panther & co unterwegs ...

 

 

Home

... Willi in Libyen   ليبيا  

 

DER WEG für diejenigen, die Spuren lieber per Register als der Reihenfolge nach folgen ...

 

Diese Seite wird nicht mehr aktualisiert ...

 

 

Freitag, 22. Februar 2008

So lange der Wein schmeckt …

… macht es aber auch (fast) gar nichts, wenn die Nächte etwas kürzer geraten –
vor allem dann, wenn sie mit solch lieben Menschen wie Vertretern der Molles zeitlich reduziert werden – da schmort mensch nicht im eigenen Saft …


Nicht nur, dass Friedrichsdorfer Kreise Zeit und Mühe opfern, Willi in FRA einzufangen, sie haben auch ein eineindeutig unmissverständliches Wippplakat an die schwarze Limousine geheftet, die wie bestellt vor dem Eingang der Abteilung „Arrivals“ geparkt ist und so mancher Größe ein Stirnrunzeln abverlangt.

Das angemessene Nass zu fortgeschrittener Stunde macht alsbald den verspäteten Abflug in Berlin vergessen und leitet gekonnt den kommenden Tag ein.

Schee war’s bei Euch - Danke!!!

 

 
 
Samstag, 23. Februar 2008

Visa required …

… meldet der Monitor beim Check In und stürzt gleich zwei Mitarbeiter der LH in Verlegenheit, wissen sie doch mit dem Einladungsschreiben der libyschen Reiseagentur erst nach mehrmaliger, ausgiebiger Rücksprache mit ihrem Supervisor etwas anzufangen. Eine geschlagene halbe Stunde dauert es, bevor der Rechner ausgetrickst und
mir die Bordkarte ausgehändigt ist…

Ihr Kollege am Gate winkt mich souverän durch, nachdem er die Nummer meines Reisepasses auf dem wichtigen Schriftstück ausgemacht hat. „Alltagsarbeit,“ meint er nur, „kennt doch jeder …“

In
Tripolis
(
طرابلس) wird weder nach dem zu präsentierenden Handgeld noch nach Pornozeitschriften gefragt, und der Rest der Einreiseprozedur verläuft arabisch unkompliziert.

(Situation lt. International Crisis Group)

Beim geführten Rundgang lässt uns unser Reise“leiter“ (die „Kullern oben“ erklären sich mit fortschreitender Lektüre von selbst …) gekonnt über römische und osmanische Zeugen der jeweiligen Besatzungsepoche stolpern. Die Altstadt bedient weder von den Menschen noch von den Gebäuden her die klassisch romantisierenden Klischees arabisch beeinflusster Städte, wie z. B. Marrakesch oder Kairo. Die Bewohner sind beeindruckend zurückhaltend bis unbeteiligt, es fehlt jedwedes an Hektik erinnernde Gewusel und niemand versucht, durch lautes Rufen nach einem deutschen Fußballnationalspieler seinem Esel Bahn zu brechen („Ballack! Ballack!“).

 

Sind in diesem Teil der Stadt viele Straßen ungeteert, bleiben die Häuser bei ihren höchstens zwei Stockwerken und die Gassen eng, fast ohne Grün, so zeigt sich das „Italienische Viertel“ nicht nur mit Verwaltungsgebäuden im Mussolinistil faschistisch protzig, sondern – etwas abgespeckt - leicht milanesisch mit römischem Einschlag, was die Wohnhäuser und die Auslagen in den Schaufenstern betrifft. Die zahlreichen Cafés, Stühle und Tische teils auf dem Gehweg, nicht nur westlich modisch gekleidete Passanten, jede Menge jüngst herausgekommener japanischer Automodelle, die zahlreichen jungen und alten Frauen ohne Kopftuch, doch bejeanst, machen die Stadt auf antiken Grundmauern recht sympathisch, doch (noch) nicht kosmopolitisch – mit eher unverkrampftem arabischen Flair. Was es an den Südufern des Mittelmeeres nicht so alles gibt …

(Fotos zur Altstadt, von Tim, einem Mitreisenden)

 
(libyen.net zu Tripolis)

(focus zu
Tripolis)

(Sehenswürdigkeiten in der Hauptstadt)

 

 


 

Sonntag, 24. Februar 2008

Vor dem Roten Fort …

… am Grünen Platz (, der auf Stadtplänen auch als Platz der Märtyrer erscheint), da wo sich des öfteren die Massen drängen, um dem Revolutionsführer zu huldigen, der sich seit Jahrzehnten mit liquiden und anderen Mitteln um die Einheit der arabischen Welt bemüht, schaffen am heutigen Sonntag westliche und fernöstliche Blechkarossen die breite Masse – heilig’s Blechle …
 

Der Oberhirte, der, wie wir in den kommenden Tagen, mitunter in Zelten nächtigt, hängt hier überm Zaun oder an Laternenpfählen, mal milde lächelnd, mal entschlossen in die Ferne blickend, doch stets um die Innere Sicherheit bemüht.

