...
in Rajasthan
राजस्थान
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seit dem 09.10.2016 nicht mehr aktualisiert ...
Glossar
Ob wir Indien aushalten, …
… den Spagat ertragen zwischen gebündelten Anstrengungen von
Wissenschaft und Wirtschaft zur Durchführung geplanter
Marsmissionen einerseits und den
gebündelten Eindrücken von
Hungernden, aggressiv Bettelnden und Wohnungslosen in den
Straßen andererseits, so, dass wir unsere Heizkosten auf dem
Subkontinent umwidmeten? Möchten wir herausfinden – auf die bequeme Tour
(in Ehren ergraute Hippies und dogmatische Traveller bitte weglesen):
„Indien light“ als Gruppenreise durch
Rajasthan.
Das „nicht mehr alles alleine organisieren Müssen“ nebst (hoffentlich)
garantiertem „en suite double“ mit altersgerechter Matratze zur Nacht,
die abschirmende Touristenphalanx und die knapp bemessene Zeit vor Ort
dürften, anders als „open source Unternehmungen“, gefilterte,
weichgespülte Erlebnisse zeitigen. Falls wir die Risiken ernsthaften
Strandens ob Land und Leuten sowie der wohl erheblich auseinander
klaffenden Schere zwischen Arm und "nicht ganz so Arm" weitgehend
ausschließen können, haben wir uns einem weiteren Ziel für einen Langzeitaufenthalt
genähert.
Ihr werdet es erlesen
…
(Infos aus dem
World Fact Book, ...)
(... von unserem
AA ...)
(... und der
GIZ)
(die
Reisemedizin empfiehlt)
(von
Human Rights Watch)
(und
Reporter
ohne Grenzen)
(International
Crisis Group)
(unsere
Reiseroute)
Auf den Hund gekommen …
…
sind wir im Frankfurter Terminal nicht, eher umgekehrt. Unsere Rolle als
Komparsen bei der Zwischenprüfung einer Schülergruppe junger Spürhunde
beschert nicht nur Kurzweil, sondern die Erkenntnis, dass jene
Nasentiere auch auf (Schwarz-) Geldtransfer geprägt werden. Die auf uns
angesetzten Schäferhunde wissen wohl zu unterscheiden zwischen unseren
allenfalls nach durchgesickerten Malariatropfen duftenden Gepäckstücken
und einer vom Zoll dazu gestellten präparierten Tasche. Ein Klicken vom Supervisor, ein Gutserle von der Hundeführerin, ein Spielzeug – und
anschließend eine halbe Stunde Verschnüffelpause.
Im zweiten Prüfungsteil deuten die Azubis die behosten Beine
einer Zollbeamtin in Zivil als zumindest geruchsmäßig deutlich attraktiver denn unsere – sie
lassen sich selbst vom Aufdruck eines Artverwandten („Wolfskin“) nicht die Bohne beeindrucken.
Alles richtig gemacht: Klick, Gutserle, Spielzeug, Pause.
Weit weniger spektakulär verläuft der Flug über Amman nach Dehli,
nachdem die für FRA wie üblich chaotisch strukturierte
Sicherheitskontrolle überwunden ist. Der Service in der Royal Jordanien
ist eher bürger- denn königlich – OK, Business Class gibt’s eben
auch hier nur in der Business Class …
Dehli empfängt
...
...
uns mit zurückhaltend korrekten Immigrationsbeauftragen, Zöllnern, die
nach nichts fragen ,
sich um niemanden kümmern und interessiert auf
uns Fremde schauenden Einheimischen, welche nach
einem freundlichen Lächeln
den suchenden Blick wieder zum Ausgang wenden, um ihre Lieben
nicht zu verpassen.
In den frühen Morgenstunden bahnt sich unser
Coach Captain fast mühelos den Weg zu Frühstück und Zähneputzen ins
Park Hotel
in
Gurgaon. Zwar bewegen sich fast
so viele Radfahrer, Fußgänger, Kühe (heilige, welche sich weniger heilig
denn höchst menschlich verhalten) und Ziegen auf der Fahrbahn, doch lässt der
Berufsverkehr noch auf sich warten.
Die Nachhaltigkeit der erfrischenden Dusche nach langer Flugzeit hält
bereits auf dem Weg aus dem Hotel in den klimatisierten Bus nicht mehr
nach. Ganz anders die mitgebrachten Klischees: Nippesverkäufer,
Bettelnde, Schlepper, die bereits auf dem Gehweg auf
Einkommensverbesserungen hoffen, angeschmuddelte Straßenzüge,
abbröckelnder Putz, abblätternde Fassadenfarbe, Müll allerorten, dichter
Verkehr, Massen an Menschen – und das alles nicht nur in Farbe, sondern
noch viel, viel bunter. Wir wussten, dass wir nicht in die
Schweiz
führen …
Der rote Sandsteinturm
Qutb Minar ist die erste Sehenswürdigkeit, auf
welche unsere 36- köpfige Reisegruppe losgelassen wird. Gut 72
Meter strebt
das Bauwerk in den Himmel. Als Symbol des Sieges erinnert es an den
Beginn der muslimischen Vorherrschaft über weite Teile des Subkontinents
und ist (so die wahrgenommenen impliziten Äußerungen unseres ReiseleiDers)
wohl nur deshalb in den Besichtigungskatalog aufgenommen, weil es zu Dehlis berühmtesten Wahrzeichen zählt und
zum Weltkulturerbe. Mit abfälligen Bemerkungen über die „arabischen Aggressoren“,
muslimfeindlichen Äußerungen und einseitig verherrlichenden Ausführungen
zu vorislamisch hinduistischen Kulturleistungen outet sich Vikas als
nationalistisch chauvinistischer Hindu der "Jain" kommt erst später
hinzu ... Damit ist er trotz später(er)
durchaus sachlich ausgewogener Erklärungen bereits nach
fünfzehnminütiger Rede bei Willi für den Rest der Reise unten durch! Ob
Studiosus vor sowas schützt …
Angenehm, dass die zahlreichen Einheimischen ungeachtet ihrer
Glaubenszugehörigkeit als Pilger wie als Besucher die Stätte von Triumph
und Niederlage durchschreiten und sich ebenso um Fotos von uns bemühen
wie umgekehrt. Unaufgeregt, zugewandt und mit dezenter Neugier suchen
sie den small talk mit den Fremden, posieren mit und für uns vor der
Kamera und erfreuen sich nicht ohne Stolz an der Kunst am Bau, die von
hinduistischen Steinmetzen für muslimische Bauherrn geschaffen wurde.
