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03. April 2009 

Pablo Picasso 

… hätte sich, wäre es in seinen Schoß gelegt worden, womöglich eine abstraktere Geburtsstadt ausgesucht.

Wir hingegen beugen uns den selbst auferlegten pekuniären wie logistischen Sachzwängen und landen mit der auserkorenen Fluggesellschaft dort, wo vor uns bereits die Phönizier, ohne die Ureinwohner um eine Genehmigung zu ersuchen, eine Stadt gegründet hatten, in der sich im Lauf der Zeit Karthager, Römer, Westgoten, Mauren und - Oh Gott! - rückerobernde Katholische Könige paar schöne Jahrhunderte machten, sowie, deutlich später, nicht weniger erobernd, sich mittlere Mitteleuropäer einfinden, um sich ein paar schöne Tage zu machen ...  

Málaga IST Einfallstor der und fungiert als Verteilstation für die Touristen, welche die Costa del Sol aus welchen Gründen auch immer heimsuchen; gewiss nicht, um ihr Leiden im Spanischen Bürgerkrieg zu erfahren ...

Den spanischen Alltagstrubel der späten Stunde zunächst ignorierend, suchen wir eine angenehme Unterkunft in einer der östlich gelegenen Vorstädte auf – wofür der Osten nicht alles herhalten muss … 

Nach Pedrogalejo finden wir Dank GPS problemlos zum Hostal gleichen Namens und in ein Zimmer für eine Nacht. Nicht zum Vereinsamen groß zwar, doch mit allem Drum und Dran und ausgesprochen zuvorkommenden Wirtsleuten.

Aus dem einstigen „armen Fischerdorf“, an dessen Strand noch einige Reminiszenzen kieloben liegen, ist ein Badeort mit "Szenecharakter" geworden, der um diese Jahreszeit vor allem von Schulklassen heimgesucht wird. Auch die Cocktailbars, die Lokale und Restaurants lassen auf ein „heavy beach party life“ nach der Nebensaison schließen. Zu dieser Jahreszeit bei diesem eher kühlen abendlichen Wind hält sich der Trubel allerdings ob klimatischer und klimakterischer Bedingungen noch sehr in Grenzen und gewährt eine ruhige Nacht. 

Angekommen also …

 

 

04. April 2009

Die, der etwas fehlt, …

… ist sich ihres Mankos womöglich gar nicht bewusst, wie im richtigen Leben also – und uns fällt es auch erst auf, als wir im Reiseführer lesen, warum La Catedral im Volksmund „La Manquita“ genannt wird: Für die Vollendung ihres südlichen Turmes hat es weder unter den „Katholischen Königen“, die das Gotteshaus mit Siegermentalität auf den Grundmauern einer zuvor im Namen des Herrn (Auftragszettel nicht mehr auffindbar) zerstörten Moschee errichten ließen, noch unter deren Nachfolgern gereicht. Und das ist gut so – Nobody is perfect – und auch Fehlendes hat seinen Reiz. 

Jedenfalls ist der Sakralbau ein Blickfang, dem man auch äußerlich ansieht, dass er nicht in einer Dekade gen Himmel gewachsen ist – eine Promenadenmischung aus all den (Bau-)Kunstrichtungen, die über gut zweihundert Jahre tragend waren. 

Die Kirche dominiert zwar das Altstadtambiente, doch erschlägt sie weder die Fassaden der benachbarten Bauten noch die kleinen Gassen, in denen sich vielfältiges Leben nicht nur ob durchziehender Touristenströme abspielt. Hier strafen sich all die bunten Kataloge der Anbieter von Pauschalreisen und Strandurlauben gottlob Lügen. Zwar kann Málaga seinen Großstadtcharakter nicht leugnen - muss es auch nicht - doch braucht es sich nicht hinter anderen anheimelnden großen spätmittelalterlichen Orten zu verstecken! 

Auch wenn er sich seine Geburtsstadt nicht aussuchen konnte, mit der Umsetzung seiner Vision, einen Teil seines Schaffens im Palast des Grafen von Buenavista ausstellen zu lassen, dürfte er ob des Ideenreichtums und des „glücklichen Händchens“ der beteiligten Architekten sehr zufrieden sein. Das Picasso-Museum ist also nicht nur der ausgestellten Kunstwerke wegen mindestens einen zeitintensiven Besuch wert … 

Das Römische Theater, paar Schritte weiter, steuert einen Tupfer Antike bei und lässt die Fortifikation der Mauren, die gleichfalls über antiken (hier: phönizischen) Grundmauern errichtet wurde, auf Altehrwürdiges herabblicken. 