Die Gewölbe des Museums geben zu viel her an Erinnerungen und Eindrücken, gemischt wie die Zahl der Eroberer, die Säulen, Scherben und Genmaterial zwischen dezent bis augenfällig hinterlassen haben, als dass wir sie in der uns zur Verfügung stehenden Zeit (eine Stunde …) gebührend einwirken lassen könnten - wie bei Eroberern üblich, eben, die nicht nur friedlich Handel trieben, sondern handfest handelten, Ägypter, Phönizier, Griechen, Punier, Römer,
Garamanten, Vandalen, Araber, Osmanen, Italiener, Libby’s, Total, Toyota etc. Die Mischung der Exponate findet sich in den Gesichtern der Menschen auf der Straße wieder, nicht nur in der Stadt am Mittelmeer, sondern auch tief in der südlichen Wüste.
 
(Fotos aus dem Nationalmuseum).
 

Auch für die Besichtigung der Ruinen von Leptis Magna hat die Reiseagentur nur eine (sic!) Stunde gebilligt – eine Schande, geben die bekannteren Gebäude doch jede Menge her, auch wenn’s hier aussieht wie im Lapidarium nach einem Erdbeben …
 

(Fotos zu Leptis Magna, لبدة)

(libyen.com zu
Leptis Magna)


Grund des Zeitdrucks scheint der frühe Flug nach
Sebha, (
سبها) auf dem mein Sitznachbar, ein einheimischer Arzt, die „Westgläubigkeit“ mancher jüngerer Libyer deutlich auf die Füße stellt: „Eure Medikamente brauche ich, nicht eure HOT PIZZAS, also übernehme ich gerne eure Medikamente …“ Doch hat die Zeit des Embargos die Gier nach „Westlichem“, das jetzt fast überall (gegen gutes Geld) erhältlich ist, wachsen lassen. Das können weder „Grüne Bücher“ noch rote „Bibeln“ verhindern …

In der schlichten, doch recht gepflegten Bungalowanlage außerhalb Sebhas lässt sich’s gut aushalten und auch der zweite Abend zeigt, dass unsere Reisegruppe „passt“ – wird bestimmt witzig und angenehm.

(unsere Reiseroute)

 



 


Montag, 25. Februar 2008

Natur & Technik …

… treffen sich gleich hinter Sebha (
سبها), als es in die Dünen geht. Unsere Fahrer heizen wie die Teufel über eine breite Sandtenne Richtung Westen. Autoreifen links und rechts markieren den ungefähren Verlauf der Piste. Nach einer Stunde etwa werden aus den sanft geschwungenen Hügeln des Sandmeeres von Ubari (أوباري) hohe Dünen mit sichelförmigen Kämmen. Mittenmang liegen die Mandara Seen, Reste eines riesigen Binnenmeeres, salzig wie das Tote Meer und von Palmen und Halfagras umsäumt.

Nahe der auf Druck der Regierung verlassenen Siedlung am Gabrounsee verticken Schmuck- und Souvenirhändler nigerischer Provenienz ihre Schätze an Touristen – muss sich doch lohnen …
Paar Seen weiter versanden alte Dieselmotoren und Pumpen neben einem trocken gefallenen Teich.

(Fotos zu den Mandara Seen)

(libyen.net zu
Mandara Seen)


Nach spannenden Dünenklettereien im 4x4 und einer Mittagspause in einem Camp nahe der Teerstraße stromern wir in den Ruinen von Garama, nahe bei Djerma (Germa), herum.


(Fotos zu Djerma)



An den Pyramidengräbern von Al-Hatir (nahe Hayat) vorbei führt die black topped road über Ubari durch eine Steppenlandschaft nach Al-Uweynat (Uweinat).
Die Rundhütten im Camp wirken nicht gar so einladend wie in Sebha, doch schläft sich’s nach längerer Fahrerei recht mühelos und die Duschen geizen nicht mit heißem Wasser. Dass sie ein wenig gewöhnungsbedürftig sind, liegt wohl an der Kinderstube der Vorduscher, waren übrigens auch westliche Touristen …



 

Dienstag, 26. Februar 2008

Schönheit im/durch Verfall …

… gibt es nicht nur in Venedig, auch wenn beides dort im Feinschliff zelebriert
und nicht zuletzt durch Donna Leon „Derek weit“ bekannt gemacht wird, sondern auch in Ghat, jenem ehemals bedeutsamen Karawanenstützpunkt an der algerischen Grenze. Die aus luftgetrockneten Lehmziegeln zerfallenden Häuser beherbergen paar romantisch anmutende Souvenirläden, sind ansonsten jedoch weitestgehend verlassen. In den Neubauten mit mehr Komfort, um die Altstadt herum gebaut, wohnt sich’s wahrscheinlich besser – was ist schon Urigkeit gegen fließend Wasser und sanitäre Anlagen.

