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... in Rajasthan    राजस्थान

 

Diese Seite wird seit dem 09.10.2016 nicht mehr aktualisiert ...

Glossar

Ob wir Indien aushalten, … 

… den Spagat ertragen zwischen gebündelten Anstrengungen von Wissenschaft und Wirtschaft zur Durchführung geplanter Marsmissionen einerseits und den gebündelten Eindrücken von Hungernden, aggressiv Bettelnden und Wohnungslosen in den Straßen andererseits, so, dass wir unsere Heizkosten auf dem Subkontinent umwidmeten? Möchten wir herausfinden – auf die bequeme Tour (in Ehren ergraute Hippies und dogmatische Traveller bitte weglesen): „Indien light“ als Gruppenreise durch Rajasthan.

Das „nicht mehr alles alleine organisieren Müssen“ nebst (hoffentlich) garantiertem „en suite double“ mit altersgerechter Matratze zur Nacht, die abschirmende Touristenphalanx und die knapp bemessene Zeit vor Ort dürften, anders als „open source Unternehmungen“, gefilterte, weichgespülte Erlebnisse zeitigen. Falls wir die Risiken ernsthaften Strandens ob Land und Leuten sowie der wohl erheblich auseinander klaffenden Schere zwischen Arm und "nicht ganz so Arm" weitgehend ausschließen können, haben wir uns einem weiteren Ziel für einen Langzeitaufenthalt genähert.

Ihr werdet es erlesen …  

(Infos aus dem World Fact Book, ...)

(... von unserem AA ...)

(... und der GIZ)

(die Reisemedizin empfiehlt)

(von Human Rights Watch)

(und Reporter ohne Grenzen)

(International Crisis Group)

(unsere Reiseroute)

 

 

 

 

Auf den Hund gekommen … 

… sind wir im Frankfurter Terminal nicht, eher umgekehrt. Unsere Rolle als Komparsen bei der Zwischenprüfung einer Schülergruppe junger Spürhunde beschert nicht nur Kurzweil, sondern die Erkenntnis, dass jene Nasentiere auch auf (Schwarz-) Geldtransfer geprägt werden. Die auf uns angesetzten Schäferhunde wissen wohl zu unterscheiden zwischen unseren allenfalls nach durchgesickerten Malariatropfen duftenden Gepäckstücken und einer vom Zoll dazu gestellten präparierten Tasche. Ein Klicken vom Supervisor, ein Gutserle von der Hundeführerin, ein Spielzeug – und anschließend eine halbe Stunde Verschnüffelpause.

Im zweiten Prüfungsteil deuten die Azubis die behosten Beine einer Zollbeamtin in Zivil als zumindest geruchsmäßig deutlich attraktiver denn unsere – sie lassen sich selbst vom Aufdruck eines Artverwandten („Wolfskin“) nicht die Bohne beeindrucken. Alles richtig gemacht: Klick, Gutserle, Spielzeug, Pause. 

Weit weniger spektakulär verläuft der Flug über Amman nach Dehli, nachdem die für FRA wie üblich chaotisch strukturierte Sicherheitskontrolle überwunden ist. Der Service in der Royal Jordanien ist eher bürger- denn königlich – OK, Business Class gibt’s eben auch hier nur in der Business Class …

 

 

Dehli empfängt ...

... uns mit zurückhaltend korrekten Immigrationsbeauftragen, Zöllnern, die nach nichts fragen, sich um niemanden kümmern und interessiert auf uns Fremde schauenden Einheimischen, welche  nach einem freundlichen Lächeln den suchenden Blick  wieder zum Ausgang wenden, um ihre Lieben nicht zu verpassen.

In den frühen Morgenstunden bahnt sich unser Coach Captain fast mühelos den Weg zu Frühstück und Zähneputzen ins Park Hotel in Gurgaon. Zwar bewegen sich fast so viele Radfahrer, Fußgänger, Kühe (heilige, welche sich weniger heilig denn höchst menschlich verhalten) und Ziegen auf der Fahrbahn, doch lässt der Berufsverkehr noch auf sich warten. 

Die Nachhaltigkeit der erfrischenden Dusche nach langer Flugzeit hält bereits auf dem Weg aus dem Hotel in den klimatisierten Bus nicht mehr nach. Ganz anders die mitgebrachten Klischees: Nippesverkäufer, Bettelnde, Schlepper, die bereits auf dem Gehweg auf Einkommensverbesserungen hoffen, angeschmuddelte Straßenzüge, abbröckelnder Putz, abblätternde Fassadenfarbe, Müll allerorten, dichter Verkehr, Massen an Menschen – und das alles nicht nur in Farbe, sondern noch viel, viel bunter. Wir wussten, dass wir nicht in die Schweiz führen …

 

Der rote Sandsteinturm Qutb Minar  ist die erste Sehenswürdigkeit, auf welche unsere 36-köpfige Reisegruppe losgelassen wird. Gut 72 Meter strebt das Bauwerk in den Himmel. Als Symbol des Sieges erinnert es an den Beginn der muslimischen Vorherrschaft über weite Teile des Subkontinents und ist (so die wahrgenommenen impliziten Äußerungen unseres ReiseleiDers) wohl nur deshalb in den Besichtigungskatalog aufgenommen, weil es zu Dehlis berühmtesten Wahrzeichen zählt und zum Weltkulturerbe. Mit abfälligen Bemerkungen über die „arabischen Aggressoren“, muslimfeindlichen Äußerungen und einseitig verherrlichenden Ausführungen zu vorislamisch hinduistischen Kulturleistungen outet sich Vikas als nationalistisch chauvinistischer Hindu der "Jain" kommt erst später hinzu ... Damit ist er trotz später(er) durchaus sachlich ausgewogener Erklärungen bereits nach fünfzehnminütiger Rede bei Willi für den Rest der Reise unten durch! Ob Studiosus vor sowas schützt …

Angenehm, dass die zahlreichen Einheimischen ungeachtet ihrer Glaubenszugehörigkeit als Pilger wie als Besucher die Stätte von Triumph und Niederlage durchschreiten und sich ebenso um Fotos von uns bemühen wie umgekehrt. Unaufgeregt, zugewandt und mit dezenter Neugier suchen sie den small talk mit den Fremden, posieren mit und für uns vor der Kamera und erfreuen sich nicht ohne Stolz an der Kunst am Bau, die von hinduistischen Steinmetzen für muslimische Bauherrn geschaffen wurde.