(Fotos zu Malaga)

 

Entsprechend kulturmäßig eingestimmt, lockt uns Vélez Málaga mit seinen gekalkten Fassaden innerhalb der maurischen Stadtbegrenzung, dem Barrio de la Villa, von den Schuhkartons der Küste weg ins Landesinnere. Autos gibt’s in den winkligen Gassen keine, wohl aber Hunde, die Spuren an den Schuhsohlen hinterlassen. Dennoch, es lohnt, durch die Sträßchen zu schlendern und sich der Pueblas Blancas oder der Alfama zu erinnern …

(Fotos zu Vélaz Málaga)

 

 

 

 

 

05. April 2009

Rummelfaktor niedrig“ …

… meint der Reiseführer.

Gemessen an der Zahl der befensterten Schuhkartons mit angeklebten Balkonen, die, sich gegenseitig den Blick aufs Meer wie auch landeinwärts verstellend, an den Gestaden Nerjas gen Himmel ragen, ist dem zu dieser Jahreszeit zuzustimmen. Hinweise auf ein ehemaliges  Fischerdorf dürften sich allenfalls noch in Archiven oder dem Gedächtnis alzheimergeplagter Einheimischer finden lassen.

Dennoch wirkt die Stadt kein bisschen überdreht. Mag sein, dass es am Publikum in unserem Alter (… plus) liegt, das eindeutig die Klientel dominiert – solide (gewordene) Überwinterer aus UK oder Skandinavien, die dem Alter entwachsen sind, auch aufs letzte schlecht gewordene Pint der Happy Hour partout nicht verzichten zu können. Vielleicht sind’s auch die gediegenen jungen spanischen Familien, die zwar mit Kind(ern), doch ohne Kegel und mit Zeit für erstere, das Wochenende vor Ostern hier vor Ort verbringen und selbigen gerade nicht in Trubel stürzen … 

Wir schlendern zwar nicht durch malerische Gassen, doch, einige Höhenmeter oberhalb der Strände kleiner, überschaubarer Badebuchten, durch ein paar nette Sträßchen, die sich nicht in den Häuserfluchten verlieren.

So typisch badeortmäßig sich Architekten und Stadtplaner teilweise entblöden und vor allem –blößen durften, so hat sich im Laufe der Dekaden ein korrigierendes Umdenken bei der Gestaltung kleiner Flächen manifestiert – im alten wie im neuen Nerja … Viele kleine offene Plätze, weite Blicke an ausgewählten Stellen übers Meer, zahlreiche kleine Bars, Caféterias, Eisstände und Restaurants, die keine großen Abfütterungseinrichtungen neben sich dulden, fördern die Entspannung. 

Nerja ist zumindest zu dieser Jahreszeit nicht die schlechteste Adresse, um Erholung am Meer fernab jedes nervigen Beach- oder Après Beachlifes zu finden …

Und das um so mehr, als wir spanische Rentenanwärter um die Sorge befreit wähnen, sich Gedanken über ihre Pension machen zu müssen. Bei der Menge an Klein- wie an kleinen Kindern und der schier unüberschaubaren Zahl an geschobenen Kinderwagen auf dem Balcon de Europa muss nicht geriestert werden – vorausgesetzt, die Osels finden Arbeit … 

Nach dem nötigen Quantum an „Anschuberholung“ steht der Herausforderung „Landesinneres“ nichts mehr im Wege. 

Vamos ver …

 

(Fotos zu Nerja)

 

 

 

 

06. April 2009

Die Gerade 

… mag zwar die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten sein, jedoch nicht immer die schönste. 

Ein „Umweg“ über die Cueva de Nerja wird auch diejenigen begeistern, die bereits tausend Tropfsteinhöhlen „ganz toll“ gefunden haben. Ob der Größe, der Weite und der bizarren Formationen wegen, dürften jene Begeisterten auch von den Cuevas zumindest höchst angetan sein …

Derzeit tropft es zwar nicht ernsthaft von der Decke, doch lenken Boxen, geschickt zwischen den Orgelpfeifen und anderen natürlichen Ensembles versteckt, die entsprechenden Geräusche ins Ohr ...

