in die Mythologie seines Volkes, der Wiwa, welche der Sozialstruktur und vor allem den religiösen Vorstellungen der Arhuaco und Kogi, zahlenmäßig deutlich größeren Gemeinschaften, sehr nahe kommen. So legen wir also nicht nur (Höhen-) Meter zurück, sondern erfahren auf dem Weg in die Ciudad Perdida einiges über die aktuellen Lebensbedingungen und –weisen indigener Völker in der Sierra Nevada.

Nach einer heftig durchgerüttelten Stunde im 4x4 endet die „Teststrecke“ in Machete (El Mamey), wo unsere Habseligkeiten bleiben. Mit dem Nötigsten auf dem Rücken, und selbst das wird bis zum späten Nachmittag mit jedem Schritt schwerer, durchqueren wir verschiedene Bäche und steigen durch Viehweiden, Yucca- und Maisfelder steil bergan. Tiefe Blicke in ebenso tiefe Täler des stark gefalteten Gebirges bieten dem Schweiß keinen Einhalt. Wir halten uns an der Wasserflasche fest, Celso am poporo, einer Kalebasse, der er mit einem Spatel die Mischung aus Muschelkalk entnimmt, welche den Kokablättern in seinem Mund die Energien entlockt.

Nicht nur auf dem Bergrücken, den wir endlich erklimmen, treffen wir auf kleinere Nester und auf Patroullien der Armee. Kokaanbau will kontrolliert sein - und die Sierra ist noch immer Rückzugsgebiet von FARC  und Paramilitärs  und bleibt einer der Austragungsorte bewaffneter Konflikte.

Am Ende eines elend langen Abstiegs, der nicht weniger Muskeln strapaziert als der Aufstieg (nur eben andere) und der uns die Augen verdrehen lässt, wenn wir an den Rückweg denken, finden wir in Adán, einer Ansiedlung mit einer handvoll Häusern, unsere Hängematten – und ein Bier aus dem Kühlschrank (sic!). Spätestens im Gespräch vorm Abendessen wird klar, dass wir Oldies in unserer Sechsergruppe (zwei Französinnen, ein Aussie und eine Deutsche) bestens aufgehoben und keinesfalls ein Klotz am Bein sind.

(einige Fotos vom ersten Tag)

 

Nach einer recht kühlen Nacht, in der die zum Trocknen aufgehängten Klamotten nur noch feuchter werden, verläuft unser Pfad wie das Leben an sich – auf und ab („kolumbianisch flach“, wie Luis, unser zweiter guide und Dolmetscher, meint), mal glatt, mal geröllig, von der Landschaft her vielfältig. Jede Biegung, jeder Blick durchs kultivierte und erst recht durchs wilde Grün sind ein Foto wert. Gute drei Stunden wandern wir im Tal des Buritaca bergauf, bevor wir mit Rosário, einer von Wiwas betriebenen Hängemattenherberge, unsere Bleibe für die Nacht erreichen.

Dem erfrischenden Bad im Bach, dem Mittagessen und einer ausgedehnten Siesta folgen der heimatkundliche und ethnologische Teil des zweiten Tages: Aus den fleischigen Blättern einer Agave schabt Celso die Fäden frei, welche zum Weben der Tragetaschen (mochilas) benötigt werden, ohne die sich kein Indigener op pad begibt. Ein erwachsener Mann trägt mindestens drei über der Schulter bzw. um den Hals. Die größeren nehmen die Untensilien des täglichen Bedarfs, Kleidung etc. auf, im kleinere Umhängebeutel werden Kokablätter und der porporo aufbewahrt.

(im Alojamiento Wiwa)

(Heimatkundliches ...)