(wiki en. zu Qutb Minar)

(Fotos von Qutb Minar)

 

Nach dem zweiten Proseminar über „Fahrkunst unter besonderer Berücksichtigung unorthodoxer Auslegung der lokalen Straßenverkehrsordnung“  und dem Vorankommen im Schritttempo durch die engen Sträßchen und Gassen des muslimischen Viertels erreichen wir die Jama Masjid. Das bunte Treiben ist dichter geworden. Sämtliche Läden, fliegende Händler und mobile Stände sind umlagert oder umlagern selbst. Zwischen blechernen Küchen-utensilien, fliegenfreien Halalschlachtereien, Krämer- und Kramläden schauen neugierige Gäste - ja, ja, es sind Männer - aus den Teestuben und winken uns über ihre Gläser hinweg zu. Die Frauen grüßen aus dem Hintergrund der kleinen Geschäfte nicht minder eifrig. Keinerlei Feindseligkeiten trotz der Unruhe über den Schmuddelfilm auf YouTube ...

In der größten Moschee Indiens verbrennt man sich eher die Fußsohlen denn den Mund, so mensch sich erfolgreich den Weg durch Rikschaschlepper, Andenkenverkäufer und selbst er-nannte „best guides ever“ gebahnt und über breite Sandsteintreppen auf den riesigen, für 25.000 Gläubige konzipierten Innenhof gelangt ist. Imposant ist der Mogulpomp weniger ob seiner künstlerischen Ausführung als seiner Größe wegen. Die kleinen Gassen, inmitten derer er liegt, sind optisch wie olfaktorisch weit attraktiver, lassen sich angesichts der knapp bemessenen Zeit jedoch nicht erkunden: Bis Agra sind es noch 200 Kilometer ...

(wiki en. zur Jama Masjid)

 

Doch zuvor besuchen wir die Raj Ghat, jene Stelle, an der Mahatma Ghandhi  eingeäschert wurde und an der heute im Memorial Museum an seinen Beitrag zur Unabhängigkeit Indiens gedacht wird. Er wurde, so mensch den Ausführungen Wikipedias glauben darf, von einem "fanatischen, nationalistischen Hindu" ermordet, Mr. Vikas ...

Damit wir auch ja über keine freien Speicherplätze im Hirn mehr verfügen, beschließen wir die Stadtrundfahrt mit Dehlis erstem  Mogul Mausoleum. Für den zweiten Mogulherrscher Humayun wurde diese Ruhestätte aus rotem Sandstein erbaut. Auch wenn nicht alle prächtigen Gebäude persischen Stils zwangsläufig Assoziationen an den Taj Mahal wecken, dieses lässt keine anderen zu …

(wiki en. zur Raj Ghat)

(wiki en. zum Humayun Mausoleum)

(Fotos vom Mausoleum)

 

Die schwüle Wärme, welche außerhalb schattiger Plätze sofort zu feuchter Hitze mutiert, macht in Eintracht mit dem inhaltlich wie zeitlich umfangreichen Besichtigungsprogramm schlichtweg platt. Daran ändern auch die freundlichen, aufgeschlossenen einheimischen Mitbesucher mit aufmerksamen Hinweisen oder interessierten Fragen nach Herkunft und Ziel von uns Fremden nichts. Und die durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen am vom Tourismus gebackenen Kuchen Beteiligten, welche gewissenhaft Eintrittskarten abreißen, Wege, Plätze und Rasenflächen fegen, Tauben und gar zu dreiste Fotografen verscheuchen, vermögen weder durch aufmunternde Blicke noch durch ein Lächeln unsere Müdigkeit zu lindern.

Das schafft allein die altersgerechte Matratze des Utkarsh Vilas in Agra. Nicht mal ein Wiegenlied ist nötig - Captain Morgan macht sich einmal mehr verdient als Hüter des Schlafes ...

 

 

Agra ist riesengroß …  

und unübersichtlich. Es hat kein wirkliches Zentrum, sondern besteht aus mehreren eigenständigen Basarvierteln in einem amorphen Häusermeer …“ steht im Loose, und wir können ihm nur Recht geben. Wir wohnen knapp einen Steinwurf weit vom Taj Mahal entfernt, dürfen dieses Highlight jedoch erst am folgenden Tag genießen, da er freitags, zum muslimischen Feiertag, für touristisch motivierte Nichtmuslime nicht zugänglich ist. Auch der Petersdom nennt seine Grenzen ...

So wühlen wir uns im Bus durch den Alltagsverkehr, in dem zwar auch sozialdarwinistische Strukturen erkennbar sind, die jedoch nicht uneingeschränkt ausgefahren, eher schon ausgebremst werden. PS-Stärke, Masse und Größe von Vehikeln lassen sich nämlich durch clevere Drängeleien und Nutzen schmaler Durchlässe zwischen LKWs, Bussen und Pick-ups von Mensch, Tier, Fahrrad und Rikscha aushebeln. Beulen am Blech riskieren alle, die nicht zu Hause bleiben, auf blaue Flecken oder Frakturen hingegen ist niemand aus. So wabert der Verkehr, er ruht nicht und er strömt nicht.

 

Die hohen, massiven Festungswälle des Roten Forts (Agra Fort) ragen auf einem Hügel dicht an der Biegung des Yamuna  hinter satt grünen Büschen und Bäumen empor. Durch ein verwinkeltes Torsystem gelangen wir auf einer sanft ansteigenden Rampe auf ein Plateau, das imposanten Gebäuden, die ganz und gar nicht an eine Festungsanlage erinnern, großzügig Platz bietet. Weitläufige Paläste, verspielt wirkende Pavillons, durch zahlreiche abstrakte Ornamente aufgelockerte Fassaden erinnern an mächtige, betuchte Herrscher, die einem luxuriös süßen Leben kaum abgeneigt gewesen sein dürften.

Nicht ohne eine gewisse Rührung schweift der Blick vom Musamman Burj über den Fluss zum nahe gelegenen Taj Mahal. Ihn hatte sein Erbauer, Shah Jahan, in den Jahren seiner Gefangenschaft geteilt. Weder dem Bundesrechnungshof noch dem Bund der Steuerzahler wird dies zum Trost gereichen oder gar einen Seufzer des Mitleids entlocken.