Das weitläufige, zu keinem Zeitpunkt enge Areal des fließenden Kalkes besticht durch Skulpturen, die natürlich phantastisch sind. Hatte Gaudí schon nicht ursächlich an der Gestaltung der unterirdischen Säle mitwirken können, so hat er sich zumindest hier die Ideen für seine Entwürfe der Sagrada Familia entliehen … 

 

Frigiliana IST ein bildschönes „Weißes Dorf“.

Es als „recht touristisch“ zu charakterisieren wäre mehr als euphemistisch: Wenn Mejses im (auch optisch nicht mehr zu leugnendem) recht fortgeschrittenen Alter „nach arabischer Tradition“ geschleuderten andalusischen Honig (vom Zuckerrohr) spanischer Bienen dänischen TouristInnen auf starkdeutsch mit „Lecker, lecker“ anpreisen, hat mehr als nur einmal Schengen zugeschlagen – nachhaltig …

Und dennoch ist dieser Ort mehr als eine Kaffeepause wert!

Paar steile Passagen im Labyrinth oberhalb der örtlichen „Drosselgass / Friedrichstraße“ findet sich weniger junges als lungenstarkes und kreislaufstabiles Publikum unterschiedlicher Jahrgänge wieder. Hier beeinträchtigen allenfalls die Schilder der Immobilienmakler das Gassenbild – der Quadratmeterpreis eines Kreuzberger Lofts wird an dieser Stelle aus der Portokasse entrichtet. Dafür bestechen die frisch gekalkten Fassaden verwinkelter Häuser und Häuschen mit leuchtenden Blumen vor der Hütte oder gefliesten Auszügen der Geschichte des Maurenaufstands von 1569 an der Hauswand. Mit der ein oder anderen kleinen Bar zwischendurch, die einen mehr als nur genießbaren lokalen trockenen Weißwein kredenzt, sind derartige Wegstrecken zunehmend locker zu bewältigen.

Lasset uns also drei Hütten bauen …  

… oder in eine Wohnhöhle ziehen, die findige Architekten zwei Autostunden entfernt ins weiche Kalkgestein schlagen ließen, so wie ihre maurischen Vorgänger mehr als tausend Jahre zuvor.

Das Hostal El Ventorro wartet mit solch originellen Behausungen auf und unterstützt damit den Tiefschlaf, den das Adlernest Alhama de Granada am späten Nachmittag während des Ortstermins angebahnt hat …

 

(Fotos zu den Höhlen von Nerja)

(Fotos zu Frigiliana)

 

 

 

 

07. April 2009 

Der Kaffee ist fertig 

… - klingt das nicht unheimlich ... - vor allem wenn es ihn, wie auch das übrige Frühstück, nicht vor zehn Uhr (morgens) gibt? Hier haben wildfremde Menschen Ahnung von unserem Biorhythmus … 

Raus aus der (Luxus-) Höhle, rein ins Vergnügen. Wir wollen doch sehen, ob das morgendliche werktägliche Leben des einstigen römischen und später maurischen Badeortes (Al Hamam) ebenso verschlafen verläuft wie das nachmittägliche.

Gestern hat es uns nach der Fülle bemerkenswerter Orte und spannender Landschaften, die sich links und rechts der verschlungenen, gut ausgebauten Straßen mit zunehmenden Höhenmetern nach jedem Pass veränderten, wenig ausgemacht, in einem Ort zu landen, der mehr als nur verträumt wirkte.

Gewiss, die heißen Quellen sprudeln noch immer, doch dürfte das einst lustvolle Badeleben mit der Vertreibung der Mauren weitgehend der Lust tötenden Lebensgestaltung der Reconquista gewichen sein, die allerdings bemerkenswerte, ansehnliche Baudenkmäler auf den Grundmauern geschleifter maurischer wie jüdischer Gotteshäuser protzen ließ – und noch heute mehr als nur eine Handvoll Touris anlockt. 

Denen wird nicht nur in den Bars an der Piazza eine Kost angeboten, die den wöchentlichen Kalorienbedarf von Steineklopfern mühelos deckt. An zartes, Ulcus geplagtes Lehrergedärm denkt hier niemand – bis auf die Winzer. Die keltern einen Schoppen, der mindestens so trocken ist wie die Boccadillos – und, ohne dass mensch kauen müsste, mindestens doppelt so gut mundet …

Dafür entspricht der Preis eines Schnitzels den gängigen Modeartikeln aus der Damenkollektion der „no brand“ Branche – den zahlreichen „Gastarbeitern“ geschuldet, die, den Ethnien Südosteuropas oder Perus entstammend, ihre Hände der Landwirtschaft verkaufen - müssen … 

Die „Locals“ allerdings sind keineswegs bäuerlich zugeknöpft, sondern freundlich und zugewandt. Sie scheinen sich über und mit den Touristen zu freuen, die, wenn auch nur für einen Tag, ihrer Stadt und dem Sehenswerten etwas abgewinnen können und wissen wohl zu schätzen, dass Fremde den gemütlichen Spaziergang durch die Tajos de Alhama genießen. 