 

In „fußläufiger Entfernung“ (keine Minute vom Haus) gedeiht der Stoff, aus dem – nach westlicher Sicht – die Träume sind. Den Ureinwohnern der Sierra ist, ebenso wie den Indigenen am Amazonas, der Anbau und der Konsum von Koka gestattet, weil er schlichtweg traditionell zum (Männer-) Leben gehört. Und so führt uns Celso durch die Pflanzung, zeigt uns Samen und Setzlinge, pflückt geeignete Blätter (eigentlich Frauenarbeit) und lässt sie rösten (ebenfalls was für Frauen). Als Tee dürfen auch wir (wie die indigenen Frauen und Kinder mit Magenbeschwerden oder Atemnot) das Produkt genießen – did some good …

(… und  „Traditionelles  …)

 

Dass wir nicht alleine auf dem trail  sind, wird uns am Abend ob der ausgebuchten Schlafplätze und der an frühe Jugendherbergszeiten erinnernden Abendmahlstimmung unmissverständlich bewusst gemacht.

Eine halbe Stunde nach unserem Aufbruch am folgenden Morgen vermittelt uns Celso Siedlungsstruktur und soziales Gefüge einer Gemeinschaft der Kogi am und im real existierenden Dorf. Dass die (nicht nur jüngeren) Kinder auf dulces  warten, deutet nicht nur auf die zahlreichen gedankenlos Bonbons verteilenden Touristen hin, sondern lässt vermuten, dass auch von indigenen „großen Brüdern“ ein Obulus fürs konzertierte Fotografieren abverlangt wird – gesunde Zähne hin oder her …

(Lollies fürs Kogidorf)

 

Das Terrain bleibt steil, die Landschaft vielfältig, der Primärwald dominiert die kultivierten Handtücher der paisanos. Nach guten vier Stunden Aufs und Abs erreichen wir mit den Cabanas de Romualdo  unser „Basiscamp“. Noch am Nachmittag brechen wir auf zur Ciudad Perdida. Stock und Stein, Wasserrinnen, durch die wir auf und wieder absteigen und Felsbrocken im Bett des Buritaca hinter uns lassend, beginnen wir bei bereits leicht diesigem Licht den Aufstieg. 2000 Stufen sollen vor uns liegen.

Nach einer halben Stunde das Rauschen des Baches unter uns, das Blattwerk des (fast noch) Urwaldes über uns erreichen wir die erste Terrasse der einst vermutlich größten Stadt der Tairona.

Hier unterzieht uns Celso einem Reinigungsritual, bevor er uns über die heutige Bedeutung der heiligen Stätte für die Indigenen der Region aufklärt und am piedra de mapa  den Plan der Anlage näher bringt.

Am Fuß einer breiten Treppe, die zur Zeremonienstätte führt, eröffnet uns Jerry, unser Koch, dass wir trotz "offizieller" Genehmigung die Vollmondnacht nicht in der Verlorenen Stadt  verbringen dürfen, sondern ins Camp zurückkehren müssen. Selbst die ausgesprochen mystische Stimmung, durchs fade Licht, die sich abwärts windenden steilen Treppen und die Geräusche des Urwaldes hervorgerufen, lindert unsere Enttäuschung kaum. Und im Lager angekommen, packt uns das schiere Entsetzen: Gut sechzig bis achtzig Wandersleut’ sitzen an den Tischen, warten aufs Abendessen – und werden wohl morgen mit uns die von bemoosten Mauern gestützten Plateaus erstürmen …

(am Spätnachmittag in der Verlorenen Stadt)

(unsere vierte Etappe auf google maps)  

 

 

Let the others rush …

… lautet die Losung, auf die sich unsere Gruppe einigt – wir ziehen als letzte los, Buritaca 200  (so die archäologische Bezeichnung) zu besichtigen. Die steile, schmale Treppe durchs satte Grün zur ersten Terrasse ist Hirn und Füßen noch in guter Erinnerung. Ein mit flachen Steinen ausgelegter Pfad führt zum „Becken der Jugend“, in/an dem sich noch heute angehende Lokalautoritäten/Schamane (mamo) ebenso wie zu vermählende Paare mit nächtlichen Reinigungen und anschließenden Belehrungen auf ihre jeweiligen Aufgaben vorbereiten …

Beim Aufstieg zur nächsten Ebene wird einmal mehr deutlich, dass die bisher entdeckten zweihundert ovalen und runden, von der Vegetation weitgehend befreiten Plattformen oft direkt miteinander verbunden sind – durch mit flachen Steinen ausgelegten Pfaden, Treppen oder beidem.