(wiki en. zum Agra Fort)

(Fotos vom Roten Fort) 

 

Die kunstvollen Steineinlegearbeiten des Diwan i Khas oder des Shish Mahal  noch vor dem geistigen Auge endet der Morgen mit einer Butterfahrt in eine Steinschleiferei. Türkei erprobt sind wir auch gegen diese Verlockungen gefeit. Lapislazuli- oder Karneolintarsien unterm Glas Elbling auf unserem Balkon haben uns gerade noch gefehlt …

 

Nach einer Siesta, während der die Regenzeit zeigt, dass sie zwar zu Ende geht, doch noch lange nicht am Ende ist, bewegen wir uns per Bus durch das, was mensch hier „fließenden Verkehr nennt“. Nach diesem Maßstab boten der Sachsendamm vor zwanzig Jahren oder das Dreieck Schwanebeck während der letzten freie Fahrt …

Unser Stau führt uns unter drohend schwarzem Himmel zum Grabmal von Mirza Ghiyas Beg. Der prachtvolle Itmad du Daulah, nicht ohne Grund auch „Baby Taj“ genannt, gilt als Vorläufer des Taj Mahal. Geometrische und florale Ornamente in gedämpften Tönen, fantastische Einlegearbeiten mit persischen Motiven stellen viel von dem bisher Gesehenen in den Schatten.

(wiki en. zum Baby Taj)

(Fotos vom Itimad du Daulah) 

 

Vom Hinduschrein Mehtab Bagh auf dem östlichen Ufer könnte man den Sonnenuntergang hinter dem Taj Mahal gar prächtig beobachten, ließen es denn die Wolken zu. Doch auch der Blick unter düsterem Himmel, welcher die Szenerie unwirklich scheinen lässt, hat was. Selbst die Armeeangehörigen, Wachmannschaften zum Schutze des Weltkulturerbes, genießen das Bild.

Die Fahrt im Dunkeln und bei strömendem Regen zurück zum Hotel holt uns in die profane Wirklichkeit zurück: Auch ohne ruhende Kühe im „fließenden“ Verkehr schieben wir uns nur mühsam Richtung Unterkunft.

Die Augen schaffen gerade noch die vorbereitende Lektüre auf den Besuch des Taj Mahal, doch unsere grauen Zellen weigern sich beharrlich, die Ausführungen zu speichern ...

 

 

 

„Eine Träne im Antlitz der Ewigkeit“… 

… nennt Thakur  jenes Bauwerk, welches am ehesten mit Indien verbunden wird. Im noch leicht verschleierten Sonnenlicht des frühen Morgens nimmt uns der Taj Mahal, Ausdruck höchster Mogul-Baukunst, tatsächlich für einen Moment den Atem - keine Sorge, wir drehen nicht esoterisch ab, doch der Anblick ist trotz der zahlreichen Touristen schlichtweg überwältigend …

Den Sperrgürtel für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (zum Schutz des Weltkulturerbes – paar Kilometer weiter blasen Chemie- und Stahlwerke ihren Schwefel in die Luft) überwinden wir im E-Bus. Das Einlassprocedere gleicht dem Security Check in FRA, doch verlieren sich die Ströme einheimischer wie ausländischer Besucher im charbagh, dem Paradiesgarten. Und von Weitem machen sie sich auf der Plattform vor dem Mausoleum winzig wie Ameisen aus – sie stören nicht weiter …

Im Gegenteil: Bei allem Respekt vor dem Denkmal einer großen Liebe  bringen indische (Groß-) Familien ungezwungenes Leben und viel Farbe ins Bild. Sie lagern im Schatten der der Türme, schwatzen, picknicken, lassen es sich gut gehen.

Im Innern der hohen, achteckigen Grabkammer hingegen, wachen Cerberusse darüber, dass nicht fotografiert wird („ a hundred rupies will do“…) und niemand die filigranen, wie Schmiedeeisen anmutenden mit Edelsteinen verzierten Marmorgitter berührt – allein, es gibt zu viele Hände und zu viele Rupien ...

Draußen wechseln die Marmorflächen je nach Sonneneinfall ihre Farben von Grau über Gelb bis zum blendenden Weiß und verstärken so die Wirkung der kunstvollen Steinintarsien und der mit Halbedelsteinen verzierten Gravuren. Was wäre Indien ohne solche Werke „arabischer Aggressoren“ möchte ich den ReiseleiDer fragen …

Die friedliche, entspannte Stimmung, vergleichbar mit der wie sie seinerzeit auf dem Campus vor dem verhüllten Reichstag zu genießen war, hält mich vom Stänkern ab. 

(wiki en. zum Taj Mahal)

(Fotos vom Taj Mahal)

 

Die Schritte zum E-Bus bringen uns rasch in die Wirklichkeit zurück: Gleich hinter dem Ausgang beginnt das Kaufland, in dem es nichts an touristischem Krempel gibt, der nicht irgendwie an irgendwen verschoben werden könnte. Eine gehörige Portion Ignoranz ist vonnöten, um den penetranten Händlern zu entgehen

Durchs Verkehrsgewirr Agras, an das wir uns bereits gewöhnt haben, führt die Fahrt 40 km über Land zur „Verlasenen Stadt“ aus rotem Sandstein. Fatehpur Sikri, einstige Reichshauptstadt des Großmoguls Akbar, birgt nicht nur optisch einen starken Kontrast zu den filigranen Arbeiten des Taj Mahal. 

(wiki en. zu Fatehpur Sikri)

(Fotos von der Verlassenen Stadt)

 

Die Landschaft bis Bharatpur  ist unspektakulär wie die, durch welche wir während der vergangenen Tage gefahren sind. Da ändert auch „die kleine Tierschau“ nichts, zu der wir nach einer Verschnaufpause im Hotel aufbrechen. In Jeeps, den ortsüblichen Taxis, kurven wir über sehr holperige Pisten in ein kleines Dorf, das so ziemlich jeden Tag Reisegruppen willkommen heißen muss. Auf den Zufahrtswegen lauern die Youngsters auf die Fremden, damit sie endlich was zu Gucken haben (beide ...); Stimmung wie samstags vor der Sportschau.

Dennoch empfangen uns die Dorfbewohner freundlich, lassen Fotogewitter geduldig über sich ergehen und ertragen die „Overlandunternehmung“ mit buddhistischer, Pardon, hinduistischer Gelassenheit, doch nicht ohne beobachtend Anteil am  Geschehen zu nehmen. Lediglich eine Dorfschöne, die so gar nicht ins bunte Bild zwischen angepflockten Rindern, umherschweifenden Ziegen und mit Mist bedeckter Dorfstraße passt, lässt sich bei der Lektüre ihrer Aufzeichnungen nicht stören – gut so! 