(wiki en. zu
Qutb Minar)
(Fotos von
Qutb Minar)
Nach dem zweiten Proseminar über „Fahrkunst unter
besonderer Berücksichtigung unorthodoxer Auslegung der lokalen Straßenverkehrsordnung“ und dem Vorankommen im Schritttempo durch die
engen Sträßchen und Gassen des muslimischen Viertels erreichen wir die
Jama Masjid. Das bunte Treiben
ist dichter geworden. Sämtliche Läden, fliegende Händler und mobile
Stände sind umlagert oder umlagern selbst. Zwischen blechernen Küchen-utensilien, fliegenfreien Halalschlachtereien, Krämer- und
Kramläden schauen neugierige Gäste - ja, ja, es sind Männer - aus den Teestuben und winken uns
über ihre Gläser hinweg zu. Die Frauen grüßen aus dem Hintergrund der
kleinen Geschäfte nicht minder eifrig. Keinerlei Feindseligkeiten trotz der Unruhe
über den Schmuddelfilm
auf YouTube ...
In der größten Moschee Indiens verbrennt man sich eher die Fußsohlen
denn den Mund, so mensch sich erfolgreich den Weg durch
Rikschaschlepper, Andenkenverkäufer und selbst er-nannte „best guides
ever“ gebahnt und über breite Sandsteintreppen auf den riesigen, für
25.000 Gläubige konzipierten Innenhof gelangt ist. Imposant ist der
Mogulpomp weniger ob seiner künstlerischen Ausführung als seiner Größe
wegen. Die kleinen Gassen, inmitten derer er liegt, sind optisch wie
olfaktorisch weit attraktiver, lassen sich angesichts der knapp
bemessenen Zeit jedoch nicht erkunden: Bis Agra sind es noch 200
Kilometer ...
(wiki en. zur Jama
Masjid)
Doch zuvor besuchen wir die
Raj Ghat, jene
Stelle, an der
Mahatma Ghandhi eingeäschert wurde und an der heute im
Memorial Museum an seinen Beitrag zur Unabhängigkeit Indiens gedacht
wird. Er wurde, so mensch den Ausführungen Wikipedias glauben darf, von
einem "fanatischen, nationalistischen Hindu" ermordet, Mr. Vikas
...
Damit wir auch ja über keine freien
Speicherplätze
im Hirn mehr verfügen, beschließen wir die Stadtrundfahrt mit Dehlis
erstem Mogul
Mausoleum. Für den
zweiten Mogulherrscher Humayun wurde diese Ruhestätte aus rotem
Sandstein erbaut. Auch wenn nicht alle prächtigen Gebäude persischen
Stils zwangsläufig Assoziationen an den Taj Mahal wecken, dieses lässt
keine anderen zu …
(wiki
en. zur
Raj Ghat)
(wiki
en. zum
Humayun Mausoleum)
(Fotos vom
Mausoleum)
Die schwüle Wärme, welche außerhalb schattiger Plätze sofort zu feuchter
Hitze mutiert, macht in Eintracht mit dem inhaltlich wie zeitlich umfangreichen Besichtigungsprogramm schlichtweg platt. Daran ändern auch die
freundlichen, aufgeschlossenen einheimischen Mitbesucher mit
aufmerksamen Hinweisen oder interessierten Fragen nach Herkunft und Ziel
von uns Fremden nichts. Und die durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen am
vom Tourismus gebackenen Kuchen Beteiligten, welche gewissenhaft
Eintrittskarten abreißen, Wege, Plätze und Rasenflächen fegen, Tauben
und gar zu dreiste Fotografen verscheuchen, vermögen weder durch
aufmunternde Blicke noch durch ein Lächeln unsere Müdigkeit zu lindern.
Das schafft allein die altersgerechte Matratze des Utkarsh Vilas in
Agra. Nicht mal ein Wiegenlied ist nötig - Captain Morgan macht sich
einmal mehr verdient als Hüter des Schlafes ...
„Agra
ist riesengroß …
und unübersichtlich. Es hat kein wirkliches Zentrum, sondern besteht aus
mehreren eigenständigen Basarvierteln in einem amorphen Häusermeer …“
steht im Loose, und wir können ihm nur Recht geben. Wir wohnen knapp
einen Steinwurf weit vom Taj Mahal entfernt, dürfen dieses Highlight
jedoch erst am folgenden Tag genießen, da er freitags, zum muslimischen
Feiertag, für touristisch motivierte Nichtmuslime nicht zugänglich ist.
Auch der Petersdom nennt seine Grenzen ...
So wühlen wir uns im Bus durch den Alltagsverkehr, in dem zwar auch
sozialdarwinistische Strukturen erkennbar sind, die jedoch nicht
uneingeschränkt ausgefahren, eher schon ausgebremst werden. PS-Stärke, Masse und Größe von
Vehikeln lassen sich nämlich durch clevere Drängeleien und Nutzen
schmaler Durchlässe zwischen LKWs, Bussen und Pick-ups von Mensch, Tier,
Fahrrad und Rikscha aushebeln. Beulen am Blech riskieren alle, die nicht
zu Hause bleiben, auf blaue Flecken oder Frakturen hingegen ist niemand
aus. So wabert der Verkehr, er ruht nicht und er strömt nicht.
Die hohen, massiven Festungswälle des
Roten Forts (Agra Fort) ragen
auf einem Hügel dicht an der
Biegung
des
Yamuna
hinter satt grünen Büschen und Bäumen empor. Durch ein verwinkeltes
Torsystem gelangen wir auf einer sanft ansteigenden Rampe auf ein
Plateau, das imposanten Gebäuden, die ganz und gar nicht an eine
Festungsanlage erinnern, großzügig Platz bietet. Weitläufige Paläste,
verspielt wirkende Pavillons, durch zahlreiche abstrakte Ornamente
aufgelockerte Fassaden erinnern an mächtige, betuchte Herrscher, die
einem luxuriös süßen Leben kaum abgeneigt gewesen sein dürften.
Nicht ohne eine gewisse Rührung schweift der Blick
vom
Musamman Burj über den Fluss
zum nahe gelegenen Taj Mahal. Ihn hatte sein Erbauer,
Shah Jahan, in den Jahren seiner
Gefangenschaft geteilt. Weder dem Bundesrechnungshof noch dem Bund der
Steuerzahler wird dies zum Trost gereichen oder gar einen Seufzer des
Mitleids entlocken.