Die bis zu zwölf Meter hohen von Moos bedeckten Mauern, das die Wege säumende Buschwerk und einige gewaltige Palmen, welche die ehemalige Zeremonienstätte flankieren, betonen die mysteriöse Lage des Ortes und verbreiten mehr als nur eine friedliche Stimmung – keine Sorge, wir sind noch immer nicht zu den Esoterikern übergelaufen …

In unseren kontemplativen Müßiggang bellen die Rotoren eines Helikopters, der auf der größten Plattform landet und eine Gruppe Sponsoren ausspuckt, die sich vom Verbleib der Gelder ihres funds gerne ein Bild machen möchte. Sechs Köpfe, deretwegen wir gestern Nachmittag umkehren mussten: Gewöhnliche Sterbliche sind über Nacht im „historischen Denkmal“ wohl unerwünscht.

Dennoch bleiben wir überwältigt von dem, was wir sehen, gesehen, erlebt und erfahren haben und weinen auch nicht einer einzigen unserer zahlreich verlorenen Schweißperlen eine müde Träne nach …

... auch nicht auf dem Rückweg, der lediglich am sechsten Tag nicht ganz so in die Knochen fährt wie der Hinweg.

(Fotos vom zweiten Versuch)

 

 

Reichlich platt …

… und nicht nur im Gesicht leicht zerknittert sinken wir im Ausgangsort unserer Tour, El Mamey, in Komfort versprechende Plastikstühle, genießen ein Dekompressionsbier, erfreuen uns am Mittagessen und nehmen es den Hunden nicht weiter übel, dass sie naserümpfend einen Bogen um uns machen. Je nach Windrichtung würden auch wir am liebsten vor uns selbst davoneilen … 

Das ändert sich unter der heißen Dusche in unserer Luxusherberge  überm Meer in Los Naranjos. Frisch wie der späte Frühling genießen wir trockene Handtücher ohne Gebrauchsspuren, nicht verschwitzte Klamotten, ein weiches, weiß bezogenes KingSizeDouble und mehr als reichlich Platz für uns ganz alleine. Das Rauschen der Wellen, die unter unserer Veranda am Strand auslaufen, ist Begleitmusik zu unserer nach Tagen wieder aufgenommenen Malariaprophylaxe und ersetzt jedes Wiegenlied. Selbst die härtesten Passagen der Wandertour rufen, als wir sie am Abend Revue passieren lassen, nur ein zufriedenes Schmunzeln hervor ...

(Ein- und Ausblicke in Barlovento)

 

 

Wie am Amazonas

… stürzt in der vierten Nacht „tropischer Regen“ (der erste seit einem halben Jahr) auf unser Felsennest, legt die Schwachstellen im Dach bloß und wässert die erfolgreich sonnengetrockneten Kleidungsstücke, welche wir sorgsam im Schrank aufgeschichtet haben. Die „türkisfarbene Korallensee“ (R’Know-How) brandet bereits seit Tagen eher bleigrau unter eben solchem Himmel an die „feinsandigen Palmenstrände“ (ebd.) des Parque Nacional Tayrona  und lässt das „verlorene Paradies“ (ebd.) auf Erden noch ein wenig verlorener erscheinen.

(im Regen ...)

Gut, dass wir ihm gleich, nachdem wir wieder zu Kräften gekommen waren, einen Besuch abgestattet haben. Die Ausläufer der Sierra Nevada lappen mit ihren dschungelbedeckten Bergrücken ins Meer und schaffen hübsch anzuschauende Buchten, in denen man jedoch ob starker Strömung, verstreut liegender Felsbrocken und einer heftigen Brandung nicht schwimmen kann. Ein schmaler Pfad zwischen hohen Ceibas, Naranjuelos, anderer Gehölze und durch dichtes Buschwerk führt an übergroßen, abgerundeten Monolithen vorbei zum „Badestrand“ La Piscina. Nach gut drei Stunden über Stock und Stein und durch tiefen Sand wissen wir, was wir getan haben, lassen uns auf ein Bier in der Tienda von Señora Marta nieder und abends im Hotel kulinarisch bescheiden verwöhnen.