Dennoch werden Szenen aus 1001 Nacht lebendig, wenn mensch durch die engen Gassen mit ihren alten Türen und Toren schlendert – schön, dass mittlerweile auch die UNESCO Mittel zum Erhalt zur Verfügung stellt, wenn auch nicht in dem Umfang wie für Venedig.

Deutlich lebendiger geht es allerdings auf dem täglichen Markt vor den Toren der Altstadt zu, wo von frischen Suppenkräutern über die passenden Töpfe dazu bis hin zu
zerbrechlichem Nippes, der herzförmig die Zeit auf den Kopf stellt, wie in einem Krämerladen alles zu haben (oder ganz bestimmt demnächst zu bekommen) ist.

Die Cafés in der Neustadt sorgen für belebendes HalloWach und erstmals wird uns hier tiefer gehendes Interesse entgegen gebracht. Doch da ist die Zeit auch schon reif für den Aufbruch, hin, wo wir heute früh die „Zelte“ abgebrochen haben, nach Al Uweynat ins Camp.

Die Rückfahrt verläuft am Fuß des östlich gelegenen Akakus-Gebirges entlang, das zum Wadi Tanezzuft steil abbricht. Die bizarren Felsformationen nicht nur des „Berges der bösen Geister“ westlich des
Tals schauen aus wie Festungsmauern. Hier er- und überlebte der Afrikaforscher Heinrich Barth höchst unangenehme Stunden.

(zum "Reisepionier" aus der SZ)

(Fotos zu Ghat, غات)

Nach langem, unnützem Rumhängen am runden Tisch im Camp, nur die Fahrer wissen warum, brechen wir endlich auf – in die Wüste, genauer: ins
Akakus-Gebirge (تدرارت عكاكس). Nach einer guten Stunde Fahrt schlagen wir im Wadi Adat, nahe des „dicken Daumens“, unser erstes Nachtlager auf – Sandboden umgeben von Felsblöcken, die jemand nach dem Bleigießen an Sylvester hier liegen gelassen hat.
Zwar überzeugt der Sternenhimmel noch nicht ganz – er will den Schleier nicht so recht lupfen, doch allein die Ruhe, nur hin und wieder vom Wind unterbrochen, der zwischen den Felsen pfeift, ist zum Losschreien …

Spuren im Sand um „die Küche“ herum haben am folgenden Morgen nicht nur die fliegenden Steinschmätzer, sondern auch die laufenden Nager hinterlassen.

(unsere Reiseroute)

 






Mittwoch bis Sonntag, 27. Februar bis 2. März 2008

In der Wüste …

… des Akakus-Gebirges, in der sich zwischen den
bizarren Sandsteinformationen, den skurrilen Felsfiguren und den oft weiten Basaltfeldern nicht nur jede Menge Sand auf riesigen Flächen gesammelt und zu hohen Hängen oder Dünen getürmt hat, sondern in der auch weit verzweigte Wadis einen wahren Irrgarten schaffen, muss mensch sich schon gut auskennen, um wieder heraus oder zur nächsten Wasserstelle (zurück) zu finden. Und das schaffen unsere Fahrer ebenso mühelos wie das Überwinden weicher Tiefsandflächen, das Queren hoher Dünenkämme und das Kreuzen durch Geröllfelder voller spitzer Steine - ohne Reifenpanne. Alles andere erledigen sie eher lau, na gut, bis auf den mittäglichen herben Tee; der ist auch beim dritten Aufguss mindestens heiß - Tea in the Sahara eben …

Heiß wird es auch, wenn (bei Windstille) die Sonne ein wenig höher geklettert ist und das rötlich-bräunliche Gestein ins rechte Licht rückt. Der ähnlich gefärbte Sand verhilft dem
dunklen „Wüstenlack“ noch deutlicher zur Geltung. In den Bodensenken, meist Sandtennen, sticht einem oft genug Grün in allen Schattierungen ins Auge. Ob mal eben ein zartes Violett drauf blüht oder ein vertrocknetes Gelb dran klebt, selten dass hier, wo alle Jubeljahre mal Regen fällt, nichts wächst – die über Nacht kondensierende Luftfeuchtigkeit (weiß der Geier, wo die her kommt) reicht für Sträucher, tief fließendes Grundwasser auch für größere Bäume. Kein Wunder, dass sich Ziegen und Kamele vor allem in den Tälern herumtreiben, die auch zur Mittagszeit günstig im Schatten liegen.
 