Schön ist’s – und für einen vollen Tag reicht’s …

 

(Fotos zum Stadtbild)

(Fotos vom Spaziergang)

 

 

 

 

07. April 2009 

Granada ist gemacht für Traum 

… und Träumerei, soll Garcia Lorca behauptet haben – und nachdem der Reisende den Staub von den Füßen geschüttelt, respektive von der Windschutzscheibe gewischt hat, der sich beim Durchqueren des sanften Hügellandes hinter Alhama zwangsläufig auf Mann und Maus legt, nach dem Meistern einiger Nadelöhre am Stadteingang, dem Bewältigen zahlreicher enger Gassen, die sich Autofahrer und Fußgänger überwiegend friedlich teilen (müssen), paar sehr platzsparender Abbiegungen, die gerne ihre Kerben in Stoßstangen hinterließen und der erfolgreichen Einfahrt in ein Parkraum optimierendes Gebäude mit freier Bucht gleich hinter der Schranke geben wir Lorca Recht … 

Die Einheimischen verbreiten den Flair von Großstädtern, doch völlig unaufgeregt, nehmen sich Zeit, dem Fremden den Weg zum Hotel genauestens zu erklären, auch wenn ein Verlaufen ob des "Schachbrettmusters" schier unmöglich scheint, und freuen sich über den Besuch in heimischen Gefilden – ein angenehm lockerer Umgang mit der Situation, die eine Stadt als Dauerattraktion schafft – und so manchen schaffen könnte … 

Nach ausgesprochen freundlichem Empfang im Haus und einigen Hinweisen auf die bevorstehenden vorösterlichen Ereignisse, steht dem Eintauchen in die Großstadt, die sympathisch viel Kleinstädtisches, doch nichts Provinzielles, an sich hat, nichts mehr im Wege. Geschäftig geht’s hier zu, doch ohne Eile und völlig unhektisch.

Für zwei- bis vierbeinige Esel reicht die Straßenbreite völlig aus, auch für die zahlreichen Kinderwagen, die hier ohne Erwartung einer Auszeichnung mit dem Mutter- oder Vaterkreuz in hoher Zahl geschoben werden. Für Kutschen hingegen dürfte „auch damals bereits“ ein Einbahnstraßensystem existiert haben.

Die Fassaden der oft recht schmalen drei- bis vierstöckigen Häuser, die auch in der Innenstadt noch alle bewohnt sind, reichen von Postmoderne über Jugendstil und Neoklassizismus bis zur Renaissance zurück, stehen friedlich nebeneinander und stören sich gegenseitig kein bisschen! Die meisten Gebäude strahlen schmuck restauriert. 

Überall öffnen sich kleinere, meist begrünte Plätze voller Leben, einen Brunnen in der Mitte und von zahllosen Cafés, Bars und Restaurants umsäumt. Und alles, was fürs leibliche Wohl sorgt, ist von Einheimischen frequentiert – da fallen die zahlreichen Touristen aus aller Herren Länder und vieler spanischer Provinzen nicht weiter auf.

Das Leben spielt sich lärmmäßig höchst gedämpft ab – kein Geschrei, kein Gezeter, allenfalls dezentes Gemurmel. Nur der Bariton des Losverkäufers, der DIE TODSICHERE Losnummer anpreist, schallt zwischen den Häusern.

Trotz der Enge in den Sträßchen und den vielen Menschen gibt es kein Gedränge. Marheinekeplatz in alle Gassen … 

Beim kleinen „Schatten“ in der Sonne, von einigen köstlichen Tapas flankiert, bestätigt der Blick auf und über das bunte Treiben Lorcas These. 