(Fotos aus dem Dorf)

 

 

Blühende Landschaften … 

… so weit das Auge reicht – so lange das Wasser des letzten Regengusses noch nicht völlig aus den Senken verschwunden ist: Die riesige zwischen 250 und 400 Meter hoch gelegene Ebene, die wir seit Dehli durchqueren, bietet zwar keinerlei spektakuläre Landschaftsformationen, doch einige tausend Quadratkilometer fruchtbaren Ackerlandes. Derzeit stehen Hirse, Hülsenfürchte (von Linsen bis Kichererbsen), Futter fürs liebe Vieh, Baumwolle und Gemüse im Saft. Und in all dem Grün machen sich die Frauen in ihren leuchtenden bunten Saris (tiefrot, orange und türkis liegen im Trend) als herrliche Farbtupfer weithin sichtbar. Mit unnachahmlicher Grazie tragen sie auf dem Kopf riesige Bündel durchs Feld. Ihre Männer hängen wohl faul zu Hause ab oder trotten ohne sichtbare Last schlaff vor ihnen her … 

Ein Großteil der Weideflächen entlang der Straße steht noch unter Wasser. Sie halten nach der Monsunsaison am längsten ihr Grün, bevor Ocker bis Braun dominieren. 

Ein wenig abseits des „Highway“ liegt in Abaneri  der Chand Baori; ein Stufenbrunnen, der als Teil eines alten Bewässerungssystems selbst in der Trockenzeit den Zugang zu Wasser gewährleistet (hat). 

(Fotos vom Stufenbrunnen

 

Nach Jaipur  fahren wir wie durch Theaterkulissen ein: Mächtig wirkende Fassaden ehemaliger Wächterhäuser flankieren die enge Straße und lassen ahnen, welchen Reichtum es hier zu schützen galt.

Kaum hält der Bus, ist er bereits von fliegenden Händlern mit breit gefächertem Angebot umlagert. Vom Fotoshooting mit traurig blickendem Kleinkind auf dem Arm über Glitzerkulis, Armreifen, Alabasterelefanten etc., etc. bis zur klaren Frage („Money???“ – das darbende Baby malerisch in einer fahrbaren Holzkiste drapiert) ist alles zu haben. Die Auslagen eines weitläufigen Schmuckladens lassen noch nicht den Schluss zu, dass in dieser Gegend der Erde überwiegend Russen zur Zielgruppe gehören – auch wenn unsere aus Moskau stammende Reiseteilnehmerin das Geschäft nicht nur optisch merklich belebt …

Das Gewimmel und Gewusel in und um den Bazar nehmen wir zunächst aus der Vogelperspektive wahr, bevor wir es ein wenig später erlaufen und uns schließlich – landestypisch – per Fahrradrikscha erschließen lassen. Diese Deppentour durch einen der „lebendigsten Handelsplätze in ganz Asien“ (Loose) wird kaum durch „übereifrige Händler“ (dito) beeinträchtigt. Dazu müsste mensch wohl einzeln durch das Gewirr der Läden ziehen. So begegnen uns eher amüsiert dreinblickende Einheimische, deren verschmitzt wissendes Lächeln arg an unseren Ritt auf dem Esel durch Lalibela erinnert; doch das war eine andere Geschichte ...

Mit dem den Tag über kontinuierlich angestiegenen Bedürfnis nach Ruhe ziehen wir die Verlockungen unseres großzügigen Zimmers im Clarks Amer denen einer selbst bestimmten Entdeckungstour durch die Stadt vor … 

(wiki en. zu Jaipur)

(Fotos zu Jaipur)

 

 

Verschwinde 

… zum Palast der Winde! Das in jedem Reiseprospekt abgebildete Wahrzeichen Jaipurs liegt mitten in der „Pink City“, erglüht jedoch im Schein der Morgensonne eher in zartem Rot-Orange, so wie die Wände der benachbarten Häuser auch. Außer der fünfstöckigen Fassade, durch deren kunstfertig vergitterten Fenster die Hofdamen das „Treiben auf der Gass“ unge- (und be-)sehen verfolgen konnten, hat der Hawa Mahal  nur Erinnerungen an bessere Zeiten zu bieten.

Diese erhoffen sich die bereits zu früher Morgenstund’ lungernden Eckensteher, Rikschawallahs, Wasser- und Souvenirverkäufer vom fotografierenden Tross der Billigreisenden. Nix wie weg also. 

(Indian Visit zum Palast der Winde)

(Fotos vom Hawa Mahal)

 

Die Busfahrt durch die Stadt gestaltet sich vor dem Einsetzen der rush hour (die dann bis in die späte Dunkelheit andauert) zügig und eröffnet Blicke auf die verzweifelten Bemühungen der Ladenbesitzer, dem Müll zumindest vor ihrem „Schaufenster“ Herr zu werden – indem er vor die (noch geschlossene)  Tür des Nachbarn expediert wird …

 Eine knappe halbe Stunde nördlich von Jaipur spiegelt sich in einem See die auf einem mächtigen Felsen gelegene, durch hohe Schutzwälle und wuchtige Mauern gesicherte Festung Amber. Zum Aufstieg wählen wir nicht die landestypischen, dickhäutigen und schad-stoffarmen Transportmittel, sondern die zu Hunderten bereitstehenden Jeeps.

Trotz der zahlreichen Gleichgesinnten, welche sich durch die übliche Phalanx der Andenkenverkäufer gedrängt haben und Innenhöfe wie Räumlichkeiten der Palastgebäude übervölkern, beeindruckt die Anlage mit Spiegelmosaiken und Marmorarbeiten. 

(Fotos vom Amber Fort)

 

Die bisher gesammelten und noch nicht verarbeiteten Eindrücke beeinträchtigen gemeinsam mit der schwülen Hitze die Aufnahmefähigkeit eines ermatteten Geistes in einem geschafften Körper – vor allem, wenn Kenntnisse der Astronomie aus Tagen in der Unterprima zum Verständnis der Funktionsweisen der Messgeräte des Jamar Mantar  aktiviert sein wollen. So warten die in gewandtem Deutsch populärwissenschaftlich formulierten Erläuterungen durch einen local guide geduldig, „nochmal in Ruhe nachgelesen“ zu werden …

 

(UNESCO zum Observatorium)

(Fotos von einigen Instrumenten)

 

Kein Wunder, dass unsere Begeisterungsfähigkeit dem prächtigen Stadtpalast  nicht mehr gerecht werden kann. Die eleganten Fassaden beeindrucken stärker als Prunk und Glanz im Innern – selbst gepriesene Deckengestaltungen vermögen uns jedoch nicht mehr aus dem Wendekreis eines Ventilators zu locken ... 

(erschöpft wie wir ...)