(zu Farben und Formen)

(zu Landschaft und Kultur)


Da, wo bereits früher Brunnen zu finden waren oder wo heute Grundwasserblasen angebohrt sind, kreuzen sich die Pisten. Nicht schlecht für eine Rast und paar Happen. Auch Treffpunkt für Blech- wie Kamelkarawanen, ob sie nun Touristen oder andere Waren transportieren. Wasser gibt’s wohl zuhauf, allerdings ist der Liter zehnmal so teuer wie der Diesel, den unsere Toyotas schlucken.


(Fotos zur ersten Wasserstelle)

(Überblick)


Und die verbrauchen einiges auf der Tour durch die Wadis, hin zu den zahlreichen Felszeichnungen und -gravuren, die durchaus unterschiedliche Motive wieder geben. Was genau wann entstanden ist und wo ein „später Künstler“ oder ein einsamer Hirte ihre Graffiti loswerden mussten, sei den wahren Experten zur Entscheidung anheim gestellt. Fasziniert ob feiner Striche oder dynamischer Darstellungen bin ich alle Mal von der RockArt. Leider fehlt unserem „Leiter“ die nötige fachliche Kenntnis, um tiefer gehend die Kunstwerke zu kommentieren (oder auch nur zur Geologie der Gegend zu referieren - Ihr erinnert Euch an die bereits eingangs gesetzten Kullern). Dafür werden die Gespräche nicht langweilig, in denen es um zeitgenössisches Leben in der libyschen Gesellschaft geht. Erinnerungen an Dan Diners Thesen in "
Die versiegelte Zeit" werden wach ...

(Fotos zur Landschaft)

(les maîtres cuisine)

 


Nach (bild-)kulturreichen Tagen - die Esskultur kam nicht wegen der Kinderstube der Mitreisenden etwas sehr kurz -, unterbrochen vom nächtlichen Lagern in meist einsamen Nebentälern, in denen der Sand wie Regen gegen die Zeltwand prasselt, Felswände Geräusche endlos weiter leiten und Atemzüge die nächtliche Stille zerreißen, reichen zwei Quadratmeter blauen Tuchs mit nett drapierten Silberschätzen, um Kauf- oder zumindest Handelsräusche auszulösen: Marktplatz der Souvenirs am Wasserloch von Amininat - kommt gleich nach dem Minishop bei Esso.
Hier treffen sich Nord und Süd, Touristen, die verschnaufen, während die Fahrer die Wassertanks füllen, und Einheimische, die gleichfalls ihre Wasservorräte ergänzen oder mal eben ihren paar Ziegen einige kräftige Züge gönnen.


(Grundbedürfnisse)
 


Unter „Mitnahme“ weiterer Felsbilder und -gravuren nähern wir uns allmählich über den östlichen Rand des Akakus-Gebirges dem Messak-Massiv. In der Ferne tauchen auch die hohen Dünenketten des Ouan Kasa auf, die uns zwei der kältesten Nächte bescheren. Hier fehlt es an aufgeheizten Felsen, die ihre Wärme langsam abgeben - der Sand wird kalt, sobald die Sonne untergegangen ist, genau so wie wir es vor Jahrzehnten in der Schule gelernt haben ...

Dafür sorgen die sanft geschwungenen Dünen mit ihren scharfen Kämmen für ruhige Bilder.
 

(Fotos zu Ouan Kasa)

(Gravuren im Messak Mellet)

(unsere Reiseroute)


Durch eine brettebene Kieswüste, die nur hin und wieder von einigen Sandflächen in Abflusstälern unterbrochen ist, Grasbüschel und Strauchwerk tun dem Auge etwas Gutes, führt die
rasante Fahrt östlich des Msak Mallat zum Wadi Mathendous. Bevor wir an dessen südlichem Rand stehen und auf die Felsabbrüche am gegenüberliegenden „Ufer“ mit seinen zahlreichen Akazien blicken, haben Geröllfelder voller scharfkantiger Steine unser Tempo auf „Spielstraße“ gedrosselt.
Hier im Mathendous soll es vor gut 7.000 Jahren zumindest Savannen und Wälder, wenn nicht gar dschungelartige Flecken gegeben haben. Jedenfalls finden sich eine Menge Spezies in die rotbraunen Felsen
geritzt
, deren Lebensraum nicht unbedingt die Wüste ist und die, anders als in den bisherigen Ritzzeichnungen dargestellt, nicht nur domestizierte Herdentiere darstellen.