(wiki
en. zum
Agra Fort)
(Fotos vom
Roten Fort)
Die kunstvollen Steineinlegearbeiten des Diwan i Khas oder des
Shish Mahal
noch vor dem
geistigen Auge endet der Morgen mit einer Butterfahrt in eine
Steinschleiferei. Türkei erprobt sind wir auch gegen diese
Verlockungen gefeit. Lapislazuli- oder Karneolintarsien unterm Glas
Elbling
auf unserem Balkon haben uns gerade noch gefehlt …
Nach einer Siesta, während der die Regenzeit zeigt, dass sie zwar zu
Ende geht, doch noch lange nicht am Ende ist, bewegen wir uns per Bus
durch das, was mensch hier „fließenden Verkehr nennt“. Nach diesem
Maßstab boten der Sachsendamm vor zwanzig Jahren oder das Dreieck
Schwanebeck während der letzten freie Fahrt …
Unser Stau führt uns unter drohend schwarzem
Himmel zum Grabmal von Mirza Ghiyas Beg. Der
prachtvolle
Itmad du Daulah, nicht ohne
Grund auch „Baby Taj“ genannt, gilt als Vorläufer des Taj Mahal.
Geometrische und florale Ornamente in gedämpften Tönen, fantastische
Einlegearbeiten mit persischen Motiven stellen viel von dem bisher
Gesehenen in den Schatten.
(wiki en. zum
Baby Taj)
(Fotos vom
Itimad
du Daulah)
Vom Hinduschrein
Mehtab Bagh auf dem östlichen
Ufer könnte man den Sonnenuntergang hinter dem Taj Mahal gar prächtig
beobachten, ließen es denn die Wolken zu. Doch auch der Blick unter
düsterem Himmel, welcher die Szenerie unwirklich scheinen lässt, hat
was. Selbst die Armeeangehörigen, Wachmannschaften zum Schutze des
Weltkulturerbes,
genießen das Bild.
Die Fahrt im Dunkeln und bei strömendem Regen zurück zum Hotel holt uns
in die profane Wirklichkeit zurück: Auch ohne ruhende Kühe im
„fließenden“ Verkehr schieben wir uns nur mühsam Richtung Unterkunft.
Die Augen
schaffen gerade noch die vorbereitende Lektüre auf den Besuch des Taj
Mahal, doch unsere grauen Zellen weigern sich beharrlich, die
Ausführungen zu speichern ...
„Eine Träne im Antlitz der Ewigkeit“…
… nennt
Thakur
jenes Bauwerk, welches am ehesten mit Indien verbunden wird. Im noch
leicht
verschleierten
Sonnenlicht des frühen Morgens nimmt uns der
Taj Mahal, Ausdruck höchster
Mogul-Baukunst, tatsächlich für einen Moment den Atem - keine Sorge, wir
drehen nicht esoterisch ab, doch der Anblick ist trotz der zahlreichen
Touristen schlichtweg überwältigend …
Den Sperrgürtel für Fahrzeuge mit
Verbrennungsmotor (zum Schutz des Weltkulturerbes – paar Kilometer
weiter blasen Chemie- und Stahlwerke ihren Schwefel in die Luft)
überwinden wir im E-Bus. Das Einlassprocedere gleicht dem Security Check
in FRA, doch verlieren sich die Ströme einheimischer wie ausländischer
Besucher im
charbagh, dem Paradiesgarten.
Und von Weitem machen sie sich auf der Plattform vor dem Mausoleum
winzig wie Ameisen aus – sie stören nicht weiter …
Im Gegenteil: Bei allem Respekt vor dem
Denkmal einer großen Liebe bringen indische (Groß-)
Familien ungezwungenes Leben und viel Farbe ins Bild. Sie lagern im
Schatten der der Türme, schwatzen, picknicken, lassen es sich gut gehen.
Im Innern der hohen, achteckigen Grabkammer hingegen, wachen Cerberusse
darüber, dass nicht fotografiert wird („ a hundred rupies will do“…)
und niemand die filigranen, wie Schmiedeeisen anmutenden mit Edelsteinen
verzierten Marmorgitter berührt – allein, es gibt zu viele Hände und zu
viele Rupien ...
Draußen wechseln die Marmorflächen je nach Sonneneinfall ihre Farben
von Grau über Gelb bis zum blendenden Weiß und verstärken so die Wirkung
der kunstvollen Steinintarsien und der mit Halbedelsteinen verzierten
Gravuren. Was wäre Indien ohne solche Werke „arabischer Aggressoren“
möchte ich den ReiseleiDer fragen …
Die friedliche, entspannte Stimmung,
vergleichbar mit der wie sie seinerzeit auf dem Campus vor dem
verhüllten Reichstag zu genießen war, hält mich vom Stänkern ab.
(wiki en.
zum
Taj Mahal)
(Fotos vom
Taj Mahal)
Die Schritte zum E-Bus bringen uns rasch in die Wirklichkeit zurück:
Gleich hinter dem Ausgang beginnt das Kaufland, in dem es nichts an
touristischem Krempel gibt, der nicht irgendwie an irgendwen verschoben
werden könnte. Eine gehörige Portion Ignoranz ist vonnöten, um den
penetranten Händlern zu entgehen.
Durchs
Verkehrsgewirr Agras, an das wir uns bereits gewöhnt haben, führt die
Fahrt 40 km
über Land zur „Verlasenen Stadt“ aus rotem
Sandstein.
Fatehpur Sikri,
einstige Reichshauptstadt des Großmoguls Akbar, birgt nicht nur optisch
einen starken Kontrast zu den filigranen Arbeiten des Taj
Mahal.
(wiki en.
zu
Fatehpur Sikri)
(Fotos von der
Verlassenen Stadt)
Die Landschaft bis
Bharatpur
ist unspektakulär wie die, durch welche wir während der vergangenen
Tage gefahren sind. Da ändert auch „die kleine Tierschau“ nichts, zu der
wir nach einer Verschnaufpause im Hotel aufbrechen. In Jeeps, den
ortsüblichen Taxis, kurven wir über sehr holperige Pisten in ein kleines
Dorf, das so ziemlich
jeden Tag Reisegruppen willkommen heißen muss. Auf den Zufahrtswegen
lauern die Youngsters auf die Fremden, damit sie endlich was zu Gucken
haben (beide ...); Stimmung wie samstags vor der Sportschau.
Dennoch empfangen uns die Dorfbewohner freundlich, lassen Fotogewitter
geduldig über sich ergehen und ertragen die „Overlandunternehmung“ mit
buddhistischer, Pardon, hinduistischer Gelassenheit, doch nicht ohne
beobachtend Anteil am Geschehen zu nehmen. Lediglich eine Dorfschöne,
die so gar nicht ins bunte Bild zwischen angepflockten Rindern,
umherschweifenden Ziegen und mit
Mist bedeckter Dorfstraße passt, lässt sich bei der Lektüre ihrer
Aufzeichnungen nicht stören – gut so!