 

Über den späten Nachmittag und den einstündigen Wolkenbruch, welcher die Strassen des Bazars überflutet haben soll, erfahren wir nach unserer Siesta durch Dritte …

 

 

„Nach dem Frühstück 

… Busfahrt nach Nimaj und Check-in im Hotel“ kündigt der Reiseverlauf an. Eine Geländewagensafari in die umliegenden Dörfer soll der Zwischenstation auf dem Weg nach Jodhpur ein wenig mehr Flair als nur „Strecke knüppeln im Bus“ verleihen.  Trotz der Schwerstarbeit, die unser Coach Captain täglich bravourös leistet, weist das GPS den „Schnitt in Bewegung“ mit bestenfalls 36,9 km aus, die pro Stunde zurückgelegt werden. Selbst wenn auf den Überlandstraßen keiner heiligen Kuh ausgewichen, keinem Geisterfahrer eine Chance gewährt und auf das Überholen überladener LKWs nicht verzichtet werden muss, spätestens im nächsten Ort dürften auch eingefleischte Veganer ihren Respekt vor so manchem geheiligten Vierbeiner verlieren und betonte Menschenfreunde bald an die Grenzen ihres Verständnisses (oder gar Verstandes???) gelangen. Willi hinterm Steuer hätte spätestens einhundert Meter hinter dem (fiktiven) Ortseingangsschild das Abendmahl für die Reisegruppe erfahren …

Auch ihm verschafft der Peestopp an Raststätten ein wenig Entspannung. An diesen Orten wird ob der zahlreichen Individualos in gecharterten Limousinen einmal mehr deutlich, dass wir uns auf dem Lonely Planet Trail bewegen.

 

Ein "Technischer K.O." unseres Vehikels lässt rasch vergessen, dass wir bisher „gut in der Zeit liegen“. Mitten in der Pampa geben Ventilator und Kühler ihren Geist auf und machen uns über Stunden zur Attraktion für vorbeifahrende Einheimische.

Lange bevor das Serviceteam von Leyland den bereits ausgebauten Propeller begutachtet, haben wir jede Menge Solidaritätsbekundungen, coole Sprüche, mitleidvolle wie hämische Blicke etc. von Fernfahrern, Mopedpiloten und Kuhhirten entgegennehmen dürfen.

Ganz zu schweigen von dem Typ Jungs, die bei uns vor Jahrzehnten im getunten Kadett oder Escort über die Landstraße gecruist sind. Und von den Familien, die Großeltern wie Enkelkinder aus dem Wagen zerren, um sich mit ihnen und uns gemeinsam auf ein Foto (i-phone allerorten) bannen zu lassen, reden wir auch nicht.

Nach verschiedenen, nicht vom Erfolg gekrönten Reparaturanläufen, wird der ReiseleiDer zum Reiseleiter: Er organisiert die Weiterfahrt per Taxi, hier immer: Geländewagen. 

Uns chauffiert solch ein Cruiser mit einem unglaublichen Gefühl für enge Räume, sichere Überholmanöver und der gebotenen Ignoranz gegenüber Wolkenbrüchen, die kein Scheibenwischer der Welt bewältigen kann, nonchalant in unseren Maharajapalast in Nimaj. Seine Weigerung, im Konvoi zu fahren, lässt uns gut eine Stunde vor den Mitreisenden bereits unsere Suite beziehen, einen Tee genießen und feststellen, dass dieses Dorf mehr lohnt als nur zu übernachten: Wir werden uns der auf den kommenden Morgen verschobenen Safari nicht anschließen, auf das Kennenlernen des täglichen Farmerlebens verzichten und uns statt dessen in den dörflichen Alltag stürzen.

(Fotos am Straßenrand)

 

 

Meditativer Gesang 

… aus den zahlreichen Tempeln und Tempelchen der unmittelbaren Umgebung entlocken uns sanft einem ruhigen, wohlverdienten Schlaf: Erst gegen Mitternacht sind die Seidennegligées  im Gepäck mit dem reparierten Bus eingetroffen.

Tageslicht erleichtert die Orientierung im „Nimaj Palace“, dem jede neue Maharajageneration An- und Aufbauten, Zwischengeschosse, Raumteiler etc. verpasst hat, so dass der Weg zum Frühstück, anders als der zum Dinner nicht mehr dem Entkommen aus einem Labyrinth gleicht. 

Während sich die Jeeps zur Erforschung des Farmlebens durch die engen Gassen fädeln, erkunden wir zunächst die Orte, welche am frühen Morgen den Reisewecker ersetzt haben. Erstaunte Blicke, dass es doch tatsächlich Weiße gibt, die nicht nur im Dorf übernachten, sondern auch durch entlegene Gässchen ziehen, in Tempel blicken, durch Pforten schielen und freundlich grüßen. Ein wenig gespannt, interessiert und wohlwollend neugierig schaut man uns entgegen, erwidert unser Lächeln, winkt uns offen zu und versucht, so die Englischkenntnisse reichen, ein paar Worte zu wechseln – woher, wohin, wie uns Indien gefällt, ihr Dorf, das Hotel.

Wie auch immer verbreitet sich rasch, dass das Eis gebrochen ist – entsprechend unbefangen tritt man uns gegenüber. Winkt der eine Krämer lässig aus seinem Laden, lädt der andere ein, sein Warenangebot zu bestaunen, ohne Kaufzwang versteht sich, unaufdringlich. Selbstverständlich lässt die große Schwester ihre jüngeren Geschwister, die sie auf den Weg zur Schule begleitet, ablichten. Selbst möchte sie nicht mit aufs Bild – "too old, you know". Bereitwillig wird uns erklärt, wie denn das Bügeleisen funktioniert, das bei uns bereits in der Exponatensammlung von Heimatmuseen verschwunden wäre. Wir verstehen kein Wort, doch das Lächeln im Gesicht der Lady.

Die Straßen sind gefegt, die Rinnsteine gereinigt. Dass wir mitunter auf spitzen Zehen übers Pflaster schreiten, liegt an jenen Viechern, die nicht an sich halten können, friedlich den Weg versperren und erst dann handgreiflich an ihre Pflichten erinnert werden, wenn ihnen der Überlandbus partout nicht ausweichen kann.

Unsere Neugier deutend erklären ein paar jüngere Männer, dass die Menschen in ihrer Gasse vom Ölpressen leben. Alles, was sich zu Öl machen lässt, wird, je nach Saison, zu Öl. Sie führen uns in einige ihrer Häuser und zeigen uns die antiquierten, doch effizienten Maschinen. Auf dem Markt verkaufen sie ihre Produkte nicht – die Kundschaft kommt zu ihnen, den Migranten aus Pakistan ...

Um den Dorfplatz herum tobt ruhig das Alltagsleben. Geduldig wartet man auf den Termin im Ambulatorium, auf den Bus oder wen oder was auch immer. Nicht nur die alten Männer sitzen in den nach allen vier Seiten offenen Teestuben, nicken uns freundlich zu und deuten auf den freien Platz neben sich. 