(Fotos aus dem Ouad Mathendous)

(die "Kurzstrecke")


Auf schier endloser Tenne und durch eine wenig „aufregende Gegend“ rollt’s sich bis Tesawa, wo wir auf die Teerstraße treffen und durch künstlich bewässertes Kulturland nach Murzuq gelangen. Der Campingplatz außerhalb des Städtchens bietet würstchenwasserheißes Nass aus den Duschen. Entsandet, entstaubt, mindestens so frisch strahlend wie unsere frisch gewaschenen Plünnen lassen wir uns vom Vogelgezwitscher aus der benachbarten Zitrusplantage und von einem Cappuccino aus der Tüte den späten Nachmittag versüßen.


(
Fotos von Luciano Napolitano)

(unsere Reiseroute)

 

 

 

Montag, 3. März 2008

In der Stadt …

...
Murzuq (مرزق) geht’s weniger städtisch als dörflich zu. Außer der Festung, die kaum die Lehmbauten der Altstadt überragt und eher den Blick auf eine traditionelle Oasensiedlung denn auf eine Verwaltungsmetropole frei gibt, erinnert nichts an das bedeutende Tauschzentrum, das der Ort einmal darstellte.

(Fotos aus der Stadt)



Neben dem überdachten Gemüsemarkt, der auch dem örtlichen Schlachter seine Nische zuweist - die gesamte Szene fest in Männerhand - bieten auf dem „Frauenmarkt“ bunt gekleidete
Tubufrauen Gegenstände des täglichen Gebrauchs an, vom gefakten Nike-Treter bis zum echten Kamelstrick. Hier dürfen Männer gucken und kaufen, viel zu sagen haben sie hier offensichtlich nicht. Nichtaraberinnen dominieren eine arabische Männerdomäne – Prädikat „besonders sehenswert“ …

(Fotos vom Markt)

(wikipedia zu
Toubou)

Auch in Zuwaylah weist allenfalls das Fort auf die frühere Bedeutung der Oasensiedlung hin, sieht man einmal von den Grabtürmen lokaler Sultane aus dem 12. Jahrhundert einige Kilometer weiter ab.

(Fotos aus Zuweyla)

(Impressionen en route)


Am östlichen Ende der Teerstraße, gleich hinter Timsah, schlagen wir in einem Palmenhain die Zelte auf und freuen uns auf die Ziege, die von den Fahrern fein säuberlich zerlegt und auf dem Kühler getrocknet wird. Wahrscheinlich ist sie zum Nachtmahl noch nicht trocken genug,
denn es gibt trotz des oft geäußerten Wunsches nach „einheimischem Essen mit Fleisch“ das Alltagsabendessen.

So allmählich nerven die langen Pausen unterwegs und die relativ kurzen Wegstrecken, die am Tag zurückgelegt werden. Wenn es wenigstens „mehr zu sehen gäbe“ an den Orten kontemplativen Müßigganges …

(unsere Reiseroute)

 

 



Dienstag und Mittwoch, , 4. und 5. März 2008

Ziemlich öde …

… wird die Landschaft, durch die es Richtung
Wau an Namus (واو الناموس‎) geht. Auf eine Kette kleinerer Oasen folgen auf einem Plateau ausgedehnte Sandfelder, die den Verlauf der Piste nicht mehr erkennen lassen. Gefahren wird, wo Platz ist (davon gibt’s hier reichlich) und wo gerade kein scharfkantiges Geröll (auch davon gibt es viel) im Sand versteckt liegt. Vereinzelt lockern Akazien das Bild auf.

(auf halbem Weg)


Weniger locker geht es zu, nachdem die Mannschaft gegen halb elf die Mittagspause einlegen möchte, ohne sich mit uns Reisenden abzustimmen. Erst nach recht deutlichen Worten, von uns formuliert, die der Reise“leiter“ notgedrungen dem Cheffahrer weiter reicht, wird die Kochnische wieder abgeschlagen – Mahlzeit!

Ein wenig befremdlich wirkt schon, dass Gastfreundschaft von den Fahrern so anders entgegen gebracht wird als in anderen Ländern des Maghreb. Oder „verdirbt“ das Warenverhältnis „Dienstleistung am Touristen“ die guten Sitten hier nachhaltiger? Der Eindruck, „gemolken“ zu werden, verdichtet sich, als sich einem aufmerksamen Beobachter verdeutlicht, dass die „fetten Bissen“ der Ziege in die Mägen der Fahrercrew wandern. Nichts gegen kaltes Dosengemüse und erkaltete Pommes zu Mittag, doch nach elf Tagen wäre etwas Abwechslung nicht schlecht – warme Nudeln mit Fleisch und Gemüse, dürfte ja auch Hirse dabei sein, so wie bei der Mannschaft. Oder ob die einfach noch nicht weiß, welche Standards leicht verwöhnte westliche Wüstentouristen erwarten, weil es ihr noch niemand so recht vermittelt hat ...