Schön, gerade auch für die Einheimischen, die sich ihrer Stadt erfreuen dürften. Viele junge Leute, sehr modebewusst gekleidet, fallen ebenso ins Auge wie junge Familien mit zwei und mehr Kindern. Die auf den ersten Eindruck vermittelte Geburtenrate dürfte jene im „heimischen“ Pregnancy Hill in den Schatten stellen. Ein wie in der TAZ behauptetes privilegiertes Gehabe dorten ist hier nicht zu beobachten. Die Kids gehören zum selbstverständlichen alltäglichen Leben – und keiner macht ein Fass auf, wenn sie sich die Knie aufschlagen oder wenn ein Kinderwagen mal eben kurz zur Seite geschoben werden muss, um in die Tapabar zu gelangen.

Also, weiter träumen mit Lorca …

 

(Fotos von den ersten Rundgängen)

 

 

 

 

08. April 2009 

Gäbe es die Alhambra nicht … 

La Catedral mit der Capilla Real wäre wohl DIE Attraktion Granadas – behaupten jedenfalls manche Reiseführer. Für Liebhaber der italienischen Renaissance mag das zutreffen. In jedem Fall ist der monumentale Klotz, auf Betreiben der Katholischen Könige auf den Grundmauern einer niedergerissenen Moschee errichtet, nicht nur optisch von innen wie von außen höchst imposant. Siegerarchitektur eben, die, wäre in ihr auch nur ein wenig mehr als die höchst zulässige Menge Asbest verbaut, gute Chancen hätte, vom nächsten Sieger geschleift zu werden – zu Gunsten eines Palastes der Republik zum Beispiel … 

In den Gassen und auf den kleinen Plätzen der nächsten Umgebung herrscht jenes geschäftige, doch unhektische Treiben (und Treiben lassen), dass uns bereits andernorts in Andalusien so angenehm aufgefallen ist.

Gleich, ob die Straßen schwarz sind von Menschen, die shoppen oder von denen, die der nächsten vorösterlichen Prozession harren, Gemurmel unterlegt das „Alltagsleben“, nicht Geschrei. Sitzen die einen bereits lange vor dem Auftauchen des ersten Weihrauchfasses auf Klappstühlchen am Straßenrand, lehnen andere genießerisch an den Stehtischen aus Weinfässern der Tapabars und versuchen der Sonne etwas Wärme abzugewinnen. 

Und mittenmang jede Menge wohlerzogen wirkender Kinder aller Altersstufen, die spielen, sich unterhalten und weder kreischen noch pöbeln, noch sonst was unternehmen, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Schier unfassbar für Neuköllner Lehrerseelen …

 

(wiki zur Kathedrale)

 

 

 

 

09. April 2009 

De Zooch kütt 

… während der Semana Santa, von Palmsonntag (Domingo de Ramos) bis Ostersonntag (Domingo de Resurrección), täglich am frühen Abend – und endet nach Abtragen des letzten lebensgroßen Heiligenbildes (Paso) der am jeweiligen Tag teilnehmenden Kirchengemeinden, sechs bis sieben an der Zahl, oft erst nach Mitternacht. 

Entlang der „Hauptroute“ zwischen der Plaza del Carmen durch die Calle Mesones (unter unserem französischen Balkon entlang) bis zur Kathedrale stehen ab drei Uhr nachmittags Klappstühlchen für die Frühkommer, auf dass die Sträßchen noch enger werden und Gläubige wie Neugierige später die Trage ihres Kirchensprengels sitzend vorbeiziehen sehen.

Nach einem genau festgelegtem Zeitplan treffen die Züge aus den jeweiligen Ortsteilen am Ausgangspunkt ein, formieren sich dort zu einer grandiosen Prozession und gehen nach dem Durchmarsch durch die Kathedrale wieder auseinander.

Dazwischen liegen fünf bis sieben Stunden Kopfsteinpflaster, zahlreiche Stopps, körbchenweise Lutschbonbons und kanisterweise Mineralwasser. 

Die Vorhut eines jeden Kirchenzuges bilden die  Nazarenos (Büßer) mit ihren Spitzhüten, verdeckten Gesichtern und oft barfüßig in den Farben ihrer jeweiligen Pfarrgemeinde, kerzenbewehrt, durchsetzt von Priestern, Diakonen und Honoratioren im Ornat, Anzug oder kleinem Schwarzen. Die Damen stelzen auf Stilettos übers Pflaster, dass einem allein schon vom Hinschauen die Bänder reißen.