Ebenso unaufdringlich wie das Geleiten durchs Dorf erfolgt der Abschied, nachdem wir mit den Safariteilnehmern wiedervereint sind: Ein leichtes Winken, ein wohlgemeinter Blick – die Karawane zieht weiter. Ja, gerade auch der Menschen wegen könnte es zwischen uns und Indien etwas werden …

(wiki en. zu Nimaj)

(Fotos aus dem Dorf)

 

 

 

 

 

 

Nur eine Nacht 

… für Jodhpur  ist eindeutig zu wenig, zumal die Anfahrt schon ihre Zeit braucht. Die Landschaft lockert zusehends auf – wir nähern uns dem Aravalligebirge, das mit hohen, waldbedeckten Bergen deutlich reizvoller wirkt als die wenig auffällige Gegend der vergangenen Woche.

Das mächtige Mehrangarh Fort  sei eine der spektakulärsten Zitadellen Radjasthans. Nimmt man dem Reiseführer sofort ab, sobald schon von Weitem die aus dem Sandsteinsockel, welcher hoch über dem Land thront, herauswachsenden hohen Mauern dieses Bollwerks ausgemacht sind. Seine überwältigende Größe zu ermessen, überlassen wir unseren Füßen. Die reich verzierten, filigranen Fassaden verlangen Augen und Hirn jede Menge ab.

Die ummauerte blau getünchte Altstadt, welche zu Füßen der Festung kauert, lockt mit ihren kubistisch anmutenden Häusern und den zu erahnenden verwinkelten Gassen, „steht jedoch nicht auf dem Programm“ – mit Sicherheit ein echtes Manko, das auch der Besuch des nahe gelegenen Jaswant Thanda  nicht wett machen kann!!!

(wiki en. zum Aravalligebirge)

(Infos vom Maharaja persönlich ...)

(Fotos vom Mehrangarh Fort)

 

 

Den Farbtupfern, …

… die uns aus den Feldern und auf den Baustellen an der Straße entgegenleuchteten, begegnen wir kurz vor dem Verlassen der alten Königsstadt an einer Straßenkreuzung: Der Treffpunkt, Sammel- und Abholplatz der TagelöhnerInnen ist bunt vor Frauen, welche in blitz-saubere Saris gekleidet mit angelegtem Armschmuck und dem Henkelmann in der Hand auf Lohnarbeit warten, ob im Haushalt, auf den Feldern, beim Haus- oder im  Straßenbau. Egal wie stark ihr Sonntagsstaat heute leidet, auch morgen werden sie wieder wie aus dem Ei gepellt und zum Festtanz gekleidet auf eine Beschäftigung warten.

Zum ersten Mal erleben wir so etwas wie eine nervöse Unruhe, eine Anspannung, die sich in der hundertköpfigen Gruppe breit macht, welche keiner Rotte Kamera bewehrter, Luxus gewohnter Touristen begegnen möchte, sondern dem Arbeitgeber für diesen Tag. Fotoaufnahmen aus der Hüfte scheinen nicht zu stören, ostentativ ausgelöste Apparate werden mit ablehnenden Bewegungen und wenig freundlichen Worten quittiert. Als bloßes Schauobjekt wahrgenommen zu werden, löst berechtigte Empörung aus. Gut, dass wir verschwinden.

(Fotos von der Straßenkreuzung)

 

Durch recht lebhafte Dörfer, mal mehr, mal weniger gepflegt, doch selten ärmlich wirkend, nähern wir uns unserem Ziel. Die Frauen tragen gedecktere Farben, unzählige Armreifen aus Messing und immens große goldene Nasenringe.

Um Ranakpur  erhebt sich eine satt grüne Bergkette mit teils tief eingeschnittenen Tälern. Nach einer Ruhepause im King’s Abode, das von der Architektur und vom Ambiente her ebenso gut über den Reisterrassen Balis liegen könnte, besuchen wir den Jain Tempelbereich. Mitten in einem dicht bewaldeten Tal der Aravalli gelegen, strahlt er eine unglaubliche Ruhe aus. Selbst die auf den Mauern und Wegen patroullierenden Makaken zeigen keinerlei aufdringliches oder gar aggressives Verhalten. Durchaus ein Ort zum längeren Verweilen …

(wiki zur Glaubensrichtung der Jain)

(Fotos vom Adinatha Tempel)

(ganz anders: der Chhatri Baustil)

 

 

Bergauf, bergab … 

… quält sich der Bus über die enge, dem sich windenden Verlauf der Steiltäler folgenden Straße durch den Bergurwald. Heilige Kühe trauen sich nicht hierher – sie bekämen Ärger mit den Ureinwohnern. Die hocken, sich lausend, am Fahrbahnrand und lauern auf Köstlichkeiten jedweder Art, die ihnen aus den Fahrzeugen zugeworfen werden. Und als würden sie dafür bezahlt, führen sie vor den Kameras der Westerner einen wahren Affentanz auf, bevor sie sich – ohne Zugabe – ins satte Grün zurückziehen.

Die Straßenführung ist nichts für schwache Gemüter und geschwächte Magennerven wie sich bald herausstellt, die Langzeitwirkung einheimischer Breitbandmedikation aus der Destille jedoch zuverlässig, zumindest bei uns. Ein wenig Beruhigung (ver-)schaffen da die Durchfahrten durch recht aufgeräumte Dörfer, in denen Zebus, Ziegen und Schafe nicht auf dem Damm stehen, sondern dort, wo sie hingehören, auf der Weide. Auch die Einheimischen freuen sich über unsere touristischen Einlagen, winken, lachen.

Nach drei Stunden (oder knapp 100 km) können wir uns im Aodhi, einem Jagdschloss des Maharajas, die Nase pudern, bevor wir unsere Fahrt im Jeep zur abgelegenen Bergfestung Kumbalgarh  fortsetzen. Die von mächtigen Wällen und Bastionen geschützte Anlage bietet einen herrlichen Ausblick über die idyllische Landschaft. Auch wenn das Innere eher funktional schlicht gehalten ist, das Panorama vom Dach des Palastes lohnt tatsächlich rakiträchtige Verkehrswege …

Und die führen drei weitere Stunden bis kurz vor Udaipur  durch die zerklüftete Berglandschaft, über die wer auch immer eine dicke grüne Decke gelegt hat. Unter einer weißen finden wir dann Ruhe für die Nacht … 

(Fotos von Kumbalgarh)

 

 

Udaipur hat was, … 

… zweifelsohne. Das Attribut „Venice of the East“ hingegen muss jedoch das ultimative Argument gewesen sein, einen britischen Verwaltungsbeamten, dem keine strafversetzungswürdige Verfehlung nachzuweisen war, zur Aufnahme seines Dienstes an jenem Ort zu bewegen.