Dafür gehört die Sandterrasse in einer schmalen Einbuchtung eines Felsplateaus nördlich des Wau el-Kebir zu den ausgesucht schönsten Nachtlagerplätzen der Tour. Hier liegen wir nicht nur in der „ersten Reihe“, hier liegt auch die endlos scheinende Weite des Sandmeers vor unseren Augen – mit Erhebungen, vereinzelten Bäumen und rabenähnlichen Vögeln, damit’s auch wirklich etwas zu sehen gibt …
Dass die Nacht dann auch noch warm und sternenklar ist, lässt einen ruhig einschlafen – fehlt nur noch ein Cognac zum Glück.

(der Strecke zweiter Teil)

(unsere Reiseroute)


Durch Sand- und Geröllfelder zieht sich die Piste wie Kaugummi. Die Fahrer wähnen sich in einer verkehrsberuhigten Zone, wir uns ein wenig auf die Rolle geschoben. Doch endlich erreichen wir nach einem weiten Sandfeld den Kontrollpunkt am Wau an-Namus. Die Zeit langt noch für einen Blick vom Kraterrand in den friedlich zu unseren Füßen liegenden „Trichterschlund“, bevor wir in einem „Nebenkrater“ unser Lager aufschlagen.

 

 


 
Donnerstag, 6. März 2008

Vor dem Mückenloch …

… kündigt sich der Vulkan von weitem als schildartig flacher, lang gestreckter, dunkler Höhenzug an. Am Fuß dann steigt der dunkle Ascherand, der auch im Sonnenlicht wirkt als läge er im Schatten, unmerklich an. Vom Rand aus fällt er nach innen steil zur Caldeira ab. Spuren von Enduros und Meindls haben Scharrbilder hinterlassen, die kommende Generationen vor die Frage stellen: „Warum muss mensch da runter?“.


Auf der Sohle der Senke des
Wau an-Namus, die Schuhe voller Asche, werden wir, nomen est omen, von Mückenschwärmen empfangen, denen Deet und einheimische Keulen der Chemie glatt egal sind und die alle arabisch abgefassten Versprechungen des Beipackzettels unseres in Murzuq erworbenen Mückenschutzmittels Lügen strafen. Also gehen wir weiter, denn in der Ruhe liegt die Kraft - der Mücken …

Aus den Schilfgürteln, welche die verschiedenfarbig schimmernden Teiche umgeben, lassen Singvögel von sich hören. Palmengruppen und Tamariskenwäldchen kontrastieren das dunkle Grau der Asche, Wildenten ziehen ein bleiernes Kielwasser hinter sich her und selbst Schmetterlinge torkeln zwischen dem Halfagras umher.

Der Aufstieg verlangt eine Menge Schnaufer, doch nur wenige Verschnaufer. Vom Kraterrand aus dann wieder ein Blick auf die verschiedenfarbigen Teiche, den hellen Vulkankegel in der dunklen Aschewanne und die umgebende endlose Wüste – kein Wunder, dass hier von einem Wunder die Rede ist und Menschen, die nach Wochen statt Tagen in Sand und Geröll dieser Landschaft gewahr wurden, ins Schwärmen gerieten: Inmitten all der durchquerten Dürre findet sich eine Oase mit gleich vier Teichen, die ganzjährig Wasser führen, mit sattem Grün und viel Leben aufwarten.
 

(Fotos zum Krater)

(wikipedia zu
Wau an-Namus)

(unsere Reiseroute)


Nach paar Feigenkeksen führt der Weg zurück durch Sandfelder zum Wau el-Kebir, einem riesigen Vulkankrater, dem man sein ehemaliges Dasein heute kaum noch ansieht: 200 Quadratkilometer sind einfach zu riesig, um sie mit bloßem Auge als Caldeira zu erkennen, zumal ein groß Teil durch künstliche Bewässerung kultiviert ist. Wo regelmäßig fossiles Wasser versprüht wird, wird selbst die Wüste wieder grün …


Im Gästehaus eines landwirtschaftlichen Projektes, früher Heimstatt von Bohrarbeitern, heute im Gästebuch von "Ungläubigen" als „Paradies“ apostrophiert, freuen wir uns auf eine zeltfreie Übernachtung im richtigen Bett, genießen wir warme Duschen vor und nach dem Erholungsschlaf – Duschtassen, in die wir zu Hause nie steigen würden – und werden nach einigen Litern Wasser und ein paar Tropfen Seife wieder zu richtigen Menschen (so viel zum Thema Paradies), laben uns bei Tee mit Süßkram, in Plastikstühlen sitzend, mit Blick auf den nicht gefüllten Pool und erfahren später körperlich (bis zur Gänsehaut) DDR-Charme im Speisesaal, nicht nur des Mobiliars wegen …

Zwar werden nicht die Reste der Ziege aufgetragen, die bereits seit Tagen unauffindbar verschwunden sind, doch gibt’s als Nachtisch zum immer gleichen Abendessen ein Palaver mit dem Wortführer der Mannschaft über unseren Wunsch, am kommenden Tag gleich bis Sebha durchzufahren, statt eine weitere Nacht unter den Palmen von Timsah zu verbringen.