(Fotos aus
dem Dorf)
Blühende Landschaften …
…
so weit das Auge reicht – so lange das Wasser des letzten Regengusses
noch nicht völlig aus den Senken verschwunden ist: Die riesige zwischen
250 und 400 Meter hoch gelegene Ebene, die wir seit Dehli durchqueren,
bietet zwar keinerlei spektakuläre Landschaftsformationen, doch
einige
tausend Quadratkilometer fruchtbaren Ackerlandes. Derzeit stehen Hirse,
Hülsenfürchte (von Linsen bis Kichererbsen), Futter fürs liebe Vieh,
Baumwolle und Gemüse im Saft. Und in all dem Grün machen sich die Frauen
in ihren leuchtenden bunten Saris (tiefrot, orange und türkis liegen im
Trend) als herrliche Farbtupfer weithin sichtbar. Mit unnachahmlicher
Grazie tragen sie auf dem Kopf riesige Bündel durchs Feld. Ihre Männer
hängen wohl faul zu Hause ab oder trotten ohne sichtbare Last schlaff vor ihnen her …
Ein Großteil der Weideflächen entlang der Straße steht noch unter
Wasser. Sie halten nach der Monsunsaison am längsten ihr Grün, bevor
Ocker bis Braun dominieren.
Ein wenig abseits des „Highway“ liegt in Abaneri
der Chand Baori; ein
Stufenbrunnen, der als Teil
eines alten Bewässerungssystems selbst in der Trockenzeit den Zugang zu
Wasser gewährleistet (hat).
(Fotos vom
Stufenbrunnen)
Nach
Jaipur fahren wir wie durch
Theaterkulissen ein: Mächtig wirkende Fassaden ehemaliger Wächterhäuser
flankieren die enge Straße und lassen ahnen, welchen Reichtum es hier zu
schützen galt.
Kaum hält der Bus, ist er bereits von fliegenden
Händlern mit breit gefächertem Angebot umlagert. Vom Fotoshooting mit
traurig blickendem Kleinkind auf dem Arm über Glitzerkulis, Armreifen,
Alabasterelefanten etc., etc. bis zur klaren Frage („Money???“ – das
darbende Baby
malerisch in einer fahrbaren Holzkiste drapiert) ist alles zu haben.
Die Auslagen eines weitläufigen Schmuckladens lassen noch nicht den
Schluss zu, dass in dieser Gegend der Erde überwiegend Russen zur
Zielgruppe gehören – auch wenn unsere aus Moskau stammende Reiseteilnehmerin
das Geschäft nicht nur optisch merklich belebt …
Das Gewimmel und Gewusel in und um den Bazar nehmen wir zunächst aus der
Vogelperspektive wahr, bevor wir es ein wenig später erlaufen und uns
schließlich – landestypisch – per Fahrradrikscha erschließen lassen.
Diese Deppentour durch einen der „lebendigsten Handelsplätze in ganz
Asien“ (Loose) wird kaum durch „übereifrige Händler“ (dito)
beeinträchtigt. Dazu müsste mensch wohl einzeln durch das Gewirr der
Läden ziehen. So begegnen uns eher amüsiert dreinblickende
Einheimische, deren verschmitzt wissendes Lächeln arg an unseren Ritt
auf dem Esel durch Lalibela erinnert; doch das war eine andere
Geschichte ...
Mit dem den Tag über kontinuierlich angestiegenen Bedürfnis nach Ruhe
ziehen wir die Verlockungen unseres großzügigen Zimmers im Clarks Amer
denen einer selbst bestimmten Entdeckungstour durch die Stadt vor …
(wiki en. zu
Jaipur)
(Fotos zu
Jaipur)
Verschwinde …
…
zum Palast der Winde! Das in jedem Reiseprospekt abgebildete Wahrzeichen
Jaipurs liegt
mitten in der „Pink City“, erglüht jedoch im Schein der Morgensonne eher in zartem Rot-Orange, so wie die Wände der benachbarten
Häuser auch. Außer der fünfstöckigen Fassade, durch deren kunstfertig
vergitterten Fenster die Hofdamen das „Treiben auf der Gass“ unge- (und
be-)sehen verfolgen konnten, hat der
Hawa Mahal nur Erinnerungen an bessere Zeiten
zu bieten.
Diese erhoffen sich die bereits zu früher Morgenstund’ lungernden
Eckensteher, Rikschawallahs, Wasser- und Souvenirverkäufer vom
fotografierenden Tross der Billigreisenden. Nix wie weg also.
(Indian Visit zum
Palast der Winde)
(Fotos vom
Hawa Mahal)
Die Busfahrt durch die Stadt gestaltet sich vor dem Einsetzen der rush
hour (die dann bis in die späte Dunkelheit andauert) zügig und eröffnet
Blicke auf die verzweifelten Bemühungen der Ladenbesitzer, dem Müll
zumindest vor ihrem „Schaufenster“ Herr zu werden – indem er vor die
(noch geschlossene) Tür des Nachbarn expediert wird …
Eine knappe halbe Stunde nördlich von Jaipur spiegelt sich in einem See
die auf einem mächtigen Felsen gelegene, durch hohe Schutzwälle und
wuchtige Mauern gesicherte
Festung Amber. Zum Aufstieg wählen wir nicht
die landestypischen, dickhäutigen und schad-stoffarmen Transportmittel, sondern die zu
Hunderten bereitstehenden Jeeps.
Trotz der zahlreichen Gleichgesinnten, welche sich durch die übliche
Phalanx der Andenkenverkäufer gedrängt haben und Innenhöfe wie
Räumlichkeiten der Palastgebäude übervölkern, beeindruckt die Anlage mit
Spiegelmosaiken und Marmorarbeiten.
(Fotos vom
Amber Fort)
Die
bisher gesammelten und noch nicht verarbeiteten Eindrücke beeinträchtigen gemeinsam mit der schwülen Hitze die Aufnahmefähigkeit
eines ermatteten Geistes in einem geschafften Körper – vor allem, wenn
Kenntnisse der Astronomie aus Tagen in der Unterprima zum Verständnis
der Funktionsweisen der Messgeräte des
Jamar Mantar aktiviert
sein wollen. So warten die in gewandtem Deutsch populärwissenschaftlich
formulierten Erläuterungen durch einen local guide geduldig, „nochmal
in Ruhe
nachgelesen“ zu werden …
(UNESCO
zum
Observatorium)
(Fotos von
einigen Instrumenten)
Kein Wunder, dass unsere
Begeisterungsfähigkeit dem prächtigen
Stadtpalast nicht mehr
gerecht werden kann. Die eleganten Fassaden beeindrucken stärker als Prunk
und Glanz im Innern – selbst gepriesene Deckengestaltungen vermögen uns
jedoch
nicht mehr aus dem Wendekreis eines Ventilators zu locken ...