Im Weihrauchnebel folgt der Paso, eine auf einem großen hölzernen tischartigen Tragegestell montierte lebensgroße Figur aus der Passionsgeschichte, meist eine Christusdarstellung, die ein Bild der Kreuzwegstationen in Szene setzt. Mitunter lässt auch eine leidende Maria ihr in mühevoller Kleinarbeit genähtes Gewand aus kostbarem Batist zur Schau tragen.

Unter der aufwändigen Konstruktion schwitzen bis zu zweiunddreißig höchst kräftige Männer (und Frauen), vom ringsum tischtuchartig herunterhängenden schweren Stoff verhüllt – bis auf die Schuhe. Auf ihren Schultern asten sie ihr tonnenschweres „Bild“ durch flache wie steile Gassen treppauf, treppab.

An verschiedenen „Stationen“ wird das Gebilde zwecks Verschnaufens abgesetzt, das Trageteam verköstigt oder ausgetauscht. Unter starkem Beifall wuchten die Costaleros das tonnenschwere Arrangement wieder auf Tragehöhe und pilgern weiter. Beifall gibt’s auch fürs exakte Abbiegen in rechtwinklig einmündende Gasse. Der Enge wegen muss auf dem „Teller gedreht" werden, bevor aus der Mesones geradewegs die Kathedrale beschritten werden kann. 

Wollen sie der kompletten Darbietung folgen, müssen die Zuschauer gut fünf bis sechs Stunden ausharren. Entsprechend sind sie, auch auf den billigen (Steh-) Plätzen demogerecht ausgestattet: Kleidungsstücke, die den Zwiebeleffekt bei zunehmender Kälte erfüllen, finden sich in der einen Tragetasche; Erfrischungs- und geistige Getränke werden aus der anderen gezaubert. Fehlt noch die Tüte wider den Hunger: Teigwaren aller Couleur, Pistazien-, Sonnenblumen- und Pinienkerne stärken nicht nur die Beobachter, sondern hinterlassen auch deutliche Spuren auf dem Kleinpflaster. Die zahlreichen Kleinkinder werden mit Süßkrams in allen Varianten bei Laune und der Stange gehalten. Dazu reicht die größte Tüte gerade mal aus … 

Unglaublich wie geduldig und diszipliniert die jüngeren Gemeindemitglieder – vom Kinderwagen- bis zum Erstkommunionsalter – dem Schauspiel beiwohnen. Paar kleine Spielchen lenken ebenso ab wie das Sammeln von Kerzenwachs. Zu Kugeln geformt und von Hunderten tropfender Kerzen aller gängigen Farben ergänzt wachsen sie auf Minifußballgröße an und werden stolz präsentiert. 

Ob aus gläubiger Überzeugung oder tradierter Routine, viele Beiwohnende berühren ihre getragenen Heiligenbilder und bekreuzigen sich anschließend – wer weiß, wofür es gut ist. 

Nach dem letzten Mitläufer ähneln die Straßenzüge der Gneisenaustraße nach dem Karneval der Kulturen, na gut, die Pappbecher fehlen, - und werden prompt von der Stadtreinigung durchkämmt. Auf dem Weg zum Frühstückscafé erinnern nur noch Wachsspuren an das Spektakel des Vorabends.

 

Hier gibt's die Prozessionen der Semana Santa häppchenweise - mal in "unserer" Straße erlebt, mal in den jeweiligen Pfarrsprengeln. Nicht alle Fotos gewähren einen der Würde der Situation angemessenen Inhalt, wie im wirklichen Leben eben ...

(Warten auf den Zug)

(Fotos aus der Calle Mesones)

(Passage in Realejo)

(so weit die Füße tragen)

(Szenen aus Albaicín)

(Confradia Resucitado)

(verschiedene Darstellungen)

(specials)

 

 

 

 

 

10. April 2009 

Wer noch nie den Weg verloren hat, … 

… kann ihn auch nicht wiederfinden.

In den verwinkelten engen, steilen Gässchen in Albaicín, die oft genug jäh an einer Treppe oder vor einer Haustür enden, ist es kein Kunststück, vom rechten Weg gleich mehrmals abzukommen. Da wir nicht gleich in den Himmel wollen, sondern zuvor zumindest eines der ältesten und wohl ursprünglichsten (im Reiseführer liest mensch „authentischsten“) Viertel Granadas durchstreifen möchten, können uns weder steinige noch verschlungene Abwege etwas anhaben. 