Da das Argument der „sehr weiten Strecke“ (500 km, davon 300 auf Teerstraßen) von uns belächelt wird, dienen „Sachzwänge“ (verbindliche, an die vorgegebene Zeit gebundene Streckenführung) als Grund, die Bedeutung „Seiner Wichtigkeit“, unseres Sicherheitsoffiziers, aufzuwerten. Nachdem sein Gesicht durch Anerkennung seiner schweren Verantwortung uns und seiner Vorgesetzten gegenüber gewahrt ist und die Fahrer nicht als Weicheier auf heimischen Trassen gelten wollen, bleibt unserem Chefpiloten kein Argument mehr im Ärmel. So wird das Problem „Flexibilität im touristischen Dienstleistungsgewerbe“ auf ein „Insh’Allah“ reduziert – „Hamdu’Allah“ …

Die Rolle des Reiseleiters bleibt auf die eines Reiseleiders reduziert.
 


 

 

Freitag, 7. März 2008

… und sicher zurück …

… ist das einzig Bemerkenswerte an der Strecke zwischen Wau el-Kebir und Sebha. Die meist ebene, weitläufige, nur hin und wieder von ein paar Sandsteinplateaus aufgelockerte Sandwüste wirkt auch bei Annäherung aus einer anderen Himmelsrichtung nicht unbedingt aufregender als einige Tage zuvor. Und dass wir den
ursprünglich als Nachtlager (sprich Ziel der Tagesetappe) vorgesehenen Palmenhain bei Timsah nach gut dreistündiger Fahrt passieren, zeigt einmal mehr, wie sehr manche Strecken zeitlich in die Länge gezogen worden sind. Bis auf ein, zwei Ausnahmen dürfte die gesamte Route von der Mannschaft eher als holiday tour betrieben worden sein.

Wen wundert’s, wenn sie sich auch über die „Zweiklassengesellschaft“ an den Töpfen über uns belustigen? Na gut, heute kommt der Jüngste aus dem Fahrerlager an unseren Mittagstisch, weil sein „Lunch no good“ sei - smart actor …

Am frühen Abend genießen wir einmal mehr die Annehmlichkeiten der Zivilisation im Bungalowcamp von Sebha – hier gibt’s das alkoholfreie Bier wohl gekühlt …

Nachdem die letzten Gruppen entweder zum Übernachten in die Wüste oder zum Rückflug Richtung Flughafen aufgebrochen sind, bleiben wir als einzige übrig, die den Speisesaal bevölkern und sich Geschichten erzählen, die keinem Enkel die Kopfhörer ihres i-pod aus den Ohren reißen könnten  …

 


 

Samstag, 8. März 2008

Das Wochenende …

… taucht im Camp als Ausflugsgruppe der höheren Mädchenschule auf, die in Begleitung einiger Lehrer- und Betreuerinnen die Abwechslung auf dem nahen Lande genießt. Die recht selbstbewussten Ladies der Abschlussklasse haben überwiegend konkrete Vorstellungen von ihrer nächsten Zukunft: vom Medizin- übers Jura- bis zum Sprachenstudium reicht die Bandbreite und einige Karriereoptionen schwingen deutlich mit.
Ein akademischer Abschluss dient offensichtlich nicht nur Prestigezwecken und zur Erhöhung des Brautpreises, sondern als Grundlage persönlicher Lebensentwürfe. Ihre Kopftücher seien hier auf dem Lande „so üblich“, in der Stadt (gemeint sind die Städte am Mittelmeer) gingen sie ohne und in engen Jeans durch die Straßen.

Eine Kreuzfahrt durch die Satelliten von Sebha zeigt, wo hier die Armut wohnt – und wer die Armen sind. Zum einen diejenigen, die „aus der Wüste“ kommen und ihr Nomadentum, nicht jedoch die Viehhaltung und den –handel aufgegeben haben, zum anderen diejenigen, die bis aus Kamerun oder der Elfenbeinküste gekommen sind und auf dem Weg ins gelobte Land Europa hier eine Zwischenstation "heimgesucht" haben. "
Fliehkraft
" und "Bilal" lassen grüßen ...