Die Lage am trotz einer teils unsensiblen Uferbauung noch immer idyllischen Picholasees, die gewiss einen passenden Rahmen für das Ensemble des Stadtpalastes  abgibt, der Blick von jenen Gebäuden über das Gewässer und dessen Inseln und nicht zuletzt das malerische Gassengewirr der Altstadt mögen romantische Gefühle wecken, doch Looses Einschätzung, die Stadt zähle zu den romantischsten Indiens, stellt dieses Prädikat auf eine Stufe mit Hämorrhoiden (irgendwann kriegt sie jeder A…).

Wohlgemerkt, der Palast lohnt eine Besichtigung – nicht der eher drögen Exponate, doch seiner verschachtelten Bauweise und der oft prachtvollen Innenarchitektur wegen; ganz zu schweigen von seinen reizenden einheimischen Besuchern …

(Fotos vom Stadtpalast)

 

Auch sollten sich selbst dogmatische Atheisten dem (rein physischen) Gedränge bei der Umrundung des Inneren des Jagdish Tempels  nicht verschließen – einzige zu tolerierende Gegenanzeige: Klaustrophobie … Befallene verweilen auf der ersten Plattform und genießen das Auf und Ab auf der steilen Treppe.

(Fotos vom Jagdish Tempel)

 

Die Gassen der Altstadt lassen auch routinierte Entdecker weiche Knie kriegen. Nicht nur die Farbenpracht von Menschen und Waren, auch die Unmöglichkeit etwas zu finden, das nicht angeboten würde und das ausgesprochen zugewandte Wesen all jener, die nicht den auf Touristen zugeschnittenen virtuellen Bauchladen (mental) umgeschnallt haben, nehmen einen gefangen. Mensch wird auf Wunsch auch wieder los gelassen – und dorthin geführt, wo man gerade hin möchte, ohne Bakschisch entrichten zu müssen …

(Fotos aus der Altstadt)

 

Gut, einer Bootstour über den Picholasee am späten Nachmittag ist der Deppentourcharakter kaum abzusprechen. Tröstlich vielleicht, dass sich die Zahl der einheimischen mit der der ausländischen Vertreter in etwa die Waage hält und Berlin ja auch vom Wasser her recht schön sein kann ... Der Blick von einer der Terrassen des Jag Mandir  auf den Stadtpalast in der untergehenden Sonne eint beide Gruppen in gemeinsamer Begeisterung.

(Fotos von der Bootstour)

 

 

 

„... lange Busfahrt nach Pushkar“ … 

… dem wäre allenfalls hinzuzufügen „eintönige“, nachdem der heutige Wachmacher, eine platte Starterbatterie, seine Wirkung entfaltet und der Bus „with a little help from some friends“ zum Laufen gebracht worden ist.

Das Grün des Gartens der Ehrendamen  entspannt die Augen und ein kleines Handgeld für den Wasserwart lässt Springbrunnenfontänen und Herzen höher hüpfen. Danach hüpfen und springen nur noch Rindviecher und Menschen über die Landstraße – für Stunden.  Zwar begleiten uns bis Ajmer endlos Marmorsägereien, doch spätestens nachdem wir Laien den Horror jeder Berufsgenossenschaft bei der Begutachtung der Einhaltung von Sicherheitsstandards nachempfunden haben, verlieren diese Werkstätten jeglichen Reiz. 

(Marmor, Stein und Eisen ...)

(... zumindest verbal nicht ganz am Thema vorbei ...)

 

Am späten Nachmittag trudeln wir im Pilgerstädtchen ein, genießen einmal mehr die Räumlichkeiten eines geschmackvoll zum Hotel umgerüsteten Maharajapalastes und begeben uns per Bus über die unbefestigten, staubigen Dorfstraßen zum Sammelparkplatz in der Nähe des Sees.

Warum Brahma  eine Lotusblüte ausgerechnet in dieser Gegend  entgleiten musste, ist nur schwer nachvollziehbar. Dass die Quellen, welche an den Stellen entsprungen sein sollen, an denen die Blütenblätter den Wüstenboden berührten, umherschweifende Nomaden anzogen, die schließlich den Ort Pushkar  gründeten, schon eher. Doch das ist nur eine Version der Geschichte. Jedenfalls gibt es diese Stadt, und sie wird zu den ältesten Indiens gezählt. Außerdem sei sie eine von Indiens heiligsten Stätten – und eine der wenigen, an denen Brahma hoch verehrt wird. 

Entsprechend jahrmarktsmäßig rummelig geleitet uns die Brahma Temple Road zum Heiligtum gleichen Namens. Wie in Altötting oder Fatima sind die Verkaufsstände keineswegs nur auf Votigaben oder Heiligenzubehör spezialisiert, sondern bieten – richtiges Leben findet überall statt -  von Küchenutensilien bis zum Kamelsattel alles an, was Hindu so braucht, oder Muslim, oder Buddhist, oder Tourist …

Vor den Treppen zum Tempel konkurrieren lebhaft und lautstark Männer um den Aufpasserdienst über abgelegtes Schuhwerk; die umliegenden Teestuben und Verköstigungsanstalten offerieren Schließfächer für Wertgegenstände aller Art, Lederwaren, Fotoapparate und Dolche, welche nicht mit auf die Plattform genommen werden dürfen.

Auch hier harren Pilger dicht gedrängt auf das Betreten des Schreines, zwar leise, doch keineswegs ruhig. Damit die Ordnung der Zweierreihe gewährleistet bleibt, zücken uniformierte Büttel des Öfteren ihre langen Stöcke. Zum Einsatz kommen sie nicht – es reicht, wie beim Pferderennen, die Peitsche zu zeigen …

Durchs Basarviertel führt der Weg zum See mit seinen zahlreichen Ghats, an denen sich auch einige unserer Mitreisenden der Pushkar Puja unterziehen, die u.a. eine sichere (Weiter-) Reise gewährleisten soll. Aufs Bad im ockerfarbenen Wasser verzichten sie allerdings.

Hätten sie mal besser nicht: Unser Bus ist beim Wenden mit beiden Vorderrädern in einer Abwasserröhre eingebrochen und steckt so fest, dass örtliche Tuktuks unsere Rückfahrt ins Hotel übernehmen.

Bleibt auf die Spätwirkung der Zeremonie am See zu hoffen …

(Fotos von Pushkar)

 

 

Ob göttlicher Beistand 

… oder sachgerechte Verwendung zweier Wagenheber – unser Bus steht morgens pünktlich vorm Jagat Palace. Nach einer knappen Stunde machen auch die letzten größeren grünen Flecken den eher trocken unwirtlichen Hügeln des Shekhawati  Platz. Dass hier früher bedeutende Karawanenwege verliefen, wird dem Reisenden erst beim Schlendern durch Mandawa  bewusst: Die zahlreichen Herrenhäuser mit kunstvollen, teils witzigen Wandmalereien versehen und sowohl von außen als auch im Innern architektonisch oft aufwendig gestaltet, lassen ahnen, welch Reichtum sich einst hier anhäufen ließ.