Dieses Barrio er- und behält seinen Charakter durch das Kaleidoskop seiner Bewohner. Junge Hinzugezogene wie uralt Eingesessene, brave Studenten, brotlose Künstler, bunte Silberschmuckverkäufer, schillernde Zocker, endgültig Abgedrehte, selige Freaks, biedere Geschäftsleute wie geschäftige Wirtsleute leben Tür an Tür und vermitteln eine eigentümlich angenehme Atmosphäre, auch wenn es hinter den jeweiligen Türen höchst unterschiedlich zugehen dürfte. Die autochthone Bevölkerung scheint mühelos klar zu kommen mit den tagtäglich über sie hereinbrechenden Touristenscharen aus allen Ländern und Provinzen – und macht die Not zur Tugend, indem sie die Fremden zu ihrem Geschäft erklärt. Das hinterlässt handwerkliche wie szenekünstlerische Spuren an Hauswänden und auch in manchen Gesichtern … 

Mindestens so präsent wie die Einheimischen vom Lausitzer Platz zum Myfest zeigen sich die Menschen, die hier leben. Eben noch weist uns eine Gitana, die in ihrem Lokal, in dem die Männer bedienen, nicht nur die Hosen an hat, sondern auch den Beutel mit dem Wechselgeld und der Tageskasse umgeschnallt trägt, ein Sonnenplätzchen auf ihrer Terrasse zu, schon sitzt sie mit ihren Nachbarinnen ein paar Meter weiter auf dem kommunalen Steinbänkchen und widmet sich dem Schwatz, der nur unterbrochen wird, wenn einer ihrer Männer um Wechselgeld nachsucht …

Danach plaudert sie mit HERRlichen Pensionären und schäkert mit dem Abgeordneten der zuständigen Straßenreinigungsabteilung.

Ganz anders als in Kreuzberg findet sich hier allerdings kaum als machohaft auszumachendes Verhalten von wem und gegenüber wem auch immer. Hier wird nicht durch Goldkettchen um den Stiernacken, Rasierklingen im Schritt oder Lautstärke imponiert.

Luxuskarossen stehen undemoliert und auf vier gefüllten Reifen am Straßenrand. Dahinter, auf der weiß getünchten Fassade eines luxussanierten zweistöckigen Hauses beklagt ein Graffiti die fortschreitende Immobilienspekulation und den damit einhergehenden Vertreibungsdruck auf die weniger wohlhabende Bevölkerung – Kreuzberg light also??? Die kleinen Café und Kneipen umsäumten Plätze und Gassen unterhalb des Mirador San Nicolas mit seinem Glasperlen- und Silberschmuck jedenfalls lassen jeden glücklich werden, der sich in der Bergmannstraße wohl fühlt.

Oder handelt es sich etwa doch um gelungene Integration ohne multikulti Schwärmerei mit ebensolchen Schamgefühlen? Als Spanier fühlen sich hier auch die Araber – oder sollten es etwa die Nachkommen der Mauren sein???

 

(Fotos vom Streifzug durch Albaicín)

(Kneipenszene aus Albaicín)

(Eindrücke auf dem Weg nach El Sacromonte)

 

 

 

13. April 2009 

Seht uns nach, … 

… dass wir uns nicht entblöden, einen weiteren unverzichtbaren (kunst-) historisch beflissenen Beitrag über die Alhambra zu verfassen. Grabt in den meterweise vorhandenen profunden, gut lesbaren Werken, die über dieses herausragende Bauwerk informieren, klickt diese Webseite an  oder nehmt vor Ortdas Angebot einer lokalen Reiseagentur an.

So viel sei verraten: Auch wenn der Alcázar in Sevilla architektonisch wie künstlerisch ausgefeilter ist, die Alhambra lohnt sich -  unbedingt, oder, um die Empfehlung in ein einheimisches Sprichwort zu kleiden: Nichts in der Welt ist schlimmer als blind zu sein in Granada …

(Fotos als Beweismaterial)

 

 

 

 

 

13. April 2009 

Der Auferstehung … 

… folgt die Auferweckung - auch Unbeteiligter: Ostermontag, sieben Uhr in der Früh, und die Jungs der örtlichen Stadtreinigung sind unterwegs, um die letzten Spuren der Semana Santa zu tilgen. Es geht nicht dem gewöhnlichen Müll, den Ess-, Trink- und Verhaltensgewohnheiten der Prozessionsbeobachter hinterlassen, an den Kragen.