In Downtown Sebha vermischen sich die Grenzen ebenso wie die farblichen Schattierungen der Gesichter. Die hellhäutigen Vertreter der Oberschicht, Berber und Araber, die ihre Villen gleich neben den Elendsquartieren der dunklen Bevölkerung mal eben zum Nachmittagskaffee verlassen haben, begegnen eben jenen Nachkommen der Sklaven oder den aus Schwarzafrika Zugewanderten in den breiten Straßen der Provinzhauptstadt nicht unbedingt.

Finden sich an der Hauptgeschäftsstraße mit all ihren kleinen Läden kleine, dunkle Cafés mit
dunkelhäutigen Gästen, so genießen die hellhäutigen die großzügigen Restaurants im Verwaltungs- und „Bankenviertel“ – beide Bereiche liegen gerade mal einen Häuserblock auseinander. Mensch könnte Zahnschmerzen kriegen beim Gedanken, dass die Volksherrschaft einmal nicht mehr alles so fest im Griff hat …

(downtown Sebha)



Anders als während des Hinfluges sitzen nun überwiegend Touristen in der Maschine zurück nach Tripolis. In der Metropole tobt das spätabendliche Leben in allen Gassen und die Stadt bietet nun die Bilder, die auch aus Kairo oder Marrakesch bekannt sind.
Mit einem Nachtmahl, dass seinen Namen zeitlich wohl verdient hat und völlig ohne Aufhebens zubereitet und serviert wird, beschließen wir den Tag.

 

 

 

Sonntag, 9. März 2008

Das Beste zum Schluss, …

… kulturgeschichtlich betrachtet, sind die Steine, auch kleine - nicht jedoch die Sandkörner, die noch vereinzelt aus den Kleidern rieseln ...

 

Die Ruinen von Sabratha (صبراتة), knapp anderthalb Stunden westlich von Tripolis, sind ein Muss, auch wenn Mensch dazu früh aufstehen muss, um im ersten Morgenlicht zu den ersten Besuchern zu gehören, die Bauten und Säulen der ehemals wichtigen Handelsstadt ungestört genießen dürfen.

Überall abgebildet - hier springt einem nun „in echt“ die Fassade des Bühnenhauses ins Auge, das als das schönste, zumindest jedoch das am besten erhaltene, der gesamten römischen Welt gilt. Und auf einem der Ränge sitzend wünscht mensch sich, hier einmal die Philharmoniker (oder Tina Turner) zu hören und zu sehen. Da schaut mensch dann nicht mal mehr auf die berühmten Reliefs unterhalb der Bühne …

(Sabratha open air)

(libyen.net zu
Sabratha)


Der Rundgang durch die Straßen und zwischen den Säulen wird zum Frühlingsspaziergang am Mittelmeer. Anders als im Akakus und im Westerwald pfeift hier der W
ind nicht kalt, sondern gar nicht. Entsprechend blühen nicht nur unsere Gesichter, sondern auch die Pflanzen und legen Teppiche zwischen die noch immer sehenswerten Trümmer.


Das, was an Mosaiken nicht mehr dort liegt, wo es einmal lag, findet sich zumindest auszugsweise im Museum wieder – tolle Arbeiten, in und hinter denen einiges an Weisheit steckt ...

(Exponate des Museums)


Bleibt noch, sich mit einem dicken Dankeschön von
unserem exzellenten Altertumserklärer vor Ort, Beshir, zu verabschieden und zu schauen, wer oder was unser am Flughafen harrt.

Die Abfertigung, vom Check In bis zur Passkontrolle, verläuft völlig problemlos, der Rückflug über Frankfurt ins tendenziell frühlingshafte Berlin auch.
 
Libyen war weniger von den Menschen als vor allem von einigen beeindruckenden europäisch imperialistischen (römischen) Überresten und den Wüstenlandschaften her nicht unspannend - doch wären letztere eher was für's Wandern mit und auf Kamelen gewesen ...

 

Bis demnächst dann mal ...

panther & co

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Register:

Reise- und Länderinformationen des Auswärtigen Amtes

Reisemedizin

Reiseroute nachfliegen (google earth)

Anreise    
Akakus-Gebirge    
Al Hatir, Pyramidengräber    
Amininat, Wasserloch    
Djerma / Garama, Ruinen von    
durch den Akakus zum Mathendous    
Fazit    
Felszeichnungen    
Gabrounsee    
Gastfreundschaft?    
Ghat    
Grabtürme    
Leptis Magna    
Mandara Seen    
Mathendous    
Messak-Massiv    
Murzuq    
Ouan-Kasa    
Sabratha, Ruinen von    
Sebha, Flug nach    
Sebha, Wochenende    
Sebha, Fliehkraft    
Timsah    
Tripolis, erster Eindruck    
Tripolis, zweiter Eindruck     
Tubufrauen    
Wadi Adat    
Wau an Namus    
Wau an Namus, Wegstrecke    
Wau el Kebir    
Zuwaylah