(erschöpft
wie wir ...)
Über den späten Nachmittag und den einstündigen Wolkenbruch, welcher die
Strassen des Bazars überflutet haben soll, erfahren wir nach unserer
Siesta durch Dritte …
„Nach dem Frühstück …
…
Busfahrt nach Nimaj und Check-in im Hotel“ kündigt der Reiseverlauf an.
Eine Geländewagensafari in die umliegenden Dörfer soll der
Zwischenstation auf dem Weg nach Jodhpur ein wenig mehr Flair als nur
„Strecke knüppeln im Bus“ verleihen. Trotz der Schwerstarbeit, die
unser Coach Captain täglich bravourös leistet, weist das GPS den
„Schnitt in Bewegung“ mit bestenfalls 36,9 km aus, die pro Stunde
zurückgelegt werden. Selbst wenn auf den Überlandstraßen keiner
heiligen Kuh ausgewichen, keinem Geisterfahrer eine Chance gewährt und
auf das Überholen überladener LKWs nicht verzichtet werden muss,
spätestens im nächsten Ort dürften auch eingefleischte Veganer ihren
Respekt vor so manchem geheiligten Vierbeiner verlieren und betonte
Menschenfreunde bald an die Grenzen ihres Verständnisses (oder gar
Verstandes???) gelangen. Willi hinterm Steuer hätte spätestens
einhundert Meter hinter dem (fiktiven) Ortseingangsschild das Abendmahl
für die Reisegruppe erfahren …
Auch ihm verschafft der Peestopp an Raststätten ein wenig Entspannung.
An diesen Orten wird ob der zahlreichen Individualos in gecharterten
Limousinen einmal mehr deutlich, dass wir uns auf dem Lonely Planet Trail bewegen.
Ein
"Technischer K.O." unseres Vehikels lässt rasch vergessen, dass wir
bisher „gut in der Zeit liegen“. Mitten in der Pampa geben Ventilator
und Kühler ihren Geist auf und machen uns über Stunden zur Attraktion
für vorbeifahrende Einheimische.
Lange bevor das Serviceteam von Leyland den bereits ausgebauten
Propeller begutachtet, haben wir jede Menge Solidaritätsbekundungen,
coole Sprüche, mitleidvolle wie hämische Blicke etc. von Fernfahrern,
Mopedpiloten und Kuhhirten entgegennehmen dürfen.
Ganz zu schweigen von dem Typ Jungs, die bei uns vor Jahrzehnten im getunten
Kadett oder Escort über die Landstraße gecruist sind. Und von den
Familien, die Großeltern wie Enkelkinder aus dem Wagen zerren, um sich
mit ihnen und uns gemeinsam auf ein Foto (i-phone allerorten) bannen zu
lassen, reden wir auch nicht.
Nach verschiedenen, nicht vom Erfolg gekrönten Reparaturanläufen, wird
der ReiseleiDer zum
Reiseleiter: Er organisiert die Weiterfahrt per Taxi,
hier immer: Geländewagen.
Uns chauffiert solch ein Cruiser mit einem unglaublichen Gefühl für enge Räume,
sichere Überholmanöver und der gebotenen Ignoranz gegenüber
Wolkenbrüchen, die kein Scheibenwischer der Welt bewältigen kann,
nonchalant in unseren Maharajapalast in Nimaj. Seine Weigerung, im
Konvoi zu fahren, lässt uns gut eine Stunde vor den Mitreisenden
bereits unsere Suite beziehen, einen Tee genießen und feststellen,
dass dieses Dorf mehr lohnt als nur zu übernachten: Wir werden uns der
auf den kommenden Morgen verschobenen Safari nicht anschließen, auf das
Kennenlernen des täglichen Farmerlebens verzichten und uns statt dessen
in den dörflichen Alltag stürzen.
(Fotos am
Straßenrand)
Meditativer Gesang …
…
aus den zahlreichen Tempeln und Tempelchen der unmittelbaren Umgebung
entlocken uns sanft einem ruhigen, wohlverdienten Schlaf: Erst gegen
Mitternacht sind die Seidennegligées im Gepäck mit dem reparierten
Bus eingetroffen..jpg)
Tageslicht erleichtert die Orientierung im „Nimaj Palace“, dem jede
neue Maharajageneration An- und Aufbauten, Zwischengeschosse,
Raumteiler etc. verpasst hat, so dass der Weg zum Frühstück, anders als
der zum Dinner nicht mehr
dem Entkommen aus einem Labyrinth gleicht.
Während sich die Jeeps zur Erforschung des Farmlebens durch die engen
Gassen fädeln, erkunden wir zunächst die Orte, welche am frühen Morgen
den Reisewecker ersetzt haben. Erstaunte Blicke, dass es doch
tatsächlich Weiße gibt, die nicht nur im Dorf übernachten, sondern auch
durch entlegene Gässchen ziehen, in Tempel blicken, durch Pforten
schielen und freundlich grüßen. Ein wenig gespannt, interessiert und
wohlwollend neugierig schaut man uns entgegen, erwidert unser Lächeln,
winkt uns offen zu und versucht, so die Englischkenntnisse reichen, ein
paar Worte zu wechseln – woher, wohin, wie uns Indien gefällt, ihr Dorf,
das Hotel.
Wie auch immer verbreitet sich rasch, dass das Eis gebrochen ist –
entsprechend unbefangen tritt
man uns gegenüber. Winkt der eine Krämer lässig aus seinem Laden, lädt
der andere ein, sein Warenangebot zu bestaunen, ohne Kaufzwang versteht
sich, unaufdringlich. Selbstverständlich lässt die große Schwester ihre
jüngeren Geschwister, die sie auf den Weg zur Schule begleitet,
ablichten. Selbst möchte sie nicht mit aufs Bild – "too old, you know".
Bereitwillig wird uns erklärt, wie denn das Bügeleisen funktioniert,
das bei uns bereits in der Exponatensammlung von Heimatmuseen
verschwunden wäre. Wir verstehen kein Wort, doch das Lächeln im Gesicht
der Lady.
Die Straßen sind gefegt, die Rinnsteine gereinigt. Dass wir mitunter
auf spitzen Zehen übers Pflaster schreiten, liegt an jenen
Viechern, die nicht an sich halten können, friedlich den Weg versperren
und erst dann handgreiflich an ihre Pflichten erinnert werden, wenn
ihnen der Überlandbus partout nicht ausweichen kann.