Mit Kärcher, flüssiger Chemie und Stahlschabern wird den Wachsflecken auf Steinfliesen und Kopfsteinpflaster zu Leibe gerückt. Taub oder tot diejenigen, die davon nicht wach werden. 

Der Prozess verläuft nicht nur deutlich lautstärker als jedes Schneeschieben, er ist auch langwieriger: Fünfzig Meter wachsfreier Wegstrecke stehen fuderweise Wasser, Kanister von Chemikalien und gut vier Stunden harten körperlichen Einsatzes gegenüber. 

Bemerkenswert, wie wichtig der Stadtverwaltung blitzsaubere Straßen sind, in einem Land, in dem die Mülltrennung Jahrzehnte später als in der Bundesrepublik eingeführt worden ist, oder?

 

 

 

14. April 2009 

Ach wie schön ist Bormio 

Dem ehemaligen Berg“dorf“ Pradollano in der Sierra Nevada war es augenscheinlich nicht vergönnt, sich „in Ruhe“ zu einem Skiort zu mausern. Stattdessen zu einem unansehnlichen Winterwohnsilo aufgeblasen, ist es eine Beleidigung fürs Auge geworden. 

Den Betonwust im Rücken zieht sich die Landschaft „wild romantisch“ bis zu den Sträßchen ins Tal hinunter, durch das der Weg nach Guadix verläuft.

Die Kathedrale und zwei, drei nette Gassen ziehen den Blick auf sich. Ansonsten dürfte das Barrio de las Cuevas mit seinen in den Löß gegrabenen Wohnhöhlen die wahre Attraktion des Städtchens sein. Über gut einen Quadratkilometer erstrecken sich die Anlagen, die meist von Einheimischen bewohnt werden. „Nebengebäude“ bieten Ziegen Schutz.

 

Einige Luxusexemplare, na gut, auch einige schlichte darunter, werden als Ferienwohnungen vermietet. 

Unsere Grotte gleicht, verglichen mit dem Palast in Alhama, eher einer Abstellkammer. Doch auch diese beschert uns einen ruhigen Schlaf, der nicht durch nächtliche Ruhestörung seitens der lokalen Stadtreinigung vorzeitig beendet wird.

 

(Impressionen aus dem Städtchen)

 

 

 

 

15. April 2009 

Patagonien 

… lässt grüßen, werden uns doch auf der Fahrt in die Alpujarra im Laufe von knapp vier Stunden ebenso viele Jahreszeiten offeriert – vom herbstlichen Regen über frühlingshaften Sonnenschein und spätwinterlichen Schneestürmen auf 2.000m bis zum Wunsch nach endlich (früh-) sommerlichen Temperaturen. 

Denen begegnen wir erst in unserer großzügig angelegten, geschmackvoll eingerichteten und zentral beheizten Unterkunft in Bubion, La Locana. Lurdes Garcia, die reizend bemühte Hausherrin, lässt zudem allen klimatischen Frust vergessen. 

Bevor wir unser gemütliches Appartement beziehen können, lernen wir DIE örtliche Kneipe mit ihren dorfbekannten Gästen kennen – und schätzen. Draußen wabern tief hängende Wolken und Nebelfetzen durch die mehr als krummen Gassen, strömt der Regen nieder. Drinnen rinnt, im Warmen, der ein oder andere trockene Wein durch die Kehle und begleitet gar köstliche Tapas.

Der folgende Tag lockt uns mit Sonnenschein und leuchtend weißen (Neu-) Schneefeldern auf knapp 1.700m durchs Tal der Poqueira in den fast ebenso leuchtend weiß gekalkten Nachbarort Capileira. Erstes Grün und paar zarte Blüten trauen sich hervor und lassen einen Hauch von Frühling erahnen.  

Im Restaurant von Ramón, dem Ehemann unserer Landlady, diniert sich’s auch am dritten Abend hervorragend und rechtfertigt neben der angenehmen Atmosphäre in unserem Dorf und dem Wohlgefühl in unseren Gemächern die Entscheidung, nicht ans Meer geflüchtet zu sein – trotz all nachmittäglich hereinbrechender Wolken. 

 

(Fotos aus der Umgebung)

(Fotos aus Salobreña, Rücktour)

 

 

 

Das Meer werden wir spätestens am Tag vor unserer Rückreise über die Ruta de la Alpujarra zu Gesicht bekommen – und das sollte früh genug sein …

(unsere Tour zum Nachfliegen)

 

 

Bis demnächst also

panther & co

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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