(Aufnahmen aus dem Park)

(weitere Infos)

 

 

Hundert Tage …

… billigt man Inhabern eines neuen Amtes zu, sich in selbigem mehr oder minder zurechtzufinden. Nach gut 100 Tagen verlassen wir ein Land und wissen nicht so recht, ob wir uns wirklich darin zurechtgefunden haben.

Die meisten der oft recht unterschiedlichen Regionen haben wir bereist, waren von zahlreichen der vielfältigen Landschaften angetan, von einigen spektakulären sogar begeistert. Dass uns das „Voralpenland“ nördlich von Bogotá nicht vom Hocker riss, lag an uns, die wir ein wenig gesättigt waren, nicht an den sanften, mitunter auch schroffen, grünen Hügeln und Bergketten. Exotisches, auf das wir aus waren, haben wir nach unserer „ersten Etappe“ gefunden, reichlich.

Auch der zahlreichen, oft recht schmucken und herausgeputzten Dörfer und Städte im Kolonialstil wurden wir bald ein wenig müde – und damit nicht mehr gerecht. Wahrscheinlich riefe ein Abfahren der Straße der Backsteingotik ohne Unterbrechung oder ein Abklappern der Fallerhäuschendörfer in den Alpen ähnliche Ermüdungserscheinungen hervor – Kultur hin oder her …

Getroffen haben wir viele Einheimische, an allen möglichen Orten und in allen möglichen Situationen – begegnet sind wir wenigen. Vielleicht, weil wir uns recht schwer damit getan haben, frühzeitig darauf zu reagieren, dass sie einfach ganz anders sind als die Menschen in Myanmar, welche wir auf Anhieb in unser Herz geschlossen hatten.

Bis auf den ein oder anderen Taxifahrer, der sich zu fein ist, auch nur die Kofferraumklappe eigenhändig zu öffnen oder der sich in „seiner Stadt“ nicht auskennt, doch empört, dass ihm seine Irrfahrten nicht entgolten werden, empfinden wir die Kolumbianer (gleich welcher Hautfarbe) als ausgesprochen korrekt, höflich und hilfsbereit, gerade auch in der Administration, „auf Streife“ oder im Immigrationsbüro. Bereits nach der ersten Woche zählen wir das Wechselgeld nicht mehr nach, erkunden den Preis fürs Ticket nicht mehr im Vorhinein und werden die Rechnungen im Restaurant nur noch überflogen. Beschiss ist hier out, hartes Feilschen auch. Das (nicht übliche) Trinkgeld, welches wir fürs Zimmermädchen in einem durchaus renommierten Haus auf dem Nachttisch lassen, wird uns als „vergessen“ ins Taxi getragen …

Fliegende Händler wie Bettler lassen ab, sobald man ihnen den entsprechenden Blick zuwirft. Jung und Alt erklären bereitwillig den Weg, nehmen einen notfalls bei der Hand oder suchen jemanden, der sich auskennt, ohne im Nachhinein die Hand aufzuhalten.

Und doch scheinen uns die Menschen hier weniger offen, weniger neugierig, weniger wissbegierig Fremde und das Fremde betreffend als die Birmesen – und deutlich weniger zugewandt. Und genau darauf reagieren wir augenscheinlich zu spät und zu wenig flexibel, warten drauf, dass mensch stärker auf uns zukommt, statt von uns aus „offensiv auf die locals zuzugehen“. Schade! So entgeht uns einiges, wie wir peu á peu erfahren - wohl auch "el unico riesgo". Machen wir beim nächsten Mal ganz bestimmt wieder besser, versprochen … 

 

 

Bis demnächst 

panther & co

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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