Unsere Neugier deutend erklären ein paar jüngere Männer, dass die
Menschen in ihrer Gasse vom Ölpressen leben. Alles, was sich zu Öl
machen lässt, wird, je nach Saison, zu Öl. Sie führen uns in einige
ihrer Häuser und zeigen uns die antiquierten, doch effizienten
Maschinen. Auf dem Markt verkaufen sie ihre Produkte nicht – die
Kundschaft kommt zu ihnen, den Migranten aus Pakistan ...
Um
den Dorfplatz herum tobt ruhig das Alltagsleben. Geduldig wartet man
auf den Termin im Ambulatorium, auf den Bus oder wen oder was auch
immer. Nicht nur die alten Männer sitzen in den nach allen vier Seiten
offenen Teestuben, nicken uns freundlich zu und deuten auf den freien
Platz neben sich.
Ebenso unaufdringlich wie das Geleiten durchs Dorf erfolgt der Abschied,
nachdem wir mit den Safariteilnehmern wiedervereint sind: Ein leichtes
Winken, ein wohlgemeinter Blick – die Karawane zieht weiter. Ja, gerade auch
der Menschen wegen könnte es zwischen uns und Indien etwas werden …
(wiki en. zu
Nimaj)
(Fotos aus dem
Dorf)
Nur eine Nacht …
… für
Jodhpur ist eindeutig zu
wenig, zumal die Anfahrt schon ihre Zeit braucht. Die Landschaft lockert
zusehends auf – wir nähern uns dem
Aravalligebirge,
das mit hohen, waldbedeckten Bergen deutlich reizvoller wirkt als die
wenig auffällige Gegend der vergangenen Woche.
Das mächtige
Mehrangarh Fort
sei eine der spektakulärsten Zitadellen Radjasthans. Nimmt
man dem Reiseführer sofort ab, sobald schon von Weitem die aus dem
Sandsteinsockel, welcher hoch über dem Land thront, herauswachsenden
hohen Mauern dieses Bollwerks ausgemacht sind. Seine überwältigende
Größe zu ermessen, überlassen wir unseren Füßen. Die reich verzierten,
filigranen Fassaden verlangen Augen und Hirn jede Menge ab.
Die ummauerte blau getünchte Altstadt, welche zu
Füßen der Festung kauert, lockt mit ihren kubistisch anmutenden Häusern
und den zu erahnenden verwinkelten Gassen, „steht jedoch nicht auf dem
Programm“ – mit Sicherheit ein echtes Manko, das auch der Besuch des
nahe gelegenen
Jaswant Thanda
nicht wett machen kann!!!
(wiki en. zum
Aravalligebirge)
(Infos vom
Maharaja
persönlich ...)
(Fotos vom
Mehrangarh Fort)
Den Farbtupfern, …
…
die uns aus den Feldern und auf den Baustellen an der Straße
entgegenleuchteten, begegnen
wir
kurz vor dem Verlassen der alten Königsstadt an einer Straßenkreuzung:
Der Treffpunkt, Sammel- und Abholplatz der TagelöhnerInnen ist bunt vor
Frauen, welche in blitz-saubere Saris gekleidet mit angelegtem
Armschmuck und dem Henkelmann in der Hand auf Lohnarbeit warten, ob im
Haushalt, auf den Feldern, beim Haus- oder im Straßenbau. Egal
wie stark ihr Sonntagsstaat heute leidet, auch morgen werden sie wieder
wie aus dem Ei gepellt und zum Festtanz gekleidet auf eine
Beschäftigung warten.
Zum ersten Mal erleben wir so etwas wie eine nervöse Unruhe, eine
Anspannung, die sich in der hundertköpfigen Gruppe breit macht,
welche keiner Rotte Kamera bewehrter, Luxus gewohnter Touristen
begegnen möchte, sondern dem Arbeitgeber für diesen Tag. Fotoaufnahmen
aus der Hüfte scheinen nicht zu stören, ostentativ ausgelöste Apparate
werden mit ablehnenden Bewegungen und wenig freundlichen Worten
quittiert. Als bloßes Schauobjekt wahrgenommen zu werden, löst
berechtigte Empörung aus. Gut, dass wir verschwinden.
(Fotos von der
Straßenkreuzung)
Durch recht lebhafte Dörfer, mal mehr, mal weniger gepflegt, doch selten
ärmlich wirkend, nähern wir uns unserem Ziel. Die Frauen tragen
gedecktere Farben, unzählige Armreifen aus Messing und immens große
goldene Nasenringe.
Um
Ranakpur erhebt sich
eine satt grüne Bergkette mit teils tief eingeschnittenen Tälern. Nach
einer Ruhepause im King’s Abode, das von der Architektur und vom
Ambiente her ebenso gut über den Reisterrassen Balis liegen könnte,
besuchen wir den
Jain Tempelbereich.
Mitten in einem dicht bewaldeten Tal der Aravalli gelegen, strahlt er
eine unglaubliche Ruhe aus. Selbst die auf den Mauern und Wegen
patroullierenden Makaken zeigen keinerlei aufdringliches oder gar
aggressives Verhalten. Durchaus ein Ort zum längeren Verweilen …
(wiki zur
Glaubensrichtung der Jain)
(Fotos vom
Adinatha Tempel)
(ganz anders: der
Chhatri Baustil)
Bergauf, bergab …
…
quält sich der Bus über die enge, dem sich windenden Verlauf der
Steiltäler folgenden Straße
durch
den Bergurwald. Heilige Kühe trauen sich nicht hierher – sie bekämen
Ärger mit den Ureinwohnern. Die hocken, sich lausend, am Fahrbahnrand
und lauern auf Köstlichkeiten jedweder Art, die ihnen aus den Fahrzeugen
zugeworfen werden. Und als würden sie dafür bezahlt, führen sie vor den Kameras der Westerner einen wahren Affentanz auf, bevor sie sich – ohne
Zugabe – ins satte Grün zurückziehen.
Die Straßenführung ist nichts für schwache Gemüter und geschwächte
Magennerven wie sich bald herausstellt, die Langzeitwirkung
einheimischer Breitbandmedikation aus der Destille jedoch zuverlässig,
zumindest bei uns. Ein wenig Beruhigung (ver-)schaffen da die
Durchfahrten durch recht aufgeräumte Dörfer, in denen Zebus, Ziegen und
Schafe nicht auf dem Damm stehen, sondern dort, wo sie hingehören, auf
der Weide. Auch die Einheimischen freuen sich über unsere touristischen
Einlagen, winken, lachen.