Heutzutage nerven zwar aufdringliche Schlepper, Andenkenverkäufer und „the only good guide(s)“ nicht unerheblich, doch sind es eher baulicher Verfall und (ver-)schwindende Wandbilder, welche einem die Tränen in die Augen und jeden Denkmalpfleger auf die Brücke treiben.

Im Zuge der Zeit sind die noch immer wohlhabenden Besitzer in die Städte gezogen, haben ihre einst repräsentativen Havelis  aufgegeben oder den Familien ihrer Chowkidar (Hausmeister) überlassen, die gegen einen Obulus Fremde durch ihre Wohnstätte führen. Zur Restaurierung oder auch nur zum Erhalt der Substanz fehlt den Bewohnern das Geld, den Besitzern das Bewusstsein – wenige gelungene Ausnahmen (oft in der Hand ausländischer Liebhaber, Mr. Vikas) bestätigen die Regel …

Der zunehmende Strom an Reisegruppen und Individualos eröffnet den Jüngeren zumindest die Hoffnung auf ein geringes Einkommen – ohne größere körperliche Anstrengungen. Entsprechend hart wird der Konkurrenzkampf um Postkartenverkauf, Stadtbilderklärungsdienste und „Have a look at my nice shop!“ geführt …  Da uns für ernsthafte Beratertätigkeiten zu wenig Zeit zur Verfügung steht, beschränken wir uns auf freundliches Grüßen, das von allen wohlwollend und ohne Hintergedanken erwidert wird.

(Fotos aus Mandawa)

 

 

Zurück auf Anfang 

… nach Gurgaon ins Park Inn – auf einer elend lang anmutenden Busfahrt ohne viel Kurzweil. Die Dörfer allerdings wirken ausgesprochen belebt und viele Einwohner haben offensichtlich unseretwegen mal wieder das lange Bunte aus der Kiste geholt, winken uns auf der letzten Etappe vor dem Abheben zu und treiben an verschiedenen Orten ihren ganzen Stolz, riesige Zebuherden über den Highway. In zwei großen Gruppen kommt uns eine farbenfrohe Gemeinschaft Gypsies entgegen, Küchenuntensilien und blecherne Gefäße auf dem Kopf auf dem Weg zu einem neuen Lagerplatz – Nomaden, die früher wie heute die Landstraße nutzen. Ach ja, die zahlreichen Kamelfuhrwerke auf den Wegen und den Feldern fallen auch noch ins Auge.

Für Reize, welche unterhalb dieser Schwelle liegen, sind wir kaum noch empfänglich: Zu dicht und zu vielfältig sind die Eindrücke, zu kurz waren die Phasen, in denen sie hätten sacken können, als dass noch ausreichend freier Speicherplatz irgendwo in den kleinen Grauen vorhanden wäre. Beeindruckendes haben wir gesehen und erlebt – nichts das uns abgestoßen hätte oder zu dem Schluss kommen ließe, wir seien im falschen Land unterwegs gewesen.

Gewiss, die Straßen in manchen Städten und selbst in kleinen Orten sind mitunter bis an die Grenzen des Erträglichen zugemüllt – und durch all das fleddern sich täglich ärmliche, darbende Menschen, überwiegend Kinder und Frauen. Auch die penetrante, vor allem auf Westler zielende Bettelei in größeren Städten und an vom Tourismus heimgesuchten Orten mit vermutlich eigens präparierten Kindern (Amputationen, skurril verdrehte Extremitäten) nötigt eine gewisse Nervenstärke ab, um das auszuhalten - UNSER (Luxus-) Problem. Bereits bei der Buchung war uns klar, dass wir nicht in Urlaub führen, sondern auf Reisen gingen ...

Vor allem auf dem Lande sind wir einer einfachen, offenen Bevölkerung begegnet, deren Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ohne Arg schien und die sicherlich auch nicht mehr in einer Derek freien Zone lebt. Ihrer Haltung oder ihrem Verhalten war nicht die Erwartung zu entnehmen, wir sollten ihr zu ein wenig mehr Derek Style verhelfen. In einem Land, in dem 1,2 Milliarden Menschen breitgefächert zwischen jungsteinzeitlichen Produktionsweisen und ausgefeilter IT-Technolgie leben, sind wir mitunter vielleicht mal etwas ungelenk umher getapst, gestolpert sind nicht.

Also dann, Sikkim beim nächsten Mal oder Kashmir – wieder auf eigene Faust und dann mit gaaanz viel Zeit …

(unsere Route zum Nachfliegen)

 

  

Bis demnächst

panther & co

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Glossar

 
Abaneri
Agra
Agra, Itmad du Dauda
Agra, Rotes Fort
Agra, Shish Mahal
Agra, Taj Mahal
Amber Fort, Jaipur
Baby Taj, Agra
Bharatpur
Brahma Tempel, Pushkar
Dehli
Dehli, Humayun Mausoleum
Dehli, Jama Masjid
Dehli, Qutb Minar
Dehli, Raj Ghat
Fatehpur Sikri
Fazit
Festung Am(b)er
Ghandidenkmal, Dehli
Havelis, Mandawa
Hawa Mahal, Jaipur
Humayun Mausoleum, Dehli
Itmad du Dauda, Agra
Jagdish Tempel, Udaipur
Jain Tempelkomplex, Ranakpur
Jaipur
Jaipur, Hawa Mahal
Jaipur, Jamar Mantar
Jaipur, Observatorium
Jaipur, Palast der Winde
Jaipur, Stadtpalast
Jama Masjid, Dehli
Jamar Mantar, Jaipur
Jodhpur
Jodhpur, Mehrangarh Fort
Kumbalgarh, Festung
Mandawa
Mandawa, Havelis
Mehrangarh Fort, Jodhpur
Nimaj, Anreise
Nimaj, Ort
Pushkar
Pushkar, Brahma Tempel
Qutb Minar, Dehli
Raj Ghat, Dehli
Ranakpur
Ranakpur, Jain Tempel
Rotes Fort, Agra
Shah Jahan
Shekhawati
Shish Mahal, Agra
Stufenbrunnen in Abaneri
Taj Mahal, Agra
Udaipur
Udaipur, Jagdish Tempel
Udaipur, Stadtpalast
Verlassene Stadt Fatehpur Sikri