Nach drei Stunden (oder knapp 100 km) können wir
uns im Aodhi, einem Jagdschloss des Maharajas, die Nase pudern, bevor
wir unsere Fahrt im Jeep zur abgelegenen Bergfestung
Kumbalgarh fortsetzen.
Die von mächtigen Wällen und Bastionen geschützte Anlage bietet einen
herrlichen Ausblick über die idyllische Landschaft. Auch wenn das Innere
eher funktional schlicht gehalten ist, das Panorama vom Dach des
Palastes lohnt tatsächlich rakiträchtige Verkehrswege …
Und die führen drei weitere Stunden bis kurz vor
Udaipur durch die
zerklüftete Berglandschaft, über die wer auch immer eine dicke grüne
Decke gelegt hat. Unter einer weißen finden wir dann Ruhe für die Nacht …
(Fotos von
Kumbalgarh)
Udaipur hat was, …
… zweifelsohne. Das Attribut „Venice
of the East“ hingegen
muss jedoch das ultimative Argument gewesen sein, einen britischen
Verwaltungsbeamten, dem keine
strafversetzungswürdige Verfehlung nachzuweisen war, zur Aufnahme seines
Dienstes an jenem Ort zu bewegen.
Die Lage am trotz einer teils unsensiblen
Uferbauung noch immer idyllischen
Picholasees,
die gewiss einen passenden Rahmen für das Ensemble des
Stadtpalastes
abgibt, der Blick von jenen Gebäuden über das Gewässer und dessen Inseln
und nicht zuletzt das malerische Gassengewirr der Altstadt mögen
romantische Gefühle wecken, doch Looses Einschätzung, die Stadt zähle
zu den romantischsten Indiens, stellt dieses Prädikat auf eine Stufe mit
Hämorrhoiden (irgendwann kriegt sie jeder A…).
Wohlgemerkt, der Palast lohnt eine Besichtigung – nicht der eher drögen
Exponate, doch seiner verschachtelten Bauweise und der oft prachtvollen
Innenarchitektur wegen; ganz zu schweigen von seinen reizenden
einheimischen Besuchern …
(Fotos vom
Stadtpalast)
Auch
sollten sich selbst dogmatische Atheisten dem (rein physischen)
Gedränge bei der Umrundung des Inneren des
Jagdish Tempels
nicht verschließen – einzige zu
tolerierende Gegenanzeige: Klaustrophobie … Befallene verweilen auf der
ersten Plattform und genießen das Auf und Ab auf der steilen Treppe.
(Fotos vom Jagdish
Tempel)
Die Gassen der Altstadt lassen auch routinierte Entdecker weiche Knie
kriegen. Nicht nur die Farbenpracht von Menschen und Waren, auch die
Unmöglichkeit etwas zu finden, das nicht angeboten würde und das
ausgesprochen zugewandte Wesen all jener, die nicht den auf Touristen
zugeschnittenen virtuellen Bauchladen (mental) umgeschnallt haben, nehmen einen
gefangen. Mensch wird auf Wunsch auch wieder los gelassen – und dorthin
geführt, wo man gerade hin möchte, ohne Bakschisch entrichten zu müssen
…
(Fotos aus der
Altstadt)
Gut, einer Bootstour über den Picholasee am späten
Nachmittag ist der
Deppentourcharakter kaum
abzusprechen. Tröstlich vielleicht, dass sich die
Zahl der einheimischen mit der der ausländischen Vertreter in etwa die
Waage hält und Berlin ja auch vom Wasser her recht schön sein kann ... Der Blick von einer der Terrassen des
Jag Mandir
auf den Stadtpalast in der
untergehenden Sonne eint beide Gruppen in gemeinsamer Begeisterung.
(Fotos von der
Bootstour)
„... lange Busfahrt nach Pushkar“ …
…
dem wäre allenfalls hinzuzufügen „eintönige“, nachdem der heutige
Wachmacher, eine platte Starterbatterie, seine Wirkung entfaltet und der
Bus „with a little help from some friends“ zum Laufen gebracht worden
ist.
Das Grün des
Gartens der Ehrendamen
entspannt die Augen und ein kleines Handgeld für den Wasserwart lässt
Springbrunnenfontänen und Herzen höher hüpfen. Danach hüpfen und springen nur noch
Rindviecher und Menschen über die Landstraße – für Stunden. Zwar
begleiten uns bis Ajmer
endlos
Marmorsägereien, doch spätestens nachdem wir Laien den Horror jeder
Berufsgenossenschaft bei der Begutachtung der Einhaltung von
Sicherheitsstandards nachempfunden haben, verlieren diese Werkstätten jeglichen Reiz.
(Marmor, Stein und Eisen ...)
(...
zumindest
verbal nicht ganz am Thema vorbei ...)
Am späten Nachmittag trudeln wir im Pilgerstädtchen ein, genießen einmal
mehr die Räumlichkeiten eines geschmackvoll zum Hotel umgerüsteten
Maharajapalastes und begeben uns per Bus über die unbefestigten,
staubigen Dorfstraßen zum Sammelparkplatz in der Nähe des Sees.
Warum
Brahma eine Lotusblüte
ausgerechnet
in dieser Gegend
entgleiten musste, ist nur schwer nachvollziehbar. Dass die Quellen, welche an
den Stellen entsprungen sein sollen, an denen die Blütenblätter den Wüstenboden
berührten, umherschweifende Nomaden anzogen, die schließlich den Ort
Pushkar gründeten,
schon eher. Doch das ist nur eine Version der Geschichte. Jedenfalls
gibt es diese Stadt, und sie wird zu den ältesten Indiens gezählt.
Außerdem sei sie eine von Indiens heiligsten Stätten – und eine der
wenigen, an denen Brahma hoch verehrt wird.
Entsprechend jahrmarktsmäßig rummelig geleitet uns
die Brahma Temple Road zum
Heiligtum gleichen Namens.
Wie in Altötting oder Fatima sind die Verkaufsstände keineswegs nur
auf Votigaben oder Heiligenzubehör spezialisiert, sondern bieten –
richtiges Leben findet überall statt - von Küchenutensilien bis zum
Kamelsattel alles an, was Hindu so braucht, oder Muslim, oder Buddhist,
oder Tourist …
Vor den Treppen zum Tempel konkurrieren lebhaft und lautstark Männer
um den Aufpasserdienst über abgelegtes Schuhwerk; die umliegenden
Teestuben und Verköstigungsanstalten offerieren Schließfächer für
Wertgegenstände aller Art, Lederwaren, Fotoapparate und Dolche, welche
nicht mit auf die Plattform genommen werden dürfen.
Auch hier harren Pilger dicht gedrängt auf das Betreten des Schreines,
zwar leise, doch keineswegs ruhig. Damit die Ordnung der Zweierreihe
gewährleistet bleibt, zücken uniformierte Büttel des Öfteren ihre langen
Stöcke. Zum Einsatz kommen sie nicht – es reicht, wie beim Pferderennen,
die Peitsche zu zeigen …
Durchs
Basarviertel führt der Weg zum See mit seinen zahlreichen Ghats, an
denen sich auch einige unserer Mitreisenden der
Pushkar Puja
unterziehen, die u.a. eine sichere (Weiter-) Reise gewährleisten soll.
Aufs Bad im ockerfarbenen Wasser verzichten sie allerdings.
Hätten sie mal besser nicht: Unser Bus ist beim Wenden mit beiden
Vorderrädern in einer Abwasserröhre eingebrochen und steckt so fest,
dass örtliche Tuktuks unsere Rückfahrt ins Hotel übernehmen.
Bleibt auf die Spätwirkung der Zeremonie am See zu hoffen …
(Fotos von
Pushkar)
Ob göttlicher Beistand …
… oder sachgerechte Verwendung zweier Wagenheber –
unser Bus steht morgens pünktlich
vorm Jagat Palace. Nach einer knappen Stunde machen auch die letzten
größeren grünen Flecken den eher trocken unwirtlichen Hügeln des
Shekhawati Platz. Dass
hier früher bedeutende Karawanenwege verliefen, wird dem Reisenden erst
beim Schlendern durch
Mandawa bewusst: Die
zahlreichen Herrenhäuser mit kunstvollen, teils witzigen
Wandmalereien versehen und sowohl von außen als auch im Innern
architektonisch oft aufwendig gestaltet, lassen ahnen, welch Reichtum
sich einst hier anhäufen ließ.
Heutzutage nerven zwar aufdringliche Schlepper, Andenkenverkäufer und „the
only good guide(s)“ nicht unerheblich, doch sind es eher baulicher Verfall und
(ver-)schwindende Wandbilder, welche einem die Tränen in die Augen
und jeden Denkmalpfleger auf die Brücke treiben.
Im Zuge der Zeit sind die noch immer wohlhabenden
Besitzer in die Städte gezogen, haben ihre einst repräsentativen
Havelis aufgegeben oder
den Familien ihrer Chowkidar (Hausmeister)
überlassen,
die gegen einen Obulus Fremde durch ihre Wohnstätte führen. Zur
Restaurierung oder auch nur zum Erhalt der Substanz fehlt den Bewohnern
das Geld, den Besitzern das Bewusstsein – wenige gelungene Ausnahmen
(oft in der Hand ausländischer Liebhaber, Mr. Vikas)
bestätigen die Regel …
Der zunehmende Strom an Reisegruppen und Individualos eröffnet den
Jüngeren zumindest die Hoffnung auf ein geringes Einkommen – ohne
größere körperliche Anstrengungen. Entsprechend hart wird der Konkurrenzkampf
um Postkartenverkauf, Stadtbilderklärungsdienste und „Have a look at my
nice shop!“ geführt … Da uns für ernsthafte Beratertätigkeiten zu
wenig Zeit zur Verfügung steht, beschränken wir uns auf freundliches
Grüßen, das von allen wohlwollend und ohne Hintergedanken erwidert wird.
(Fotos aus
Mandawa)
Zurück auf Anfang …
…
nach Gurgaon ins Park Inn – auf einer elend lang anmutenden Busfahrt
ohne viel Kurzweil.
Die Dörfer allerdings wirken ausgesprochen belebt und viele Einwohner
haben offensichtlich unseretwegen mal wieder das lange Bunte aus der
Kiste geholt, winken uns auf der letzten Etappe vor dem Abheben zu und
treiben an verschiedenen Orten ihren ganzen Stolz, riesige Zebuherden
über den Highway. In zwei großen Gruppen kommt uns eine farbenfrohe
Gemeinschaft Gypsies entgegen, Küchenuntensilien und blecherne Gefäße
auf dem Kopf auf dem Weg zu einem neuen Lagerplatz – Nomaden, die früher
wie heute die Landstraße nutzen. Ach ja, die zahlreichen Kamelfuhrwerke
auf den Wegen und den Feldern fallen auch noch ins Auge.
Für Reize, welche unterhalb dieser Schwelle liegen, sind wir kaum noch
empfänglich: Zu dicht und zu vielfältig sind die Eindrücke, zu kurz
waren die Phasen, in denen sie hätten sacken können, als dass noch
ausreichend freier Speicherplatz irgendwo in den kleinen Grauen
vorhanden wäre. Beeindruckendes haben wir gesehen und erlebt – nichts
das uns abgestoßen hätte oder zu dem Schluss kommen ließe, wir seien im
falschen Land unterwegs gewesen.
Gewiss, die Straßen in manchen Städten und selbst in kleinen Orten sind
mitunter
bis an die Grenzen des Erträglichen zugemüllt – und durch all das
fleddern sich täglich ärmliche, darbende Menschen, überwiegend Kinder
und Frauen. Auch die penetrante, vor allem auf Westler zielende Bettelei
in
größeren
Städten und an vom Tourismus heimgesuchten Orten mit vermutlich eigens
präparierten Kindern (Amputationen, skurril verdrehte Extremitäten)
nötigt eine gewisse Nervenstärke ab, um das auszuhalten - UNSER
(Luxus-) Problem. Bereits bei der Buchung war uns klar, dass wir nicht
in Urlaub führen, sondern auf Reisen gingen ...
Vor allem auf dem Lande sind wir einer einfachen, offenen Bevölkerung begegnet,
deren Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ohne Arg schien und die
sicherlich auch nicht mehr in einer Derek freien Zone lebt. Ihrer Haltung
oder ihrem Verhalten war nicht die Erwartung zu entnehmen, wir sollten
ihr zu ein wenig mehr Derek Style verhelfen. In einem Land, in dem 1,2
Milliarden Menschen breitgefächert zwischen jungsteinzeitlichen Produktionsweisen und ausgefeilter IT-Technolgie leben, sind wir
mitunter vielleicht mal etwas ungelenk umher getapst, gestolpert sind
nicht.
Also dann, Sikkim beim nächsten Mal oder Kashmir – wieder
auf eigene Faust und dann mit gaaanz viel Zeit …
(unsere
Route zum
Nachfliegen)
Bis demnächst
panther & co
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